Fremdenfeindliche Hetze(r)



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Transkript:

Anton Maegerle Fremdenfeindliche Hetze(r) Die Bundesrepublik Deutschland erlebt derzeit den größten Zuzug von Asylbewerbern seit den 1990er Jahren. Bis zum Jahresende werden rund 100.000 Flüchtlinge eingereist sein. Doch 53 Prozent der Bevölkerung sehen den Zuzug von Flüchtlingen als»großes Problem«, so das Ergebnis einer Umfrage des Magazins»Stern«. Je geringer der Bildungsgrad der Befragten, desto ablehnender die Haltung. Nur 11 Prozent sprachen sich dafür aus, mehr Flüchtlinge aufzunehmen, 32 Prozent waren dagegen. 42 Prozent haben gar Verständnis für Widerstand gegen die Einwanderung. Diese Stimmungslage wollen sich Rechtsextremisten und Rechtspopulisten unterschiedlicher Couleur zunutze machen und politisches Kapital aus den Ressentiments vieler Menschen schlagen. Parteien wie die NPD oder die sogenannte»bürgerbewegung«pro Deutschland greifen deshalb verstärkt das Thema Asyl auf. Asylbewerber werden von ihnen als Bedrohung für die innere Ordnung und Sicherheit dargestellt und so Ängste bei der Mehrheitsgesellschaft geschürt. Unverhohlen wird rassistische Hetze und Ausländerfeindlichkeit propagiert und das Klima gegen Flüchtlinge gezielt angeheizt. Mit Aufmärschen vor und gegen Flüchtlingsunterkünfte hoffen diese Parteien, bundesweite Schlagzeilen zu liefern und so für ihren Wahlkampf zu funktionalisieren. Mit den Kampagnen gegen Flüchtlingsheime wird auch ganz bewusst die Konfrontation mit dem politischen Gegner gesucht: Noch nie wurde in Berlin so aggressiv Stimmung gegen ein Asylbewerberheim gemacht wie es seit Monaten im Berliner Ostbezirk Marzahn-Hellersdorf geschieht. AUFRUF ZUR BILDUNG EINER»BÜRGERWEHR«Mit Datum vom 4. September rief der NPD-Landesverband Berlin unter der Überschrift»Hellersdorf wehrt sich!«gar zur Bildung einer»bürgerwehr Marzahn-Hellersdorf«auf. Hellersdorf, so die NPD, müsse von»linken GEWALT ASYLANTEN«befreit werden. An»freiwillige Männer und Frauen«wurde appelliert, sich beim NPD-Landesvorsitzenden Sebastian Schmidtke, dessen Kontaktdaten angegeben sind, zu melden. Schmidtke (Jg. 1985), der seit Februar 2012 die Berliner NPD führt, ist seit Jahren einer der umtriebigsten Neonazis in der Bundeshauptstadt. Bereits als 14-Jähriger will er 1999 die Deutsche Volksunion (DVU) bei ihrer Landtagswahlkampagne in Brandenburg unterstützt haben. Vom Verfassungsschutz wird er den Führungsfiguren der Berliner»Autonomen Nationalisten«(AN) zugerechnet, die als aktionsorientiert und gewaltbereit bekannt sind. Lebensgefährtin von Schmidtke ist Maria Fank (Jg. 1989), Bundesvorstandsmitglied der NPD-Frauenorganisation»Ring Nationaler Frauen«(RNF).

2 Anton Maegerle Auf einer Bürgerversammlung in Hellersdorf im Juli, bei der ca. 800 Anwohner zugegen waren, rief Schmidtke unter Beifall ins Mikrofon:»Wir sind selbstverständlich gegen das Heim.«Immer wieder wurde»nein zum Heim«skandiert. Etwa 60 Neonazis waren vor Ort und hatten sich unter die besorgten Anwohner gemischt, darunter auch Fank. Hellersdorf steht für ein generelles Problem der bundesdeutschen Asylpolitik: Flüchtlinge werden oft in großen Sammelunterkünften zusammengepfercht und damit eine Art von Ghettos geschaffen. Das führt fast zwangsläufig zu Unmut und Protest vor Ort. Das spielt der NPD in die Hände, die sich deshalb ausdrücklich gegen eine dezentrale Unterbringung von Asylanten wendet. Offiziell begründet wird diese Haltung jedoch anders: Eine dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen, so die Rostocker NPD-Bürgerschaftsvertreter Thomas Jäger und Normen Schreiter, verstärke bei den»asylschnorrern automatisch den Eindruck, hier willkommen zu sein und sich dauerhaft in der Bundesrepublik niederlassen zu können.«hasspropaganda Asylbewerber seien eine»kostenfalle«, die»viel Geld«kosten, tönt die NPD ausgerechnet im ausländerarmen Mecklenburg-Vorpommern. Der Anteil der Ausländer an der Gesamtbevölkerung beträgt in diesem Bundesland etwa zwei Prozent. Nach Mitteilung des Statistischen Amtes ist dies die geringste Anzahl ausländischer Bürger in einem Land der Bundesrepublik Deutschland. Die mecklenburg-vorpommersche NPD brüstet sich damit,»die einzige Partei«zu sein, die sich»konsequent gegen den Zuzug von Asylanten und den damit verbundenen Asylmißbrauch«stelle. Der NPD-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern vertreibt neuerdings auch entsprechende Devotionalien für rassistische Hetzer. Im Angebot sind T-Shirts mit dem Aufdruck»Asylbetrüger? Nein Danke!«, Plakate mit dem Aufdruck»Asylbetrüger? Nein Danke! Wir sind nicht das Sozialamt der Welt!«und Aufkleber mit der Forderung»Asylantenheim? Nein danke!«die Hasspropaganda kann per Mausklick auf der Homepage des NPD-Landesverbandes bestellt werden. Administrativer Ansprechpartner der NPD-Domain ist der Landesvorsitzende Stefan Köster (Jg. 1973), seit 2006 Landtagsabgeordneter seiner Partei. Köster ist seit 1993 NPD-Mitglied und war auch Aktivist der 1994 verbotenen Neonazi-Truppe»Wiking-Jugend«(WJ), einer Imitation der Hitler-Jugend (HJ). Ebenso gehörte Köster der 2011 verbotenen»hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige«(HNG) an, die bundesweit Häftlinge, die wegen rechtsextremer Straftaten verurteilt worden waren, mit Geld, Propagandamaterial und Kontakten in der Szene unterstützte. NPD-»Leitfaden zum Umgang mit Asylanten«Ende August hat der NPD-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern einen sogenannten»leitfaden zum Umgang mit Asylanten in der Nachbarschaft«herausgegeben. Derzeit breche eine»regelrechte Asylantenflut«über»zahlreiche kleine Städte und Ortschaften in Mecklenburg und Pommern«herein, behauptet die NPD darin. Um den angeblich»von der Politik im Stich gelassenen

Fremdenfeindliche Hetze(r) 3 Deutschen beim Umgang mit den Asylanten wenigstens ein bisschen zu helfen«, habe die NPD den»leitfaden«erstellt. Bei Lärmbelästigungen durch Asylanten rät die Partei ihren Landsleuten, sich niemals allein bei Vermieter oder Polizei zu beschweren, da»dann ganz schnell die Geheimpolizei vor der Tür«stehen könne. Am»besten gleich mit der ganzen deutschen Nachbarschaft«beschweren, da dann»das System«mit den vielen Leuten nicht so umspringen könne wie mit einem»isolierten Einzelnen«. Vor Kontaktaufnahme mit Asylanten wird in dem»leitfaden«generell gewarnt, da dann den»übelwollenden unter den Ausländern«die Möglichkeit offen stehe,»einfach mal zu behaupten, man habe sie rassistisch beleidigt. Vor Gericht wird bei solchen Vorwürfen Ausländern eher geglaubt als Deutschen«. Tipp der NPD:»Wenn schon mit Asylanten reden, dann nur mit deutschen Zeugen.«Asylanten überhaupt kennen zu lernen, so urteilt die NPD kurzerhand,»lohnt sich ( ) nicht«. Presserechtlich verantwortlich für den»leitfaden«zeichnet Michael Andrejewski (Jg. 1959). Der NPD-Landtagsabgeordnete war einst Aktivist der Hamburger Hochschulgruppe der Deutschen Volksunion (DVU), Vize der»hamburger Liste für Ausländerstopp«(HLA) sowie Vorsitzender des HLA-Ablegers»Aktion Mecklenburg/Vorpommern bleibt unser«(mbu). In der geheim gehaltenen Materialsammlung des Bundesamtes für Verfassungsschutz zum Verbot der NPD wird Andrejewski namentlich erwähnt. Die Verfassungsschützer zitieren ein NPD-Flugblatt aus dem Jahr 2011 anlässlich des 2012 anstehenden 20. Jahrestages der rassistischen Ausschreitungen von Rostock- Lichtenhagen. Darin bezeichnet sich Andrejewski als damaligen»augenzeugen des Geschehens«. Der rechtsextreme NPD-Politiker schreibt:»wochen vor den Krawallen habe ich in Lichtenhagen und Großklein Flugblätter verteilt, in denen vor den Folgen einer gesteuerten und maßlosen Einwanderung von Ausländern nach Mitteldeutschland gewarnt wurde.«schweriner Parlamentskollege von Andrejewski ist David Petereit (Jg. 1981). Er ist Domain- Inhaber des NPD-nahen Internetportals»MUPINFO«. Anfang September war dort zu lesen:»die Asylantenflut ist eine schleichende Zuwanderung in die Sozialsysteme und auf den Arbeitsmarkt. Nach jahrzehntelanger Abwanderung und ausbleibenden Geburten sollen Lücken in der Bevölkerung durch die Hintertür Asyl wieder aufgefüllt werden.«der Landtagsabgeordnete Petereit, stellvertretender NPD-Landesvorsitzender, war Führungsperson der 2009 verbotenen Neonazi-Kameradschaft»Mecklenburgische Aktionsfront«(MAF) und betätigte sich bis zum Verbot in der»heimattreuen Deutschen Jugend«(HDJ). Aktionsorientiert zeigt sich der NPD-Landesverband Thüringen auch im Rahmen des Bundestagswahlkampfes, z. B. als NPD-Anhänger zuerst in Gera und dann in Weimar unter dem Motto»Asylflut stoppen Wir sind nicht das Sozialamt der Welt«aufmarschierten. Die Teilnehmenden, so der Aufruf an die»lieben Kameraden«im elektronischen Rundbrief, sollen»gemeinsam mit uns ein Zeichen gegen Überfremdung«setzen, denn»deutschland muß deutsch bleiben.«verantwortlich für den Demonstrationsaufruf zeichnet der thüringische NPD-Landesgeschäftsführer Tobias Kammler (Jg. 1986). Kammler gab im Jahr 2006 in der österreichischen Holocaustleugnerpostille»Phoenix«des notorischen Antisemiten Walter Ochensberger kund, dass er die Leitung des»ar-

4 Anton Maegerle beitskreises Westthüringen«der von SS-Offizieren und NSDAP-Funktionären gegründeten»gesellschaft für freie Publizistik«übernommen habe. In der rassistischen Hetzschrift»Phoenix«, so Kammler, fänden sich»artikel, die zur politischen Bildung beitragen.«kammler weiter:»ich ( ) war von dem Stil, mit dem sie geschrieben sind, beeindruckt.«kondome FÜR AUSLÄNDER In Sachen Ausländerfeindlichkeit will die NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) ihrer Mutterpartei nicht nachstehen. Am 3. September startete der NPD-Nachwuchs die Aktion»Kondome für Ausländer und ausgewählte Deutsche!«.» Hose runter, Gummi drauf! mit dieser Botschaft wenden sich die Jungen Nationaldemokraten ( ) an zahlreiche Bundestagsabgeordnete, Minister und Ausländerlobbyisten, die sich in der Vergangenheit besonders durch ihre volksfeindliche Heimatabwicklungspolitik hervorgetan haben«, verkündete Patrick Kallweit (Jg. 1985), Bundesvorstandsmitglied der Jungen Nationaldemokraten und seit 2003 Mitglied der NPD. Mit der Kampagne, so der JN-Bundesvorsitzende Andy Knape (Jg. 1986), wollen die JN ihren»scharfen Protest gegen die volksfeindliche Politik der Altparteien«unterstreichen.»Kondome für Ausländer und ausgewählte Deutsche klarer und anschaulicher könnten wir unsere Botschaft nicht ins Volk tragen«, so Knape. Auf der Verpackung der Kondome ist zu lesen, dass»die Politiker der korrupten Altparteien«eine»multikulturelle Gesellschaft«wollen,»die unsere Kultur zerstört. Sie lassen zu, dass sich unsere Gesellschaft überfremdet.«dagegen hätten die JN»die Lösung: Kondome für Ausländer und ausgewählte Deutsche!«Knape ist in einschlägigen Kreisen als Einpeitscher bekannt. Auf einer Neonazi-Demonstration am 14. August 2010 im niedersächsischen Bad Nenndorf wurde Knapes Rede von der Polizei wegen Glorifizierung der Waffen-SS abgebrochen. In Bayern ist die NPD mit zwei ausländerfeindlichen Tarnorganisationen in den Stadtparlamenten von Nürnberg und München vertreten. Stadträte der 2001 ins Leben gerufenen»bürgerinitiative Ausländerstopp Nürnberg«(BIA Nürnberg) sind Ralf Ollert und Sebastian Schmaus. Ollert (Jg. 1960), von 2000 bis 2012 NPD-Landesvorsitzender Bayern, war am 10. Mai 1997 unter den Teilnehmern einer Neonazi-Demonstration im thüringischen Neuhaus am Rennsteig. Auf einem Foto ist er in unmittelbarer Nähe der späteren Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe abgebildet. Schmaus (Jg. 1983) war Anhänger der 2004 wegen Wesensverwandtschaft mit der NSDAP verbotenen»fränkischen Aktionsfront«(F.A.F.). Der Neonazi Schmaus ist maßgeblicher Funktionär der»bürgerinitiative Soziales Fürth«(BSF), die dem Neonazi-Netzwerk»Freies Netz Süd«(FNS) zuzurechnen ist. Eine der Grundsatzforderungen der BIA Nürnberg lautet»einwanderungsstopp: Ausnahmen nur in absoluten Härtefällen. Sofortiger Stopp und umgehende Ausweisung von Scheinasylanten aus aller Welt.«Weiter heißt es:»wer als Asyl- und Multi-Kulti- Fanatiker Deutschland zum Sozialamt der Welt machen will, soll sich amtlich registrieren lassen und die anfallenden Kosten mit einer Sondersteuer zahlen.«in einem Dringlichkeitsantrag für die

Fremdenfeindliche Hetze(r) 5 Stadtratssitzung am 25. September fordern Ollert und Schmaus einen»asylantenaufnahmestopp«für Nürnberg. Im Antrag ist die Rede von»zigeunern«, die ins»gelobte Land«wollen,»mit dem einzigen Ziel, bei uns Sozialleistungen zu erhalten.«weiter heißt es:»dazu strömen noch Massen von weiteren Ausländern ins Land, die hier eine Selbständigkeit zum Schein vorgeben, um später Kindergeld aus deutschen Steuertöpfen zu beantragen.«die 2007 gegründete»bürgerinitiative Ausländerstopp München«(BIA München) ist durch Karl Richter (Jg. 1962), NPD-Landesvorsitzender Bayern und NPD-Bundesvize, im Stadtrat vertreten. Richter, der ehemals Leiter des Parlamentarischen Beratungsdienstes der NPD-Landtagsfraktion in Sachsen war, sorgte bei seiner Vereidigung als BIA-Stadtrat durch Zeigen des Hitler-Grußes für einen Eklat. Das Landgericht München verurteilte ihn deswegen in zweiter Instanz im Juli 2009 zu einer Geldstrafe in Höhe von 2.800 Euro. Im NPD-Parteiorgan»Deutsche Stimme«führte Richter 2008 in einem Artikel mit dem Titel»Der Toleranz-Schwindel. Eine Abrechnung mit der geistigen Immunschwäche unserer Zeit«aus:»Die Wahrheit ist: Toleranz ist die Manipulation des Natürlichen. Das ist allenthalben mit Händen zu greifen. Toleranz wird eingefordert für Fremde, Homosexuelle, Aidskranke, Drogenabhängige, Kriminelle, Psychopathen mit schwerer Kindheit und so weiter, und so fort. Es ist eine Milchmädchenrechnung: wo die Toleranz gegenüber Abweichendem, Lebens-Unrichtigem überhand nimmt auf Kosten der normalgebliebenen Mitglieder des Gemeinwesens, nimmt die Überlebensfähigkeit des Ganzen Schaden. Die Geschichte wird zeigen, ob für die weißen Gesellschaften des Abendlandes noch Heilungschancen bestehen oder ob der Bazillus der Toleranz, die Droge Liberalismus schon das Mark angegriffen hat.«bia München versteht sich als»unabhängiger und basisdemokratischer Zusammenschluß von Bürgern, denen ihre Münchner Heimat am Herzen liegt und denen die rot-grün-rosa-schwarze Einheitspolitik der Rathausparteien gegen den Strich geht.«die bundesweit erste»bürgerinitiative Ausländerstopp«war im Januar 1980 durch die NPD in Bochum (Nordrhein-Westfalen) gegründet worden. Unter dem Motto»Das Ruhrgebiet sagt NEIN zu Asylmissbrauch und Armutseinwanderung«will die 2007 gegründete»bürgerbewegung pro NRW«am 5. Oktober eine sogenannte»dreifach- Demo«in Duisburg, Essen und Bochum durchführen. Anlass, so die Rechtspopulistentruppe um den Rechtsanwalt Markus Beisicht (Jg. 1963), sei»vor allem die Zuspitzung in Sachen Asylmissbrauch und Armutseinwanderung, für die das sogenannte Zigeuner-Hochhaus in Duisburg- Rheinhausen bundesweit beispielhaft im negativen Sinne steht.«aber auch in Bochum und Essen haben sich laut Auffassung der»bürgerbewegungregelrechte soziale Brennpunkte entwickelt«, wo pro NRW»nun vor Ort den demokratischen Protest der einheimischen Bevölkerung artikulieren«wolle:»denn es muss endlich Schluss sein mit dem Missbrauch unseres Asylrechtes und der Masseneinwanderung in unser Sozialsystem!«. Markus Beisicht war einst Landesvorsitzender der Deutschen Liga für Volk und Heimat (DLVH), die angetreten war, um die zersplitterte extreme Rechte unter einem Dach zu einen. Vor seinem Eintritt in die DLVH gehörte Beisicht als Bundesvorstandsmitglied den Republikanern (REP) an. Als pro NRW-Asylexperte gilt Tony-Xaver Fiedler (Jg. 1989), vormals Bundesvorsitzender der

6 Anton Maegerle DVU-Jugendorganisation»Junge Rechte«und zuvor Bundesvorstandsmitglied der Republikaner. Bei der nordrhein-westfälischen Landtagswahl 2010 erzielte pro NRW im bevölkerungsreichsten Land der Bundesrepublik 1,4 Prozent. Politisch ins gleiche Horn wie die»bürgerbewegung pro NRW«bläst die»bürgerbewegung pro Deutschland«. Diese fordert in ihrem Programm:»Deutschland darf kein Einwanderungsland werden.«pro Deutschland kandidiert bei der Bundestagswahl am 22. September. Wie die NPD versucht die Partei mit Aktionen gegen Flüchtlingsheime auf Stimmenfang zu gehen. Zuletzt veranstalteten die Rechtspopulisten am 21. August eine Kundgebung gegen das Flüchtlingsheim in Hellersdorf. Auf ihrer Homepage wirbt pro Deutschland mit folgender Aussage für sich:»pro Deutschland fordert als einzige demokratische Kraft, die in Marzahn-Hellersdorf bei der Bundestagswahl auf dem Stimmzettel steht: NEIN zum Asylantenheim!«Bundesvorsitzender der Partei ist Manfred Rouhs (Jg. 1965). Rouhs startete seinen politischen Werdegang bei der CDU- Jugendorganisation Junge Union (JU). Später schloss er sich den Jungen Nationaldemokraten an, wurde JN-Landesvorsitzender in Nordrhein-Westfalen, kandidierte für die NPD zum Bundestag, zog dann als Stadtrat der Republikaner in den Kölner Rat ein und landete später bei der Deutschen Liga für Volk und Heimat (DLVH). Mit gutem Grund wurde das individuelle Recht auf Asyl nach den Erfahrungen der NS-Diktatur im Grundgesetz in Artikel 16 verankert. Rechtsextremisten darf es nicht gelingen, mit dem Anheizen von Ängsten und Hass erneut eine Asyldebatte vom Zaun zu brechen wie Anfang der 1990er Jahre. Im Zuge der damaligen Asyldebatte erzielten die Republikaner 1992 bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg 10,9 Prozent (539.014 Stimmen), die DVU in Schleswig-Holstein 6,2 Prozent (93.295 Stimmen). Dann folgte der ausländerfeindliche Terror in Städten wie Rostock- Lichtenhagen, Mölln, Solingen