1. Außerordentlicher Europäischer Rat - Brüssel, 21. September 2001 B5-0666, 0668 und 0674/2001 Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Außerordentlichen Tagung des Europäischen Rates vom 21. September 2001 in Brüssel Das Europäische Parlament, in Kenntnis der Schlussfolgerungen der Außerordentlichen Tagung des Europäischen Rates vom 21. September 2001 in Brüssel sowie der Erklärungen von Kommission und Rat am 3. Oktober 2001 im Plenum zum Ergebnis dieser Tagung, in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates "Justiz und Inneres" vom 20. September 2001 und des Rates "Wirtschaft und Finanzen" vom 21. September 2001, in Kenntnis der gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, der Präsidentin des Europäischen Parlaments, des Präsidenten der Kommission und des Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik vom 14. September 2001 zu dem Terroranschlag auf das World Trade Centre und das Pentagon und angesichts der zahlreichen Opfer und der weitreichenden Auswirkungen auf die Sicherheit der Bürger, in Kenntnis der Resolution 1368 (2001) des UN-Sicherheitsrats vom 12. September 2001, in der diese Anschläge einstimmig verurteilt werden und der Sicherheitsrat seine Bereitschaft zum Ausdruck bringt, alle erforderlichen Schritte zu unternehmen, um auf den Anschlag vom 11. September 2001 zu antworten und alle Formen des Terrorismus in Einklang mit seiner Verantwortung der Charta der Vereinten Nationen zu bekämpfen, in Kenntnis der Resolution 1269 (1999) des UN-Sicherheitsrats vom 12. September 1999, in der alle terroristischen Anschläge verurteilt werden, ungeachtet ihres Motivs und ungeachtet der Frage, wo und von wem sie begangen wurden, und in der bekräftigt wird, dass die Unterdrückung des internationalen Terrorismus einschließlich desjenigen, in den Staaten verwickelt sind, einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung des internationalen Friedens und der Sicherheit darstellt, in Kenntnis der Resolution 1373 (2001) des UN-Sicherheitsrats vom 28. September 2001, unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 5. September 2001 zur Rolle der Europäischen Union beim Kampf gegen den Terrorismus (2001/2016(INI)) 1, A. zutiefst bestürzt über den mörderischen Terroranschlag auf das World Trade Centre in New York und das Pentagon in Washington, B. in der Erwägung, dass diese Terroranschläge und terroristische Aktivitäten allgemein ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen die Werte einer offenen, demokratischen, multikulturellen Gesellschaft darstellen und als solche Frieden, Stabilität und Sicherheit in der Welt bedrohen, 1 Angenommene Texte Punkt 1.
C. in Kenntnis der Erklärung der 19 NATO-Mitgliedstaaten, in der erstmalig auf Artikel 5 des Nordatlantikvertrags zurückgegriffen wird, als eindeutiges Zeichen der europäischamerikanischen Solidarität und als Garant ihrer gemeinsamen Beteiligung am Kampf gegen den Terrorismus auf allen Stufen, zu der der Vertrag verpflichtet, D. in der Erwägung, dass der Kampf gegen den internationalen Terrorismus eine deutliche Stärkung der einschlägigen Zuständigkeiten der Europäischen Union bedingt, E. in der Erwägung, dass der Kampf gegen den Terrorismus in erster Linie ein strafrechtliches Vorgehen sowie eine verstärkte Politik der Verbrechensbekämpfung auf internationaler Ebene erfordert; in der Erwägung, dass unbedingt sichergestellt sein muss, dass ein solches Vorgehen mit der Achtung der Grundfreiheiten als Grundlage der Zivilisation vereinbar ist, 1. spricht der Bevölkerung und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika seine Solidarität und den Verletzten und den leidtragenden Familien der Opfer aus den USA und aus vielen anderen Ländern, die unter diesem Terroranschlag zu leiden hatten, sein Mitgefühl aus; 2. erkennt den Heldenmut der Rettungsdienste von New York und Washington an, insbesondere der Feuerwehrleute, von denen viele ihr Leben zur Rettung anderer geopfert haben, und würdigt den selbstlosen Mut der Passagiere, die die Kidnapper des vierten Flugzeugs überwältigten und dabei ihr eigenes Leben ließen, dadurch jedoch zahlreiche andere Menschenleben retteten; 3. verurteilt den schamlosen Missbrauch der Religion durch diejenigen, die diese mörderischen Taten begangen haben, die nicht mit einem friedlichen Islam zu vereinbaren sind; lehnt solche Auffassungen mit Nachdruck ab, wonach eine Kultur aufgrund ihrer religiösen Zugehörigkeit für überlegen erklärt wird; bekräftigt, dass die Bekämpfung des Terrorismus mit der Einhaltung der Grundfreiheiten in Einklang stehen muss, und bekundet in diesem Zusammenhang den europäischen Moslems und den in EU-Ländern lebenden Moslems seine volle Unterstützung und Solidarität; 4. unterstützt den vom Europäischen Rat ausgehenden Vorschlag zur Aushandlung eines internationalen Übereinkommens zwischen der Europäischen Union und den USA über justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit auf der Grundlage der Verträge; Außen- und Sicherheitspolitik 5. fordert das Regime in Kabul auf, die Resolution des Sicherheitsrats zu erfüllen, in der die Auslieferung der für diese Anschläge verantwortlichen Personen an die internationale Justiz gefordert wird; 6. betont, dass das afghanische Volk unabhängig von den derzeitigen Entwicklungen enorm unter dem internationalen Terrorismus und dem Taliban-Regime leidet, und fordert deshalb weitreichende humanitäre Bemühungen; 7. fordert die Kommission auf, der Zusammenarbeit mit dem Hohen Kommissariat der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge zur Bewältigung des Problems der afghanischen Flüchtlinge besonderen Vorrang zu verleihen;
8. begrüßt in diesem Zusammenhang den Besuch der EU-Troika in einigen asiatischen und arabischen Ländern, um den Dialog einzuleiten und dem gemeinsamen Ziel der Bekämpfung des Terrorismus näher zu kommen; 9. weist nachdrücklich auf die Notwendigkeit hin, die Einberufung des Parlamentarischen Europa-Mittelmeer-Forums im Rahmen des Prozesses von Barcelona zu beschleunigen, um den politischen Dialog noch mehr zu vertiefen; 10. unterstützt den Aufruf der Europäischen Union zu einer möglichst breiten Koalition gegen den Terrorismus unter der Führung der Vereinten Nationen; 11. stimmt der Schlussfolgerung des Rates zu, dass der Kampf gegen den Terrorismus umso wirksamer geführt werden kann, wenn er sich auf einen eingehenden politischen Dialog mit den Ländern und Regionen der Welt stützt, in denen sich der Terrorismus entwickelt, sowie auf die Fortsetzung der Investitionstätigkeit und die Unterstützung für Konfliktverhütungsmaßnahmen, und fordert nachdrücklich, dass die Beziehungen der Europäischen Union zu Drittländern weiterhin auf den grundlegenden Prinzipien der Menschenrechte, der Demokratie und der verantwortungsvollen Staatsführung beruhen; 12. ruft insbesondere die Europäische Union nachdrücklich auf, ihren Kampf gegen unkontrollierte und illegale Waffenexporte und die weltweite Verbreitung schwerer und leichter Waffen sowie den Kampf gegen chemische und biologische Waffen zu verstärken; 13. fordert den Rat auf, unverzüglich tätig zu werden, sobald das Parlament seine Stellungnahme zu dem Rahmenbeschluss über den europäischen Haftbefehl und zu der gemeinsamen Definition von Terrorismus abgegeben hat; 14. fordert den Rat und die Mitgliedstaaten auf, mit der Regierung der Vereinigten Staaten auf der Grundlage der Resolution 1368 (2001) zusammenzuarbeiten, um Täter, Verantwortliche und Geldgeber der Anschläge sowie all diejenigen zu finden, die ihnen Schutz geboten haben; ist der Auffassung, dass alle Aktionen angemessen und gezielt sein müssen, damit keine unschuldigen Zivilisten und deren Eigentum Schaden leiden; 15. unterstützt nachdrücklich die Schlussfolgerung des Außerordentlichen Europäischen Rates, wonach die Union ihre gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie die Politik der Entwicklungszusammenarbeit weiter ausbauen, sich dabei stärker an der Verhütung und Stabilisierung von Konflikten beteiligen und dazu die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik einschließlich der schnellen Eingreiftruppe und der Krisenreaktionsfazilität so schnell wie möglich zu einem einsatzbereiten Instrument machen soll; 16. begrüßt das erneute Engagement des Europäischen Rates, im Nahen Osten für Frieden zu sorgen; fordert in diesem Zusammenhang die rasche Wiederaufnahme des Dialogs zwischen Israelis und Palästinensern auf der Grundlage aller Empfehlungen aus dem Mitchell-Bericht, um gemäß den entsprechenden Resolutionen des UN-Sicherheitsrats eine umfassende Einigung zu erreichen;
Innere Sicherheit und Justiz 17. begrüßt die beiden kürzlich von der Kommission verabschiedeten Vorschläge zur Bekämpfung des Terrorismus sowie zum europäischen Haftbefehl und zum Auslieferungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten und fordert die Kommission auf, weitere Rechtsvorschriften zur Bekämpfung des Terrorismus auf den Weg zu bringen, wodurch sich gegenüber den schon geltenden nationalen und internationalen Instrumenten ein eindeutiger Mehrwert ergeben würde und wobei von den strengsten nationalen Rechtsvorschriften ausgegangen werden müsste; 18. fordert den Rat dringend auf, diesen Beschluss unverzüglich anwendbar zu machen, indem er dem Europäischen Parlament so bald wie möglich den Rahmenbeschluss über den europäischen Haftbefehl, die gemeinsame Definition von Terrorismus sowie den Rahmenbeschluss über gemeinsame Ermittlungsteams vorlegt; 19. fordert die Mitgliedstaaten dringend auf, den Rahmenbeschluss über den europäischen Haftbefehl, die gemeinsame Definition von Terrorismus und den Rahmenbeschluss über gemeinsame Ermittlungsteams unverzüglich nach Anhörung des Europäischen Parlaments umzusetzen; 20. ist der Ansicht, dass die Intensivierung der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit, insbesondere bei der Bekämpfung des Terrorismus, Hand in Hand mit der Verstärkung der parlamentarischen und gerichtlichen Kontrolle und der Aufrechterhaltung des Schutzes des Grundrechte und Grundfreiheiten erfolgen muss; 21. erwartet, dass der Rat gemeinsam mit ihm zu einem Konsens über die Geldwäsche- Richtlinie gelangt; 22. fordert die Polizeikräfte und Geheimdienste der EU-Mitgliedstaaten auf, eng mit den amerikanischen Behörden zusammenzuarbeiten, um den Terrorismus zu bekämpfen und die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen; 23. begrüßt die Forderung des Europäischen Rates nach Durchführung aller geltenden internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus und fordert deshalb die betroffenen Mitgliedstaaten auf, den Prozess des Beitritts zu den und/oder der Ratifizierung und wirkungsvollen Durchsetzung der bestehenden Übereinkommen gegen Terrorismus, einschließlich des Internationalen Übereinkommens zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus (1999), das bisher lediglich von einem einzigen Mitgliedstaat ratifiziert wurde, zu beschleunigen; 24. fordert, dass die Satzung des Internationalen Strafgerichtshofs, der in das System der Vereinten Nationen eingebunden ist und für die schwersten Verbrechen von Belang für die gesamte internationale Gemeinschaft zuständig ist, ratifiziert wird; 25. betont die unlängst bei der gegenseitigen Anerkennung von gerichtlichen Entscheidungen erzielten Fortschritte, insbesondere durch die auf dem letzten Außerordentlichen Rat Justiz und Inneres vorgeschlagenen Maßnahmen, und appelliert an alle Mitgliedstaaten, keine neuen gerichtlichen oder rechtlichen Hindernisse zu errichten, die diese Ergebnisse in irgendeiner Weise gefährden könnten;
26. verpflichtet sich, die erforderlichen Haushaltsmaßnahmen zu ergreifen, um den gestiegenen Bedarf in den Bereichen Terrorismusbekämpfung, Flüchtlingshilfe und Bekämpfung der Armut zu finanzieren; 27. fordert den Rat auf, die Möglichkeit ernsthaft in Erwägung zu ziehen, die justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit oder zumindest den Kampf gegen das organisierte Verbrechen einschließlich des Terrorismus in den ersten Pfeiler einzubinden, und zwar mithilfe von Artikel 42 des EU-Vertrags, da dies der beste Weg ist, um angemessen auf die Herausforderungen zu reagieren, mit denen die Europäische Union konfrontiert ist; Flugsicherheit 28. fordert den Rat dringend auf, Sicherheitsmaßnahmen für alle öffentlichen Verkehrsträger, insbesondere Flugzeuge und Schiffe, sowie für Industrie- und Kernkraftanlagen zu unterstützen; 29. verpflichtet sich, seiner Rolle bei der raschen Verabschiedung der verschiedenen Legislativvorschläge zur Flugsicherheit, die derzeit geprüft werden, gerecht zu werden; erwartet rasche Fortschritte im Rat, da die Verzögerung bestimmter Entscheidungen durch die Unstimmigkeiten über den Status von Gibraltar nicht mehr hingenommen werden kann; begrüßt die Entscheidung der Kommission zur Vorlage ihrer seit langem fälligen Vorschläge für ein wirkungsvolles europäisches Luftverkehrsmanagementsystem am 10. Oktober 2001 und betont die Notwendigkeit einer raschen Weiterbehandlung auf legislativer Ebene; Wirtschaftliche Fragen 30. fordert die Kommission auf, ihm einen Bericht über die Auswirkungen der Terroranschläge auf die Weltwirtschaftslage vorzulegen; beauftragt seinen zuständigen Ausschuss, diesen Bericht entsprechend weiterzubehandeln; 31. fordert ein gemeinsames Vorgehen, um die internationalen Finanzmärkte einer angemessenen Kontrolle zu unterwerfen und Offshore-Banking und Steueroasen abzuschaffen, um den Praktiken der Geldwäsche wirksam entgegenzuwirken; 32. legt den Mitgliedstaaten nahe, gemeinsame Schritte zur Unterbindung von Kapitalbewegungen zu ergreifen, die Terroristennetze mit Geld versorgen, und gibt der Hoffnung Ausdruck, dass die Finanzmärkte sich in der Weise neu ordnen werden, dass die Überwachungsinstanzen eine wichtigere Rolle haben und dass Insider-Geschäfte und Geldwäsche bekämpft werden; vertritt die Auffassung, dass das Bankgeheimnis nicht den Ermittlungen über die Finanzierung des internationalen Terrorismus entgegenstehen sollte; 33. vertritt die Auffassung, dass es wegen der Folgen der terroristischen Anschläge vom 11. September für die Weltwirtschaft noch wichtiger wird, auf der für November 2001 in Katar geplanten WTO-Ministerkonferenz erfolgreich eine neue, umfassende Verhandlungsrunde einzuleiten; o o o
34. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie der Regierung und dem Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika zu übermitteln.