Sensortechnik im Herdenmanagement

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Transkript:

Sensortechnik im Herdenmanagement Landwirtschaftskammer - Haltung, Manage... Seite 1 von 7 07.05.2018 von Dipl.-Ing. Christian Fasching, Dr. Elfriede Ofner-Schröck, Gregor Huber, Dipl.-Ing. Karin Ch. Taferner, Dir. Stv. Dr. Johann Gasteiner/HBLFA Raumberg-Gumpenstein Sensortechnik im Herdenmanagement Moderne Systeme machen mit einer Brunsterkennungsrate von bis zu über 90% auf sich aufmerksam. Auch Zwischenbrunstperioden werden vom Großteil der Systeme richtig erkannt, sodass Fehlalarme nur noch in Ausnahmefällen auftreten. Viele dieser technischen Lösungen überwachen gleichzeitig auch den Gesundheitszustand. Erkrankungen werden bis zu 8 Tage vor den klinischen Symptomen erkannt. Insbesondere für Betriebe mit knappen Arbeitszeitressourcen und für Nebenerwerbsbetriebe bilden sie eine mögliche Alternative zur visuellen Tierbeobachtung. Im Wesentlichen geht es dem Milchviehbetrieb um das Erkennen von bedeutenden Ereignissen wie etwa der Brunst oder auch der Abkalbung sowie um das Überwachen der Tiergesundheit. Die visuelle Tierbeobachtung war in der Vergangenheit bislang die ein-zige Möglichkeit, um physiologische und pathologische Vorgänge zu erkennen. Mittler-weile gibt es intelligente Sensorsysteme, mit welchen beispielsweise bis zu über 90 % der Brunstereignisse erkannt werden. Sie erkennen die während der Brunst charakteristischen Verhaltens- bzw. Bewegungsmuster. So erhöht sich während einer Brunstperio-de beispielsweise die Aktivität bei 76,5% der Kühe um 38,7%. Ein Großteil der Kühe (86,2%) reagiert zudem mit einer um 19,6% reduzierten Wiederkaudauer (Reith et al., 2014). Um tierindividuelle sowie betriebsindividuelle Abweichungen oder auch altersbedingte Veränderungen bei diesen typischen Verhaltensmustern bzw. Verhaltensveränderungen zu berücksichtigen, wird die Mustererkennung bei einigen Systemen laufend an jede Kuh angepasst. Diese Systeme werden als selbstlernend bezeichnet. Sensorbasierte Systeme zur Tierbeobachtung arbeiten 24 Stunden am Tag, für 7 Tage die Woche. Neben der im Vergleich zur visuellen Beobachtung höheren Brunsterkennungsrate können sie herannahende Erkrankungen bis zu 8 Tage vor deren klinischer Symptomatik erkennen. Auch wenn diese Systeme in Österreich aktuell von weniger als 10% der Betriebe genutzt werden, stellen sie gegenüber der visuellen Beobachtung, auf Grund ihrer Überlegenheit, den Stand der Technik dar und gewinnen zunehmend an Bedeutung.

Sensortechnik im Herdenmanagement Landwirtschaftskammer - Haltung, Manage... Seite 2 von 7 Mit der sensorbasierten Tierbeobachtung ist es auch möglich, die Situation rund um die Arbeitsbelastung zu entschärfen. Dies gilt insbesondere für Familienbetriebe, die an den Grenzen ihrer Belastbarkeit angekommen sind. Nutzer geben an, dass sich der Zeitaufwand für visuelle Tierbeobachtung seit der Verwendung dieser Technik wesentlich reduziert hat. Die sensorbasierte Tierbeobachtung eröffnet auch für Nebenerwerbsbetriebe bislang ungeahnte Möglichkeiten. Auf Grund der beschränkten Zeitressourcen von Betriebsführern wird die Tierbeobachtung häufig von den Eltern oder Großeltern übernommen. Kann dieser wichtigen Aufgabe nicht mehr nachgekommen werden, sind sensorbasierte Systeme häufig die einzige Alternative. Sensoren am Halsband erfassen mitunter die in der Brunst charakteristischen Bewegungen der Kopf- Hals-Partie. Die Brunsterkennung kann damit auch in der Anbindehaltung sensorbasiert er-folgen. Die Hersteller geben im Vergleich zur Laufstallhaltung 20% niedrigere Brunsterkennungs-raten an. Taferner/landwirt.com Erhebungsparameter und Funktionen Je nach System sind beispielsweise Beschleunigungssensoren und/oder Temperatursensoren in einem Gehäuse verbaut. Diese werden entweder am Ohr, am Nacken/Hals (Bild links), am Bein, im Netzmagen oder am Schwanzansatz platziert. Die von den Sensoren gewonnen Daten werden über eine Funkverbindung ausgelesen und meist an einen zentralen Server geschickt. Dieser generiert die für den Nutzer relevanten Parameter und bereitet sie tabellarisch und grafisch auf. Der Landwirt kann sie meist in der Benutzeroberfläche abrufen. Die Systeme melden Kennzahlen wie den Aktivitätsindex, die Wiederkauaktivität, die Vormagentemperatur (Abb. unten), einen Gesundheitsindex oder einen Brunstindex.

Sensortechnik im Herdenmanagement Landwirtschaftskammer - Haltung, Manage... Seite 3 von 7 Die mit einem Pansensensor gemessene Vormagentemperatur und Aktivität der Kuh Viola von 24. November 2015 bis 31. Jänner 2016. Der Temperaturverlauf ist durch die Wasseraufnahme beeinflusst und wird zur Mustererkennung bereinigt. Der Verlauf der Aktivität lässt ein deutliches und zyklisches Brunstgeschehen erkennen. Raumberg-Gumpenstein Die Betriebsführer werden via Push-Notification am Smartphone oder Tablet über auffällige Tiere informiert. Voraussetzung dafür ist, dass die App-Anwendung mit dem Betriebssystem (ios, And-roid) kompatibel ist. Raumberg-Gumpenstein Das Herzstück dieser Systeme sind Rechenschritte (Algorithmen), die laufend im Hintergrund arbeiten und die erhobenen Daten analysieren und interpretieren. Sie haben die Aufgabe, Muster zu erkennen, die für physiologische oder pathologische Ereignisse charakteristisch sind. Im einfachsten Fall nutzen sie dazu den Verlauf und/oder die Veränderung der Erhebungsparameter oder die Kombination von Erhebungsparametern. So erhöhen beispielsweise die für die Brunst charakteristischen Kopfbewegungen oder ein zyklischer Anstieg (3 Wochen) der Bewegungsaktivität den Brunstindex bzw. nimmt der Gesundheitsindex bei verminderter Wiederkauaktivität ab. Diese Algorithmen sind meist sehr komplex, beanspruchen sehr viel Entwiklungsarbeit und unterliegen häufig der Geheimhaltung. Sie berücksichtigen neben dem tageszeitlichen Verlauf und der Geschwindigkeit von Veränderungen eine Vielzahl an Daten und Kombinationen.

Sensortechnik im Herdenmanagement Landwirtschaftskammer - Haltung, Manage... Seite 4 von 7 In Abhängigkeit der Häufigkeit und der Anzahl an Auffälligkeiten ändert sich der jeweilige Index. Steigt bzw. sinkt dieser letztendlich über bzw. unter einen definierten Grenzwert, so wird ein Alarm ausgegeben (siehe Foto links). Bei manchen Systemen werden die Algorithmen laufend an das tierindividuelle Verhalten angepasst, sodass weniger Fehlalar-me auftreten. Bei Alarmierungen erreichen sie in der Regel eine höhere Trefferquote (Sensitivität). Solche selbstlernenden Systeme benötigen eine 3 bis 14 tägige Einlernphase, bis sie verwertbare Ergebnisse liefern. Raumberg-Gumpenstein Brunstsymptome wie das klassische Aufspringen und der für die Brunst charakteristische Bewegungsaktivitätsanstieg nehmen ab, die visuelle Brunsterkennung wird schwieriger. Moderne Brunsterkennungssysteme analysieren die Bewegungsaktivitätsänderung und erreichen Brunsterkennungsraten von bis über 90%. Raumberg-Gumpenstein

Sensortechnik im Herdenmanagement Landwirtschaftskammer - Haltung, Manage... Seite 5 von7 Sensorbasierte Brunsterkennung Zahlreiche Studien belegen, dass die Brunsterkennung durch Tierbeobachtung (visuell) anhand von klassischen Brunstsymptomen wie dem Aufspringen (siehe Foto rechts) immer schwieriger wird. Zurückgeführt wird dies mitunter auf die gestiegenen Milchleistungen. So hat sich in den vergangenen Jahren der Anteil der Kühe, die während der Brunst einen Duldungsreflex zeigen, von 80 auf 50% verringert. Gleichzeitig hat sich die Duldungsdauer von 15 auf 5 Stunden reduziert (Dobson et al., 2008). Auch die während der Brunst erhöhte Bewegungsaktivität nimmt mit steigender Milchleistung ab (López-Gatius et al., 2005). Hinzu kommt, dass sich das Brunstgeschehen bei mehr als der Hälfte der Kühe auf die Nacht beschränkt (Dietrich, 2012). Auf Grund dieser schwierigen Bedingungen werden bei visueller Beobachtung, in Abhängigkeit vom Aufwand ca 50% bis maximal 80% der Brunstereignisse erkannt (Becker et al., 2005, Heuwieser und Mansfeld, 1995, Holman et al., 2011). Mit der sensorbasierten Brunsterkennung hingegen werden bis über 90% der Brunstereignisse erfasst. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Kuh bei einer Brunstmeldung tatsächlich brünstig ist, liegt bei manchen Systemen auf über 90%. Das heißt, dass auf Grund der erhöhten Aktivität bei beispielsweise mitstierenden Kühen, kein Brunstalarm ausgegeben wird bzw. Zwischenbrunstperioden richtig erkannt werden. Zur Brunsterkennung werden verschiedene Erhebungsparameter verwendet. Ein Hersteller nutzt beispielsweise einen Brunstindex. Dieser wird mitunter von der Zyklusregelmäßigkeit, der Wiederkau- und der Bewegungsaktivität beeinflusst. Andere wiederum nutzen verstärkt die für die Brunst charakteristischen Kopfbewegungen, die Aktivi-tätsänderung oder auch Veränderungen im Wiederkauverhalten. Im Wesentlichen ist es jedoch eine Kombination an Parametern und/oder von dimensionslosen Messgrößen, welche für die Brunsterkennung Verwendung finden. Nach Auskunft von SCR Allflex soll die Brunsterkennung auch in der Anbindehaltung funktionieren. Sie geben an, dass die Brunsterkennungsrate bei entsprechender Kopffreiheit circa 20% unter den Ergebnissen in Laufstallhaltung liegt. Um herauszufinden, wie gut die sensorbasierte Brunsterkennung in der Anbindehaltung funktioniert, wird im Herbst 2018 eine Praxisstudie in Raumberg-Gumpenstein angestellt. Sensorbasiertes Gesundheitsmonitoring Besonders um den Zeitpunkt der Abkalbung sowie in den ersten sechs bis acht Wochen der Laktation sind Milchkühe besonderen Stressfaktoren ausgesetzt. Dies führt zum gehäuften Auftreten der klassischen puerperalen Erkrankungen wie der Labmagenverlagerung, der Ketose, der Gebärparese oder auch der Pansenazidose. Vorran-giges Ziel ist es, diese Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Werden gesundheitsrelevante Parameter sensorbasiert erhoben, wird der Betriebsleiter in beiderlei Hinsicht unterstützt.

Sensortechnik im Herdenmanagement Landwirtschaftskammer - Haltung, Manage... Seite 6 von 7 Gesundheitsrelevante Parameter,die einen Alarm auslösen,können die Wiederkauaktivität, die Bewegungsaktivität oder ein aus zahlreichen Parametern gebildeter Gesund-heitsindex sein. Sie zeigen, dass der Beginn einer Erkrankung bis zu acht Tage vor den klinischen Symptomen, wie etwa einer erhöhten Körpertemperatur, liegt (Braun et al., 2017, King et al., 2017, Stangaferro et al., 2016). Untersuchungen von Hoy (2015) und Braun et al. (2017) zeigen auch, dass bei Kühen mit Erkrankungen zum Laktationsstart, die Wiederkaudauer am Tag der Kalbung stärker einbricht und im Anschluss langsamer ansteigt als bei gesunden Kühen. Der Betriebsleiter kann den Verlauf von gesundheitsrelevanten Parametern während kritischer Zeiten beobachten und auf Gesundheitsalar-me reagieren. Während der letzten Trächtigkeitstage und der ersten 14 Laktationstage wird eine tägliche Kontrolle der Widerkauaktivität empfohlen. Da bei einem auffälligen Verlauf oder einer Alarmierung meist noch kein klinisches Symptom vorliegt, stellt die sensorbasierte Erkennung einer herannahenden Erkrankung den Betriebsleiter vor eine Herausforderung. Gelingt es mit entsprechenden Maßnahmen (z.b. klinische Untersuchung durch einen Tierarzt zur Abklärung) diesen Informationsvorsprung zu nutzen, nimmt die Krankheit einen schwächeren oder auch kürzeren Verlauf bzw. kann mitunter ein klinischer Verlauf vermieden werden. Durch die mögliche Früherkennung von Erkrankungen tragen diese Systeme auch wesentlich zur Verbesserung des Tierwohls bei. Weitere Funktionen Neben der Brunsterkennung und dem Gesundheitsmonitoring werden zahlreiche weitere Funktionen angeboten. Sie reichen von der sensorbasierten Erkennung einer herannahenden Abkalbung, dem Monitoring von Liegeverhalten, Wasseraufnahme und Hitze-stress, der Tieridentifikation, der Positionserfassung bis hin zum gezielten Optimieren der Ration sowie von Routine- und Managementmaßnahmen. Neben dem Funktionsumfang unterscheiden sich die Systeme auch im Anteil der korrekt erkannten physiologischen und pathologischen Ereignisse wie beispielsweise der Brunst (Sensitivität), dem Anteil der korrekt erkannten Perioden zwischen diesen Ereignissen (Spezifität), dem Preis, der Benutzerfreundlichkeit und weiteren Ausstattungsmerkmalen. Der Einsatz von tierindividueller Sensortechnik im Herdenmanagement ist bislang noch wenig verbreitet. Neben zahlreichen Studien bestätigen aber vor allem Erfahrungsberichte und die Befragung von Anwendern die Funktionalität und die mittlerweile hohe Praxistauglichkeit. Sofern das Anforderungsprofil vom Betriebsleiter klar definiert werden kann, beschränkt sich die Auswahl auf eine meinst kleine Gruppe ausgewählter Hersteller. Die gern genannte Kompatibilität der Tieridentifikation mit der Kraftfutterstation oder dem Melkstand und die damit einhergehende Bindung an einen Hersteller, ist in den meisten Fällen ausschließlich ein Verkaufsargument. Speziell für diese Ansprüche gibt es alternative Lösungen, sodass keine Notwendigkeit besteht, sich für das System des jeweiligen Stalleinrichters zu entscheiden.

Sensortechnik im Herdenmanagement Landwirtschaftskammer - Haltung, Manage... Seite 7 von 7 Die Frage, in wieweit ein sensorbasiertes Systeme zur individuellen Tierbeobachtung rentabel ist, muss sich jeder selbst beantworten. Eine übersehene Brunst kann in der Kalkulation mit 40 bis 84 Euro bewertet werden (Jung, 2009). Ist zu erwarten, dass auch Erkrankungen und/oder Verluste durch das Gesundheitsmonitoring vermieden werden können, ist dies ebenfalls monetär zu berücksichtigen. Die Entscheidung muss entsprechend dem Anforderungsprofil, in Hinblick auf die zukünftige Entwicklung, die Arbeitskräfteausstattung und der Herdengröße ggf. in Abstimmung mit dem Berater getroffen werden. Oft ist es aber auch nur der Gewinn an Lebensqualität. Dieser ist zwar monetär schwer zu bewerten, kann aber für das nachhaltige Bestehen des Betriebes von Bedeutung sein. Schlussfolgerungen Die technischen Möglichkeiten zum sensorbasierten Herdenmanagement haben sich gerade in den letzten Jahren besonders rasant entwickelt und die Systeme liefern sehr gute Ergebnisse über bestimmte Ereignisse sowie zur Tiergesundheit. Alle diese Systeme und deren Informationen können jedoch nur als sinnvolle Ergänzung im Herdenmanagement und bei der Tierbeobachtung angesehen werden. Letztlich wird es immer der fachkundige Mensch sein, welcher die von einem Sensor abgegebenen Informationen und Alarme auf ihre Plausibilität und ihren Wahrheitsgehalt überprüft, um in Folge die richtigen Schritte einleiten zu können. Über den Autor: DI Christian Fasching ist Mitarbeiter der Abteilung Tierhaltung & Aufstallungstechnik an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein. Sein Arbeitsbereich liegt unter anderem in der Pla-nung und Durchführung von wissenschaftlichen Exaktversuchen im Bereich "Ernährung von Wiederkäuern". Im Rahmen der LFI-Bildungskampagne "Digitalisierung in der Land- und Forstwirtschaft" schreibt er gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen über Sensortechnik im Herdenmanagement.