Vorwort Hohe Beratungsnachfrage komplexe Anforderungen an die Beraterinnen der Frauennotrufe Präventionsangebote und Aktivitäten.

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Transkript:

Vorwort..3 1. Hohe Beratungsnachfrage komplexe Anforderungen an die Beraterinnen der Frauennotrufe 5 2. Präventionsangebote und Aktivitäten.11 3. Bilder sagen manchmal mehr als Worte..13 4. Ein politisches Highlight in 2017 gibt den Takt für 2018 an.16 Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) autonomer Frauennotrufe in Rheinland-Pfalz - Fachstellen zu sexualisierter Gewalt - c/o Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen und Mädchen in Mainz e.v. Kaiserstraße 59-61 info@frauennotruf-mainz.de www.frauennotruf-mainz.de Ruth Petri, Frauennotruf Trier (Redaktion) Martina Steinseifer, Franziska Godlewsky, Frauennotruf Koblenz (Statistik)

Vorwort Nachdem bereits 2013 der Hashtag #Aufschrei die Themen Sexismus und sexuelle Belästigung auf das gesellschaftliche Diskussionsparkett schickte, wurde das ausklingende Jahr 2017 gesellschaftspolitisch stark von den Erfahrungen und Statements der Kreativund Kunstszene dominiert. Frauen, die sexualisierte Übergriffe erlebt hatten, begannen zu teilen der Hashtag #metoo war geboren. Diskussionen, die lange zu den Tabuzonen unseres Miteinanders gehörten, gelangten an eine schockierte Öffentlichkeit. Das Motto Reden ist Silber, schweigen ist Gold schien auch auf medialer Ebene gebrochen. Daraus lässt sich jedoch keine Forderung nach Öffnung an Frauen und Mädchen als Betroffene von sexualisierter Gewalt ableiten. Frauen sind so vielfältig und individuell, wie die Farben der Welt und so entscheidet jede Frau für sich ob, wann und wem sie sich mitteilt. Längst verstummt sind mittlerweile jene, die nach den ersten Veröffentlichungen zum Fall Weinstein von Sexskandalen sprachen, denn das, was tagtäglich und überall in der Welt passiert, trägt die Bitternis des Alltags und nicht die Überraschung des Skandals. Von Sex übrigens sind diese machtmotivierten Übergriffe so weit entfernt wie Neptun von der Erde. Laut einer Befragung von 42. 000 europäischen Frauen durch die European Union Agency For Fundamental Rights (FRA), im Auftrag der europäischen Union, erfährt jede zweite Frau im Laufe ihres Lebens mindestens eine Form sexueller Belästigung. Jede 20. Frau zählt eine Vergewaltigung als kritisches und potentiell traumatisierendes Ereignis zu ihrer Biographie. Jede 10. Frau gab an, dass sie bereits vor der Vollendung ihres 15. Lebensjahres sexualisierte Gewalt also Missbrauch erlebt hat. Die Zahlenfülle macht deutlich: eine kriminologische Lupe zur Entlarvung von Täter*innen hilft nicht bei der Analyse sexualisierter Gewalt. Was vielmehr nutzt, ist der strukturelle Blick auf unsere Gesellschaft. Sie braucht neue Menschenbilder - frei von Asymmetrie, Machtgefälle und Imbalance zu Ungunsten von Frauen und Mädchen. Erfahrungen, fachliche Fakten und Erklärungsmuster, die von der Landesarbeitsgemeinschaft der autonomen Notrufe für vergewaltigte Frauen und Mädchen Rheinland-Pfalz bereits lange vor der Entwicklung von Social-Network- Kampagnen immer wieder herausgearbeitet und öffentlich diskutiert wurden und werden. Nach dem Motto Gemeinsam sind wir stark und vielleicht sogar stärker, schlossen sich die ersten der 12 Frauennotrufe bereits 1991 zu einer politisch strategischen Arbeitsgemeinschaft zusammen. 3

Immer wieder entwickeln sich aus dem Expertinnenkreis wichtige fachliche Statements, Projekte und Kampagnen mit folgenden Zielstellungen: Aufklärung zu und Enttabuisierung von sexualisierter Gewalt Verbesserung der Lebenssituation von Frauen und Mädchen Bedarfsgerechte Erweiterung unseres Beratungsangebots für Frauen, Mädchen, begleitende Personen und Fachpersonal. Entlarvung und Abbau von Rollenstereotypen, die Konflikte, Missachtung und Gewalt begünstigen oder gar bedingen Mit den nachfolgenden Seiten lädt die Landesarbeitsgemeinschaft der Frauennotrufe Sie zur Lektüre des Jahresberichts 2017 ein. 4

1. Hohe Beratungsnachfrage komplexe Anforderungen an die Beraterinnen der Frauennotrufe So wie in den vergangenen Jahren auch, kamen die 12 Frauennotrufe in Rheinland-Pfalz im Jahr 2017 einer gleichbleibend hohen Anzahl von Beratungsanfragen nach: Mit mehr als 2000 Frauen und Mädchen, Bezugspersonen und Fachkräften wurden über 6000 Beratungen durchgeführt. Dies ist verbunden mit einer Entwicklung, die sich in den letzten Jahren immer deutlicher abzeichnet: Viele Frauen und Mädchen, die sexualisierte Gewalt erfahren haben, benötigen umfassendere und oft auch veränderte Formen der Unterstützung durch die Frauennotrufe. Hier zeigen sich die Auswirkungen veränderter gesellschaftlicher Bedingungen, nämlich die Zunahme struktureller Gewalt durch ungerechte Verteilung gesellschaftlicher Ressourcen, die gerade Frauen und Mädchen treffen und die viele Beratungsprozesse erheblich beeinflussen. Wenn beispielsweise die Existenz einer Frau nicht gesichert ist, behindert dies massiv die Stabilisierung nach erlebter sexualisierter Gewalt. Die Beraterinnen der Frauennotrufe waren deshalb auch im Jahr 2017 gefordert, parallel zur physischen und psychischen Stabilisierung der betroffenen Frauen umfassendere Problemlagen zu berücksichtigen und entsprechende Unterstützungsmöglichkeiten zu eröffnen. Und auch sich verändernde Gewaltformen wie digitale sexualisierte Gewalt führen dazu, dass Frauen und Mädchen intensive und oft zusätzliche Formen der Unterstützung benötigen. Die Beratung von Frauen und Mädchen, die Gewalterfahrungen im Zusammenhang mit ihrer Flucht gemacht haben, ist oft nur mit Hilfe von Sprachmittlerinnen möglich. Dies bedeutet einen zusätzlichen Aufwand durch die Beantragung der Finanzierung dieser Übersetzungsleistung und durch das Suchen einer geeigneten Übersetzerin. Die Weitervermittlung ins Hilfesystem ist zudem wesentlich schwieriger als bei deutschsprachigen Frauen, da es an geeigneten muttersprachlichen Angeboten fehlt. Viele Frauen und Mädchen, die im Jahr 2017 Kontakt zu den Frauennotrufen aufnahmen, waren sowohl physisch als auch psychisch zum Teil schwer beeinträchtigt. Viele Frauen waren zudem von einer komplexen Traumatisierung durch sexualisierte Gewalt in der Kindheit und/ oder rituelle Gewalt betroffen, die meisten Frauen und Mädchen hatten mehrfach sexualisierte Gewalt erlebt. Viele Frauen und Mädchen äußerten zudem den Wunsch nach einer langfristigen und kontinuierlichen Beratung. Für die Frauennotrufe bedeutet dies, sich kontinuierlich den veränderten und komplexeren Bedarfen in Verbindung mit der hohen Nachfrage anzupassen und die 5

Erfahrungen, die hiermit verbunden sind, in ihrem gesellschaftspolitischen Engagement in Verbindung mit entsprechenden Forderungen zu benennen. Die Beratungsarbeit der rheinland-pfälzischen Frauennotrufe zeichnet sich durch ihr Alleinstellungsmerkmal in der Region und auch im Hilfesystem aus (solidarische Unterstützung explizit für Frauen und Mädchen, die sexualisierte Gewalt erfahren haben oder davon bedroht sind). Frauennotrufe beraten zeitnah und flexibel auf den individuellen Hilfebedarf bezogen, persönlich, telefonisch und oft auch online, bei Bedarf engmaschig und oft auch über einen langen Zeitraum oder in Intervallen. Zudem richtet sich das Beratungsangebot der Frauennotrufe an sehr unterschiedliche Zielgruppen: Betroffene Frauen und Mädchen, aber auch deren Bezugspersonen, Fachkräfte und immer wieder auch Institutionen erfahren fachliche Unterstützung von umfassend ausgebildeten Beraterinnen. Mit diesem breit aufgestellten Unterstützungsangebot werden die Frauennotrufe offensichtlich als passende Antwort auf den aktuellen Beratungsbedarf wahrgenommen und genutzt. 1156 von sexualisierter Gewalt betroffene Frauen und Mädchen nahmen im Jahr 2017 Kontakt zu den Frauennotrufen auf. Auch eine hohe Zahl an Fachkräften (etwas mehr als 25% der Unterstützungssuchenden) wandten sich an die Fachberatungsstellen. Dies führte (in Verbindung mit der kontinuierlichen Schulung von Fachkräften) dazu, dass wiederum viele Frauen und Mädchen von diesen an die Frauennotrufe vermittelt wurden. 6

Die Anzahl der Beratungsgespräche insgesamt ist (auf den Durchschnitt der letzten 3 Jahre bezogen) stabil geblieben. Noch immer wird das Angebot persönlicher Beratung besonders nachgefragt. Frauennotrufe mit dem Angebot einer sicheren Onlineberatung verzeichnen auch hier ein hohes Beratungsaufkommen. Betroffene Frauen und Mädchen haben 4695 Beratungen in Anspruch genommen. 7

Ungefähr ein Drittel aller Beratungsgespräche betrifft Mädchen und junge Frauen bis 27 Jahre. Frauen ab 65 Jahren nutzen in vielen Notrufen relativ selten das Beratungsangebot. In der Beratung vergewaltigter Frauen spielt oft die zusätzliche Erfahrung sexualisierter Gewalt in der Kindheit eine große Rolle. Mit andere Formen sexualisierter Gewalt sind beispielsweise sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und digitale sexualisierte Gewalt gemeint. 8

Fast 95 % der beratenen Frauen und Mädchen kannten den Täter. Weiterhin hoch bleibt der Anteil der Frauen und Mädchen, die von anderen Institutionen, Ärzt*innen etc. an die Frauennotrufe weiterverwiesen werden. Hier wird die erfolgreiche Vernetzungsarbeit zum Thema sexualisierte Gewalt deutlich. Über Polizeidienststellen finden betroffene Frauen und Mädchen relativ selten den Weg in die Frauennotrufe. 9

Bezugspersonen und Fachkräfte haben 1508 Beratungen in Anspruch genommen. 10

2. Präventionsangebote und Aktivitäten Mit 384 Veranstaltungsformaten (Vorträge, Workshops etc.) bereicherten die Frauennotrufteams das kulturelle Angebot in Rheinland-Pfalz. Regelmäßig wurden über die Internetpräsenz der Notrufe informative Inhalte zu unseren Themenfeldern transportiert, wobei einige Fachstellen auch die sozialen Medien nutzten, um Veranstaltungen und Wissen zu platzieren. Mit 40 gezielten und an sozialpädagogischen Konzepten orientierten Kampagnen und Aktionen machten die Mitarbeiterinnen der Notrufe auch 2017 das Unsichtbare sichtbar. Die Enttabuisierung von sexualisierter Gewalt blieb auch 2017 ein Kernthema der Notrufarbeit. An dieser Zielsetzung orientiert gingen die Notrufe mit 223 Pressemitteilungen in den öffentlichen Raum und bezogen so als Expertinnen quasi kontinuierlich Stellung zum Themenfeld Sexualisierte Gewalt. Mit der Teilnahme an 136 verschiedenen Gremien und themenzentrierten Arbeitskreisen brachten die Mitarbeiterinnen der Frauennotrufe ihre Expertise ein, um gesellschaftliche Veränderungen anzustoßen. Veränderungen, die dazu beitragen Frauen und Mädchen besser zu schützen, Betroffene von sexualisierter Gewalt angemessen zu unterstützen und die Gewaltbereitschaft potentieller Täter*innen zu reduzieren. So gehörten die klassischen Selbstbehauptungsangebote auch 2017 zum Veranstaltungsportfolio und bleiben als Standards wichtige Elemente der Notrufprogramme. Insgesamt 90 Präventionsformate sprachen Frauen direkt an. Da sich einige Notrufe auch auf die Beratung von Kindern und Jugendlichen spezialisiert haben, gab es 44 Selbststärkungsangebote für Kinder. Wenn wir beide Zielgruppen addieren, so kann man im Rückblick statistisch folgern, dass im vergangen Jahr jede Woche ein Selbststärkungsangebot für Frauen oder Mädchen in Rheinland-Pfalz stattfand, das von Notrufmitarbeiterinnen konzipiert, durchgeführt und evaluiert wurde. Teilnehmerinnen sprachen immer wieder davon, wie Selbstermächtigung und abgrenzende Verhaltensmuster Raum bekamen und sahen eine Möglichkeit (weiteren) Gewalterfahrungen zu entgehen. 11

Die Fortbildung und Sensibilisierung von Lehrkräften im Rahmen eines eintägigen Workshops war auch 2017 ein fest verankertes Angebot im schulischen Veranstaltungskalender und wurde von nahezu allen Notrufteams angeboten. Mit diesem Veranstaltungsangebot und natürlich ihrer Expertise trugen die Frauennotrufteams massiv dazu bei, die Kampagne der Bundesregierung Schule gegen sexuelle Gewalt zu flankieren. Die unglaubliche Vielfalt der Präventionsangebote in der Arbeit der Frauennotrufe: Gremienarbeit 136 Öffentlichkeitsarbeit 223 Bildungsarbeit 116 Fachvorträge 58 Kampagnen und Aktionen 40 Angebote für Frauen 90 Angebote für Mädchen u. Jungen 44 12

3. Bilder sagen manchmal mehr als Worte Der Frauennotruf Koblenz tanzt und demonstriert. One Billion Rising 2017 Auch das Notrufteam Trier tanzte am 14.02.2017 vor der sonnerleuchteten Porta Nigra. 13

Infostand des Frauennotrufs Rhein- Hunsrück-Kreis beim Lott-Festival: Feiern ohne Übergriffe Sexualisierte Gewalt auf Festivals Frau Dr. Rohleder spricht ein Grußwort und der Frauennotruf tanzt: 25 Jahre Frauennotruf Trier! Glückwunsch! 14

Wendo-Kurs in Westerburg: Jugendliche Mädchen präsentieren mit Stolz ihre individuell verzierten Bretter. Ein wichtiges Symbol für weibliche Selbstwirksamkeit. Claudia Wienand von Ronja in Westerburg zeigt einem Mädchen eine Selbstverteidigungstechnik 15

4. Ein politisches Highlight in 2017 gibt den Takt für 2018 an - Deutschland ratifiziert die Istanbul Konvention des Europarates Was beim ersten Hinhören wie ein Reiseabkommen klingt, entpuppt sich als unausweichliches Menschenrechtsabkommen, in dem sich die beteiligten Gemeinschaften nicht nur gegen geschlechtsspezifische Gewalt aussprechen, sondern sich auch verpflichten, alles zu geben, um Gewalt an Frauen und Mädchen zu stoppen und Opfer besser zu stützen. Gewalt an Frauen wird als Menschenrechtsverletzung und Form der Diskriminierung definiert. Sexualisierte Gewalt als eine Facette geschlechtsspezifischer Unterdrückung wird im Abkommen klar benannt. Für staatliche Strukturen bedeutet dies, die flächendeckende Implementierung von geeigneten Präventions- und Beratungsangeboten und auch die Organisation weitreichenderer Bildungs- und Aufklärungsarbeit. Einfach nur unterschreiben reicht nicht mehr, denn nach dem Inkrafttreten des Abkommens am 01.02.2018 wird eine unabhängige Expert*innenkommission (GREVIO) die konkrete Umsetzung evaluieren und weitere Forderungen daraus ableiten. Für die Mitarbeiterinnen der Frauennotrufe wird das Jahr 2018 zum Jahr politischer Strategien, denn es gilt klar zu formulieren, welche Ressourcen die Fachberatungsstellen brauchen, um im Geiste der Konvention agieren zu können. Mit dem 01.02.2018 gehört der Schutz von Frauen und Mädchen auch vor sexualisierter Gewalt nicht mehr in die Schublade Wunschdenken, sondern wird einklagbares Recht! 16

ALZEY Notruf und Beratung für von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen Frauenzentrum Hexenbleiche/ Schlossgasse 11/55232 Alzey/Telefon: 06731-7227 E-Mail: notruf-alzey@t-online.de/web: www.hexenbleiche.de IDAR-OBERSTEIN Frauennotruf Idar-Oberstein Fachstelle zum Thema sexualisierte Gewalt /Mainzer Straße 60/55743 Idar-Oberstein Telefon: 06781-45599 oder 06781 19740 E-Mail: info@frauennotruf-idar-oberstein.de Web: www.frauennotruf-idar-oberstein.de KOBLENZ Fach- und Beratungsstelle für vergewaltigte Frauen und Mädchen e.v. Löhrstraße 64a/56068 Koblenz/Telefon: 0261 35000/ E-Mail: mail@frauennotruf-koblenz.de Web: www.frauennotruf-koblenz.de LANDAU Notruf und Beratungsstelle für von sexualisierter Gewalt betroffene Frauen und Mädchen FrauenZentrum Aradia e.v./moltkestraße 7/76829 Landau/Telefon: 06341-83437 E-Mail: aradia-landau@t-online.de/web: www.aradia-landau.de LUDWIGSHAFEN Wildwasser und Notruf Ludwigshafen e.v. Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Mädchen und Frauen, Falkenstraße 17, 67063 Ludwigshafen Telefon: 0621 628165 /E-Mail: team@wildwasser-ludwigshafen.de/web: www.wildwasserludwigshafen.de MAINZ Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen und Mädchen e.v. Fachstelle zum Thema Sexualisierte Gewalt/Kaiserstraße 59 61/55116 Mainz/Telefon: 06131 221213/E-Mail: info@frauennotruf-mainz.de/web: www.frauennotruf-mainz.de SIMMERN FrauenNotruf und Beratung Rhein-Hunsrück-Kreis e.v. Fachstelle für Frauen und Mädchen zum Thema sexualisierte Gewalt/ Mühlengasse 1/55469 Simmern Telefon: 06761 13636/E-Mail: kontakt@frauennotruf-rheinhunsrueck.de/web: www.frauennotrufrheinhunsrueck.de SPEYER Notruf und Beratung für Frauen und Mädchen bei Vergewaltigung und sexualisierter Gewalt Kleine Pfaffengasse 28/67346 Speyer/Telefon: 06232 28833/E-Mail: Frauennotruf-Speyer@t-online.de Web: www.frauennotruf-speyer.de TRIER Frauennotruf Trier Beratung und Unterstützung für Frauen, Fachstelle zu sexualisierter Gewalt/ Ostallee 27/54290 TrierTelefon: 0651-200 65 88/ E-Mail: info@frauennotruf-trier.de/ Web: www.frauennotruf-trier.de 17

WESTERBURG Notruf Frauen gegen Gewalt e.v./ Neustraße 437/56457 Westerburg/ Telefon: 02663 8678/ E-Mail: frauennotruf@notruf-westerburg.de Web: www.notruf-westerburg.de WORMS Notruf und Beratungsstelle für von sexualisierter Gewalt betroffene Frauen und Mädchen Lutherring 21/ 67547 Worms/ Telefon: 06241 6094/ E-Mail: notruf@frauenzentrumworms.de Web: www.frauenzentrumworms.de ZWEIBRÜCKEN Frauennotruf Zweibrücken e.v. Fachberatungs- und Präventionsstelle für die von sexualisierter Gewalt und für die von Vergewaltigung betroffenen Frauen und Mädchen Wallstraße 26/ 66482 Zweibrücken/ Telefon: 06332-77 778/ E-Mail: info@frauennotruf-zw.de Web: www.frauennotruf-zw.de 18