Wasserqualität in der Trinkwasser-Installation 24. Mülheimer Wassertechnisches Seminar BMBF-Projekt: Biofilme in der Hausinstallation Teilprojekt 1 Vorkommen mikrobieller Trinkwasserkontaminationen in Hausinstallationen Thomas Kistemann, Christiane Schreiber und Sebastian Völker IHPH - Institut für Hygiene & Public Health der Universität Bonn AG Public Health & Medizinische Geographie
Warum ist Hausinstallation 2010 ein Thema? 1900 1800
2000
Projektziele: Ziele und Fragen Repräsentative und systematische Erhebung zu Erfassung und Vorkommen pathogener Mikroorganismen in Hausinstallationen Identifikation möglicher Risikofaktoren Formulierung von Empfehlungen Forschungsfragen: Wie funktioniert die Überwachung von Trinkwasser- Hausinstallationen gem. TrinkwV? Treten in Hausinstallationssystemen unter realen Bedingungen hygienisch-medizinisch relevante mikrobielle Kontaminationen auf? Korreliert die Häufigkeit von Kontaminationen mit Parametern, die Planung, Ausführung, Betrieb und Wartung charakterisieren?
Vorgehen Schriftliche Vollbefragung aller unteren Gesundheitsbehörden (N=419) in Deutschland zur Praxis der Überwachung von Hausinstallationen Detailbefragung (5%-Stichprobe) für die Analyse behördlich erhobener Daten Akquise von Daten zu Mikrobiologie, Chemie, Konstruktion, Zustand und Betrieb behördlich überwachter Hausinstallationen Aufbau und Pflege einer relationalen Datenbank Statistische Auswertungen Statusanalyse zur behördlichen Überwachungspraxis Statusanalyse zum Vorkommen mikrobieller und chemischer Kontaminationen in Hausinstallationen Identifikation von Risikofaktoren Erstellung einer Checkliste für Begehungen von Hausinstallationen
Teilnahme an der Studie
Erhebungen I Schriftliche Vollbefragung Kontaktierte Gesundheitsbehörden 419 (100%) Rückmeldungen 173 (42%) Rücklauf Fragebogen OK zur Beteiligung an Detailstudie Mikrobiologie OK zur Beteiligung an Detailstudie Hausinstallationen 142 (38%) 24 (6%) 9 (2%) II Detailstudie teilnehmende Kreise/ kreisfreie Städte Mikrobiologie und Chemie 24 9 Gebäude 4.591 1.015 Hausinstallation Probenahmestellen Probenahmen/ Begehungen Mess-/ Einzelergebnisse 21.040-29.480 1.024 108.288 15.594
Ergebnisse: Behördliche Überwachung I Untersuchte hygienisch-mikrobiologische Parameter KBE 22 C KBE 36 C Coliforme E.coli Pseudomonaden Legionellen Andere 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Nennungen des Parameters [%] (N=142) Warmwasser Kaltwasser
beprobte Gebäude [%] 250 Ergebnisse: Behördliche Überwachung II Anteil der beprobten Gebäude 2003-2006 an der Gesamtzahl der Gebäude im Zuständigkeitsbereich der UGB 200 150 100 50 0 Gesundheitsbehörden (n=124)
Ergebnisse: Behördliche Überwachung III Kein bundesweit einheitliches Vorgehen der Gesundheitsbehörden bezüglich Begehung bzw. Beprobung von Hausinstallationen Priorisierung von Einrichtungen Umfang und Intensität der Anlagenuntersuchung Umfang und Frequenz der Beprobungen Informationsdokumentation und archivierung Expertise im personellen Bereich
Mikrobiologische Parameter Ergebnisse: Trinkwasserstatus I N Überschreitung [N] Überschreitung [%] Legionella sp. 22.786 2.908 12,8 KBE 36 C 10.928 380 3,5 Pseudomonas sp. 3.468 102 2,9 Coliforme 8.652 152 1,8 KBE 20/22 C 10.869 129 1,2 E.coli 8.330 25 0,3 Chemische Parameter Nickel 3.538 379 10,9 Eisen 1.115 85 7,6 Blei 3.560 167 4,7 Mangan 250 11 4,4 Kupfer 2.411 30 1,2 Völker S, Schreiber C, Kistemann T (accepted) Int J Hyg Environ Health
Mikrobiologische Parameter - Warmwassersysteme N Ergebnisse: Trinkwasserstatus II Überschreitung (N) Überschreitung (%) Legionella sp. 19.184 2.369 12,3 KBE 36 C 2.096 110 5,2 Pseudomonas sp. 131 3 2,3 Coliforme 244 4 1,6 KBE 20/22 C 2.093 11 0,5 E.coli 232 5 2,2 - Kaltwassersysteme Legionella sp. 350 19 5,4 KBE 36 C 6.040 169 2,8 Pseudomonas sp. 2.006 38 1,9 Coliforme 5.804 110 1,9 KBE 20/22 C 5.973 75 1,3 E.coli 5.496 14 0,3
Legionellen [KBE/100ml] Ergebnisse: Trinkwasserstatus III Legionellenkontaminationen in Relation zur gemessenen Trinkwassertemperatur 1000000 100000 10000 1000 100 10 1 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Temperatur (in C) n=12.731
Ergebnisse: Zustand der Hausinstallation I Nennungen verbauter Rohrmaterialien in der Hausinstallation (Mehrfachnennungen möglich) verzinkter Stahl 3% Edelstahl 3% Blei 1% sonstiges 4% Eisen 3% Kupfer 52% n=1137 Stahl 7% Kunststoff 13% verzinktes Eisen 14%
Ergebnisse: Zustand der Hausinstallation II Allg. anerkannte Regeln der Technik häufig nicht eingehalten, z.b.: - keine Wartung der Hausinstallation: 34 % (n=498) - Nicht rückgebaute Totstränge vorhanden: 65 % (n=327) - Keine Spülung nach Nutzungsunterbrechung: 56 % (n=290) - Fehlende Isolation der Leitungen: 33 % (n=282) - 5-K-Regel nicht eingehalten: 36 % (n=116) - Kein Hochheizspeicher (täglich 60 C): 21 % (n=337)
Ergebnisse: Risikofaktoren Auswahl statistisch signifikanter Risikofaktoren für mikrobielles Wachstum: Parameter Einflussfaktor RR p N Legionella sp. Wassertemperatur Kendall-τ p < 0,001, r > 0,3 Wasseraufbereitung im Haus 2,01 0,000 312 Feuerlöschleitungen 1,75 0,011 270 Kunststoffrohre verbaut 1,47 0,025 610 Zirkulationsleitung 3,16 0,021 302 Hochheizspeicher täglich 60 C 0,65 0,038 315 Filter vorhanden 1,97 0,033 292 aber: wenn Filter mit Prüfzeichen 0,50 0,047 87 L. pneumophila Feuerlöschleitungen 2,60 0,000 166 Kunststoffrohre verbaut 2,69 0,000 200 Pseudomonas sp. Wasseraufbereitung im Haus 7,75 0,000 204 Eisenrohre verbaut 6,26 0,002 301 KBE 36 C Wasseraufbereitung im Haus 2,87 0,000 408
Begehungsdetails bad practise Beispiele Großzügige Verwendung von Panzerschlauch KW-Einspeisung in eine Springbrunnen-Zirkulation
Begehungsdetails bad practise Beispiele Fest montierter Heizungsbefüllschlauch Waschbecken mit abgeklemmtem Warmwasser
Handlungsempfehlungen Für die behördliche Überwachung: Einheitliches Vorgehen bei Begehung und Beprobung - bzgl. Priorisierung, Umfang und Intensität der Anlagenuntersuchung - Ziel: ressourceneffiziente, problemfokussierte Erhebung - einheitliche Checkliste Einheitliche Dokumentation und Archivierung der Daten - bessere Vergleichbarkeit - schnellere Problemerkennung Problemorientierte Schulung der behördlichen Mitarbeiter für Probenahme und Begehung
Handlungsempfehlungen Für den Betrieb: Kenntnis der eigenen Trinkwasser-Installation und systematische Dokumentation (Raumbuch / Betriebsbuch / Wartungsanleitung / Aktuelle Pläne) In der Trinkwasserinstallation anerkannte Regeln der Technik einhalten, v.a. Stagnationen vermeiden (Totstränge / Bypassleitungen / Spülung) Regelmäßige, fachgerechte Wartung von TW-Installation und Aufbereitungsanlagen Zustand der Leitungen: - Bleileitungen ersetzen - Hinreichende Isolierung - Angemessene Dimensionierung der Zirkulationsleitungen Temperaturvorgaben nach DVGW-Arbeitsblatt W551 einhalten - An Verbrauch angepasste Dimensionierung des TW-Erwärmers - 5 K-Regel einhalten - Täglich 60 C (bis zur Entnahmestelle) Nicht-Trinkwasser-Anlagen strikt vom TW-System trennen (z.b. Heizung)
Kein bundesweit einheitliches Vorgehen der Gesundheitsbehörden bezüglich Begehung bzw. Beprobung von Hausinstallationen Fazit Gesundheitsrelevante mikrobielle Kontaminationen in Trinkwasser-Installationssystemen für Legionellen und Pseudomonaden sind vorhanden Potentielles Gesundheitsrisiko bei den chemischen Parametern Nickel und Blei ist nicht auszuschließen Bei Betrieb von Trinkwasser-Installationssystemen sind allgemein anerkannte Regeln der Technik sehr häufig nicht eingehalten Identifizierte Faktoren, mit denen das Kontaminationsrisiko signifikant assoziiert ist z.b.: Wasseraufbereitung, Hochheizspeicher täglich 60 C Analyse der typischen mikrobiologischen Indikatorparameter nach TrinkwV 2001 ist nicht geeignet, um Kontaminationen mit den fakultativ pathogenen Krankheitserregern P. aeruginosa oder L. pneumophila sicher zu erkennen / auszuschließen
Weiterer Forschungsbedarf Wie können, unter Nutzung moderner Untersuchungsmethoden, mikrobielle Kontaminationen in Trinkwasser- Installationen schnell, einfach und sicher erkannt und lokalisiert werden? Entwicklung eines reproduzierbaren, evaluierten und standardisierten Verfahrens zur schnellen, sicheren und kosten-effektiven Erkennung mikrobieller Kontaminationen in komplexen Trinkwasser-Installationen Auswahl und Anzahl repräsentativer Probenahmestellen Frequenz der Beprobung Auswahl der Parameter Innovative mikrobiologische Nachweismethoden (VBNC) Schnell- und in-situ-verfahren
Vielen Dank an die Vertreter von 142 deutschen Gesundheitsämtern für die Teilnahme an der Befragung und Bereitstellung von Daten an studentische Hilfskräfte und Praktikanten, die bei der Dateneingabe und -aufbereitung wertvolle Arbeit geleistet haben an das BMBF und die Firma VIEGA, Attendorn, für die großzügige Förderung des Teilprojektes 1 an die Vertreterinnen des Projektträgers DLR für Interesse, Unterstützung und stete Hilfsbereitschaft an den Projekt-Koordinator Prof. Flemming für engagierte Leitung und rastlosen Einsatz für das Projekt an die zahlreichen Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Teilprojekten für die stets offene und kooperative Arbeitsatmosphäre