IReflect Student Journal of International Relations



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Transkript:

IReflect Student Journal of International Relations www.ireflect-journal.de I reflect Konferenzbericht zum 1st IAPSS World Congress The Limits of Global Governance (Thessaloniki, 31.03-03.04.2014) ANNE REIFF, STEFAN WALLASCHEK IReflect Student Journal of International Relations 2014, Vol. 1 (1), pp 107-110 Published by IB an der Spree Additional information can be found at: Website: www.ireflect-journal.de E-Mail: board@ireflect-journal.de Website: www.ibanderspree.de E-Mail: vorstand@ibanderspree.de Berlin, July 2014

I reflect Reiff, Wallaschek: Konferenzbericht 1 st IAPSS World Congress Konferenzbericht zum 1 st IAPSS World Congress The Limits of Global Governance (Thessaloniki, 31.03-03.04.2014) Anne Reiff, Stefan Wallaschek Global Governance ist in: Klingt neuartig, global ist eigentlich auch alles und wer will sich schon vorwerfen lassen, noch im methodologischen Nationalismus verhaftet zu sein? Dies ist überspitzt formuliert, doch wie sich zeigte nicht ganz unberechtigt. Nichtsdestotrotz waren die OrganisatorInnen des ersten Weltkongresses der International Association of Political Science Students (IAPSS) wohl selbst überrascht als zur Tagung mit dem Titel The Limits of Global Governance rund 200 Anmeldungen von Studierenden kamen. In Thessaloniki, der europäischen Jugendhauptstadt 2014, wurde vier Tage über Global Governance debattiert und in den insgesamt sieben studentischen Panels, zahlreichen Vorträgen von etablierten WissenschaftlerInnen und weiteren Veranstaltungen zeigte sich vor allem die Vielfalt und Breite des Themas. Wir werden daher im Folgenden Schlaglichter auf interessante Veranstaltungen und Inhalte werfen und abschließend ein kritisch-konstruktives Fazit der Tagung ziehen. Eröffnung Zur offiziellen Eröffnung in einem historischen Kinosaal waren Persönlichkeiten aus der Verwaltung und von der Universitätsleitung aus Thessaloniki geladen. Der Bürgermeister der Stadt, Yiannis Boutaris, ist in ganz Griechenland bekannt für seine lässige Art und seine progressive Stadtplanung, die viele Grünflächen, Fußgängerzonen und Fahrradwege durchsetzte. Er wurde allerdings bei der Eröffnung durch seinen Vize vertreten. Dieser hatte selbst Politikwissenschaft studiert und sprach den Versammelten Mut für die berufliche Zukunft zu; auch er habe erst Teppiche verkauft. Seine ernste Frage, wie Global Governance die lokale Ebene gleichberechtigt miteinbeziehen kann, gewinnt im Griechenland der Eurokrise nochmal an Relevanz. Mit diesem optimistischen Apell und einer schwierigen Frage konnte die Konferenz beginnen. IReflect 2014, Vol. 1 (1): 107-110 107

I reflect Reiff, Wallaschek: Konferenzbericht 1st IAPSS World Congress Lectures Der zweite Tag begann mit dem Vortrag von Prof. Yves Sintomer. Er stellte die durch die Globalisierung gewandelten Repräsentations- und Partizipationsfunktionen von Demokratien vor und fragte, wie die politische Ordnung sich angesichts der Euro-Krise verändern könnte. Dabei schloss er unrealistische Versionen wie einen vollständigen Kollaps der Ordnung ebenso aus wie die Variante der gegenwärtigen Verharrung und Nicht-Veränderung. Als realistischer betrachtete Sintomer dagegen eine Verstärkung von postdemokratischen Verhältnissen oder eine grundlegende Erweiterung von Demokratie und die damit verbundene Demokratisierung des Internationalen. Ein weiterer Vortrag thematisierte ein brandaktuelles Thema: den Konflikt in der Ukraine. Der Vortrag von Prof. Sasinska-Klas überzeugte durch umfangreiches Wissen zur Geschichte der Ukraine und interessante Thesen wie: The Maidan is a form of authority. Problematisch hingegen war der fehlende analytische Rahmen sowie Empirie zum Untermauern ihrer strikt anti-russischen Haltung. So beleuchtete der Vortrag den Konflikt einseitig, da weder die Legitimität der aktuellen Regierung, noch die Interessen der EU und den USA thematisiert wurden. Als Professor Sasinska-Klas für ein schnelles militärisches Eingreifen des Westens in der Ukraine plädierte, brach zwar ein Teil des Publikums in Applaus aus, u.a. die russischen Teilnehmer der Konferenz waren jedoch empört. Student Panels Das Kernstück der Konferenz waren die studentischen Panels, in welchen die Autoren ihre Papiere kurz vorstellten und dann der Discussant seine Kommentare einbrachte und die Diskussion eröffnete. Im ersten studentischen Panel zu Legitimacy and Global Governance stellten die Vortragenden besonders heraus, dass Governancestrukturen meist ein erhebliches Legitimationsdefizit aufweisen. Ein Beispiel thematisierte die Welthandelsorganisation (WTO), welche nach dem Battle of Seattle (1999) öffentliche Foren einführte. Die Vortragende konnte jedoch zeigen, dass diese Governancestrukturen auf legitimatorische Schwächen eingehen, aber dabei neue Defizite und Exklusionsmechanismen schaffen. Legitimation wird dabei v.a. von etablierten NGOs und WissenschaftlerInnen erzeugt und weniger von kritischen Protestgruppen oder neuen sozialen Bewegungen. Wie umfassend das gewählte Thema von Vortragenden und OrganisatorInnen verstanden wurde, zeigte sich im Panel zu National and Public Policy. So wurde einerseits auf die brasilianische Wohnungspolitik eingegangen und gezeigt, dass je stärker Wohnungspolitik institutionalisiert ist, umso weniger prekär ist die Wohnungssituation. Andererseits wurden Effekte von unterschiedlichen Wahlsystemen in der Auflösung Jugoslawiens analysiert. 108 IReflect 2014, Vol. 1 (1): 107-110

I reflect Reiff, Wallaschek: Konferenzbericht 1 st IAPSS World Congress Diese Bandbreite hat exemplarisch die Stärke als auch Schwäche des Governance-Konzeptes aufgezeigt: Es lässt sich vieles darunter subsumieren was vorher nur als Top-Down -Regelung wahrgenommen wurde. Gleichzeitig war der analytische Rahmen der Vorträge meist zu vage und die Themen zu verschieden, als dass Erklärungen von neuen Strukturen und Mechanismen zu erkennen waren. Im letzten studentischen Panel zu Global Governance and Norms wurde von einem Vortragenden der mutige Versuch unternommen eben diese analytische Lücke und die Mängel von Global Governance-Ansätzen mit einem eigenen Konzept zu überwinden. Aufbauend auf einem kosmopolitischen Ansatz wurde ein Modell zur empirischen Analyse entwickelt, welches Akteure oder Institutionen und ihre Interessen anhand ihrer Aussagen einordnen kann (lokal global / partikular kosmopolitisch). Film und Debatte Ein visuelles wie emotionales Highlight der Tagung war die Filmvorführung No Fire Zone: The Killing Fields of Sri Lanka mit anschließender (zu kurzer) Diskussion mit dem Regisseur. Darin wurde gezeigt, dass besonders in der Endphase des Bürgerkrieges auf Sri Lanka (2008 bis 2009) systematisch Menschenrechte verletzt, Desinformationen der Regierung an die internationale Gemeinschaft gestreut und skrupellos die tamilische Minderheit und Rebellen von der Regierungsarmee verfolgt und getötet wurden. Ein weiterer Höhepunkt der Konferenz war die Show-Debatte zu Responsibility to Protect (R2P). Die beiden Teams hatten zur Aufgabe das Publikum von ihrer Position (Intervention/pro R2P vs. Souveränität/contra R2P) zu überzeugen, wobei allerdings die große Mehrheit sich zu Beginn schon pro R2P positionierte. Die Debatte war sehr hitzig, ein Do you want another Rwanda? wurde mit Who are you to tell? beantwortet. Leider moderierte sich die Pro-Seite im Laufe der Debatte zu einer Position des überlegten Eingreifens in bestimmten Fällen, während sich die Contra-Seite radikalisierte und argumentierte, dass es eben Cultures of Slaughter gäbe und man diese akzeptieren müsste. Die Endabstimmung war dann klar für R2P, jedoch einige Unterstützer weniger als zu Beginn. Fazit Insgesamt war die IAPSS Konferenz eine tolle Möglichkeit interessante Leute verschiedener Länder kennenzulernen und wissenschaftliche Papiere auf Augenhöhe mit anderen zu diskutieren. Die gute Organisation sowohl des akademischen Teils als auch des ausgiebigen Abendprogramms machten die Tage in Thessaloniki zu einem wunderbaren Erlebnis. Von mehr Zeit zum Diskutieren würde das straffe Konferenzprogramm allerdings profitieren. IReflect 2014, Vol. 1 (1): 107-110 109

I reflect Reiff, Wallaschek: Konferenzbericht 1st IAPSS World Congress Auch sollte man die Erwartungen an kritische Perspektiven etwas herunterschrauben und nichts per se gegen förmliche Kleidung haben. Die aus studentischer Perspektive ungewohnte Arbeit der Konferenzbewerbung mit einem Abstract sowie das anschließende Schreiben eines Konferenzpapieres lohnt sich aber und nimmt etwas die Angst vor einer möglichen akademischen Laufbahn, bei der Konferenzbewerbungen und das Verfassen von Artikeln das tägliche Brot sind. Die nächste IAPSS Konferenz findet vom 19. bis 24.10.2014 in Nijmegen, Niederlande, zum Thema The Universality of Human Rights in the 21 st Century statt. Weitere Informationen unter: www.iapss.org Anne Reiff studiert im Master Internationale Studien/Friedens- und Konfliktforschung an der Goethe Universität Frankfurt/Main, Stefan Wallaschek studiert im Master Politikwissenschaft der Universität Bremen. Beide haben auf der IAPSS-Konferenz ein Paper vorgestellt. Kontakt: a.reiff@stud.uni-frankfurt.de 110 IReflect 2014, Vol. 1 (1): 107-110