I N F O R M A T I O N zum Lokalaugenschein mit Landesrat Rudi Anschober und Mag. Klaus Reingruber Bluesky Wetteranalysen am 22. August 2007 zum Thema "Lokalaugenschein am Hallstätter Gletscher Gletscherschmelze im Rekordtempo" (Bild: Bluesky)
LR Rudi Anschober Seite 2 Lokalaugenschein am Hallstätter Gletscher: Gletscher sind DIE Indikatoren für dramatische Auswirkungen des Klimawandels, die Fieberthermometer unserer Erde. Aktuelle Messergebnisse belegen: Dachstein-Gletscher schmelzen im Rekordtempo. Neues Forschungsprojekt belegt nicht nur zunehmendes Abschmelzen im Rekordtempo in der Fläche, sondern und das wird die Gletscherschmelze drastisch beschleunigen - auch in der Mächtigkeit und damit in der Massenbilanz. Die Klimaänderung und ihre Auswirkungen sind mittlerweile nicht mehr zu leugnen und weltweit entsteht eine breite Bewegung, die sich für den Klimaschutz stark macht. Nun ist es an der Zeit, dass die Spitzen der Politik weltweit diese Forderung der Menschen aufgreifen und die notwendigen Maßnahmen raschest setzen, damit die schlimmsten Folgen des Klimawandels noch verhindert werden können. Auch wenn es kaum vorstellbar ist, so versinken die ersten Inseln aufgrund des steigenden Meeresspiegels und Millionen von Menschen an den Küsten dieser Welt verlieren ihren Lebensraum. Anschober: "Aktuell zeigen sich die Auswirkungen des Klimawandels auf beunruhigende Weise einerseits schmelzen die Eismassen Grönlands in Rekordtempo, was die Lebensräume von vielen Millionen Menschen an den Küsten unserer Welt gefährdet und andererseits sind die Bewohner/innen Grönlands nun damit beschäftigt die steigenden Temperaturen zu nutzen, um mit Landbau auch außerhalb von Gewächshäusern zu beginnen. In Japan erlebten wir kürzlich den heißesten Tag in der Geschichte mit 40,9 Grad Celsius und sieben Hitzetoten, während zur gleichen Zeit in der Schweiz mit enormen Hochwassermassen gekämpft wurde. Und wir haben heuer den Orkan Kyrill erlebt und in den letzten Jahren Flutkatastrophen, Dürren und
LR Rudi Anschober Seite 3 enorme Schneemengen gefolgt einem sommerlich warmen Winter und einen Zeugen für den Klimawandel, der uns unbeirrbar zeigt vor welcher apokalyptischen Gefahr wir stehen, haben wir vor unserer Haustür den Hallstätter Gletscher. Dieser wird bis zum Ende des Jahrhunderts oder sogar noch bedeutend rascher - restlos verschwunden sein, wenn wir nicht sofort gegensteuern. Unsere Gletscher sind die Fieberthermometer unserer Erde. Ihr Abschmelzen ist Alarmruf und Weckruf zugleich." Gletscher sind weltweit das Fieberthermometer unserer Welt - die Indikatoren der bereits begonnenen Klimakatastrophe Abb. 1. (Quelle: GEO KOSMOS 11/2006)
LR Rudi Anschober Seite 4 Die Dachsteingletscher der Klimawandel wirkt sich immer dramatischer aus Abb. 2: Blick vom Trägersteig zum Hallstätter Gletscher und zum Dachstein - August 2007 (Bild BlueSky) Faktum ist, dass die Dachsteingletscher derzeit in einer bisher nicht bekannten Geschwindigkeit dahin schmelzen. Bei einer Fortsetzung des Trends auch in den nächsten Jahren/Jahrzehnten werden die Eisflächen in absehbarer Zeit auf ein Minimum reduziert sein, ein Ende der Vergletscherung im Dachsteinmassiv ist absehbar. Die Gletscherschmelze ist ein weltweites Phänomen Nicht nur am Dachstein, sondern weltweit schmilzt immer mehr des vermeintlich ewigen Eises im Hochgebirge parallel zu den immer
LR Rudi Anschober Seite 5 höheren Temperaturen. Im Schnitt verlieren Gletscher rund um den Globus bis zu drei Prozent an Masse pro Jahr. Die Alpengletscher untersucht das Gletscherforschungszentrum in Zürich, welches bei Erhebungen in den Jahren 2002 und 2003 feststellte, dass von 88 untersuchten alpinen Gletschern 79 deutlich zurückgehen. Laut Wilfried Haeberli vom Geografischen Institut der Universität Zürich breiteten sich Mitte des 19. Jahrhunderts die Alpengletscher insgesamt über 200 Quadratkilometer aus, im Jahr 2000 waren sie bereits auf 75 Quadratkilometer reduziert, derzeit sind es nicht einmal mehr 68 Quadratkilometer. Bis Ende des Jahrhunderts wird bei einem wahrscheinlichen Anstieg der Sommertemperaturen um drei Grad Celsius nur mehr ein Zehntel der Gletschermasse des Jahres 1850 existieren. Der Rückgang des Hallstätter Gletschers im Lauf der Zeit Längenänderung der Dachsteingletscher 15 10 Hallstättergletscher Gr. Gosaugletscher Rückgang/Vorstoß m/jahr 5 0-5 -10-15 1950 1951 1952 1953 1954 1955 1956 1957 1958 1959 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007-20 -25 Pressekonferenz Zeitachse am 22. August 2007
LR Rudi Anschober Seite 6 Landschaftswandel Hallstätter Gletscher 1840 1906 2001 Abb. 3-5: Quelle Gletscherbericht
LR Rudi Anschober Seite 7 Aktuelles Projekt: Massenbilanz des Hallstätter Gletscher Die Gletscherforschung hat am Dachstein schon eine lange Tradition. Mit einer mehrjährigen Untersuchung - einer Massenbilanz" des Hallstätter Gletschers - werden nun die langjährigen wissenschaftlichen Arbeiten am Dachstein fortgesetzt. Dieses Projekt wurde von Umwelt-Landesrat Rudi Anschober initiiert und wird nun gemeinsam mit der Energie AG, dem Meteorologischen Institut der Universität Innsbruck und Blue Sky Wetteranalysen aus Attnang-Puchheim realisiert. Gespräche über eine Mitbeteiligung des Bundes sind im Laufen. Zur wissenschaftliche Tradition Friedrich Simony leitete mit seinem ersten Besuch am Dachstein 1840 eine rege wissenschaftliche Tätigkeit ein, zu einem Zeitpunkt, wo die Gletscher in den Alpen ihren letzten markanten Höchststand verzeichneten. Bereits schon 1845 konnte Simony eine Trendumkehr beobachten, die Gletscheroberfläche begann einzusinken, während am Gletscherende das Eis noch im Vorstoß begriffen war. Ab 1860 war der Rückzug dann auch auf den Gletscherenden sichtbar, mit 1871 begann dann die kontinuierliche Aufzeichnung dieser Veränderungen. Nach dem Tod von Simony wurde zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts eine umfangreiche Kartierung der Dachsteingletscher durchgeführt, vor allem die Gletscherkarte von Arthur von Hübl war/ist eine herausragende Leistung. Eine kontinuierliche Gletschervermessung fand dann erst nach dem 2. Weltkrieg seine Fortsetzung, hier waren es vor allem die freiwilligen Gletschermesser des Alpenvereins die wichtige wissenschaftliche Arbeit leisteten und leisten. Im Jahr 1968 wurde von Brückl mittels Spreng-Seismik auch die Dicke des Gletschers festgestellt. Seit dem letzten Gletschervorstoß Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts haben die Dachsteingletscher kontinuierlich an Masse verloren, seit Beginn der 1990er Jahre mit zunehmender
LR Rudi Anschober Seite 8 Geschwindigkeit. Seit dem Rekordsommer 2003 erreichen die Rückzugsraten beinahe jährlich Rekordwerte. Um die Veränderung der Dachsteingletscher in einer Phase des verstärkten Klimawandels zu dokumentieren hat sich das Umweltressort des Landes entschlossen, ein wissenschaftliches Projekt auf dem Hallstätter Gletscher zu unterstützen und zu finanzieren, wozu die Energie AG als Projektpartner gewonnen werden konnte. Als Landesenergieversorger hat die Energie AG nicht nur eine besondere Verantwortung für die Klimaentwicklung und ein lange historische Verankerung in der Region, sondern auch eine Geschichte in der Gletscherforschung, denn auf diesem Gebiet war sie schon Mitte der 50er Jahre tätig. Gespräche über eine Mitfinanzierung von Bund und EU sind im Laufen. Dieses Projekt wurde in den letzten Monaten gestartet und das Ziel von Umwelt-Landesrat Anschober ist es, die Massenbilanzmessungen langfristig durchführen zu lassen auch als Weckruf für mehr Klimaschutz und eine echte drastische Absenkung der Treibhausgas- Emissionen. Projektdetails: Untersuchung von Klima und Massenhaushalt am Dachsteingletscher" Ziel ist es, in einem fünfjährigen Programm das Klima und dessen Auswirkung auf den Hallstätter Gletscher zu untersuchen. Dazu wird ein Monitoringsystem aufgebaut und detaillierte Massenbilanzmessungen durchgeführt, in denen untersucht wird, wie viel der Hallstätter Gletscher in Abhängigkeit von der Witterung an Masse gewinnt oder verliert. Das Forschungsprojekt liefert wichtige Informationen zum besseren Verständnis des Verhaltens der Gletscher in den Nordalpen.
LR Rudi Anschober Seite 9 Der Hintergrund Der Hallstätter Gletscher ist mit 3 km 2 der größte Gletscher der nördlichen Kalkalpen. Die Dachsteingletscher haben seit 1850 ca. 50 Prozent Ihrer Fläche verloren, wobei der Hallstätter Gletscher mit einem Verlust von 41 % der Fläche von 1850 mit einer langsameren Flächenänderung als die anderen Dachsteingletscher auf Klimaänderungen reagiert. Der früher Karls-Eisfeld genannte Gletscher war schon früh Ziel wissenschaftlicher Forschungen. Es gibt daher eine große Menge an historischen Daten, die den Gletscher zu einem interessanten Forschungsgebiet machen. Die Messungen Zu Beginn des Projektes werden Holzpegel mit 2 cm Durchmesser mit einem Dampfbohrer im Zehrgebiet in das Eis eingebohrt. Durch Ablesen der freien Pegelenden kann man feststellen, wie viel Eis über den Sommer schmilzt. Im oberen Teil des Gletschers bestimmt man die über den Sommer erhaltenen Rücklagen durch Graben von Schneeschächten und Bestimmen des Wassergehalts des Schnees, der den Sommer überdauert hat. Eine automatische Kamera liefert Informationen über die Schneebedeckung, eine automatische Wetterstation liefert Wetterdaten. Die Eckdaten Projektlaufzeit: 5 Jahre Durchführende: Institut für Meteorologie und Geophysik (IMGI), Universität Innsbruck BLUE SKY Wetteranalysen, Technisches Büro für Meteorologie, Traunmüller und Reingruber OEG Projektfinanzierung:
LR Rudi Anschober Seite 10 Land Oberösterreich und Energie AG Gespräche mit dem Bund sind im Laufen Stand des Projektes Im September des vergangenen Jahres wurde das Messenetz in Form von Holzpegeln installiert. An ausgewählten Punkten des Gletschers wurden Holzstangen bis in eine Tiefe von sechs bzw. acht Metern eingebohrt. (Quellennachweis: Alle nachfolgenden Abbildungen stammen von Bluesky Wetteranalysen) Abb. 6: Pegelstandorte GPS Aufnahme
LR Rudi Anschober Seite 11 Abb. 7: Bohrarbeiten im oberen Bereich des Gletschers, verwendet wird ein Dampfbohrer Beim Gletscherende (Eissee) wurde im Oktober ein Totalisator aufgestellt, ein Niederschlagsmessgerät (Regen, Schnee) welches die Erfassung auch über einen längeren Zeitraum ermöglicht.
LR Rudi Anschober Seite 12 Abb. 8: Projektarbeiten im Oktober 2006 Abb. 9: Projektarbeiten im März 2007 Winterbegehung": Zum Zeitpunkt der maximalen Schneehöhe (Ende April) erfolgt die Winterbegehung und die Erstellung der Schneeprofile. Im Nährgebiet
LR Rudi Anschober Seite 13 werden im Schnee Schächte bis auf die Schneeschicht des vergangenen Herbstes gegraben. Dichte, Schneehöhe, Beschaffenheit und Struktur werden erhoben- und geben Aufschluss über die Rücklagerung. Abb. 10: Insgesamt wurden sechs Schächte gegraben, mit einer Tiefe zwischen 5,5 und 7,5 Meter, die Schneelage war im Winter also durchaus zufrieden stellend. Sommer 2007: Trotz guter und durchschnittlicher Schneelage im Winter, ist die Ablation (Abschmelzung) enorm. Zehn Monate überdurchschnittliche Temperaturen hinterlassen ihre Spuren.
LR Rudi Anschober Seite 14 Abb. 11: Pegel Nr. 27 im August 2007: Die Abschmelzung beträgt hier 1,2 Meter. Beim Pegel Nr. 22 beträgt der Eisverlust über fünf Meter! Weitere Schritte: Im Herbst wird bei der Simonyhütte eine automatische Wetterstation installiert, ab diesem Zeitpunkt ist dann eine genaue Dokumentation der Klimadaten vor Ort möglich (Temperatur, Feuchte, Wind) Im September erfolgt dann die nächste Ablesung der Pegel, ein Jahr nach Projektstart liegen dann die ersten konkreten Zahlen vor - vor Weihnachten sollte es dann einen ersten ausführlichen Bericht (Massenbilanz) geben. Im Herbst geht dann die Dachsteinprojekts-Homepage online - diese dient als Informationsseite über das Projekt, über Gletscher und über den Dachstein allgemein. alle Wetterdaten online im Internet aktuelle Webcambilder inklusive Archiv
LR Rudi Anschober Seite 15 Gletschertagebuch: Bildberichte über den Projektfortschritt und Ergebnisse Bildvergleiche Dachstein einst und jetzt Zusammenführung verschiedener Datenarchive (Alpenverein, Energie AG, Gletschermesser)