Feature Einen Kopf größer und Innovation im Gepäck Warum berufliche Bildung im Ausland immer wichtiger wird Früher waren es die Wanderjahre, bei denen der Fachkräftenachwuchs in der Weltgeschichte herumkam und sich seine Meisterfähigkeiten aneignete. Und heute? Berufliche Erfahrungen fern der Heimat sind gefragter denn je. Wie eine brandenburgische Bäckerei für Urlaubsgefühle am Frühstückstisch sorgt? Was ein bayerischer Automationsbetrieb in Irland findet? Warum es bei einem ostfriesischen Handelsunternehmen mit dem Nachbarn klappt? Das verraten wir hier. T H E M E N S E R V I C E Foto Darius Ramazani für Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e. V.: Dietmar Plenz schickt seine Azubis zur Weiterbildung ins Ausland Wer auf der Suche nach einem original italienischen Ciabatta-Rezept ist, wird heutzutage online sofort fündig. Für den Profi ist das nichts: Karl- Oktober 2012 Themenservice Berufliche Weiterbildung im Ausland Seite 1
Dietmar Plentz verzieht sein Gesicht und schüttelt energisch den Kopf. Zutat ist nicht gleich Zutat, und die exakte Zubereitung will wirklich gelernt sein. Der Bäckermeister aus dem brandenburgischen Schwante, der mit dem Slogan Back Dir Deine Zukunft um den Nachwuchs wirbt, schickt seine Auszubildenden persönlich nach Italien oder Frankreich. Dort arbeiten die jungen Deutschen in einem Partnerbetrieb und leben in einer Gastfamilie. Zurück in Deutschland sind sie einen Kopf größer und richtig stolz auf ihr Handwerk, beobachtet der Chef von 95 Mitarbeitern in fünf Filialen. Dabei nehmen sie auch fachlich einiges mit und zwar buchstäblich. Für Ciabatta nach norditalienischem und für Croissants nach französischem Originalrezept muss man in Brandenburg keinen Urlaub beantragen. Die Kundschaft freut s. Wettbewerbsvorteil Auslandsaufenthalt Mitarbeiter mit Auslandserfahrung werden auch für die Spangler Automation im bayerischen Dietfurt immer wichtiger. Die Hälfte unserer Schalt- und Steuerungsanlagen sind heute weltweit im Einsatz. Da müssen unsere Mitarbeiter zunehmend in der Lage sein, in internationalen Teams auch im Ausland zu arbeiten, erklärt Geschäftsführerin Hannelore Spangler. Vor zwei Jahren hat die Mittelständlerin deshalb damit begonnen, Auszubildende und Angestellte zum vierwöchigen Weiterbildungsaufenthalt nach England oder Irland zu schicken. Auch wenn es auf der Hand lag, den Schritt habe sie sich trotzdem gründlich überlegen müssen. Das muss ja alles organisiert und finanziert sein. Sie brauchen geeignete Partnerunternehmen und müssen sich mit der Berufschule und innerhalb des eigenen Unternehmens abstimmen. Schließlich muss die Zeit der Abwesenheit von Mitarbeitern überbrückt werden. Aber der Aufwand rechnet sich längst, da ist sich die Chefin von rund 120 Mitarbeitern sicher: Die jungen Kolleginnen und Kollegen kommen selbstbewusster und mit wertvollen Anregungen von der Insel zurück. Zudem fördere der Auslandsaufenthalt das vorbildliche Miteinander im Betrieb. Zu unserem Team zählen inzwischen auch Kolleginnen und Kollegen aus Tschechien, Slowenien und sogar aus China. Oktober 2012 Themenservice Berufliche Weiterbildung im Ausland Seite 2
Da ist es gut, wenn die einheimischen Kollegen selbst erlebt haben, wie es ist, in einem anderen Land zu leben und zu arbeiten. Mit TraBbi zu lohnenden Grenzerfahrungen Was sich für ein mittleres Technologieunternehmen aus Bayern lohnt, nützt auch dem ostfriesischen Branchenriesen und Teespezialisten Bünting. Entstanden aus einem Kolonialwarenladen, ist das Handelsunternehmen nahe der niederländischen Grenze heute mit über 9.500 Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber und Ausbildungsbetriebe im deutschen Nordwesten. Viele Niederländer kaufen in unseren Lebensmittel- und Elektromärkten ein. Sprachkenntnisse und das Wissen um die Vorlieben unserer Nachbarn sind da für unsere Mitarbeiter von Vorteil, sagt Personalleiter Peter-Bernd Detmers. Um diese Vorteile zu sichern, ging das niedersächsische Traditionsunternehmen ungewöhnliche Wege: Zusammen mit dem Lehrstuhl für Berufspädagogik der Universität Magdeburg entwickelte es vor zwei Jahren das Projekt Transnationale Berufsausbildung im deutsch-niederländischen Grenzgebiet liebevoll auf den Kurznamen TraBbi getauft. Wir wollten keine Eintagsfliege schaffen, sondern etwas das dem gesamten Einzelhandel langfristig zugute kommt, so Detmers. Entstanden ist ein Austauschprogramm für deutsche und niederländische Auszubildende, von dem grenzübergreifend die ganze Region profitiert. Intensiv-Sprachkurs, interkulturelles Training und elearning-phase zu spezifischen Fachthemen die niederländischen und die deutschen Azubis bereiten sich systematisch auf ihren dreiwöchigen Aufenthalt im jeweiligen Nachbarland vor. Die Auslandsaufenthalte sind eine großartige Chance für unsere Nachwuchskräfte. Und sie tragen ihre Erfahrungen und neuen Erkenntnisse weiter, sodass nicht nur Kunden und direkte Kollegen partizipieren, sondern auch die jeweilige ausbildende Unternehmensfiliale, weiß der Personalleiter und weist auf einen weiteren Vorteil hin: Wir haben damit die Attraktivität dieses Lehrberufes merklich steigern können und sichern so nachhaltig unseren Fachkräftebedarf. Oktober 2012 Themenservice Berufliche Weiterbildung im Ausland Seite 3
KMUs aufgepasst: Unterstützung kommt vom Staat Noch sind es nur drei Prozent aller Auszubildenden, Berufsfachschülerinnen und -fachschüler in Deutschland, die in den vergangenen Jahren bis 2009 ein Auslandspraktikum oder einen beruflichen Auslandsaufenthalt absolviert haben. Das geht aus der aktuellen Studie zur Mobilität in der beruflichen Bildung der Nationalen Agentur Bildung für Europa beim Bundesinstitut für Berufsbildung (NABiBB) hervor. Dabei gibt es praktische und finanzielle Unterstützung auch vom Staat: Ob Bäcker, Elektroingenieur oder Handelsfachwirt. Das Mobilitätsprogramm Leonardo da Vinci der Europäischen Union übernimmt Kosten wie den Flug und vermittelt Gastfamilien und Gastbetriebe. Die Arbeitgeber steuern in der Regel das Taschengeld bei und helfen durch Freistellungen. Auch das Projekt TraBbi wird gefördert. Im Rahmen des Ausbildungsstrukturprogramms JOBSTARTER für die Zukunft ausbilden kommen die Mittel dafür vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Europäischen Sozialfond der EU. Unternehmen wie die brandenburgische Bäckerei, der bayerische Automationsbetrieb oder der Handelsriese aus dem Norden profitieren schon heute von der beruflichen Bildung im Ausland und liegen damit offenbar im Trend: Laut aktueller Unternehmensumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) wollen zwei Drittel der bereits im Ausland aktiven Unternehmen ihre Auslandsgeschäfte in den nächsten Jahren ausbauen. Der Bedarf der Unternehmen an Mitarbeitern mit Fremdsprachenkenntnissen und interkulturellen Kompetenzen steigt in allen Branchen und Berufen, ist DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann überzeugt. Oktober 2012 Themenservice Berufliche Weiterbildung im Ausland Seite 4
Eine Fremdsprache lernen, Arbeitserfahrung in einer Firma im Ausland sammeln und nebenbei interkulturelle Kompetenzen erwerben? Eine Weiterbildung im Ausland macht das möglich. Entsprechende Weiterbildungsangebote zu finden ist leichter als gedacht. Informationen zum Leonardo-Programm sowie einen Überblick über Informations- und Beratungsstellen finden Sie auf unseren Seiten unter http://www.praktischunschlagbar.de/content/972.php Abdruck honorarfrei Informationen zur beruflichen Bildung sowie zu den Förderprogrammen des Bundes: www.praktisch-unschlagbar.de. Aktuelles zur Informationsoffensive Berufliche Bildung praktisch unschlagbar : www.facebook.com/praktischunschlagbar. Um ein Belegexemplar wird höflich gebeten. Kontakt/Bildmaterial auf Anfrage: Infobüro Berufliche Bildung praktisch unschlagbar Telefon: 030 24086-674, Fax: 01805 223285 E-Mail: presse@praktisch-unschlagbar.de Oktober 2012 Themenservice Berufliche Weiterbildung im Ausland Seite 5