Studie zu PIUS-Potenzialen in der papier- und kartonerzeugenden Industrie. Ing.-Büro für Abwassertechnik und Energie-Management



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Transkript:

Studie zu PIUS-Potenzialen in der papier- und kartonerzeugenden Industrie Ing.-Büro für Abwassertechnik und Energie-Management

Inhaltsverzeichnis 0 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung und Veranlassung... 1-1 2 Rohstoffe und Rohstofferzeugung... 2-1 2.1 Rohstoffe... 2-1 2.2 Rohstoffaufbereitung... 2-1 2.2.1 Holzbearbeitung vor dem Aufschluss... 2-1 2.2.2 Holzaufschluss... 2-3 2.2.3 Altpapieraufbereitung... 2-7 3 Papiererzeugung... 3-1 3.1 Inhaltsstoffe des Papiers... 3-1 3.1.1 Wasser und Entwässerungsmittel... 3-1 3.1.2 Leimung von Papier... 3-2 3.1.3 Nassfeste Papiere... 3-2 3.1.4 Farbstoffe... 3-2 3.1.5 Füllstoffe... 3-3 3.2 Papier- und Kartonmaschinen... 3-3 3.2.1 Konstantteil... 3-3 3.2.2 Papiermaschine... 3-7 4 PIUS-Potenziale in der Papierindustrie... 4-1 4.1 PIUS-Schwerpunkt Wasser... 4-1 4.1.1 Einleitung... 4-1 4.1.2 Abwässer aus der Papierproduktion... 4-2 4.1.3 Die anaerobe Abwasserbehandlung... 4-15 4.1.4 Wasserkreisläufe in der Papierindustrie... 4-19 4.1.5 Beispiele aus der Praxis... 4-29 4.1.6 Frischwassereinsparung in der Papierindustrie... 4-36 4.2 PIUS-Schwerpunkt Energie... 4-38 4.2.1 Energieeinsatz in der Papierindustrie... 4-38 4.2.2 Energie-Einsparpotenziale in der Papierindustrie... 4-41 4.3 PIUS-Schwerpunkt Reststoffe... 4-44 4.3.1 Anfall der Reststoffe in der Papierindustrie... 4-45 4.3.2 Verwertung und Beseitigung der Reststoffe... 4-46 4.3.3 Restsstoffverwertungskonzepte in der Papierindustrie... 4-47 Seite 0-1

1. Einleitung und Veranlassung 1 Einleitung und Veranlassung Die vorliegende Studie wurde Im Auftrag der Effizienz-Agentur NRW verfasst, um PIUS-Potenziale in der papier- und kartonerzeugenden Industrie zu erarbeiten und darauf aufbauend in den Betrieben mögliche Einsparpotenziale aufzuzeigen. Die papier- und pappeherstellende Insdustrie zeichnet sich durch einen produktionsbedingt hohen Verbrauch an Ressourcen, insbesondere Wasser und thermischer Energie, aus. Zwar werden intern viele Kreisläufe an den entsprechenden Maschinen geschlossen, es soll jedoch anhand einer allgemeinen Betrachtung der Produktionsprozesse untersucht werden, ob sich darüberhinaus weitere Einsparpotenziale ergeben. Hierzu werden zuerst die einzelnen Produktionsschritte und Einsatzstoffe kurz erläutert, anhand derer mögliche ressourcenschonende Potenziale aufgezeigt werden sollen. Anschließend wird anhand durchgeführter innerbetrieblicher Stoffstromanalysen in drei Unternehmen des Kammerbezirks Aachen versucht, diese Potenziale zu verifizieren und gegebenfalls durch praktische Produktionserfahrungen zu ergänzen. 1-1

2. Rohstoffe und Rohstofferzeugung 2 Rohstoffe und Rohstofferzeugung 2.1 Rohstoffe Papier kann definiert werden als ein Verbund von Fasern, die mehrfach und auf verschiedene Weise behandelt wurden, um den Zusammenhalt der Fasern zu erhöhen. Gemeinsam ist allen Papieren unabhängig von ihrer Vielseitigkeit und ihrer Einsatzmöglichkeit der Ausgangsstoff, in der Regel die natürliche Faser. Verstärkt wird in der letzten Zeit auch Altpapier zur Papierherstellung eingesetzt, bei der verarbeitenden Industrie im Bereich der Spezialpapiere, an die höhere Anforderungen gestellt werden, wird dieser Einsatz jedoch häufig kritisch beurteilt, da die Zusammensetzung des Rohstoffes hinsichtlich der Qualität nicht immer genau definiert ist. Man spricht im Zusammenhang mit Altpapier vom Sekundärrohstoff. Faserstoffe natürlichen Ursprungs, die erstmalig bei der Papiererzeugung zum Einsatz kommen, werden als Primärrohstoffe (native Stoffe) bezeichnet. Sie umfassen sowohl Fasern pflanzlichen Ursprungs (Holz, Einjahrespflanzen, Hadern), als auch tierische Fasern (Schafswolle) und synthetische Fasern. 2.2 Rohstoffaufbereitung Das Basisprodukt für die Papier-, Pappe- und Kartonherstellung ist die Cellulose. Das technische Produkt chemisch aufgeschlossen heißt Zellstoff, mechanisch aufgeschlossen Holzstoff oder Holzschliff. Ziel eines jeden Aufschlusses ist es, den natürlichen Faserbund zu zerlegen, um die Fasern für den späteren, künstlichen Verbund, das Papier, vorzubereiten. Der wichtigste Rohstoff ist das Holz. 2.2.1 Holzbearbeitung vor dem Aufschluss Vor der Zellstoff- oder Holzstoffherstellung muss das Holz entrindet und gegebenenfalls zerkleinert werden. Diese Verfahrensschritte liegen zwischen dem Fällen der Bäume im Wald und dem Aufschluss der Fasern bei der Zellstoff- oder Holzstoffherstellung. Das Holz wird häufig als Rundholz angeliefert, kommt zunehmend aber auch als Hackschnitzel in die Fabrik. Für die Qualität des späteren Faserstoffes ist die Feuchte des Holzes von entscheidener Bedeutung. Sie sollte möglichst hoch sein, d.h. das Holz sollte möglichst frisch angeliefert werden, üblich sind Lagerzeiten von 2 bis 3 Wochen im Wald. Durch die hohe Feuchtigkeit des Holzes ist noch sehr viel Flüssigkeit im Inneren gespeichert und es lassen sich höhere Festigkeiten bei der mechanischen Zerfaserung erzielen. 2.2.1.1 Entrinden des Holzes Das Schälen des Holzes von Hand direkt im Wald gehört der Vergangenheit an. Maschinen haben diese Arbeit sowohl im Wald als auch in den Fabriken übernommen. Dabei wird zwischen drei prinzipiellen Vorgehensweisen unterschieden: dem Nass-, Tocken- oder kombiniertem Verfahren. 2-1

2. Rohstoffe und Rohstofferzeugung Das häufigste Nassentrindungsverfahren wird mit einer sogenannten Cambio-Schälmaschine durchgeführt, bei der geriffelte Walzen den Stamm gegen einen Kranz von Schälmessern drücken, die die Rinde vom Stamm schaben während sie um diesen drehen. Alternativ kann die Rinde mittels Wasserstrahlen bei sehr hohen Drücken (bis 1.000 bar) entfernt werden. In der Papierindustrie sind Entrindungstrommeln (s. Abbildung 2-1) im kontinuierlichen Betrieb die Regel, die das Holz trocken entrinden. Hierbei wird die Reibung der Stämme untereinander zur Entrindung genutzt. Die Stämme werden in einer Trommel gedreht und fallen dabei willkürlich durcheinander. Durch die eingetragene Energie wird die Rinde mittels Reibung der Stämme untereinander entfernt. Das Verfahren benötigt verhältnismäßig wenig Energie (7 11 kwh/t), bietet aber ein gutes Ergebnis. IA234AA04 Abbildung 2-1 Entrindungstrommel ATEMIS 2.2.1.2 Zerkleinern des Holzes Für die Holzstofferzeugung wird das Holz auf Schleifholzlängen von 1 2 m entsprechend der Schleifschaftbreite abgelängt und nach Möglichkeit sofort verarbeitet, für die Zellstoffherstellung muss das Holz in kleine Stücke zerhackt werden. Die entrindeten Holzprügel werden Hackmaschinen zugeführt, die entweder eine rotierende Stahlscheibe mit zentrisch angeordneten Messern oder Trommeln mit Längsmessern besitzen. Die Hackschnitzel haben in der Regel Kantenlängen von 20 bis 50 mm bei einer Dicke von 5 bis 10 mm. Für den anschließenden Kochprozess bei der Zellstoffherstellung ist es vorteilhaft, mög- 2-2

2. Rohstoffe und Rohstofferzeugung lichst dünne Schnitzel zu erzeugen, die gut von der Kochlösung durchdrungen werden können. Man lagert die Hackschnitzel abgelängt ca. 6 Monate, um den Wassergehalt zu verringern und zu vergleichmäßigen. Hierbei findet als Nebeneffekt auch eine Entharzung statt, die besonders im Hinblick auf die Sulfitzellstofferzeugung erforderlich ist. 2.2.2 Holzaufschluss Wie bereits eingangs erwähnt, stellt der Aufschluss des Holzes, d.h. das Lösen des natürlichen Faserverbundes, die Grundvoraussetzung der Papierherstellung dar. Es wird generell zwischen zwei Verfahren unterschieden: dem chemischen Faseraufschluss, der Zellstoffherstellung, und dem mechanischen Faseraufschluss, der Holzstofferzeugung. 2.2.2.1 Zellstofferzeugung Das am häufigsten angewendete Verfahren ist der chemische Aufschluss. Dabei wird das stützende Lignin aus dem Holz durch chemische Reaktion herausgelöst und entfernt, so dass die Cellulosefasern freigelegt werden. Das Holz wird in einer chemischen Lösung gekocht. Zum Einsatz kommen zwei thermische Verfahrensweisen: entweder die indirekte Beheizung nach Mitscherlich, bei der die Flüssigkeit über Dampfheizschlangen beheizt wird, oder die direkte Beheizung nach Ritter-Kellner bei der Dampf direkt in die Flüssigkeit eingeblasen wird. Dieses Verfahren bietet den Vorteil deutlich kürzerer Kochzeit bei dem Nachteil von Verdünnungseffekten. Alternativ wird eine Kombination beider Verfahren eingesetzt, die Flüssigkeit wird indirekt aufgeheizt und anschließend direkt fertig gekocht. Es existieren ebenfalls zwei alternative Verfahrensweisen beim Kochen des Holzes. Das Holz kann in einer alkalischen oder sauren Lösung aufgeschlossen werden. Welches Verfahren gewählt wird, ist abhängig von den erwünschten Papiereigenschaften. Alkalisch aufgeschlossener Zellstoff, der sogenannte Sulfatzellstoff, zeichnet sich vor allem durch eine hohe Festigkeit aus, während der sauer hergestellte Zellstoff, der Sulfitzellstoff, hauptsächlich für Druck-, Schreib- und Transparentpapiere eingesetzt wird. Bei Verfahren werden sowohl diskontinuierlich als auch kontinuierlich durchgeführt, die Laugerückgewinnung ist beim alkalischen Verfahren wirtschaftlich erforderlich. Das Schema der Sulfatzellstoffherstellung ist in der Abbildung 2-2 dargestellt. Bei der Herstellung von Sulfatzellstoff wird die sogenannte Weißlauge eingesetzt, ein Gemisch aus Natriumhydroxid (NaOH), Natriumkarbonat (Na 2 CO 3 ), Natriumsulfit (Na 2 S) und Natriumsulfat (Na 2 SO 4 ). Diese Stoffe bilden den Gesamtalkaligehalt. Wirksame Substanzen (wirksames Alkali) sind jedoch NaOH und Na 2 S. Die Weißlauge enthält ca. 130 kg wirksames Alkali pro m³ Lauge. Um Sulfatzellstoff herzustellen, rechnet man mit 18 22% wirksamen Alkali pro Tonne atro gedachtem Holz. Bei möglichst großer Rückgewinnung der Lauge müssen in der Regel 50 90 kg Chemikalien als Na 2 SO 4 pro Tonne Zellstoff dem Prozess zugeführt werden. Das Kochen erfolgt abhängig von der Art der Beheizung oder dem gewählten Verfahren in mehreren Phasen entlang einer festgelegten Temperaturkurve. Bei den diskontinuierlichen Verfahren wird nach 2-3

2. Rohstoffe und Rohstofferzeugung dem Ankochen (Dauer 1-2 Stunden) bei bis zu 170 C und 7 bar der Kocher entlüftet, die entstehenden Abgase können der Terpentingewinnung zugeführt werden. Anschließend erfolgt das Fertigkochen des Zellstoffs bei 170 180 C und 7 9 bar. Dieser Prozess wird laufend beprobt und abhängig von den erzielten Ergebnissen beendet. In der Regel dauert das Fertigkochen des Zellstoffs 2-3 Stunden. Hieran schließt sich ein Endabgasen des Kochers an, der Kocher wird entleert und Ablauge und Kochgut getrennt. Die kontinuierlichen Verfahren werden in ähnlichen Temperaturbereichen geführt, abhängig davon, ob sie drucklos oder druckbeaufschlagt durchgeführt werden, variiert die Kochdauer. Sie ist jedoch insgesamt deutlich niedriger als bei den diskontinuierlichen Verfahren. Hackschnitzel Hackschnitzelsilo "Schwarz-Lauge" "Weiß-Lauge" Mehrstraßige diskontinuierliche Kocherei Blastank Laugenrückführung Regenerierung Knotenfänger Ästezellstoff zur seperaten Aufbereitung Sortierung Feinsortierung Rejekt Wäsche Abwasser Ablauge Zellstoff IA235DB19 Abbildung 2-2 Schema der Sulfatzellstoffherstellung ATEMIS 2-4

2. Rohstoffe und Rohstofferzeugung Bei der Sulfitzellstoffherstellung wird zwischen dem diskontinuierlichen Kalziumbisulfitverfahren (Abbildung 2-3) und dem kontinuierlichem Magnesiumbisulfit- und Magnafiteverfahren unterschieden. Kalkstein H 2 O Absorptionsturm SO 2 Gaskühler SO 2 SO 2 Primärsäurebehälter Schwefelofen Schwefel Sekundärsäurebehälter Kocher Entgasen Entgasen Ausblastank Nebenprodukte Absäure Eindampfung Abwasser Kondensat (Abwasser) Ästesortierung Abwasserreinigung Verbrennung Dampf Rejekt Abgas Feinsortierung H 2 O Eindickung Bleiche IA235DB18 Abbildung 2-3 Schema des Kalziumbisulfitverfahrens ATEMIS Bei Kalziumbisulfitverfahren handelt es sich bei der Kochsäure um ein Gemisch aus schwefeliger Säure (H 2 SO 3 ) und Kalziumbisulfit (Ca(HSO 3 ) 2 ). Das Kochen der Hackschnitzel erfolgt in mehreren Schritten. Zuerst werden die Schnitzel ca. 2-3 Stunden bei bis zu 110 C vorgekocht, anschließend wird ein Teil (zwischen 25 und 50%) der Kochsäure abgezogen, daruffolgend die Schnitzel bei 130-150 C und 3-6 bar 2-5

2. Rohstoffe und Rohstofferzeugung weitergekocht. Die Dauer dieses Kochschritts leigt bei 1-4 Stunden, kann, abhängig von der gewünschten Qualität des Zellstoffs, aber auch deulich darüber liegen. Die entstehende Ablauge kann durch Vergärung zu Äthylalkohol umgestzt werden. Die kontinuierlichen Magnesiumbisulfit- und Magnefiteverfahren unterscheiden sich durch die verwendete Kochsäure. Der Einsatz von Magnesiumbisulfit als Kochsäure zeichnet sich dadurch aus, dass in der Lösung freies SO 2 vorhanden ist, der ph-wert liegt bei 1,5. Die Magnefitkochsäure enthält hingegen kein freises SO 2. ihr ph-wert liegt im Bereich zwischen 4 und 5. Im Vergleich zum Kalziumbisulfitverfahren gibt es zwei wesentliche Unterschiede. Die Base MgO und ihre Salze sind leichter löslich als die entsprechenden Kaliumsalze. Dadurch kann man mit den leicht löslicheren Basen inweiteren Ph-Bereichen kochen und beachtliche Qualitätsverbesserungen in bezug auf die Festigkeiten erzielen. Ein weiterer Unterschied liegt in der Möglichkeit, Magnesiumbisulfit leicht in MgO und SO 2 zu zerlegen, und so eine wirtschaftliche Chemikalienrückgewinnung betreiben zu können. Der Kochprozess selbst läuft kontinuierlichen zwischen 80-170 C ab, er kann drucklos oder bei Drücken bis zu 12 bar betrieben werde. Die Dauer des Kochprozesses liegt bei 3 Stunden. Allen Prozessen ist gemein, dass die jeweiligen Verbräuche nicht pauschal benannt werden können. Sie sind abhängig von der Art des hergestellten Zellstoffs, seiner Qualität, und dem eingesetzten Holz (Lauboder Nadelhölzer, Harzgehalte, etc.). Die Zellstoffe werden in der Regel nach dem Aufschluss noch weiter aufgearbeitet, sie werden mittels Sieben oder Zellenfiltern von der Kochflüssigkeit getrennt, zerfasert und grobe Reste bzw. Verunreinigungen werden aussortiert. Anschließend wird der Zellstoff häufig gebleicht, d.h. sein Weißgrad wird erhöht, entwässert, getrocknet und zu Ballen verpresst. Handelt es sich um eine integrierte Papierfabrik, so kann das Entwässern und Pressen des Zellstoffs entfallen und dieser wird direkt als Flüssigkeit weitergepumpt zum anschließenden Verarbeitungsschritt. 2.2.2.2 Holzstofferzeugung Im Gegensatz zur Zellstofferzeugung verläuft der Holzaufschluss bei der Holzstofferzeugung hauptsächlich mechanisch. Es gibt jedoch auch hier unterschiedliche Verfahren, die verschiedene Splittergehalte mit unterschiedlichen Anteilen an Lang-, Kurz- und Feinstoffen liefern. Generell spricht man vom Fein-, Normal- und Grobschliff. Konventionell wird das Holz zwischen Steinwalzen unter zu Hilfenahme von Wasser geschliffen, man spricht vom Steinschliff. Die Sortierung geschieht über Siebe / Zyklone. Geschieht das Schleifen unter Druck (1-2 bar), so spricht man vom Druckschliff, einer Weiterentwicklung des Steinschliffs. Wird das Holz unter Druck gedämpft und die Faserbindung so angelöst, so handelt es sich um den sog. Braunschliff oder chemischen Schliff. Das Dämpfen färbt die Fasern jedoch irreversibel braun. Sehr verbreitet sind weiterhin der Refinerholzstoff (RMP bzw. CRMP) und der thermomechanische Holzstoff (TMP). Bei der Herstellung von RMP-Holzstoff werden die Hackschnitzel mit Scheibenrefinern 2-6

2. Rohstoffe und Rohstofferzeugung gebrochen und gemahlen. Beim TMP findet zusätzlich zur Mahlung mit Scheibenrefinern eine thermische Vorbehandlung des Holzes (Dämpfung) statt. Findet eine chemische Behandlung statt, so handelt es sich um CRMP- bzw. CTMP-Holzstoff. 2.2.3 Altpapieraufbereitung Die Altpapieraufbereitung verläuft im wesentlichen in vier Schritten. Das Altpapier wird unter Zugabe von (Rücklauf-)Wasser in einem Pulper aufgelöst, spinnende Teile ( Zopf ) werden dabei entfernt und der Gutstoff verlässt den Pupler über ein Sieb. Anschließend erfolgt eine Sortierung des Gutstoffes im Zentrifulgalsortierer (Rohrschleuder), der Gutstoff wird der Anlage tangential zugeführt und mittels der Druckdifferenz zwischen Ein- und Austritt der Anlage als treibende Kraft findet die Sortierung des Stoffes statt. Das darauf folgende Zerfasern und Eindicken des Stoffes wird in der Regel mit Rücklaufwasser durchgeführt, eine Zufuhr von Frischwasser kann die Qualität des aufbereiteten Altpapiers verbessern. Ein weiterer häufiger Arbeitsschritt bei der Aufbereitung von Altpapier ist das Deinking. Beim Deinking wird die Druckfarbe aus dem Papier entfernt. Prinzipiell gibt es zwei Verfahren zur Entfernung der Farbe, das Wasch- und Flotationsprinzip, in Europa ist das Flotationsprinzip verbreiteter. Hier wird die Druckfarbe chemisch bei ca. 50 C aus dem Papier entfernt und aufgeschwemmt, d.h. flotiert. Anschließend wird das Fasergemisch eingedickt, falls erforderlich neutralisiert und ggf. gebleicht. Der Vorteil des Flotationsprinzips liegt in der höheren Ausbeute und der Möglichkeit, Wasserkreisläufe zu schließen. 2-7

3. Papiererzeugung 3 Papiererzeugung 3.1 Inhaltsstoffe des Papiers Im vorangegangen Kapitel wurde erläutert, wie die Faserstoffe, aus denen das Papier hergestellt wird, erzeugt werden. Das Papier besteht jedoch nicht ausschließlich aus den Faserstoffen, sondern ebenfalls aus einer Vielzahl von Hilfsstoffen, die bei der Produktion zugegeben werden, um bestimmte Eigenschaften des Papiers überhaupt zu ermöglichen. 3.1.1 Wasser und Entwässerungsmittel Wichtigster Hilfsstoff und zu Beginn des Prozesses der Papierherstellung überwiegend vertreten, ist das Wasser. Sein Anteil liegt am Eingang der Papiermaschine häufig über 99%. Ohne Wasser könnte kein Blatt aus den Faserstoffen gebildet werden, das Verhältnis von Wasser zu Faserstoff bildet das Grundprinzip der Papierherstellung. Papierfasern bestehen aus Celluloseketten, die an ihrer Oberfläche viele Hydroxyl-Gruppen (OH- Gruppen) besitzen. Diese OH-Gruppen besitzen dem Wasser recht ähnliche Eigenschaften und bilden deshalb zusammen mit dem Wasser sogenannte Wasserstoffbrücken aus (Abbildung 3.1). Durch die Bildung dieser Wasserstoffbrücken werden die einzelnen Fasern, die sich aufgrund ihrer ähnlichen Beschaffenheit (negative Partialladung) abstoßen, näher zusammen gebracht und zusammengehalten. Die Festigkeit entsteht somit und wird mit schwindenem Restwassergehalt stark ansteigen. Es entstehen während der Trocknung kürze Abstände zwischen den Fasern, die gleichzeitig schrumpfen, und somit auch mehr Wasserstoffbrücken, die die Festigkeit weiter steigern. Während der Blattbildung werden ca. 90% des eingebrachten Wassers entfernt, die oben erwähnten Abstoßungskräfte der Fasern müssen während dieses Vorganges überwunden werden. Dies ist in Anbetracht der Kürze der Zeit (1/10 Sekunde), die für den Entwässerungsvorgang zur Verfügung steht, nur unter Einsatz von Entwässerungs- und Retentionsmitteln zu erreichen. Entwässerungsmittel beschleunigen die eigentliche Entwässerung des Faser-Wasser-Gemisches, Retentionsmittel halten Fest- und Füllstoffe auf der Faseroberfläche fest. Um die Fasern aneinander zu bringen und kleine Teilchen an das Blatt zu binden, müssen entweder Ladungen neutralisiert werden (es muss eine örtliche Umladung stattfinden) oder es müssen Brücken gebildet werden. 3-1

3. Papiererzeugung O H H H O O H H H O IA235AA01 Abbildung 3.1 Wasserstoffbrücken ATEMIS 3.1.2 Leimung von Papier Ziel der sog. Leimung von Papier ist die Verbesserung der Beschreibbarkeit und der Strichbindung an die Oberfläche des Rohpapiers. Hierzu müssen die Faserkapillare wasserabstoßend gemacht werden. Leimungsmittel müssen aus einem polaren und einem unpolaren Teil bestehen, um eine Anbindung an die Faseroberfläche mit dem polaren Teil zu erreichen. Die Leimung kann auf zwei verschiedene Arten geschehen, nur an der Blattoberfläche als Oberflächenleimung oder fein verteilt im Faserstoff als sogenannte Masseleimung. Generell existieren drei verschiedene Arten der Leimung: die Leimung mit Tierleim, die heute allerdings nur noch selten bei speziellen Wertpapieren Anwendung findet, die Harzleimung unter Zuhilfenahme von Aluminiumsulfat, die eine Sinterung erfordert, sowie synthetische Leimungsmittel, die mit der OH-Gruppe reagieren. 3.1.3 Nassfeste Papiere Papier enthält im fertigen Zustand eine Restfeuchte von 3 10 %. Nassfestigkeit bedeutet nicht, dass die Papiere wasserabstoßend sind, sondern dass sie im feuchten Zustand ihre Festigkeit durch Aufrechterhaltung der Bindung beibehalten. Beispiele hierfür sind insbesondere Sackpapiere, Küchenpapiere, Papierhandtücher etc.. Die Nassfestigkeit eines Papieres hat nichts mit der Leimung eines Papieres zu tun. So gibt es nassfeste Papiere, die geleimt sind (Landkartenpapier, Fotopapier), als auch ungeleimtes, nassfestes Papier (Hygienepapier). Für die Nassfestigkeit eines Papieres werden Polyäthyleniminharze oder Mischpolymere eingesetzt, die um die Fasern herum Käfige bilden und so die Festigkeit des Papieres bei Kontakt mit Wasser aufrecht erhalten können. 3.1.4 Farbstoffe Papier ist nach der Herstellung nicht zwangsläufig weiß, sondern kann verschiedene natürliche Farbtonabweichungen besitzen. Um spezifische Farbtöne herzustellen, ist es notwendig, weißes Papier nuanciert zu färben. Hierbei werde kleine Farbmengen direkt vor der Blattbildung in der Stoffauflauf der Papiermaschine gegeben. Generell unterscheidet man zwei Methoden, Papier zu färben: Das Färben in der Masse 3-2

3. Papiererzeugung und das Färben in der Oberfläche. Beim Färben in der Masse werden die Farbstoffe bereits in der Bütte vor der Papierbildung zugegeben, beim Oberflächenfärben werden die dispergierten Farbstoffe in einem Walzenspalt (z.b. in der Leimpresse), durch Bedrucken im Tiefendruck oder durch Zufügen von Farbstoffen beim Streichen zugegeben. Weiterhin wird zwischen basischen und saueren Farbstoffen unterschieden. Basische Farbstoffe werden aufgrund ihrer positiv geladenen Oberfläche gut an die Faser gebunden, saure Farbstoffe benötigen hingegen wegen ihrer negativen Oberflächenladung ein Fixiermittel, um an die Faseroberfläche gebunden werden zukönnen. Optische Aufheller verschieben die Wellenlänge des UV-Lichtes in den sichtbaren (blauen) Bereich und lassen somit die Papiere weißer erscheinen. Sie können wie die übrigen Farbstoffe in der Masse, in der Oberfläche oder beim Streichen aufgebracht werden. 3.1.5 Füllstoffe Um die Porenstruktur des Papiers aufzufüllen, werden Füllstoffe eingesetzt. Sie sind größtenteils mineralischen Ursprungs und besitzen eine Dichte, die höher liegt als die der Fasern. Durch die Zugabe von Füllstoffen werden die Undurchsichtigkeit und die Beschreibbarkeit des Papiers erhöht, häufig muss eine Verminderung der Festigkeit in Kauf genommen werden. Vorteil des Einsatzes von Füllstoffen ist, dass sie billiger sind als der gebleichte Zellstoff. 3.2 Papier- und Kartonmaschinen Bei der Papierherstellung wird generell unterschieden zwischen einem Büttenteil oder der Stoffaufbereitung, dem Konstantteil, der eigentlichen Papiermaschine sowie nachgeschalteten Verarbeitungsschritten. 3.2.1 Konstantteil Alle Anlagenteile und Rohrleitungen zwischen Misch- und Maschinenbütte und dem Stoffauflauf der Papiermaschine werden unter dem Begriff Konstantteil zusammengefasst. Nachdem die Roh- und Hilfsstoffe in der Stoffaufbereitung gemahlen, gemischt und auf eine Stoffdichte von 3,5 5% gebracht wurden, müssen sie weiter sortiert und verdünnt werden. Die Verdünnung erfolgt bis auf eine Stoffauflaufdichte von 0,2 bis 1,4%, die nicht nur zur Blattbildung notwendig ist, sondern auch den Vorteil bietet, eine weitere Aussortierung von Verunreinigungen zu ermöglichen. Der Konstantteil hat folgende Hauptaufgaben zu erfüllen: - Einstellen und konstant halten der richtigen Stoffdichte im Stoffauflauf - Reinigen des Stoffes, Entfernen von Verunreinigungen - Mischung von Faserstoffen und Hilfsstoffen - Regelung der Mengen und Strömungsgeschwindigkeiten des Faserstoffes Die Verdünnung der Fasersuspension und Einstellung der Stoffdichte erfolgt entweder batchweise in der Bütte bis auf den gewünschten Wasseranteil oder kontinuierlich in einem Mischbehälter (Schnellmischer) oder in der Rohrleitung. Vorteilhaft bei der kontinuierlichen Mischung sind die geringere erforderliche 3-3

3. Papiererzeugung Anzahl an Bütten, Pumpen und Rohrleitungen sowie die kürzere Reaktionszeit bei erforderlichen Korrekturen. Im Mischbehälter werden häufig die Hilfsstoffe zugesetzt. Anschließend läuft die Fasersuspension der Maschinenbütte zu. Es werden häufig zwei Bütten eingesetzt, um eine Entkopplung des Prozesses z.b. bei Umstellungen zu erreichen. Anschließend wird noch ein Niveaubehälter eingesetzt, der die Aufgabe hat, das Stoffgemisch weiter zu homogenisieren und konstant zu halten. Der Vordruck unterliegt keinen Schwankungen durch den Einsatz des Behälters, des weiteren werden Lufteinschlüsse entfernt und Pulsationen so gedämpft. Zum Verdünnen des Fasergemisches wird Wasser eingesetzt, das in der Siebpartie kurz zuvor aus dem Blatt entfernt wurde. Dieses Wasser enthält noch mitgenommene Feinstoffe und wird dem sogenannten Siebwasserturm zugeleitet und dort direkt mit Dickstoff gemischt und dem Stoffauflauf zugeführt. Man unterscheidet bei dem entnommen Siebwasser zwischen dem Siebwasser 1, das wie oben beschrieben verwendet wird, und dem Siebwasser 2, das als Ergänzung zum Siebwasser 1 oder zu Reinigungszwecken eingesetzt werden kann. Unterschiedlich ist der Feinfasergehalt der Wässer. Zu Beginn der Entwässerung gelangen noch mehr Feinfasern in das Wasser, bevor sich durch die Fasern selber eine Art Filter auf dem Sieb gebildet hat, der dieses Durchrutschen der feinen Partikel verhindert. Die im Siebwasser 2 enthaltenen Feinstoffe müssen entfernt werden, da sie sonst die Spritzdüsen, die zur Reinigung von Filzen und Sieben eingesetzt werden, zu verstopfen drohen. Häufig wird ein Feinstoffgehalt von 50 100 mg/l noch akzeptiert. Um diesen Feinstoffgehalt zu erreichen, muss das Wasser behandelt werden, dies kann prinzipiell mittels Filtration oder Flotation geschehen. Bei der Filtration kommen häufig Scheibenfilter zum Einsatz, bei denen jedoch eine Filterhilfsschicht, der sog. sweetener, erforderlich ist. Dem Siebwasser werden zu diesem Zweck vor der Filtrationen längere Fasern zugegeben, die zuerst eine Filterschicht auf die Oberfläche des Filters legen und so die Trenneigenschaften verbessern. Bei Papieren mit einem hohen Füllstoffgehalt wird häufig das Verfahren der Flotation angewandt, dem zu reinigenden Siebwasser wird ein Flockungshilfsmittel (FHM) zugegeben, anschließend wird Luft eingeblasen, die die agglomerierten Feinstoffe an die Oberfläche trägt. Die aufgeschwemmte Schicht, das Flotat, kann der Mischpumpe oder dem Mischrohr wieder zugeführt werden. In der Abbildung 3.2 ist ein Blockschema des Siebwassers dargestellt. 3-4

3. Papiererzeugung IA235AA02 Abbildung 3.2 Blockfließbild Siebwasser ATEMIS Wie eingangs erwähnt, besteht eine der Hauptaufgaben des Konstantteils darin, Verunreinigungen aus dem Papierstoff zu entfernen. Hierzu werden verschiedene Reinigungsstufen, die Cleaneranlagen eingesetzt. Sie nutzen die Dichteunterschiede zwischen den Verunreinigungen und dem Papierstoff oder die verschiedenen Oberflächenstrukturen als treibende Kräfte bei der Sortierung. Cleaneranlagen sind als Kaskadenschaltung ausgeführt und besitzen in der Regel drei bis vier Stufen. Die Anzahl der Stufen hängt von den Anforderungen bezüglich der Reinheit, der Stoffdichte und den Produktionsmengen ab. In mehrstufigen Anlagen wird die Qualität der Sortierung durch die erste Stufe bestimmt, der Wirkungsgrad der Gesamtanlage ergibt sich durch die Trennung der Fasern in den nachfolgenden Stufen. Abhängig von den Druckunterschieden und der Öffnung an der Rejektseite ( Schlechtstoff ) der Cleaner findet eine Eindickung des Rejektes statt, die den Faktor vier des Eingangsstoffes erreichen kann. Zwischen den einzelnen Stufen wird meist eine verringerte Einlaufstoffdichte eingestellt. Die Verdünnung findet über das Siebwasser statt, und ist abhängig von der Konsistenz des Siebwassers. Für die Trennung in der dritten und vierten Stufe wird überwiegend Siebwasser 2 eingesetzt. Ein Schema einer dreistufigen Cleaneranlage ist in der Abbildung 3.3 dargestellt. 3-5

3. Papiererzeugung Leichtstoffrejekt zur Nachsortierung Gutstoff 1. Stufe Gutstoff 2. Stufe 2. Stufe 3. Stufe Dickstoff Rejektomat Sammelleitung Siebwasser 2 schweres Rejekt Mischpumpe Pumpe 2. Stufe Pumpe 3. Stufe Verdünnungswasserpumpe Siebwasserturm IA235AA06 Abbildung 3.3 Schema einer dreistufigen Cleaneranlage ATEMIS Eine weitere Aufgabe des Konstantteils besteht darin, Luft aus der Fasermischung zu entfernen. Luft fördert die Verschmutzung im System, erhöht die Empfindlichkeit für Pulsationen verzögert die Entwässerung und verursacht kleine Löcher, Pinholes, im Papier. Luft kann generell auf drei Arten in Fasersuspensionen und Wasser enthalten sein: 1. als freie Luftbläschen 2. als kleine Luftbläschen an der Faseroberfläche 3. als gelöste Luft im Wasser Freie Luft ist in der Suspension sichtbar und verlässt diese laufend, die Luft, die an den Fasern angelagert ist, verringert die Sinkgeschwindigkeit der Fasern und beeinflusst so die Blattbildung negativ. Beiden Formen des Lufteinschlusses kann durch konstruktive Maßnahmen zumindest teilweise begegnet werden. Bei schnell laufenden Papiermaschinen gewinnt hingegen die im Wasser gelöste Luft zunehmend an Bedeutung. Mit höherem Druck steigt die Löslichkeit der Luft im Wasser. Da die Drücke im System mit dem Quadrat der Geschwindigkeit steigen, und zusätzlich aus verfahrenstechnischer Sicht Druckgefälle gegen die Flockung eingesetzt werden, ist die Entfernung der gelösten Luft eine wichtige Aufgabe. Sie kann entfernt werden durch die Zugabe von Chemikalien, die die Oberflächenspannung erhöhen, Entlüftung in der Cleaneranlage oder eine Vakuumentgasung in einer Deculatoranlage. Viele schnell laufende Papiermaschinen verfügen im Konstantteil über diese Verfahrenstechnik. Sie besteht aus einem mehrstufigen Cleanersystem, bei dem die ersten beiden Stufen gutstoffseitig an einen unter Vakuum stehenden Behälter angeschlossen sind. Die Fasersuspension wird in diesem Behälter versprüht, um einen schnelle und möglichst vollständige Entlüftung zu erreichen. Die Deculatoranlage wird nach Möglichkeit ca. 12 m 3-6

3. Papiererzeugung über dem Stoffauflauf der Papiermaschine aufgestellt. So wird eine nahezu vollständige Entlüftung des Stoffs erreicht. Eine Deculatoranlage erfordert zwar einen höheren Energieeinsatz als eine herkömmliche Cleaneranlage, ist jedoch auch wesentlich effektiver in der Entlüftung. 3.2.2 Papiermaschine Die Papiermaschine hat die Aufgabe, aus der Faser-Wasser-Suspension mit Wassergehalten über 99% ein herkömmliches Blatt Papier zu machen. Sie übernimmt dabei die Aufgabe der Blattbildung, Entwässerung und Trocknung sowie gegebenenfalls der Oberflächenbehandlung des Papiers. Gemäß ihrer jeweiligen Aufgabe kann sie in verschiedene Teilbereiche aufgegliedert werden, die im folgenden näher vorgestellt werden sollen. 3.2.2.1 Stoffauflauf Nach der Verdünnung, Reinigung und Sortierung muss die Stoffsuspension aus Wasser, Fasern und Hilfsstoffen gleichmäßig in Bahnbreite und Länge der Siebpartie und somit dem Blattbildungsteil zugeführt werden. Dies ist ein entscheidender Schritt der Papierherstellung, da es anschließend keine Korrekturmöglichkeiten mehr gibt. Abhängig von der gewünschten Faserausrichtung muss die Geschwindigkeit, mit der die Stoffsuspension den Stoffauflauf verlässt, der Geschwindigkeit des Siebes angepasst werden. Ist die Geschwindigkeit der Suspension z.b. geringer als die des Siebes, so wird die Faser durch das Sieb mitgezogen und erhält eine Orientierung in Längsrichtung. Abhängig von der gewünschten Eigenschaft des hergestellten Papiers oder Kartons sind verschiedene Einstellungen, die verschiedene Eigenschaften des Papiers zufolge haben, denkbar. Ursprünglich bestand der Stoffauflauf aus einem hölzernen Kasten, bei dem über Staulatten die Geschwindigkeit, mit der die Fasersuspension auf die Siebpartie trifft, eingestellt werden konnte. Heute sind zwei verschiedene Konstruktionen des Stoffauflaufs gebräuchlich, der Lochwalzenstoffauflauf oder Luftpolsterstoffauflauf, der eine Weiterentwicklung des Holzkastenstoffauflaufes darstellt, und der hydraulische Stoffauflauf. Die Anwendungsgebiete der Stoffaufläufe sind verschieden, gleich sind die Anforderungen, die an einen Stoffauflauf gestellt werden: - Pulsationen, die Flächengewichtsschwankungen verursachen können, müssen gedämpft werden - Es muss eine gleichmäßige Verteilung der Stoffsuspension gewährleistet sein - Am Stoffauflauf müssen über eine verstellbare Austrittsöffnung verschiedene Flächengewichte einstellbar sein. Die Zufuhr zum Stoffauflauf geschieht über Rohrleitungen, in denen Strömungsgeschwindigkeiten bis zu 4m/s eingestellt werden. Mit zu geringen Geschwindigkeiten geht eine erhöhte Verschmutzungsgefahr einher, zu hohe Geschwindigkeiten bergen die Gefahr von Flächengewichtsschwankungen aufgrund von unerwünschten Turbulenzen. Um eine gleichmäßige Verteilung sicherzustellen, ist es erforderlich, dass die Geschwindigkeit- und Druckverhältnisse über die gesamte Stoffbahnbreite identisch sind. Aus diesem Grund sind Stoffaufläufe wie in Abbildung 3.4 dargestellt, aufgebaut. 3-7

3. Papiererzeugung Zufuhr Stoffauflauf Rohrverteiler Querstromverteiler Rücklauf IA235AA03 Abbildung 3.4 Schematische Darstellung des Stoffauflaufs ATEMIS Die konische Verjüngung sorgt für eine gleichmäßig aufgebautes Geschwindigkeits- und Druckprofil, der Druck wird über eine Klappe in der Rücklaufleitung eingeregelt. Um die Fasern gleichmäßig verteilt auf das Sieb aufzubringen, und so ein gutes Papierblatt zu bilden, werden im Stoffauflauf Turbulenzen erzeugt, damit eine Flockenbildung verhindert werden kann. Dies geschieht über Ausnutzung von Wandreibung in Rohren, plötzliche Veränderung der Strömungsgeschwindigkeit über Diffusoren oder durch Einbringung von gezielten Strömungsstörungen mittels rotierender Elemente oder Lamellen. Die letzte Regelmöglichkeit des Stoffauflaufs bevor es zur Blattbildung kommt, ist die verstellbare Blende. Hier wird die Verteilung, die Ausströmgeschwindigkeit mittels Druck über die Größe der Blendenöffnung geregelt. Höhere Geschwindigkeiten benötigen wegen der oben erwähnten Proportionalität im Quadrat entsprechend höhere Drücke. Spricht ein Papiermacher über mehr (oder weniger) Wasser führen, korrigiert er die gesamte Blendenöffnung des Stoffauflaufs. 3.2.2.2 Blattbildung / Siebpartie Auf der Papiermaschine wird die Faser-Wasser-Suspension zu einem Blatt geformt. Im ersten Teil der Maschine nach dem Stoffauflauf wird die Masse auf ein umlaufendes Sieb (Langsieb oder Siebzylinder) gegeben, wo ihm ein großer Teil des Wassers entzogen wird. Am Ende der Siebpartie stehen Trockengehalte zwischen 15 und 25 %. Bei der Blattbildung werden eine Vielzahl wesentlicher Papier- oder Kartoneigenschaften festgelegt und können nicht mehr beeinflusst werden. Auf dem Sieb treten, abhängig von der Bewegungsfreiheit der Fasern in der Suspension, zwei verschiedene Stadien der Entwässerung auf: Filtration und Eindickung. Bei der Filtration tritt bei der Entwässerung ein scharfer Übergang zwischen der auf dem Sieb gebildeten Fasermatte und der sich darüber befindlichen Suspension auf. Die Stoffkonzentration in der flüssigen Phase ist weitgehend konstant und die Fasern können sich frei zueinander bewegen. Bei der Eindickung ist der Übergang zwischen Faserschicht auf dem Sieb und Suspension kontinuierlich, es besteht keine scharfe Grenze. Die Konzentration nimmt zu den obenliegenden Schichten hin ab, die Fasern sind in der Suspension nicht frei beweglich. 3-8

3. Papiererzeugung Das Wasser wird aus allen Schichten gleichmäßig abgeführt. Generell treten beide Mechanismen auf, der Aufbau der meisten Papiere lässt jedoch darauf schließen, dass der Mechanismus der Filtration vorherrschend ist. Die Fasern verteilen sich gleichmäßiger über das Vlies, eine Auswirkung dessen, dass das abfließende Wasser den Weg des geringsten Widerstandes wählt, d.h. dort abläuft, wo die Fasermatte am dünnsten ist. Die Regelmäßigkeit des Blattaufbaus wird durch eine höhere Feststoffkonzentration in der Suspension und eine geringere Beweglichkeit der Fasern verschlechtert. Nach dem Verlassen des Stoffauflaufs tritt die Oberseite der Suspension mit der Luft in Kontakt, während die Unterseite auf das Sieb trifft. Sofort beginnt der Vorgang der Entwässerung, bei dem zuerst die längeren Fasern vom Sieb zurückgehalten werden und, mit fortschreitender Dauer der Entwässerung, die kürzeren Fasern. Der Gehalt an kurzen Fasern steigt im Blatt also von unten nach oben an, das Blatt ist auf der Unterseite gröber und schlechter bedruckbar. Zusätzlich lässt die Struktur des Siebes, d.h. die begrenzte Anzahl von Öffnungen, durch die das Wasser nur abfließen kann, keine Entwässerung mit geringer Strömungsintensität zu. Als Folge bildet sich die Struktur des Siebes auf der Unterseite des Blattes ab. Generell tritt bei heutigen Papiermaschinen das Problem auf, dass der Suspension nicht die zur natürlichen Entwässerung notwendige Zeit zur Verfügung steht. Gesetzt den Fall, Zeitungspapier sollte mittels natürlicher Filtration entwässert werden, so müsste hierfür eine Zeit von ca. 10 Minuten vorgesehen werden. Ein Sieb mit einer üblichen Länge von 10 Metern könnte also mit einer Geschwindigkeit von 1 Meter / Minute laufen. Herkömmliche Langsiebpapiermaschinen laufen mit Geschwindigkeiten von 1200 m / Minute, bei einer Sieblänge von 12 m beträgt die Filtrationszeit ca. 0,6 Sekunden. Dieser gewaltige Unterschied muss durch Maßnahmen überbrückt werden, die die Filtrationsgeschwindigkeit erhöhen. Dies geschieht in der Regel durch Druckerhöhung: mechanisch, hydrodynamisch oder hydrostatisch. - Mechanisch wird der Druck durch einen sog. Egoutteur erhöht, einer Anpresswalze auf der Oberseite der Siebpartie. Durch den zusätzlichen Druck, der auf die Fasermatte ausgeübt wird, erhöht sich die Entwässerungsgeschwindigkeit des Blattes. Häufiger wird heutzutage mechanischer Druck durch ein Gegensieb, das Obersieb, ausgeübt, das eine Entwässerung der Oberseite des Blattes ermöglicht. An das Obersieb wird ein Vakuum angelegt, das das Wasser aus dem Blatt absaugt, oder es werden durch die spezielle Art der Blattführung Radialkräfte für die Entwässerung genutzt. - Die hydrodynamische Steuerung der Entwässerung beruht auf der Umwandlung von kinetischer in Druckenergie. Dies geschieht mittels zwei verschiedener Techniken. Entweder wird die Umkehrung von Über- in Unterdruck in der Suspension an einer rotierenden Registerwalze genutzt, oder es werden sogenannten Foils, eine Leiste, die die Siebpartie unterstützt, eingebaut, an denen das Wasser aus der Suspension abgestreift wird. Foils müssen dabei äußerst vorsichtig eingesetzt werden, da die Gefahr besteht, dass an ihnen die Strömung abreißt, wenn sie zu steil eingestellt sind. Bei schnell laufenden Papiermaschinen sind Winkel von 0 bis 0,5 üblich. Auch hier ist das Anlegen eines Unterdrucks am Foilkasten zur Unterstützung der Entwässerung möglich. 3-9

3. Papiererzeugung - Nasssaugkästen stellen die hydrostatische Art der Entwässerung dar. Unterhalb des Siebes sind Kästen angebracht, an denen ebenfalls ein Vakuum anliegt, über das die Fasersuspension schneller entwässert werden kann. 3.2.2.3 Pressen Nach der Blattbildung muss das Papierblatt weiter entwässert und verdichtet werden. Aufgrund des hohen Filtrationswiderstandes kann der Trockengehalt im Blatt nur durch mechanischen Druck weiter gesteigert werden. In der Pressenpartie, die sich der Siebpartie anschließt, drücken mehrere rotierende Walzen das Wasser aus der Suspension heraus. Das Wasser wird von einem Filz aufgenommen und abtransportiert. Die Pressenpartie bestimmt neben einigen Papiereigenschaften vor allen Dingen den Wirkungsgrad des Prozesses. Der Energiebedarf für die Entfernung des Wassers nimmt vom Stoffauflauf bis zur Aufrollung der Papierbahn progressiv ansteigend zu. Ca. 95% des Gesamtenergiebedarfs einer Papiermaschine werden benötigt, um nur 2% der zulaufenden Wassermenge aus der Fasersupension zu entfernen. Diese Energie wird als Wärmeenergie in Form von Dampf in der Trockenpartie zur Verfügung gestellt. Eine Erhöhung des Trockenanteils um 1% durch mechanisches stärkeres Anpressen in der Pressenpartie senkt den Energiebedarf in der Trockenpartie um 5%. Der Druck in der Pressenpartie wird von Walze zu Walze gesteigert, da das Papier nach Verlassen der Siebpartie noch so viel Wasser enthält, dass nicht direkt hohe Pressdrücke angewendet werden können. Der Trockengehalt des Papieres nach dem Verlassen des Pressenteils ist gekennzeichnet durch den Pressimpuls, dem Wasserrückhalt der Fasern und dem Verhalten des Blattes unter Druck (Strukturwiderstand). Durch das Pressen des Blattes können am Ende der Pressenpartie Trockengehalte von 50 55% erreicht werden. Oft ist der tatsächliche Trockengehalt geringer, um die Qualitätseigenschaften des Papieres zu verbessern. 3.2.2.4 Trocknung Das im Papier nach der Pressenpartie verbliebene Wasser muss anschließend bis auf die Endrestfeuchte von 2 10 % (je nach Papierart und verwendungszweck) entfernt werden. Dies geschieht mittels thermischer Energie im Trockenteil der Papiermaschine durch Verdampfung des Wassers. Die Trocknung folgt den Gesetzen von Wärme- und Stoffaustausch, wobei bei der Trocknung von Papier erschwerend hinzukommt, dass es aufgrund seiner hygroskopischen Eigenschaften schrumpft. Die endgültige Festigkeit des Papieres wird erst bei Restfeuchtigkeiten <10% erreicht. Während des Trocknungsvorganges laufen im Papier zwei gegensätzliche Mechanismen ab: einerseits der Wärmetransport von der Oberfläche ins Innere des Papieres, andererseits der Abtransport des Wassers aus dem Inneren des Papieres an die Oberfläche und in ein Feuchtigkeit abtransportierendes Medium. Die Zufuhr der Wärme erfolgt entweder über den direkten Kontakt beheizter Trockenzylinder mit dem Papier (Kontakttrocknung), durch Konvektion über erwärmte Luft oder durch Strahlungswärme von Infrarotstrahlern, bei denen die Energie erst im Papierblatt in Wärme umgesetzt wird. 3-10

3. Papiererzeugung Am verbreitetsten ist die Kontakttrocknung. Die Papierbahn wird über mit Dampf beheizte Zylinder geführt und so an der Zylinderoberfläche getrocknet. Der Sattdampf kondensiert dabei im Inneren der Zylinder, das Kondensat wird abgeführt und im Kesselhaus wieder in Dampf umgewandelt. Die Papierbahn wird schleifenförmig durch die Maschine geführt und kommt abwechselnd mit ihrer Ober- und Unterseite mit den Trockenzylindern in Kontakt. Sie wird dabei von sogenannten Trockensieben gegen die Zylinder gepresst, um einen möglichst guten und gleichmäßigen Wärmeübergang zu ermöglichen. Die Trocknung des Papiers verläuft in vier Schritten (Abbildung 3.5). Am Anfang berührt die Papierbahn nur den Trockenzylinder und wird noch nicht vom Trockensieb erfasst. In der zweiten Phase der Trocknung drückt das Trockensieb die Bahn an den Zylinder und die Papierbahn wird durch den direkten Kontakt mit dem Zylinder schnell aufgewärmt. Die Temperatur des Papieres steigt an, eine erste Verdampfung findet durch das Trockensieb hindurch statt. In dem nun folgenden, dem dritten Trocknungsabschnitt, trennt sich das Trockensieb wieder vom Papier, das Papier wird aber noch auf dem Zylinder mitgeführt. Es wird weiterhin Wärme übertragen, auf der offenen Seite des Papieres findet eine intensive Verdunstung des Wassers statt. In der letzten Phase löst sich die Papierbahn von dem Zylinder, die Verdunstung findet auf beiden Seiten des Papieres statt, die Temperatur im Papier sinkt. 2 1 3 4 Papiertemperatur Verdampfungsleistung 1 2 3 4 IA235DB04 Abbildung 3.5 Verdampfung an einem Trockenzylinder ATEMIS 3-11

3. Papiererzeugung Neben dem Trocknungsverlauf auf einem einzelnen Zylinder ist in der Abbildung 3.6 der Trocknungsverlauf über die gesamte Trockenpartie dargestellt. Verdampfungs- bzw. Trocknungsgeschwindigkeit Aufwärmphase 1. Trocknungsabschnitt konstante Verdampfung Zeitablauf kritischer Trockengehalt 2. Trocknungsabschnitt Abnahme der Verdampfung Knickpunkt Zeitablauf Endtrocknung 3. Trocknungsabschnitt Trockengehalt IA235DB03 Abbildung 3.6 Trocknungsverlauf über die Trockenpartie ATEMIS Auch hier kann die Trocknung in vier Phasen unterteilt werden. Der Aufwärmphase des Papiers schließen sich drei Trocknungsphasen an. Die erste ist durch eine konstante Verdampfung des Wassers bis zum kritischen Trockengehalt gekennzeichnet, während der zweiten Trocknungsphase nimmt die Verdampfung stetig ab, das Papier beginnt zu schrumpfen. Zum Schluss beginnt die Endtrocknung des Papieres, der dritte Trocknungsabschnitt, die einen deutlich höheren Energieeintrag erfordert, um die Restfeuchte aus dem Papier zu entfernen, da die hygroskopischen Eigenschaften des Papiers überwunden werden müssen. Übliche Verdampfungsleistungen werden auf den Quadratmeter bedeckter Zylinderoberfläche bezogen und erreichen Werte bis zu 24 kg Wasser / (m² h). Der entstehende Dampf bzw. die feuchte Luft müssen von der Papierbahn fort geführt werden. Eine schnelle Trocknung ist nur möglich, wenn die relative Luftfeuchtigkeit der Umgebungsluft niedrig gehalten wird. Zu diesem Zweck genügt es nicht, die natürliche Konvektion zu nutzen, die feuchten Luftmassen müssen mittels sogenannter Trockenhauben gezielt abgeführt werden. Die gesamte Trockenpartie wird deshalb auf dem Niveau des Maschinenflurs von einer geschlossenen Haube umschlossen (Abbildung 3.7). 3-12

3. Papiererzeugung Haube Ventilator Trockensiebleitwalze Trockenzylinder Hubtor Abbildung 3.7 Trockenhaube ATEMIS Erwärmte trockene Luft wird durch die Trockenhaube geführt, um den entstehenden Wasserdampf aufzunehmen. Im oberen Teil der Haube wird die nun feuchte Luft mittels eines Ventilators abgezogen. Da der Raum zwischen den Trockenzylindern durch die Bahn, die Trockensiebe oder andere Maschinenteile abgeschlossen wird, kann die Luft ausschließlich über sie Seiten der Maschine, man spricht von der Antriebs- und Führerseite, an die Bahn geführt werden. Durch diese Strömungsführung entsteht ein Schornsteineffekt, der die Seiten der Bahn austrocknen lässt. Die Menge an Wasserdampf, die durch die Luft abtransportiert werden kann, hängt von der Temperatur ab, die die trockene Luft besitzt. Je höher die Temperatur ist, desto mehr Wasser kann in der Luft gelöst werden. Kühlt die Luft aus, sinkt die Wasserlöslichkeit und es ist denkbar, dass sich Wassertropfen wieder auf dem Papier niederschlagen und dieses so beschädigen. Es ist erforderlich, viel und möglichst warme Luft durch die Trockenhaube zu führen. Üblich sind Luftmengen von 14-17 m³ Luft / Minute kg Papier, auch hier werden große Mengen Energie benötigt, um die Luft einerseits vorzuwärmen und andererseits zu fördern. Die Trockenhaube selber muss sehr gut isoliert sein, da es aufgrund des hohen Temperaturgradientens zwischen Innen- und Außenseite der Haube leicht zu Taupunktunterschreitungen kommen kann mit dem Resultat, dass die mitgeführte Luft wieder auskondensiert. Gemeinsam mit der feuchten Luft wird eine große Menge thermischer Energie fortgeführt. Diese Energie lässt sich eventuell über Wärmerückgewinnung nutzen. Im Gegensatz zur Kontakttrocknung wird bei der Konvektionstrocknung der Papierbahn das restliche Wasser ausschließlich durch heiße Luft entzogen. Diese Luft dient als Wärme- und Feuchtigkeitsträger gleichzeitig. Große Mengen Luft sind erforderlich, sie müssen an die Bahn herangeführt werden, dort die 3-13

3. Papiererzeugung Luftgrenzschicht zerstören, damit die Papierbahn das Wasser überhaupt abgeben kann, und es abtransportieren. Durch die Verdampfung kühlen sich die Luft ebenso wie die Papieroberfläche maximal bis auf die Kühlgrenztemperatur ab. Die Temperatur der Luft sinkt zuerst durch die Abgabe der Wärme an das Papier, bevor sie durch den aufgenommen Dampf wieder ansteigt. Insgesamt wird die Luft den Trockenteil etwas kälter verlassen als sie eingetreten ist. Besonders bei einseitig glatten oder Tissuepapieren wird eine Kombination aus Kontakt- und Konvektionstrocknung gewählt, bei der die Bahn auf der einen Seite und zum größten Teil von Trockenzylindern getrocknet wird, während eine Teiltrocknung über die heiße Luft auf der gegenüberliegenden Seite der Bahn stattfindet. Wichtiger ist hier jedoch die Aufgabe des Wasserdampftransportes, den die heiße Luft übernimmt. Die letzte Form der Trocknung, die Infrarottrocknung, findet man vor allem bei der Herstellung gestrichener Papiere. Sie zeichnet sich durch eine hohe Energiedichte aus, die Strahlung wird erst im Papier in Wärme umgesetzt. Durch die hohen Temperaturen, die bei der IR-Trocknung auftreten, sind die Verluste an Energie größer als bei den übrigen Verfahren, die hohe Energiedichte ermöglicht jedoch eine Energiezufuhr auf kürzester Strecke. Die Infrarotstrahler werden mit Gas oder elektrisch betrieben und erreichen Temperaturen von bis zu 1200 C. Die Brandgefahr bei dem Einsatz der Strahler begrenzt deren Anwendung. Zusätzlich entstehen relativ hohe Kosten durch den regelmäßig erforderlichen Austausch der Strahler aufgrund des Verschleißes. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass unabhängig vom eingesetzten Verfahren der größte Teil der Energie an der Papiermaschine im Trockenteil benötigt wird, um den Trockengehalt des Papieres von der Eingangsfeuchte von 45 50% auf die Restfeuchte von 2-10% abzusenken. 3.2.2.5 Schlussgruppe der Papiermaschine In Anschluss an die Trockenpartie folgen die letzten Verarbeitungsschritte an der Papiermaschine. Das Papier wird noch einer Glättung unterzogen und maschinenglatt fertig gemacht. Es durchläuft hierzu noch einige Walzen und wird häufig zuvor wieder etwas befeuchtet, damit es sich überhaupt glätten lässt. Der letzte Schritt besteht aus dem Aufrollen der Papierbahn auf Stahlkerne, Tamboure, bis zu Durchmessern von 3,50 Metern. Die Tamboure werden gewechselt, wenn sie voll sind und das auf ihnen gewickelte Papier wird weiterverarbeitet. 3-14