Das Güterichterverfahren in Patentstreitsachen Rechtlicher und organisatorischer Rahmen Funktionsweise und Techniken der Mediation Beispiele
Rechtlicher Rahmen 278 I: soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung Güteverhandlung vor d. Streitrichter 278 II Güteversuch vor dem Güterichter 278 V Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen. Schriftliche Vorschläge und Vergleichsfeststellung 278 VI
Die Initiative kann kommen von dem Richter oder einer der Parteien
Güteverhandlung jederzeit möglich Schon bei Klageerhebung sollen sich die Parteien erklären: 253 ZPO (3) Die Klageschrift soll ferner enthalten: 1. die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; Auch später können die Parteien oder der Richter jederzeit erneut einen Güteversuch vorschlagen.
Erforderlich ist stets das Einverständnis beider Parteien
Nach Einverständnis beider Seiten wird das Verfahren dem Güterichter zugeleitet
Keine (nachteilige) Auswirkung auf das Streitverfahren
Alternativen 278 II: Güteverhandlung vor der Kammer 278a I 1. Alt.: Güteversuch bei einem Mediator 278a I 2. Alt: Anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung z. B. Schlichtungsstelle
Kosten Für die Güteverhandlung fallen keine gesonderten Gerichtskosten an.
Termine werden idr vereinbart
Anschließend: Einladung z. Termin
Vertraulichkeit ist garantiert
Methodenvielfalt 278 V ZPO: Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.
Wie funktioniert Mediation? Nachhaltige Streitschlichtung setzt an den Ursachen des Streits an. Was ist Grund der Auseinandersetzung? Weshalb konnte bislang keine Lösung gefunden werden? Häufig zu beobachtendes Phänomen:
Was beeinflusst unsere Einschätzung? Selektive Wahrnehmung ist die Regel. Erinnerungslücken füllen wir mit Mutmaßungen (z. B. Knallzeuge). Einseitig selektive Wahrnehmung bei Erregung beeinflusst von unseren Erwartungen Mangel an Empathie infolge des Gefühls, angegriffen zu werden. Worauf beruht das?
Beispiele aus der prozessualen Praxis Jetzt lügt er schon wieder Ihm geht es nur darum, mir zu schaden Mit ihm kann man gar nicht vernünftig reden Ich würde mich schon vergleichen; aber es ist die andere Seite, die sich einer vernünftigen Einigung verschließt
Zusammenfassung: 1. Aussage Wenn wir aufgeregt sind uns ganz auf eine einzige Sache konzentrieren uns in einen bestimmten Konflikt vertieft haben sehen wir nur noch das in unserer Vorstellung ausgebildete Ziel und nehmen das Umfeld nicht mehr wahr.
2. Aussage Schwere Belastungen hemmen die im frontalen Kortex angesiedelten Fähigkeiten: Soziale Kompetenz Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen Empathie / Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen sowie deren Gefühle und Absichten zu verstehen Handlungen planen und die Folgen von Handlungen abschätzen
3. Aussage Erst wenn der Druck nachlässt, erlangen wir wieder Soziale Kompetenz Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen Empathie / Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen sowie deren Gefühle und Absichten zu verstehen Handlungen planen und die Folgen von Handlungen abschätzen Besonders förderlich ist das Gefühl von Wertschätzung und Akzeptanz.
Wie kann nachhaltige Streitschlichtung gelingen? Gelassenheit und Selbstsicherheit durch: Verhandlung auf der Sachebene Keine Schuldvorwürfe Berücksichtigung der Interessen Abweichender Standpunkt wird akzeptiert Persönliche Wertschätzung Empathie
Ablauf der Mediation Vorbereitung und Eröffnung Bestandsaufnahme Interessenforschung Lösungssuche Vergleichsabschluss
Vorbereitung und Eröffnung Abschlussvollmacht Einbeziehung Dritter Vertraulichkeitsvereinbarung? Zeitlicher Rahmen?
Die Partei soll Bestandsaufnahme Streit und Konflikte darstellen Ballast abwerfen Gegner muss zuhören dadurch mit der Vergangenheit (wenigstens für das Mediationsgespräch abschließen) Der Gegner soll die abweichende Wahrnehmung des anderen erkennen Empathie für den anderen entwickeln
Vorgehen des Mediators Um der Partei Empathie zu schenken und zu vermitteln, verstanden zu werden Aktives Zuhören Reformulieren Gezielt nachfragen Um dem Gegner Empathie zu ermöglichen: Die Ausführungen von Anschuldigungen zu ich- Botschaften lenken. Perspektivwechsel: Wie hätten Sie sich an der Stelle des Gegners verhalten?
Interessenforschung Von der Vergangenheit in die Zukunft Von der Position zum Interesse Was steckt hinter den geltend gemachten Positionen? Was müsste erreicht werden, dass die Medianten zufrieden sind?
Beispiel Patentstreitsache Kl. Ende d. Streits Anerkennung der Entwicklungsleistung Abgrenzg d. Produkte Außendarstellung als führend am Markt Umfassendes Angebot an Kunden Kompensation Bekl. Ende d. Streits Anerkennung der Entwicklungsleistung Amortisation der Maschinen Veräußerung der Produkte unter der eigenen Marke Rechtssicherheit
Priorisierung der Interessen Kl. Ende d. Streits 1 Anerkennung der Entwicklungsleistung 1 Außendarstellung als führend am Markt 2 Abgrenzg d. Produkte 2 Umfassendes Angebot an Kunden 1 Kompensation 3 Bekl. Ende d. Streits 3 Anerkennung der Entwicklungsleistung 1 Amortisation der Maschinen 3 Veräußerung der Produkte unter der eigenen Marke 1 Rechtssicherheit 2
Interessengerechte Lösungen setzen Kreativität voraus Brainstorming: Wie können die Parteien ihre Interessen erreichen? Jeder Gedanke ist erlaubt! Kreativität setzt voraus, dass wir die Vergangenheit tatsächlich mit der Bestandsaufnahme hinter uns gelassen haben.
Lösungen suchen Bekl. produziert Kl. produziert Zahlung
Interessenforschung Kl. Ende d. Streits Anerkennung der Entwicklungsleistung Abgrenzg d. Produkte Außendarstellung als führend am Markt Umfassendes Angebot an Kunden Kompensation Bekl. Ende d. Streits Anerkennung der Entwicklungsleistung Amortisation der Maschinen Veräußerung der Produkte unter der eigenen Marke Rechtssicherheit
Priorisierung der Interessen Kl. Ende d. Streits 1 Anerkennung der Entwicklungsleistung 1 Außendarstellung als führend am Markt 2 Abgrenzg d. Produkte 2 Umfassendes Angebot an Kunden 1 Kompensation 3 Bekl. Ende d. Streits 3 Anerkennung der Entwicklungsleistung 1 Amortisation der Maschinen 3 Veräußerung der Produkte unter der eigenen Marke 1 Rechtssicherheit 2
Lösungen suchen K kauft B s Maschinen Bekl. produziert Kl. produziert Zahlung
Lösungen bewerten K kauft B s Maschinen Bekl. produziert Zahlung Kl. produziert Kosten aufheben
Ziel für die Parteien Interessengerechte Regelung Wertschöpfung, z. B. durch Aufteilung des Marktes produktbezogen / regional Aufteilung vhd. Güter nach dem größten Nutzen Kreuzlizenzen Ringtauschgeschäfte, evtl. unter Einbeziehung Dritter Verfolgg. gemeinsamer Interessen, z. B. Geheimhaltung, Liefervereinbarungen usw. Nutzung von Größenvorteilen z. B. im Einkauf Nutzung gemeinsamer (Vertriebs-)Strukturen
Ausgangsfall Patentstreitsache Kl. Ende d. Streits Anerkennung der Entwicklungsleistung Abgrenzg d. Produkte Außendarstellung als führend am Markt Umfassendes Angebot an Kunden Kompensation Bekl. Ende d. Streits Anerkennung der Entwicklungsleistung Amortisation der Maschinen Veräußerung der Produkte unter der eigenen Marke
Lösungen bewerten K kauft B s Maschinen Bekl. produziert Zahlung Kl. produziert Kosten aufheben
Einigung Protokollierung eines Vergleiches Einbeziehung Dritter möglich Beliebiger Gegenstand der Einigung Streitgegenstand Territorien außerhalb von Deutschland Verzicht auf Angriffe gg. Rechtsbestand Weitere Regelungen
Patentvindikation Bekl. ist Patentinhaber. Aber nur Kl. ist produktiv tätig. Kl. möchte nicht nur eine Lizenz nehmen, sondern begehrt aus Gründen des Marketing eine Erfinderbenennung und eine Patentvindikation. Ihre Klage bietet kaum Aussicht auf Erfolg.
Patentvindikation Bekl. akzeptierte die Forderungen der Kl. gegen eine Zahlung. Lösung war also nicht an der Rechtslage orientiert, sondern an den Interessen der Parteien.
Klage nach dem ArbNErfG Kl. begehrt eine höhere Vergütung nach dem ArbNErfG. Kl. ist inzwischen aus dem UN ausgeschieden. Bekl. möchte gleichwohl keinen Präzedenzfall schaffen.
Klage nach dem ArbNErfG Es wird eine anderer Weg der Entlohnung gefunden: B vergibt Aufträge an den freiberuflich tätigen K.
Lizenzvereinbarung Außerordentliche Kündigung eines Lizenzvertrages. Kl. begehrt Feststellung, dass Kündigung unwirksam ist. Bekl. möchte das Patent anderweitig gewinnbringender verwerten.
Lizenzvereinbarung Bekl. verpflichtet sich zur Zahlung einer höheren Lizenzgebühr.
Reiner Zahlenstreit Patentverletzung. Unterlassungserklärung. Streitig ist nur die Höhe des Schadensersatzes.
Reiner Zahlenstreit Es geht wirklich nur um die Höhe der angemessenen Zahl. Keine Zahlungsschwierigkeiten. Keine anderen Interessen im Hintergrund.
Rationalitätsfallen Anchoring Framing Verstrickung Selektive Wahrnehmung
Prozessrisikoanalyse 2 Mal darf gewürfelt werden. Wenn beide Male eine 6 gewürfelt wird, werden 3.600 bezahlt, sonst nichts. Erwartungswert dieses Versprechens?
Erwartungswert Würfelspiel 6 1/6 1-5 5/6 6 1/6 1-5 5/6
Prozessrisikoanalyse II Die Klägerin macht geltend: Patentverletzung. Auf dieser beruhe der unstreitig von der Bekl. letztes Jahr erzielte Gewinn in Höhe von 5 T. Wenn dieser Kausalitätsnachweis nicht gelinge, so könne die Klägerin aber nachweisen, dass ihr ein Schaden in Höhe von 5 T entstanden sei wegen abgesprungener Kunden. Die Lizenzanalogie führt im vorliegenden Fall nicht weiter. Erwartungswert des Prozesses?
Erwartungswert Patentstreitklage Patentverletzung nachweisbar? Ja. ------------- Nachweis kausaler Gewinn? Ja -> 5 T Nein. Nachweis Schaden? Ja -> 5 T Nein -> 0 Nein 0
Erwartungswert Patentstreitklage Patentverletzung nachweisbar? 40 % 60 % Ja. ------------- Nachweis kausaler Gewinn? 40 % Ja -> 5 T Nein. Nachweis Schaden? Nein 0 50 % 60 % 50 % Ja -> 5 T Nein -> 0.
Erwartungswert Patentstreitklage 40 % * 40 % * 5.000 = 800,00 Patentverletzung nachweisbar? Ja. 40 40 Ja -> 5 T % ------------- % 50 % 60 % Nachweis kausaler Gewinn? Nein. Nachweis Schaden? 60 % 50 % Nein 0 Ja -> 5 T Nein -> 0. 40 % * 60 % * 50 % * 5.000 = 600,00 60 % * 0 = 0 Summe: 1.400
Reiner Zahlenstreit Es geht wirklich nur um die Höhe der angemessenen Zahl. Keine Zahlungsschwierigkeiten. Keine anderen Interessen im Hintergrund. oder?
Verteilungsmethoden Der eine teilt, der andere wählt. Shoot out. Adjusted winner-methode. Zuwendung an einen Dritten. Auswürfeln. Abwechseln. Extreme streichen. Entscheidung neutraler Dritter. Final Offer Arbitration. Objektive Kriterien einführen. Michigan Mediation. Marktprozedur.
Final Offer Arbitration Das Angebot wird Gegenstand der Einigung, welches dichter am Vorschlag des Mediators liegt.
Michigan Mediation Um Anreiz zu vernünftigen Angeboten zu schaffen: Vereinbarung: Partei, die im Gerichtsverfahren nicht mehr erreicht als im Mediationsvorschlag, trägt die Kosten der anderen Seite. Anschl. erneute Verhandlung.
Trotz aller Tricks gibt es natürlich keine Erfolgsgarantie oder?
Güterichterverfahren in Patentstreitsachen beim LG München I Auswertungszeitraum 01.01.2010-31.12.2014 In 3 Verfahren Co-Mediation mit einem Güterichter des BPatG
Ergebnisse d. Güterichterverfahren in Patentstreitsachen beim LG München I Zahl der Güteverhandlungen: 15 Endgültige Erledigung in der Güteverhandlung: 9 Nachfolgende Einigung beim Streitrichter: 4 Endurteile: 2