Einführungspraktika in die Hausarztmedizin1 Vorlesungsjahr 2014-2015 1 In Anlehnung an das Dokument Introduction à la médecine de premiers recours (IMPR) 2011/2012. Medizinische Fakultät Universität Genf 1
INHALTSVERZEICHNIS Allgemeine Informationen... 3 Einführung in die Hausarztmedizin... 3 Praktikumsziele... 4 Organisation des Praktikums und allgemeiner Rahmen... 6 Evaluation und Validierung des Praktikums... 8 2
Allgemeine Informationen Das Departement für Medizin der Universität Freiburg hat im akademischen Vorlesungsjahr 2013/ 2014 ein Erstpraktikum in die Hausarztmedizin eingeführt. Infolge der durchgeführten Evaluation bezüglich dieser erstmaligen Realisierung wurden mehrere Veränderungen vorgeschlagen. Diese werden in den kommenden zwei Jahren nach und nach umgesetzt. Das vorliegende Dokument betrifft das akademische Vorlesungsjahr 2014/2015. Das Einführungspraktikum in die Hausarztmedizin wird von der Kommission für klinische Kompetenzen des Bachelor in Medizin des Departements für Medizin organisiert. Es ist Bestandteil des Studienplans des 3. Bachelorjahres und gehört zum Modul Klinische Kompetenzen. Sein Zweck besteht darin, den Bachelor-Studenten einen ersten Kontakt mit der Berufspraxis eines Hausarztes zu ermöglichen. Dazu soll jeder Student während der vorlesungsfreien Zeit im Winter (Dezember bis Mitte Februar) 4 ganze Tage lang an der Sprechstunde eines Hausarztes teilnehmen. Es handelt sich um ein Beobachtungspraktikum, das die Studenten für die vielfältigen Aufgaben eines praktizierenden Arztes sensibilisieren soll. Dieses Praktikum ermöglicht den Studenten und Studentinnen (nachfolgend: Student-en ) das Verfassen einer reflexiven schriftlichen Arbeit (reflexive writing) über eine Patientin bzw. einen Patienten, deren bzw. dessen Krankengeschichte den Studenten besonders bewegt hat. Diese Arbeit ist obligatorisch für die Erlangung des Bachelor und integrativer Bestandteil des Moduls Medizin und Gesellschaft. Das erläuternde Zusatzdokument bezüglich dieser schriftlichen Arbeit wird im Rahmen der Vorlesung Medizin und Gesellschaft ausgehändigt. Einführung in die Hausarztmedizin Die grundlegenden Konzepte der Hausarztmedizin werden im Rahmen einer zweistündigen Vorlesung im Herbstsemester vorgestellt. 3
Praktikumsziele 1. Einen Hausarzt in seiner beruflichen Umgebung beobachten, dessen Rolle und seine Tätigkeiten identifizieren Die spezifischen Kompetenzen der Hausarztmedizin wurden von Wonca Europe (weltweite Vereinigung der Hausärzte) in 6 Kernkompetenzen zusammengefasst. a. Erfüllung der Primärversorgungsaufgaben: Der Arzt gewährleistet jegliche Erstversorgung. Beispiele: Der Student beobachtet eine grosse Vielfalt an Problemen, die der Hausarzt behandelt. Der Student erfasst die Unterschiede zwischen einer Notfallkonsultation und Terminbehandlung. b. Personenbezogene Betreuung: patientenbezogene Versorgung; Entwicklung einer Vertrauens- u. partnerschaftlichen Beziehung durch entsprechende kommunikative Kompetenzen Beispiele: Der Student identifiziert sowohl beim Patienten als auch beim Arzt die emotionalen Aspekte angesichts der Erkrankung. Der Student sammelt Kenntnisse über die kommunikativen Mittel des Arztes (Umgang mit Gefühlen, Empathie, erst offene dann geschlossene Fragen zur Informationsbeschaffung, motivierende Gesprächsführung usw.). c. Spezifische Problemlösungsfähigkeiten: durch die Krankheitsprävalenz und inzidenz bestimmter Entscheidungsfindungsprozess; nützliche Zusatzuntersuchungen Beispiele: Der Student wird in den Umgang mit der diagnostischen Unsicherheit sowie in die damit verbundene Notwendigkeit der Entscheidungsfällung eingeführt. Der Student wird mit der medizinischen Denkweise der Hausarztmedizin, einschliesslich Berücksichtigung von Prävalenz und Inzidenz zur Auswahl von Krankheitsabklärung bzw. Behandlungsmethode, vertraut gemacht. Wenn sich die Situation ergibt, führt der Tutor den Studenten in die Methoden der Literaturrecherche ein. Der Tutor wird dem Studenten Situationen aufzeigen, bei denen das Heranziehen eines Facharztes zur Problemlösung verhilft. d. Umfassender Ansatz: gleichzeitig mit akuten und chronischen Gesundheitsproblemen umgehen; Prävention Beispiele: Der Student wird sich der Tatsache bewusst, dass der Zeitfaktor bei der Behandlung gesundheitlicher Probleme bestimmend ist. Der Student beobachtet, wie der Arzt den Umgang mit chronischen Problemen in die Behandlung von akuten Problemen integriert. Unter Berücksichtigung des Kosten/Nutzen-Verhältnisses wird der Student für Präventionsstrategien sensibilisiert. 4
e. Gesellschaftsausrichtung: die Bedürfnisse einzelner Patienten mit den Bedürfnissen und Ressourcen der Gesellschaft in Einklang bringen; Zusammenarbeit mit anderen Fachleuten Beispiele: Der Student: - beobachtet einen Hausbesuch und stellt die Unterschiede zur Praxiskonsultation fest. - beobachtet die verschiedenen Faktoren, die zu einer Einweisung ins Spital bzw. Überweisung an einen anderen Spezialisten, einschliesslich aller Konsequenzen, führen. - wird für die Konsequenzen einer Arbeitsunfähigkeit/eines Arztzeugnisses sensibilisiert. - erfasst weitere Mitwirkende des Versorgungsnetzwerkes, v.a. die verschiedenen Spitex-Leistungen. Der Student entdeckt die Schwierigkeit, die auf individueller Ebene entstandenen Kosten mit den Ressourcen der Gesellschaft in Einklang zu bringen. - erfasst die Bedeutung des familiären Netzwerkes sowie der Freunde und Bekannten. f. Ganzheitliches Modell: ein bio-psycho-soziales Modell unter Einbeziehung der kulturellen und existentiellen Dimensionen des Individuums einsetzen Beispiele: Der Student beobachtet, wie der Arzt den spezifischen Kontext des Patienten berücksichtigt und dessen Meinung zur angestrebten Behandlung miteinbezieht. 2. Biomedizinische Kenntnisse im Zusammenhang mit typischen klinischen Situationen in der Hausarztmedizin vertiefen Beispiel: normale und pathologische Situationen unterscheiden; Erlernen der Semiologie 3. Die klinischen Kompetenzen, die im ersten Semester des 3. Bachelorjahres erlernt wurden, in die Praxis umsetzen (Anamnese u. Kommunikation, klinische Untersuchung in der inneren Medizin, Kardiologie, HNO und Pflegestandards) Beispiele für Tätigkeiten, die der Student im Praktikum unter Aufsicht ausführen kann: - Durchführung einer Anamnese - Blutdruckmessung - Vitalparameter - Durchführung einer kardiovaskulären Untersuchung - Durchführung einer respiratorischen Untersuchung - Durchführung einer HNO-Untersuchung - Durchführung eines EKGs 5
4. Die eigenen Emotionen in einem beruflichen Kontext erkennen und beschreiben können Im Laufe des Praktikums ist jeder Student dazu angehalten, einen besonders interessanten bzw. bewegenden Fall auszuwählen. Dieser Fall ist die Grundlage für die benotete Übung im "reflexive writing", welche eine persönliche Arbeit darstellt und nach dem Praktikum verfasst werden soll. Organisation des Praktikums und allgemeiner Rahmen Es ist vorgesehen, dass die Studenten ein Praktikum im Umfang von 4 vollen Tagen beim gleichen Arzt absolvieren. Sollte diese Option aus praktischen Gründen auf der einen oder anderen Seite nicht gegeben sein, besteht die Möglichkeit, 8 halbe Praktikumstage durchzuführen. Praktikumszeiträume Das Praktikum kann in der vorlesungsfreien Zeit im Winter und damit vor Beginn des Frühlingssemesters (16. Februar 2015) absolviert werden. Daten festlegen und ein Treffen vereinbaren Mit Beginn des Herbstsemesters (15. September 2014) hat der Student schnellstmöglich einen Arzt (Allgemein- oder innere Medizin, Pädiatrie) auszuwählen und diesen zwecks Festlegung der Praktikumsdaten zu kontaktieren (Tel. oder E-Mail). Mithilfe der Internetseiten 2 wählt der Student einen Arzt aus der Allgemeinmedizin, inneren Medizin oder Pädiatrie und informiert diesen über seine Motivation und Praktikumsziele. Wird das Praktikum akzeptiert, sollten sich Student und Arzt noch vor Beginn des Praktikums zwecks Kennenlernen und definitiver Festlegung der Modalitäten, Daten und Zeitpläne treffen. Der Student lässt den Arzt den Fragebogen für die Tutorenvergütung ausfüllen und gibt diesen vor Praktikumsbeginn im Sekretariat für klinische Kompetenzen zusammen mit den erforderlichen Dokumenten ab. Diese Dokumente werden dem Studenten ausgehändigt, sobald dieser sein Praktikum im Sekretariat für klinische Kompetenzen angemeldet hat. 2 Internetseiten für die Arztsuche Ärzte mit Unterrichtserfahrung: Alle FMH-Ärzte: http://www.registre-isfm.ch http://www.doctorfmh.ch/search.cfm 6
Für Studenten, die trotz Einleitung der erforderlichen Schritte keinen Praktikumsleiter finden, steht eine Liste mit den Allgemeinmedizinern und Internisten im Kanton Freiburg zur Verfügung. Diese ist beim Medical Educator, Frau Dr. M.T. Alfonso Roca, erhältlich. All diese Vorgehensweisen sind fester Bestandteil des Praktikums und unterliegen der Verantwortung des Studenten. Ärztliche Schweigepflicht Wir weisen Sie auf Ihre ärztliche Schweigepflicht während und nach dem Praktikum hin. Die Rechtliche[n] Grundlagen im medizinischen Alltag finden Sie auf unserer Internetseite unter folgendem Link: http://www.unifr.ch/clinical-skills/fr/students/files Während dem Praktikum Bitte bringen Sie für das Praktikum mit: - einen Arztkittel - Ihr Stethoskop - Ihr Badge - das Formular zur Praktikumsevaluation - das Formular zur Anwesenheitsbestätigung. Vergessen Sie nicht, während dem Praktikum Notizen zu machen, insbesondere im Hinblick auf den für die schriftliche Arbeit ausgewählten Fall (reflexive writing). Rotes Telefon Jedes Problem (Abwesenheit von Student oder Tutor, Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Umgang oder anderer Art) muss dem Sekretariat für klinische Kompetenzen umgehend mitgeteilt werden, damit schnellstmöglich eine Lösung zur Weiterverfolgung des Praktikums gefunden werden kann. Sekretariat: Catherine Girard Sekretariat für klinische Kompetenzen Departement für Medizin Rue de Rome 2 1700 Freiburg Tel.: +41 26 300 94 44 E-Mail: catherine.girard@unifr.ch 7
Evaluation und Validierung des Praktikums Anwesenheitskontrolle Validierung des Praktikums Das Praktikum ist für die Erlangung des Bachelor obligatorisch. Zu diesem Zwecke lässt der Student den Arzt/Tutor eine Teilnahmebestätigung unterschreiben. Diese Bestätigung beinhaltet die Praktikumsdaten, den Praxisstempel sowie die Unterschrift des Arztes. Evaluation des Praktikums durch den Studenten Am Ende des Praktikums hat der Student einen Evaluationsbogen bezüglich seines Praktikums auszufüllen. Idealerweise sollte diese Evaluation in einem offenen Gespräch mit dem Arzt durchgeführt werden, sodass neben einem direkten Feedback auch eine ständige Verbesserung der pädagogischen Interaktion zwischen Studenten und Ärzten ermöglicht wird. Dieser Bogen ist nach Beendigung des Praktikums umgehend an das Sekretariat für klinische Kompetenzen des Departements für Medizin zu schicken. Es handelt sich um eine formative und nicht um eine summative Evaluation (sie beeinflusst die Berechnung der Med3-Endnote nicht). Abschlussbemerkung Ein Praktikumstag ist für den Arzt bindend, da dieser gezwungen ist, seinen Konsultationskalender mehrere Wochen vor Praktikumsbeginn abzuändern. Nur so kann ein qualitativ hochwertiges Praktikum garantiert werden. Das Departement für Medizin möchte, dass jeder Student die Verpflichtung und Verfügbarkeit sowohl der Ärzte als auch der Patienten respektiert und bittet Sie daher, an den vereinbarten Tagen und zur vereinbarten Zeit anwesend zu sein. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis. Die Hausärzte freuen sich darauf, Sie in Empfang zu nehmen und ihre medizinische Tätigkeit sowie ihren Enthusiasmus für die Hausarztmedizin mit Ihnen zu teilen. 8