Wege eines Klimaschutzbeitrags in der Wärmeversorgung STRise-Fachtagung 2. Stuttgarter Energiedialog 9. November 218, Bosch-Haus Heidehof Stuttgart Prof. Dr.-Ing. Kai Hufendiek
Erneuerbare Energien Energieeffizienz Agenda Ziele der Energiewende Wo stehen wir? Energiewende Klimaschutz Pfade zur Dekarbonisierung im Wärmesektor Zusammenfassung Bei gleichzeitigem Ausstieg aus der Kernenergienutzung STRise Ein Forschungsverbund von DLR, Universität Stuttgart und ZSW 2
Ziele der Energiewende
Ziele der Energiewende Historie Wirtschaftlichkeit treibt Wandel im Energiesystem z. B. Raumwärmebereitstellung 196 198 Heizöl verdrängt Kohle 197 2 Erdgas verdrängt Heizöl Politische Ziele beginnen Energiesystem zu wandeln 1972 Studie Club of Rome Grenzen des Wachstums 1 1973/79 Ölpreiskrisen: Kernenergie und Erdgas ersetzen Öl 1977 Amory Lovins (USA) entwickelt Vision eines Energiesystem auf Basis erneuerbarer Energien (EE) 2 198 Öko-Institut verwendet erstmals Begriff Energiewende für Studie zur Abkehr von Erdöl und Uran 3 BReg Energiewende : Energiekonzept 21 4 1 Meadows, D.H. et al.: The Limits to Growth. Universe Books, New York, 1972 2 Lovins, A.B.: Soft Energy Paths: Towards a Durable Peace. Harper & Row, New York, 1977 3 Krause, F. et al.: Energie-Wende: Wachstum und Wohlstand ohne Erdöl und Uran. S. Fischer, Frankfurt a. M., 198; nach Zeit Online: Sprachforschung: The Energiewende. abgerufen unter https://www.zeit.de/212/47/energiewende-deutsche-begriffe-englisch am 2.7.218 4 BMWi: Eine Zielarchitektur für die Energiewende. abgerufen unter https://www.bmwi.de/redaktion/de/artikel/energie/zielarchitektur.html am 19.7.218. STRise Ein Forschungsverbund von DLR, Universität Stuttgart und ZSW 4
Klimagasemissionen in Mt CO 2 e Ziele des Klimaschutzplans der Bundesregierung Zielerreichung ist anspruchsvoll Für 23 sind erhebliche Minderungen vor allem im Bereich der Energiewirtschaft, Gebäude und Verkehr zu erreichen Wird Verkehr langsamer als geplant reduziert, müssen Gebäude und Energiewirtschaft höhere Ziele erreichen (wäre kosteneffizient) Ziele 25 sind bislang nicht sektoral aufgelöst: Emissionen in Landwirtschaft und Industrie sind sehr aufwendig zu reduzieren, so dass hieraus eine (nahezu) vollständige Dekarbonisierung der anderen Sektoren folgt STRise Ein Forschungsverbund von DLR, Universität Stuttgart und ZSW 5 14 12 1 8 6 4 2 199 215 22 23 24 25 Sonstige Landwirtschaft Industrie Verkehr Gebäude Energiewirtschaft Gesamtsumme Spannbreite Quelle: Projekt E-Navi, gefördert durch BMBF
Ziele der Energiewende EU, national, BW Klimagasreduktion Erneuerbare Energien Energieeffizienz EU 1 22: -2% 23: -4% 25: -8/95% Deutschland 2 22: -4% 23: -55% 25: -8/95% Baden- Württemberg 3 22: -25% 23: -45% 25: -9% 22: 2% 23: 27% 25: 75% 22: 18% 23: 3% 25: 6% 22: 25% 23: 43% 25: 8% 22: 2% PE, Ref. Szenario 23: 27% PE, Ref. Szenario 25: 41% PE, 25 22: 2% PE, 28 23: 3% PE, 28 25: 5% PE, 28 22: 16% EndE, 21 23: 32% EndE, 21 25: 5% EndE, 21 1) EU Klima- und Energiepaket 23, Oktober 214; Energiefahrplan 25, 12/211 2) Integriertes Energie- und Klimaschutzprogramm, 8/27; Energiekonzept 211; Klimaschutzplan 25, 11/216 3) Klimaschutzgesetz BW, Juli 213/Integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept BW (IEKK), Juli 214 PE Primärenergie, EndE Endenergie STRise Ein Forschungsverbund von DLR, Universität Stuttgart und ZSW 6
Wo stehen wir?
Klimagasemissionen in Mt CO 2 e Klimagasemissionen in Mt CO 2 e Klimagasemissionen in Mt CO 2 e Klimagasemissionen in Mt CO 2 e Klimaschutz und Emissionshandel Deutschland in EU integriert Treibhausgasemissionen: EU-28 8 6 4 2 4 3 2 1 Verifizierte Emissionen nonets Verifizierte Emissionen ETS Linearer Minderungspfad Allokation ETS ohne Backloading 199 1995 2 25 21 215 verfügbare Zertifikate Verifizierte Emissionen ETS Allokation ETS Allokation ETS ohne Backloading und D 15 125 1 75 5 25 1 75 5 25 Verifizierte Emissionen nonets Verifizierte Emissionen ETS Linearer Minderungspfad Allokation ETS ohne Backloading 199 1995 2 25 21 215 verfügbare Zertifikate Verifizierte Emissionen ETS Allokation ETS Allokation ETS ohne Backloading 25 27 29 211 213 215 STRise Ein Forschungsverbund von DLR, Universität Stuttgart und ZSW 8 25 27 29 211 213 215 Datenquellen: UNFCCC, EU EEA
Anteil erneuerbarer Energie in % 199 1992 1994 1996 1998 2 22 24 26 28 21 212 214 216 199 1992 1994 1996 1998 2 22 24 26 28 21 212 214 216 Minderung in % Status quo Deutschland Klimagasreduktionen und Anteile erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch Klimagasreduktionen Wärmesektor ist aktuell führend Bei gleichen Emissionsminderungszielen für alle Sektoren (-4%): Wärme hat Ziel nahezu erreicht, stagniert aber Energieversorgung hat ca. Hälfte erreicht Verkehr keine nennenswerten Reduktionen Zu erwarten, dass Ziele 22 nicht mehr erreicht werden können Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch Bei Anteil EE ist Stromversorgung führend Stromversorgung liegt lt. BMWi im Plan Wärme und Verkehr haben vor allem langfristig noch erhebliche Strukturveränderungen zu erreichen 2% % -2% -4% 4 2 Datenquelle: UNFCCC Report 216 Energieversorgung Wärme Verkehr Bruttostromverbrauch Endenergieverbrauch für Wärme und Kälte Endenergieverbrauch Verkehr Datenquelle: AGEE-stat STRise Ein Forschungsverbund von DLR, Universität Stuttgart und ZSW 9
199 1994 1998 22 26 21 214 218 222 226 23 234 238 242 246 25 THG-Emissionen [Mt/a] Relative Minderung ggü. 199 Erreichung der Minderungsziele (23) durch Dekarbonisierung der Stromerzeugung in BW 1 9 8 7 6 5 4 3 2 1 11% 1% 9% 8% 7% 6% 5% 4% 3% 2% 1% % Emissionen gesamt: 89,2 Mt. (199) 78,4 Mt. (216) - 12,1% Ziele nach KSG-BW: Gesamtsumme Treibhausgasemissionen -25% (22) -9% (25) Prozesse, Land-, Abfallwirtschaft Industrie Verkehr Haushalte und GHD Wärmekraftwerke (öfftl. Vers.) Zielvorgabe (konstante Anstrengung) Datenquelle IST-Daten: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg Reduktionspfade: Linear Konstante relative Minderung STRise Ein Forschungsverbund von DLR, Universität Stuttgart und ZSW 1
199 1994 1998 22 26 21 214 218 222 226 23 234 238 242 246 25 THG-Emissionen [Mt/a] Relative Minderung ggü. 199 Erreichung der Minderungsziele (23) durch Dekarbonisierung der Stromerzeugung in BW 1 9 8 7 6 5 4 3 2 1 Prozesse, Land-, Abfallwirtschaft Verkehr Wärmekraftwerke (öfftl. Vers.) -25% STRise Ein Forschungsverbund von DLR, Universität Stuttgart und ZSW Zeitraum bis 22 Zeitraum bis 25-9% 11% 1% 9% 8% 7% 6% 5% 4% 3% 2% 1% % Industrie Haushalte und GHD Zielvorgabe (konstante Anstrengung) Datenquelle IST-Daten: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 11 Annahmen: Vollständige Dekarbonisierung der Stromerzeugung bis 23 Übrige Sektoren unverändert auf Niveau 216 Ziele nach KSG-BW: -45% (23) IEKK (nur energetische) -47% (23) linearer Pfad Resultat in 23: Verfehlung des Ziels (IEKK) um rund 12 Mt CO 2 e bzw. 13 Prozentpunkte Fazit: Umsetzung der Energiewende in allen Sektoren notwendig! Wärmesektor spielt aufgrund eines breit genutzten Technologieportfolios und bestehender Lock-in-Effekte eine entscheidende Rolle bei Erreichung der Klimaschutzziele
Pfade zur Zielerreichung im Wärmesektor
Klimagasemissionen Mt CO 2 e Klimagasemissionen Mt CO 2 e Pfad zur Einhaltung der Ziele des Klimaschutzplans (25 9%) Kostenoptimale Sektorverteilung führt 25 zu höheren Zielen im Wärmesektor Ziel des Wärmesektors trifft mittelfristig (23) kostenoptimales Ziel gut Langfristig (25) muss bei kostenoptimaler Verteilung Wärmesektor stärker mindern Gleichzeitig hat Energiewirtschaft bei kostenoptimaler Verteilung erheblich höhere Minderungsziele zu erreichen 3 2 1 3 2 Wärme Energiewirtschaft 23 "KSP 9" "Optimiert 9" 25 Verkehr Industrie Landwirtschaft "KSP 9" "Optimiert 9" Hebel im Wärmesektor sind: Steigerung der Energieeffizienz Erhöhung des Anteils Erneuerbare (EE) 1 Wärme Energiewirtschaft Verkehr Industrie Landwirtschaft Quelle: Projekt E-Navi, gefördert durch BMBF STRise Ein Forschungsverbund von DLR, Universität Stuttgart und ZSW 13
Nutzwärmebedarf in [TWh] Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudesektor Neubau und Bestand Neubau erfolgt mit hohem bis höchstem energetischem Standard, so dass Nutzwärmebedarf Neubau kaum Einfluss auf Gesamtbedarf hat Bestandsgebäude dominieren auch langfristig Nutzwärmebedarf Energetische Sanierung sollte Nutzwärmebedarf für Wohngebäude bis 24 um rd. 5% senken 6 5 4 3 2 1 1 9 8 7 6 5 4 3 2 1 Fortschritt wird verzögert, wenn Sanierungszyklen verzögert werden können, da kosteneffizient nur im Zyklus STRise Ein Forschungsverbund von DLR, Universität Stuttgart und ZSW 14 21 215 22 225 23 235 24 245 25 Jahr MFH Neubau MFH 22-215 MFH 1979-21 MFH vor 1979 EFH Neubau EFH 22-215 EFH 1979-21 EFH vor 1979 Datenreihen9 Quelle: Projekt TGZ InEnergy für MVV Energie AG
Spez. nicht EE Primärenergieverbrauch in [kwh/m 2 ] Veränderung der Rolle von Heizungstechnologien Mittelfristige Veränderungen des spezifischen Primärenergiebedarfs Energetische Standards für Neubau lassen sich im Bestand kaum erreichen Ohne energetische Sanierung ist Dekarbonisierung im Wärmesektor nicht möglich Kennwerte von fossiler KWK verschlechtern sich mit zunehmend dekarbonisiertem Strommix Wärmeerzeugung auf Strombasis erreicht bei zunehmend dekarbonisiertem Strommix erheblich verbesserte Kennwerte Zukünftige Umweltwirkungen der Technologien sollten berücksichtigt werden 25 2 15 1 5 Spez. Nicht-EE Primärenergiebedarf pro m 2 für Mehrfamilienhaus im Bestand Ordnungsrahmen für Neubau (Status Quo) EnEV 2 EnEV 216 Niedrigstenergie-Haus Brennwert Gas Mikro-KWK Luft-WP Gas Luft-WP el. Erd-WP el. E-Kessel Relevante Zielgröße instrumentieren, um wettbewerbliche Balance Effizienz/Einsatz zu erreichen 216 225 24 Quelle: Projekt TGZ InEnergy für MVV Energie AG STRise Ein Forschungsverbund von DLR, Universität Stuttgart und ZSW 15
Kosteneffizienter Pfad zur Zielerreichung in Baden-Württemberg Erdgaseinsatz rückläufig Zunächst erhebliche Anstrengungen im Bereich der Energieeffizienz der Gebäude Im Rahmen von Sanierungszyklen und Neubau kostengünstig Teilweise Voraussetzung für Heizsystemwechsel zu Wärmepumpe, LowEx-Fernwärme Massive Reduktion des Erdgasabsatzes im Verteilnetz Zukünftige Rolle als Netz für H 2 / synthetisches Methan? STRise Ein Forschungsverbund von DLR, Universität Stuttgart und ZSW 16 Quelle: Projekt EnSyS BaWü, gefördert durch UM BW
Kosteneffizienter Pfad zur Zielerreichung in Baden-Württemberg Entwicklung Fernwärme: Durch Vergrünung nimmt Bedeutung langfristig zu Vergrünung Fernwärme erfordert mittelfristig erhebliche Umstellungen Umstellung auf Großwärmepumpen (PtH) und Geothermie Einsatz von Großwärmepumpen bzw. Abwärmenutzung erfordert LowEx-Netze Grüne Fernwärme bietet langfristig erhebliche Chancen, da gleitende Umstellung Abnehmer möglich Wärmenetze spielen langfristig wichtige Rolle, mittelfristig sind aber Umstellungskosten bei zunächst nur stabilem Absatz Herausforderung STRise Ein Forschungsverbund von DLR, Universität Stuttgart und ZSW 17 Quelle: Projekt EnSyS BaWü, gefördert durch UM BW
Energetische Sanierung Bestandsgebäude Energetische Sanierung Umbau der Wärmeversorgung birgt noch Herausforderungen Komplexität: Pfadabhängigkeiten Vielzahl von Nutzern (Eigentümer, Mieter, Gemeinschaft) und Entscheidungsträger Hohe Lock-in-Effekte bzw. Pfadabhängigkeiten Zeitliche Abfolge einzelner Maßnahmen und Lebenszyklus der Bauteile im Bestand entscheiden in erheblichem Maße mögliche Pfade 1. Entscheidung 2. 3. Brennw. Kessel Erdgas BHKW Elektr. WP ± % - 5% - 85% - 5% STRise Ein Forschungsverbund von DLR, Universität Stuttgart und ZSW 18 Zeit
Zusammenfassung
Zusammenfassung Umbau der Wärmeversorgung birgt noch erhebliche Herausforderungen Spezielle Situation im Wärmesektor Wärmesektor muss bereits bis 23 erhebliche Anteile zur Erreichung der Klimaziele beitragen Balance zwischen Energieeffizienz und erneuerbarer Erzeugung im Wärmesektor gebäudespezifisch und komplex Wichtige Fragen bei Gestaltung der Transformationspfade im Wärmesektor Bislang keine stringente Anreizstruktur für Klimaschutz vorhanden Chancen der Sektorintegration müssen nutzbar sein Direkte Wirkung auf Treibhausgasemissionen könnte sektorintegrierenden, zielgerichteten Ansatz darstellen Aufgrund unmittelbarer, individueller Wirkung auf jeden Haushalt sind Verteilungseffekte und soziale Gerechtigkeit unbedingt zu beachten Betrieb von Netzen für leitungsgebundene Energieträger (Gas und Fernwärme) wird zumindest mittelfristig aufgrund sinkenden Wärmebedarfs wirtschaftlich unter Druck kommen: zukünftige Nutzungen sinnvoll? STRise Ein Forschungsverbund von DLR, Universität Stuttgart und ZSW 2
Vielen Dank! Prof. Dr.-Ing. Kai Hufendiek kai.hufendiek@ier.uni-stuttgart.de +49 () 711 685 878 1 Universität Stuttgart Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) Heßbrühlstraße 49a 7565 Stuttgart