T +49 (0) 211 650 40 70 F +49 (0) 211 650 40 777 info@kunststiftungnrw.de www.kunststiftungnrw.de Präsident Dr. Fritz Behrens Generalsekretärin Dr. Ursula Sinnreich Presseinformation Rimini Protokoll übernimmt die erste Christoph-Schlingensief- Gastprofessur für Szenische Forschung im Sommersemester 2015 Eine Initiative der Kunststiftung NRW in Zusammenarbeit mit dem Institut für Theaterwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum Bochum/Düsseldorf, 09.02.2015 Kommunikation Claudia Holthausen Bettina Münzberg kommunikation@kunststiftungnrw.de Als neue Initiative im Bereich der Performing Arts richtet die Kunststiftung NRW an der Ruhr-Universität Bochum gemeinsam mit dem dortigen Institut für Theaterwissenschaft eine Gastprofessur im Masterstudiengang Szenische Forschung ein. Im Rahmen dieser Professur werden international renommierte Künstlerinnen, Künstler und Kollektive nach Bochum eingeladen, um hier mit den Studierenden den aktuellen Stand der Performing Arts praxisorientiert zu erforschen und zu diskutieren. Auf diese Weise verbinden sich Forschung und Vermittlung von theoretischen und praktischen Kompetenzen mit dem Ziel, die junge Szene in NRW durch externe Exzellenz professionell zu entwickeln und der Öffentlichkeit vorzustellen. Die von der Kunststiftung NRW und dem Institut für Szenische Forschung an der Ruhr-Universitat Bochum eingerichtete Christoph Schlingensief-Professur übernimmt im ersten Jahr, zum Sommersemester 2015, das aus Helgard Haug, Stefan Kaegi und Daniel Wetzel bestehende Autoren-Regie-Team, das unter dem Label Rimini Protokoll mit der Idee eines dokumentarischen Theaters Furore gemacht hat. Aino Laberenz, Künstlerin, Mitbegründerin des Operndorfes in Burkina Faso und Ehefrau von Christoph Schlingensief, gab ihre Zustimmung, die Professur nach ihrem 2010 verstorbenen Mann Christoph Schlingensief-Gastprofessur für Szenische Forschung zu benennen. Sie trägt damit den Namen eines der vielseitigsten deutschen Künstlers der Gegenwart. Seit ihrer Gründung 1989 fördert die Kunststiftung NRW herausragende künstlerische Projekte in und aus Nordrhein-Westfalen. Dabei bildet die nationale und internationale Profilierung der künstlerisch avancierten jungen Szenen einen Schwerpunkt ihrer Förderaktivitäten.
Rimini Protokoll Helgard Haug, Stefan Kaegi und Daniel Wetzel bilden seit 2000 ein Autoren- Regie-Team. Ihre Arbeiten im Bereich Theater, Hörspiel, Film, Installation entstehen in Zweier- und Dreier-Konstellationen sowie Solo. Seit 2002 werden all ihre Arbeiten unter dem Label Rimini Protokoll zusammengefasst und angekündigt. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht die Weiterentwicklung der Mittel des Theaters, um ungewöhnliche Sichtweisen auf unsere Wirklichkeit zu ermöglichen. 2/5 So erklären Haug / Kaegi / Wetzel eine Daimler Hauptversammlung zum Theaterstück oder inszenieren unter anderem in Berlin, Zürich, London, Melbourne, Kopenhagen oder San Diego mit hundert statistisch repräsentativ ausgewählten Bürgern 100% Stadt. In Berlin und Dresden entwickelten sie begehbare Stasi-Hörspiele, in denen die Observationsprotokolle per Androidtelefon abhörbar wurden. Zur Zeit touren sie mit nigerianischeuropäischen Geschäftsleuten Lagos Business Angels, der querschnittsgelähmten MC Hallwachs Qualitätskontrolle (Haug / Wetzel) oder vertonen Städte für Zuschauerhorden mit 50 Kopfhörern Remote X (Kaegi). Von ihren Stücken wurde Shooting Bourbaki 2003 mit dem NRW-Impulse-Preis ausgezeichnet, Deadline (2004), Wallenstein eine dokumentarische Inszenierung (2006) und Situation Rooms (2014) wurden zum Berliner Theatertreffen eingeladen, Schwarzenbergplatz (2005) für den Österreichischen Theaterpreis Nestroy nominiert. Mnemopark wurde mit dem Jurypreis beim Berliner Festival Politik im freien Theater 2005 ausgezeichnet und Karl Marx: Das Kapital. Erster Band gewann 2007 beim Festival Stücke sowohl den Publikumspreis als auch den Mülheimer Dramatiker Preis 2007. Im November 2007 erhielten Haug / Kaegi / Wetzel einen Sonderpreis des Deutschen Theaterpreises DER FAUST, im April 2008 wurde ihnen in Thessaloniki der Europäische Theaterpreis in der Kategorie Neue Realitäten verliehen. 2008 erhielten sie den Hörspielpreis der Kriegsblinden für Karl Marx: Das Kapital, Erster Band (nominiert war ebenfalls Peymannbeschimpfung). 2011 wurde das Gesamtwerk von Rimini Protokoll mit dem Silbernen Löwen der 41. Theaterbiennale Venedig ausgezeichnet. Seit 2003 haben Rimini Protokoll in Berlin ihr Hauptquartier aufgeschlagen und ihr Produktionsbüro im Hebbel am Ufer. www.rimini-protokoll.de
Christoph Schlingensief...... war eine der profiliertesten, wagemutigsten und vielseitigsten Persönlichkeiten im nationalen und internationalen Kulturleben. Mit seinen unzähligen Inszenierungen, Kunstinstallationen, Aktionen und Ausstellungen mischte er sich über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg unbeirrt, konsequent und reflektiert in den kulturellen und politischen Diskurs ein und führte Oper, Theater, Film und Aktionen zusammen, um seine Beziehung zur Welt zu klären. Mit seinem überbordenden Werk überforderte Schlingensief sich und sein Publikum, wo er nur konnte, besessen davon, die Grenze zwischen Kunst und Leben aufzuheben. 3/5 Schlingensief wurde 1960 in Oberhausen geboren. Nach zahlreichen Kurzfilmen folgten ab 1984 erste Langfilme. Zwischen 1989 und 1992 drehte er die Deutschlandtrilogie. An der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz entstand 1993 seine erste Theaterinszenierung 100 Jahre CDU Spiel ohne Grenzen. Am Schaupielhaus Zürich inszenierte er 2001 den Hamlet mit ausstiegswilligen Neonazis am Schauspielhaus Zürich. Es folgte u.a. die ATTA-Trilogie, die sich aus ATTA ATTA (Volksbühne, 2002), Bambiland von Elfriede Jelinek (Burgtheater Wien, 2003) und Attabambi Pornoland (Schauspielhaus Zürich, 2004) zusammensetzt. Mit seinen aktionistischen Projekten außerhalb des Theaters wirkte Schlingensief weit über den Kunstraum hinaus. Im Rahmen der Wiener Festwochen veranstaltete er im Jahr 2000 die Container-Aktion Bitte liebt Österreich. Anlässlich der Bundestagswahl 1998 gründete er die Partei CHANCE 2000. 2003 nahm er mit der CHURCH OF FEAR an der 50. Biennale Venedig (2003) teil. Schlingensief inszenierte Opern an verschiedenen Häusern, Höhepunkte waren von 2004-2007 Wagners Parsifal in Bayreuth und 2007 Der Fliegende Holländer in der legendären Oper von Manaus. Die Verschiebung seiner Bilder und Gedanken durch seine Krebserkrankung bearbeitete er offensiv u.a. in seiner Inszenierung Der Zwischenstand der Dinge am Maxim-Gorki-Theater (2008), seinem 2009 im Rahmen der Ruhrtriennale uraufgeführtem Fluxusoratorium Kirche der Angst vor dem Fremden in mir und der ReadyMade-Oper Mea Culpa am Wiener Burgtheater. Schlingensief gründete die Initiative Festspielhaus Afrika, am 8. Februar 2010 war die Grundsteinlegung für REMDOOGO, das erste Operndorf der Welt in Burkina Faso, Afrika. Mit Via Intolleranza II inszenierte Schlingensief mit Künstlern aus Europa und Burkina Faso das erste Stück materialisierte afrikanische Operndorf-Utopie, das nach Proben in Ouagadougou und Berlin in Brüssel, Hamburg, Wien und München aufgeführt wurde. Zu seinen letzten Vorhaben gehörte die Einrichtung des Deutschen Pavillons der Biennale in Venedig 2011. Am 21. August 2010 verstarb Christoph Schlingensief in Berlin. www.schlingensief.com
Masterstudiengang Szenische Forschung am Institut für Theaterwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum Der 2012 gegründete Masterstudiengang Szenische Forschung befasst sich auf künstlerischer, wissenschaftlicher und organisatorischer Basis mit den Wirklichkeits- und Möglichkeitsformen der performativen Künste. Neben der Vermittlung von historischen und theoretischen Kenntnissen liegt der Schwerpunkt des Studiums auf der praktischen Auseinandersetzung mit gegenwärtigen Formaten und Vermittlungsweisen des Theaters. Angeleitet durch entsprechend ausgewiesene PraktikerInnen werden aktuelle Inszenierungstechniken und kunstvermittelnde Verfahren erprobt und in Seminaren und interdisziplinären Lehreinheiten methodisch reflektiert. 4/5 Dieser Studiengang ergänzt das bestehende, vor allem historisch-theoretischanalytisch ausgerichtete Angebot des Instituts um eine praxisorientierte Perspektive. Er qualifiziert Studierende durch sein spezifisches theoriegelenktes und praxisnahes Lehr- und Ausbildungsprofil sowohl für künstlerische als auch für kunstbegleitende und kulturvermittelnde Berufsfelder im Bereich der darstellenden und performativen Künste. Er soll dazu befähigen, ästhetische Kriterien zu entwickeln und gestalterische Prozesse selbständig anzuregen. Anliegen der Szenischen Forschung ist es, zeitgemäße Formen des forschenden Lehrens und Lernens im Bereich der Theaterwissenschaft zu entwickeln. Insofern sollen auch alternative und prospektive Forschungsformen der Szenischen Künste Berücksichtigung finden, um neue diskursive Impulse zu generieren. Die Implementierung der Szenischen Forschung in das Angebot des Instituts für Theaterwissenschaft versteht sich nicht nur als Reaktion auf markante Entwicklungen innerhalb der Szenischen Künste der Gegenwart; sie zielt auch darauf ab, den forschenden Charakter der Kunst selbst aufzugreifen, in forschendes Lernen zu überführen und wissenschaftlich zu vertiefen. www.theater.rub.de
Kunststiftung NRW 5/5 1989 von der Landesregierung unter Ministerpräsident Johannes Rau als Stiftung Kunst und Kultur des Landes NRW errichtet, unterstützt die Kunststiftung NRW herausragende künstlerische Positionen und Projekte. Insbesondere wird ihr Stiftungszweck durch die Förderung von Ausstellungen, Konzerten, Tanzprojekten, Theaterinszenierungen, Lesungen und Werkaufträgen verwirklicht. In besonderen Fällen unterstützt die Stiftung die Förderung des Erwerbs von Kunstgegenständen mit außergewöhnlicher Bedeutung für das Land Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus gehört die Förderung der Jungen Kunst bzw. Jungen Szene und des internationalen Kulturaustausches zu den zentralen Aufgaben der Stiftung. Die Stiftung fordert mit ihrer Förderpolitik zu mehr Wagnis und Qualität in Kunst und Kultur heraus. Ein wesentliches Auswahlkriterium bei Förderentscheidungen sind die künstlerische Qualität sowie die innovative Konzeption des Projektes. Dabei stehen individuelle Fördermaßnahmen und die Unterstützung experimenteller Konzepte gleichberechtigt neben künstlerischen Großprojekten von überregionaler Ausstrahlung. Die Förderung der Kunststiftung zielt insbesondere auf die nachhaltige Weiterentwicklung der künstlerisch herausragenden Qualität und Wirkung von Kunst sowie auf die Stärkung ihrer überregionalen und internationalen Ausstrahlungskraft. Die Kunststiftung NRW sichert durch ihre Förderung die kulturelle Vielfalt des Landes und trägt damit zur Profilierung Nordrhein-Westfalens als bedeutender Kulturstandort im nationalen und internationalen Kontext bei. Sie arbeitet im engen Austausch mit Künstlern und Kulturschaffenden an der Kultur der Zukunft. Durch ihr breitgefächertes Netzwerk in alle Kunstsparten verfügt sie über einzigartige Kenntnisse von künstlerischen Prozessen und Rahmenbedingungen künstlerischer Produktion, die sie den Medien, der Politik und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Sie ist damit Motor der Weiterentwicklung der Kultur, national wie international. Sichtbar wird dieser Anspruch durch weltweite Kooperationsprojekte, deren Impulse in die Kulturlandschaft Nordrhein- Westfalens zurückfließen. Die Stiftung hat im Frühjahr 1990 ihre Arbeit aufgenommen und seither mehr als 6400 Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 192 Millionen Euro entwickelt und gefördert. Die Fördermittel der Kunststiftung NRW speisen sich aus Lottogeldern des staatlichen Anbieters WestLotto. www.kunststiftungnrw.de