CAM 6 Automatisierungstechnik Wambach Seite -17-3. Informationsdarstellung und Verarbeitung bei CNC-Steuerungen 3.1 Einleitung Die ersten numerischen Steuerungen (NC, Numerical Control) wurden im Jahre 1951 vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) für die Luftfahrtindustrie entwickelt. Sehr große Werkstücke mit komplizierten Formen sollten bearbeitet werden. Dies wurde durch Nachformsteuerung realisiert. Um die Kosten für teure Modelle und Schablonen einzusparen, sollte eine Steuerung entwickelt werden, die beliebige Profile auf Grund von Berechnungsergebnissen erzeugt. Diese Entwicklung führte zu der ersten NC-Bahnsteuerung. Es wurde also zunächst eine sehr komplizierte Aufgabe gelöst. Später erkannte man, dass elektronische Steuerungen als Punkt- und Streckensteuerungen ebenfalls zur Ausführung einfacher Aufgaben eingesetzt werden können. Der Begriff "numerische Steuerung" besagt ganz allgemein, dass durch die Eingabe einer Folge von Ziffern die Steuerung eine Folge von Arbeitsvorgängen bewirkt. Bei numerisch gesteuerten Fertigungseinrichtungen werden alle zur Steuerung der Maschine benötigten Daten verschlüsselt und mit Hilfe eines Informationsträgers eingegeben. Heute ist die CNC-Steuerung (Computerized Numerical Control) eine preiswerte Standardsteuerung, die in allen Bereichen der Fertigungstechnik eingesetzt wird. Ihr Einsatzbereich ist im Besonderen da, wo einzelne Werkstücke, oder kleine und mittlere Serien und Wiederholaufträge gefertigt werden. Vorteile beim Einsatz von CNC-Steuerungen: - Höhere Produktivität durch Verkürzung der Nebenzeiten - Höhere Qualität durch höhere Genauigkeit - Verkürzung der Arbeitsvorbereitung - Wegfall von Kurven und Schablonen zur Informationsspeicherung - Ersparnis an Lagerraum Randbedingungen für den Einsatz von CNC-Steuerungen: - Detaillierte Arbeitsplanung - Erstellung von NC-Programmen - Hohe Kapitalbindung - Hohe Anforderungen an das Personal - Einbindung in den innerbetrieblichen Materialfluss 3.2 Steuerungsarten Die Grundaufgabe jeder numerischen Steuerung ist es, einen Positioniervorgang auszuführen und zu überwachen. Je nach Art, wie dies Positionierung erfolgt, unterscheidet man: - Punktsteuerungen - Streckensteuerungen - Bahnsteuerungen
CAM 6 Automatisierungstechnik Wambach Seite -18-3.2.1 Punktsteuerung Punktsteuerungen werden eingesetzt, wenn nur an bestimmten Stellen des Werkstücks Arbeitsgänge durchzuführen sind. Beispiele dafür sind Bohrwerke oder Punktschweißmaschinen. Bild 3.1 zeigt ein Werkstück mit zwei Bearbeitungspunkten.Der Übergang von einem Punkt zum nächsten (Positionierung) erfolgt mit hoher Geschwindigkeit, um die Positionierzeit klein zu halten. Bemerkung: - Bearbeitung an diskreten Stellen - Werkzeug nicht im Eingriff Bild 3.1: Punktsteuerung In Abhängigkeit der Geschwindigkeit der beteiligten Achsen, werden verschiedene Bahnen durchlaufen. Weil kein funktionsmäßiger Zusammenhang zwischen den Bewegungen verschiedener Koordinatenachsen besteht, darf das Werkzeug nicht im Eingriff sein. 3.2.1 Streckensteuerung Bei der Dreh- und Fräsbearbeitung wird in manchen Fällen, wie z.b. beim Nutenfräsen oder beim Drehen zylindrischer Wellen mit planparallelen Absätzen, lediglich eine achsparallele Bearbeitung vorgenommen. Die dafür erforderliche Steuerung wird Streckensteuerung (Bild 3.2) genannt. Fräser Zusätzlich zu den Angaben des Verfahrweges müssen für die achsparallelen Bewegungen Angaben über die Verfahrensgeschwindigkeit programmiert werden. Bild 3.2: Streckensteuerung
CAM 6 Automatisierungstechnik Wambach Seite -19-3.2.3 Bahnsteuerung Bei bahngesteuerten Maschinen kann die Bearbeitung entlang beliebiger Kurven erfolgen, die durch das Programm vorgegeben werden (Bild 3.3). Die Bewegung erfolgt in zwei oder mehreren Koordinaten gleichzeitig, wobei ein funktionsmäßiger Zusammenhang der Achsbewegungen besteht. Zusätzlich zu der geometrischen Information der zu verfahrenden Bahn, werden Angaben über die Bahngeschwindigkeit, mit der die Bahn zu verfahren ist, programmiert. Im Allgemeinen werden die Bahnkurven durch Geraden und Kreise zusammengesetzt. Bild 3.3: Bahnsteuerung Die Steuerung erzeugt aus den vorgegebenen Daten des NC-Programms die Kurvenzüge als eine Folge von Einzelpunkten, die nacheinander als Sollposition berechnet und angefahren werden. Die Berechnung von einzelnen Stützpunkten eines Kurvenzuges wird Interpolation genannt. Man unterscheidet Geraden- und Kreisinterpolation, wobei die Geradeninterpolation räumlich und die Kreisinterpolation nur in einer Ebene durchgeführt wird. 3.3 Aufbau eines NC-Programms 3.3.1 Kodierung der Information Die zur Gesamtbearbeitung eines Werkstückes erforderlichen Steuerinformationen sind in einem Steuerprogramm (NC-Programm) zusammengefasst. Es stellt eine Folge von Bearbeitungsabschnitten dar und gliedert sich in Sätze. Diese Sätze enthalten Wegbedingungen, Weginformationen und Hilfsfunktionen; also geometrische und technologische Daten. Jeder Satz stellt eien in sich geschlossenen Maschinenoperation dar. Jede Information innerhalb eines Satzes wird durch ein Wort wiedergegeben. 3.3.2 Syntax des NC-Programms Ein NC-Programm besteht: - aus Sätzen, die jeder für sich eine vollständige Arbeitsanweisung enthalten - aus einem Programmanfangszeichen - aus einer besonderen Funktion für das Programmende Eine variable Anzahl von Funktionsbefehlen oder Wörtern setzt sich zu einem Satz zusammen. Jeder Satz wird durch ein Satzendezeichen abgeschlossen. Die Wörter werden durch eine Kombination eines Adressbuchstabens, der die Bedeutung der Information festlegt, und einer Ziffernfolge mit oder ohne Vorzeichen gebildet. In Tabelle 3.1 sind die verfügbaren Adressbuchstaben zusammengefasst. Bei Bahn- oder Streckensteuerungen gibt es eine Reihe von Schaltfunktionen, die nur selten geändert werden (Drehzahl, Rechts- oder Linkslauf). Solange sich ihr Informationsinhalt nicht ändert werden sie nicht neu programmiert. Damit ergibt sich im NC-Programm eine variable Satzlänge. In DIN 66025, Blatt 1 4 ist der Programmaufbau für numerisch gesteuerte Arbeitsmaschinen festgelegt.
CAM 6 Automatisierungstechnik Wambach Seite -20- Zeichen Adresse für A Drehbewegung um die X-Achse B Drehbewegung um die Y-Achse C Drehbewegung um die Z-Achse D Drehbewegung um eine Zusatz-Achse E Drehbewegung um eine Zusatz-Achse F Vorschubgeschwindigkeit G Wegbedingung (G00 G99) H Werkzeuglängenkorrektur Hilfsparameter für Kreis-Interpolation oder I Gewindesteigung parallel zur X-Achse Hilfsparameter für Kreis-Interpolation oder J Gewindesteigung parallel zur Y-Achse Hilfsparameter für Kreis-Interpolation oder K Gewindesteigung parallel zur Z-Achse L frei verfügbar M Hilfsfunktion (M00 M99) N Satz-Nummer O (nicht verwenden) Zusatzbewegung parallel zur X-Achse oder P Parameter für Werkzeugkorrektur Zusatzbewegung parallel zur Y-Achse oder Q Parameter für Werkzeugkorrektur R Zusatzbewegung parallel zur Z-Achse S Spindeldrehzahl T Werkzeugnummer U zweite Bewegung parallel zur X-Achse V zweite Bewegung parallel zur Y-Achse W zweite Bewegung parallel zur Z-Achse X Bewegung der X-Achse Y Bewegung der Y-Achse Z Bewegung der Z-Achse Tabelle 3.1: Adressbuchstaben 3.3.2.1 Satznummer N Die Satznummer N ist das Kennzeichen für den Satzanfang. Sie dient der Numerierung der einzelnen Programmsätze. Programmiert wird die Satznummer mit einem Adressbuchstaben N und einer 4stelligen Zahl (N 0000 bis N 9999). Jeder Satz des NC-Programms beginnt mit einer Satznummer. Bei Bahnsteuerungen können bis zu sechs Stellen für die Satznummer reserviert sein. Die Sätze werden durchgehend und aufsteigend numeriert. Oft wird diese Numerierung in 10er Sprüngen durchgeführt, um für Programmkorrekturen weitere Sätze einfügen zu können.
CAM 6 Automatisierungstechnik Wambach Seite -21-3.3.2.2 Wegbedingungen G Die Wegbedingungen G legen zusammen mit den Koordinaten den geometrischen Teil des Programms fest. Sie bestehen aus dem Adressbuchstaben G (auch G-Funktion genannt) und einer zweistelligen Schlüsselzahl. Damit werden der Steuerung Anweisungen gegeben, wie die nachfolgenden Daten zu verarbeiten sind. In Tabelle 3.2 sind die wichtigsten G-Funktionen dargestellt. Beispiele sind: - G00: Punktsteuerung (Eilgang) - G01: Geradeninterpolation - G02: Kreisinterpolation im Uhrzeigersinn - G03: Kreisinterpolation gegen den Uhrzeigersinn - G90: Absolutmaßeingabe - G91: Relativmaßeingabe Schlüsselzahl Wegbedingung G00 Positionieren im Eilgang, Punktsteuerung G01 Lineare Interpolation G02 Kreisinterpolation, im Uhrzeigersinn G03 Kreisinterpolation, gegen Uhrzeigersinn G04 Verweilzeit G17 Interpolationsebene XY G18 Interpolationsebene XZ G19 Interpolationsebene YZ G33 Gewindschneiden mit konstanter Steigung G34 Gewindschneiden mit zunehmender Steigung G35 Gewindschneiden mit abnehmender Steigung G40 Löschen aller abgerufenen Werkzeugkorrekturen G41 Werkzeugkorrektur, Versatz nach rechts G42 Werkzeugkorrektur, Versatz nach links G43 Werkzeugkorrektur, positiv G44 Werkzeugkorrektur, negativ G53 Löschen aller abgerufenen Nullpunktverschiebungen G54 G59 Nullpunktverschiebungen G60 Genauhalt 1 G61 Genauhalt2 G62 Schnelles Positionieren nur im Eilgang G63 Vorschub 100%, z.b. für Gewindbohren G64 Vorschub und/oder Drehzahlwechsel G70 Z-Achse in Ausgangsposition fahren G73 Programmierter Vorschub = Achsvorschub G74 Referenzpunkt anfahren in Achse 1 und 2 G75 Referenzpunkt anfahren in Achse 3 und 4 G80 G89 Unterprogramme G90 Absolutmaßeingabe (X 1, Y 1, X 2, Y 2 ) G91 Relativmaßeingabe (X 2 X 1 ), (Y 2 Y 1 ) G92 Programmierte Bezugspunktverschiebung G94 Vorschub in 0.1 mm pro Minute G95 Vorschub in mm pro Umdrehung Tabelle 3.2: Wegbedingungen
CAM 6 Automatisierungstechnik Wambach Seite -22-3.3.2.3 Koordinatenangaben X, Y, Z Die Koordinatenangaben (Adressbuchstaben X, Y, Z, A, B, C) erfolgen mit oder ohne Vorzeichen in Vielfachen der kleinsten Eingabeeinheit. Das positive Vorzeichen kann bei den meisten Steuerungen entfallen. Für weitere Koordinatenangaben (Kreismittelpunkt) sieht die Norm noch zusätzliche Adressbuchstaben vor. 3.3.2.4 Vorschubgeschwindindigkeit F Die Angabe der Vorschubgeschwindigkeit (Adresse F) erfolgt z.b. direkt in 10 1 mm. min 3.3.2.5 Spindeldrehzahl S U Die Spindeldrehzahl (Adresse S) kann z.b. direkt in min programmiert werden. Werden die möglichen Drehzahlen durch Getriebestufen ausgewählt, so erfolgt die Getriebestufenwahl entweder automatisch (Angabe durch eine Hilfsfunktion mit Adresse M40) oder durch maximal 4 Bereiche (Angabe durch M41 M44). 3.3.2.6 Werkzeuginformationen T Mit der Werkzeugauswahl (Adresse T) wird das für die gewünschte Bearbeitung erforderliche Werkzeug an der Werkzeugwechseleinrichtung (Revolver) zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig werden dadurch die zugehörigen Werkzeugdaten, die im Werkzeugdatenspeicher abgelegt sind, während der Bearbeitung berücksichtigt. 3.3.2.7 Hilfsfunktionen M Die zweistellige Hilfsfunktion M dient in der Regel zur Kodierung von Schaltfunktionen außerhalb der NC-Steuerung (Drehrichtung, Kühlmittelzufuhr, Spannfutterbetätigung). In Tabelle 3.3 sind die wichtigsten Hilfsfunktionen zusammengefasst. Beispiele sind: - M00: Programmierter Halt - M03: Spindel "Ein mit Rechtslauf" - M04: Spindel "Ein mit Linkslauf" - M08: Kühlmittel "Ein" - M09: Kühlmittel "Aus" - M30: Programmende
CAM 6 Automatisierungstechnik Wambach Seite -23- Schlüsselzahl Wegbedingung M00 Programmierter Halt M01 Wahlweiser Halt M02 Programm Ende M03 Spindel "Ein mit Rechtslauf" M04 Spindel "Ein mit Linkslauf" M05 Spindel Stopp M06 Werkzeugwechsel ausführen M07 Kühlmittel 2, "Ein" M08 Kühlmittel 1, "Ein" M09 Kühlmittel "Aus" M10 Klemmung von Werkzeugen "Ein" M11 Klemmung von Werkzeugen "Aus" M13 Spindel "Ein", Rechtslauf und Kühlmittel "Ein" M14 Spindel "Ein", Linkslauf und Kühlmittel "Ein" M19 Spindel "Stopp" mit bestimmetr Winkellage M30 Programmende, "zurückspulen" auf Programmanfang M31 Verriegelung aufheben M40 M45 Getriebestufenumschaltung M50 Kühlmittel 3 "Ein" M51 Kühlmittel 4 "Ein" M60 Werkstückwechsel M68 Werkstück spannen M69 Werkstück entspannen Tabelle 3.2: Hilfsfunktionen 3.3.3 Bewegungsrichtungen an gesteuerten Maschinen Zur Programmierung ist es notwendig, die Bemaßung der Werkstücke in Koordinatenwerten vorzunehmen und sie entsprechend der Bearbeitung durch die Werkzeugmaschine den zu durchlaufenden Bewegungsrichtungen zuzuordnen. Ausgangspunkt für die richtige Zuordnung der auf das Werkstück bezogenen Koordinatenachsen bildet ein rechtwinkliges, rechtsdrehendes Koordinatensystem (Bild 3.4). +A +X +Z +C +B +Y Die Achsen X, Y und Z sind auf die Hauptführungsbahnen der Maschine ausgerichtet und die Bemaßung bezieht sich auf das Werkstück. Mit A, B, C werden die Drehungen um die Achsen bezeichnet. Beim Blick in die positive Richtung der Koordinatenachse erfolgt die positive Drehung der Drehachse im Uhrzeigersinn. Bild 3.4: Koordinatensystem und Bewegungsachsen bei numerisch gesteuerten Werkzeugmaschinen
CAM 6 Automatisierungstechnik Wambach Seite -24-3.3.4 Nullpunkte und Bezugspunkte An jeder numerisch gesteuerten Werkzeugmaschine werden die Nullpunkte und verschiedene Bezugs- und Referenzpunkte definiert. Zunächst wird das Maschinenkoordinatensystem festgelegt, in dessen Nullpunkt der Maschinennullpunkt liegt. Nach dem Einschalten einer numerisch gesteuerten Werkzeugmaschine sind die Positionen der Bewegungsachsen zunächst unbekannt. Die einzige Ausnahme bilden Maschinen mit absoluten Wegmess-System. Um der CNC-Steuerung die Positionen Werkstück 1 Werkstück Nullpunkt 1 Programm Nullpunkt 1 Tisch Werkstück 2 Werkstück Nullpunkt 2 Bild 3.5: Nullpunkte und Bezugspunkte Programm Nullpunkt 2 Referenz- Punkt der Bewegungsachse bekannt zu machen, wird in jeder Achse der Referenzpunkt angefahren. Hierzu ist eine spezielle Betriebsart vorgesehen. Jede Maschinenachse wird bis zu einem Referenzpunktschalter bewegt und der nächste Nullpuls des Wegmess- Systems bestimmt den Nullpunkt, der von der Steuerung im Istwertzähler übernommen wird. Wenn dies in allen Bewegungsachsen geschehen ist, dann ist das Maschinenkoordinatensystem eindeutig fetsgelegt. Für die Programmerstellung ist es vorteilhaft, dass sich die zu programmierenden Maße auf den Werkstücknullpunkt beziehen. Deshalb wird ein Werkstückkoordinatensystem definiert. So ist der NC-Programmierer in der Lage, unabhängig vom Maschinenkoordinatensystem seine Programme zu erstellen. Am Anfang erfolgt lediglich eine achsparallele Verschiebung zwischen dem Maschinen- und dem Werkstücknullpunkt. Diese Verschiebung nennt man Nullpunktverschiebung. Dies wird im folgenden Beispiel verdeutlicht: N0100 G90 X150 Y000 N0200 G92 X000 Y100 Die X-Achse wird auf die Position 150 u. die Y-Achse auf die Position 000 (Satz N010) positioniert. Dann wird die X-Achse auf 000 und die Y-Achse auf 100 gesetzt (Satz N020). Eine weitere Möglichkeit der Nullpunktverschiebung besteht adrin, einen in der Steuerung gespeicherten Verschiebungswert G54 zu verwenden. In Bild 3.5 sind Null- und Bezugspunkte dargestellt. 3.3.5 Werkzeugkorrekturen Selbst bei einwandfreier Vorbereitung der NC-Programme können sich in Abhängigkeit vom Zustand des Werkzeuges Maßabweichungen am Werkstück ergeben. Diese werden durch Kontrollmessungen am fertigen Werkstück festgestellt. NC-Steuerungen bieten sehr unterschiedliche Korrekturmöglichkeiten. Im Bild 3.6 die Werkzeuglängenkorrektur dargestellt, bei der in Abhängigkeit der Werkzeuglänge ein Korrekturwert ermittelt wird. Dieser wird in der Steuerung unter der Adresse H und der Nummer gespeichert und bei der Bildung der Sollposition berücksichtigt, so dass die Gewünschte Solltiefe erreicht wird.
CAM 6 Automatisierungstechnik Wambach Seite -25- Bild 3.6: Werkzeuglängenkorrektur Beim Fräsen wird in Abhängigkeit des Fräserdurchmessers die Fräser-Radius-Korrektur durchgeführt. Mit Hilfe der Wegbedingungen G43 und G44 erfolgt die Bestimmung der Korrekturrichtung, unabhängig von dem Quadranten in dem diese Bearbeitung erfolgt. Dies ist in Bild 3.7 für eine Außen- und Innenbearbeitung dargestellt. Bild 3.7: Fräser-Radius-Korrektur 3.3.6 Programmierbeispiele Im Bild 3.8 ist ein Beispiel für eine Drehbearbeitung angegeben. Die folgenden Bezugspunkte legen das Koordinatensystem fest: - M : Maschinen-Nullpunkt - W: Werkstücknullpunkt (abhängig vom Spannmittel) - T : Werkzeugträger-Nullpunkt - P : Werkzeug-Schneiden-Punkt
CAM 6 Automatisierungstechnik Wambach Seite -26- Bezogen auf den Werkzeugnullpunkt ist eine Werkzeuglängenkorretur von 35 mm erforderlich, die im Werkzeugspeicher der NC-Steuerung abgelegt wird und mit dem Aufruf des Werkzeuges (T-Funktion) abgerufen wird. Das Werkzeug soll im Bereich von 20 mm bis zu 95 mm um 5 mm abgedreht werden. Die Vorschubgeschwindigkeit soll 50 mm/min betragen und die Drehzahl der Hauptspindel soll 200 U/min sein. Bild 3.8: Beispiel für Drehbearbeitung Erstellen Sie ein NC-Programm, um die Bearbeitung durchzuführen. %1 Programmanfang: Drehbearbeitung 1 N010 G53 G90 X50000 Z110000 Nullpunktverschiebung löschen; Werkzeugwechselpunkt mit Eilgang anfahren N020 T001 Werkzeug 1 abrufen und Werkzeukzeugkorrektur laden N030 S200 M04 Hauptspindel 200 U/min; Spindeldrehung links N040 X5000 Z95000 X, Z zustellen mit Eilgang N050 G01 Z20000 F500 M8 Längsdrehen mit Vorschub 50 mm/min; Kühlmittel "Ein", Linearinterpolation N060 X10000 Querdrehen mit Vorschub N070 M9 G53 M05 X50000 Z110000 Nullpunktverschiebubg; Kühlmittel "Aus"; Werkzeugwechselpunkt mit Eilgang anfahren N080 M30 Programm-Ende Als zweites Beispiel soll für die in Bild 3.9 dargestellte Fräsbearbeitung ein NC-Programm geschrieben werden. Die Spindeldrehzahl soll 1000 U/min und die Vorschubgeschwindigkeit 60 mm/min betragen.
CAM 6 Automatisierungstechnik Wambach Seite -27- Bild 3.9: Beispiel für Fräsbearbeitung %2 Programmanfang: Fräsbearbeitung N010 G00 X200000 Y20000 M03 S1000 Positioneren im Eilgang; G90 G42 Spindel "Ein"; Versatz nach links Rechtslauf; Spindeldrehzahl 1000 U/min; N020 G01 Y400000 F600 M08 Relativmaßeingabe; Kühlmittel "Ein" Linearinterpolation; Fräsen mit 60 mm/min Vorschub N030 G02 G17 X300000 Y500000 I300000 Kreis fräsen mit 200 mm Radius; J400000 im Uhrzeigersinn N040 G01 X600000 Linearinterpolation N050 X400000 Y200000 Linearinterpolation N060 X200000 Linearinterpolation N070 G00 X0 Y0 M05 M09 Eilgang; Spindel "Stopp" Kühlmittel "Aus" N080 M30 Programm-Ende 3.4 Informationsverarbeitung innerhalb der Steuerung 3.4.1 Aufbau der CNC Steuerung Die Funktionsgruppen einer CNC Steuerung sind die Schnittstellen zum Antrieb ( in Bild 2.6 auf Seite 13 dargestellt ). Zu den Antriebssystemen der Fertigungseinrichtung sind Schnittstellen ( D/A Wandler ) vorhanden, die den Drehzahlsollwert für die Antriebe vorgeben. Der Istwert der Wegmesssysteme wird über ein Interface ( D/D ) eingelesen. Die Lageregelung übernimmt die Lageeinstellung an der Fertigungseinrichtung. Da Fertigungseinrichtungen mehrere lagegeregelte Antriebe enthalten ( z.b. Roboter 6 Achsen ), müssen Lageregler, D/A Wandler und D/D Interface ebenfalls mehrfach vorhanden sein. Die Anzahl der Achsen, die mit einer CNC Steuerung bedient werden können, stellen ein Leistungsmerkmal der Steuerung dar. Der Lageregler arbeitet digital mit heute üblichen Abtastzeiten von 4 bis 8 ms. Bei sehr genauen Bearbeitungsaufgaben werden Abtastzeiten von 1 ms angestrebt. Dies bedeutet, dass Sollwerte von der CNC Steuerung mit der gleichen Abtastzeit erzeugt werden müssen.
CAM 6 Automatisierungstechnik Wambach Seite -28- Der Funktionsblock "Lagesollwerterzeugung" wertet die Geometriedaten aus und mit Hilfe eines Interpolators werden zwischen denen im NC Programm programmierten Punkten Zwischenpunkte im Abtastraster des Lagereglers interpoliert. Der Interpreter entschlüsselt die NC-Sätze und stellt die Geometrie- und Technologiedaten zur Verfügung. Die Schaltfunktionen werden mit Hilfe einer Anpass-Steuerung ( SPS ) an die Fertigungseinrichtung übertragen. Der Einsatz einer Anpass-Steuerung gewährleistet eine hohe Flexibilität bei der Anpassung der CNC-Steuerung an eine beliebige Fertigungseinrichtung. Der NC-Speicher einer CNC-Steuerung ist meist so groß, dass hier mehrere NC-Programme abgelegt werden können. Mittels eines Einlesesteuerung werden die NC-Programme in den NC-Programmspeicher übernommen. In neuen CNC-Steuerungen werden zusätzliche Funktionen in unterschiedlichen Kombinationen angeboten. Dazu gehören: - Graphische Simulation des NC-Programms, - Werkstattprogrammierung, - Werkzeugüberwachung - Externe Fehlerdiagnose 3.4.2 Bearbeitung des NC-Programms Die Bearbeitung eines NC-Programms wird in mehreren Schritten ( Bild 3.10 ) vorgenommen. Das NC-Programm wird satzweise aus dem Programmspeicher ausgelesen. Ein NC-Satz wird im ersten Schritt vom Interpreter auf Vollständigkeit, Syntax und Semantik geprüft. Gleichzeitig werden die Verfahrwege, die Wegbedingungen und die Schaltfunktionen ( M, S, T ) aufbereitet (Satzaufbereitung). Anschließend werden die Werkzeugkorrekturen eingerechnet und die Parameter für die Interpolation berechnet. Die Satzausführung übernimmt bei einem Satzwechsel den vollständig aufbereiteten Satz. Zunächst werden dann die Schaltfunktionen der Anpass-Steuerung ( SPS ) übergeben. Dann werden die zur Bahnerzeugung erforderlichen Daten ( Vorschub, Verfahrweg, Wegbedingung ) an den Interpolator weitergegeben. Der Interpolator erzeugt die Sollwerte für die Antriebe im Abtastzyklus des Lagereglers. Freigaben und Verriegelungen von der SPS werden hierbei berücksichtigt. Wenn der Satz abgearbeitet ist, kann der nächste Satzu dekodiert werden. Moderne CNC-Steuerungen haben einen Satzvorlauf ( etwa 5 Sätze ). Hierbei bereitet der Interpreter bereits während der Satzausführung weitere NC-Sätze in einem Satzvorlaufspeicher auf. Der Satzwechsel kann damit schneller erfolgen, weil die Zeit für die Dekodierung vom Interpreter hier nicht mehr enthalten ist.
CAM 6 Automatisierungstechnik Wambach Seite -29- Bild 3.10: Bearbeitung eines NC-Programms