Positionspapier der Verbraucherzentrale NRW zur Umsetzung von Pflegestützpunkten in Nordrhein-Westfalen



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Transkript:

Positionspapier der Verbraucherzentrale NRW zur Umsetzung von Pflegestützpunkten in Nordrhein-Westfalen I. Bestehende Beratungsstrukturen in NRW Seit 1996 wurden nach Maßgabe des 4 Landespflegegesetz NW in allen Kreisen und kreisfreien Städten in Nordrhein-Westfalen so genannte Pflegeberatungsstellen aufgebaut. Ein Großteil dieser Stellen ist in kommunaler Trägerschaft, einige wurden jedoch auch freien Trägern wie der Verbraucherzentrale (Kreise Aachen und Unna) oder den Wohlfahrtsverbänden übertragen. Bis heute sind in der Datenbank der Verbraucherzentrale über 200 Adressen von Pflegeberatungsstellen verzeichnet. Eine Evaluation des Landespflegegesetzes und der Beratungsstellen 1999 zeigte eine sehr unterschiedliche Umsetzung des Beratungsauftrags. In den vergangenen Jahren wurden die Beratungsaktivitäten jedoch auch in den Kommunen intensiviert, die zunächst einen geringen Grad der Umsetzung zeigten. Dies zeigt sich beispielsweise am zunehmenden Interesse der regionalen Treffen der Pflegeberatungsstellen im Rheinland und Westfalen-Lippe, u.a. initiiert durch die Verbraucherzentrale. Zahlreiche Kommunen bauen inzwischen die Pflegeberatungsstellen aus und nutzen sie gezielt zur Vernetzung der lokalen Altenhilfestrukturen. Kernaufgaben der Pflegeberatung sind neben der Einzelfallberatung - auch beim Hausbesuch, die umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung von lokalen Akteuren. Bereits Anfang der 90er Jahren entstanden viele Wohnberatungsstellen in Nordrhein- Westfalen. Das Adressverzeichnis der Landesarbeitsgemeinschaft Wohnberatung enthält ca. 100 Beratungsstellen, von denen etwa ein Drittel über das Modellprojekt Wohnberatung für ältere und behinderte Menschen durch das Land Nordrhein-Westfalen, die Landesverbände der Pflegekassen und die jeweilige Kommune finanziert werden. Die anderen Wohnberatungsstellen werden durch die Kommunen, teilweise als Element der Pflegeberatung, durch Wohlfahrtsverbände, Wohnungsbaugesellschaften oder freie Träger finanziert. Einige von ihnen erhalten auch Projektförderungen für spezielle Aufgaben. Kern der Wohnberatung ist die individuelle Einzelfallhilfe in den Wohnungen der Ratsuchenden und die Begleitung von Baumaßnahmen. Einige der Beratungsstellen arbeiten dazu eng mit Architekten zusammen. Darüber hinaus spielen Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung mit Wohnungswirtschaft und Pflegeanbietern eine wichtige Rolle in der Wohnberatung. Die Projektförderung der Wohnberatungsstellen ist derzeit befristet bis zum Ende des Jahres 2008. Relativ jung sind die derzeit elf Demenz-Servicezentren in Nordrhein-Westfalen. Ihre Förderung durch das Land Nordrhein-Westfalen und die Spitzenverbände der Pflege-

kassen wird durch 45c SGB XI ermöglicht. Schwerpunkt der Demenz-Servicezentren ist die Initiierung und Vernetzung der dringend benötigten so genannten niedrigschwelligen Betreuungsangebote. Daneben spielt die Sensibilisierung und Aufklärung der Öffentlichkeit eine wichtige Rolle im Alltag der Demenz-Servicezentren. Obwohl die Einzelfallberatung kein explizierter Arbeitsschwerpunkt der Demenz-Servicezentren ist, zeigen die ständig steigenden Beratungszahlen, dass hier ein Bedarf in der Bevölkerung vorhanden ist, der durch andere Institutionen nicht abgedeckt wird. Die Projektförderung der meisten Demenz-Servicezentren läuft im April 2009 aus. Allen drei Angeboten ist gemein, dass sie unabhängig vom Träger den Anspruch haben, trägerübergreifend und kostenträgerneutral zu beraten. Sie haben sich nach Jahren der Aufbauarbeit als zuverlässige und anerkannte Beratungsinstitutionen sowohl bei den Bürgerinnen und Bürgern als auch bei Dienstleistern etabliert. In vielen Städten und Kreisen werden die örtlichen Beratungsstellen als wichtiger Baustein im Netz der Altenhilfe gesehen. So benennt beispielsweise der Kreis Unna explizit ein Netzwerk für neutrale Beratung und Fallmanagement bestehend aus der Pflegeberatung, inzwischen erweitert durch ein Demenz-Infotelefon, der Wohnberatung, der Psychosozialen Beratung und Begleitung (PSB; Einzelfallbegleitung durch die Wohlfahrtsverbände finanziert vom Kreis) und den Hilfen bei Pflegebedürftigkeit, u. a. durch Pflegefachkräfte des Kreises. Diese Institutionen arbeiten im Verbund und mit abgestimmten Kooperationsstrukturen mit dem Ziel, die ambulante Versorgung älterer und pflegebedürftiger Menschen zu stärken. Neben den genannten Institutionen gibt es weitere Beratungseinrichtungen im Kontext Pflege, die an Leistungs- oder Kostenträger angebunden sind. Zu nennen wären beispielsweise die Kranken- und Pflegekassen, die Sozialdienste der Krankenhäuser oder die Beratung durch Pflegedienste, Pflegeheime und Wohlfahrtsverbände. Auch sie arbeiten - abhängig von Ressourcen und Unterstützung durch den Träger - sehr professionell. Durch die Anbindung an einen Träger, der selbst bestimmte Interessen verfolgt, liegt jedoch die Vermutung nahe, dass die Beratung tendenziell eigene Angebote und Ziele im Blick hat und weniger die gesamten lokalen Altenhilfestrukturen. Solche Beratungsangebote sind wichtig, um Interessierten die Angebote zu erläutern jedoch können sie nicht die trägerübergreifende Beratung und strukturelle Entwicklung der lokalen Altenhilfestrukturen ersetzen. II. Konzeptionelle Anforderungen an Pflegestützpunkte in NRW Die Darstellung der Beratungsstrukturen zeigt: Es gibt in Nordrhein-Westfalen ein dichtes Netz an Beratungsangeboten. Diese sind langjährig in den lokalen Netzwerken etabliert und spielen eine wichtige Rolle in der Weiterentwicklung der kommunalen Altenhilfestrukturen. Die Pflegestützpunkte sollten hier keine neuen Strukturen schaffen oder die Finanzierung der bestehenden Netzwerke gefährden. Vielmehr bieten die Pflegestützpunkte die Gelegenheit, die bestehenden Angebote besser miteinander zu vernetzten und durch Synergieeffekte den konkreten Nutzen für die Menschen zu steigern. Die bisherigen Angebote Pflegeberatung, Wohnberatung und Demenz-Servicezentren sollten

dort integriert und weiterentwickelt werden. Das heißt auch, dass die Finanzierung dieser Angebote durch öffentliche Mittel über 2009 gesichert sein muss. Die Anschubfinanzierung von 45.000 Euro sichert keine Personalstellen in den Pflegestützpunkten. Bei der Umsetzung der Pflegestützpunkte spielen die Kommunen eine zentrale Rolle. Anders als die Pflegekassen, die vor allem Pflegebedürftige im Focus haben, haben die Kommunen die Entwicklung der gesamten Altenhilfestrukturen im Blick. Dies betrifft auch Hilfen weit vor einer Pflegebedürftigkeit wie beispielsweise hauswirtschaftliche Dienste und Angebote für soziale Kontakte. Auch die Entwicklung alternativer Wohnformen, angefangen von barrierearmen Wohnungen im normalen Wohnungsbestand bis hin zu ambulant betreuten Wohnformen gehört dazu. Pflegestützpunkte sollten auch hier Interessierte neutral beraten und Anstöße für Dienstleister und Kommunalpolitik geben. Ziel sollte eine wohnortnahe Bündelung aller Unterstützungsangebote rund um Alter und Pflege sein. Zentrale Voraussetzung, damit Pflegestützpunkte ihren Aufgaben der Transparenz und Vernetzung nachkommen können, ist die Neutralität der Pflegestützpunkte. Daraus folgt, dass nicht einzelne Pflegedienste, Pflegeverbände oder Wohlfahrtsverbände Träger eines Pflegestützpunktes sein können. Dies birgt die Gefahr, dass eher einseitig, mit bevorzugtem Blick auf eigene Angebote, gearbeitet wird. Vergleichbares gilt auch für die Pflegekassen. Das heißt auch, dass die so genannten Pflegeberater der Kassen tatsächlich, wie in 7a SGB XI gefordert, in die Pflegestützpunkte entsandt werden und nicht ausschließlich in den Räumen ihrer Pflegekasse erreichbar sind. Zwischen den Akteuren des Pflegestützpunktes, auch den Mitarbeitern der Pflegekassen, müssen Vereinbarungen zu einheitlichen Aussagen und Informationsmaterialien getroffen werden. Neutralität bedeutet auch die konsequente Trennung von Pflegestützpunkt und Leistungsbewilligung. Pflegestützpunkte sollen den Bürgerinnen und Bürgern die zur Verfügung stehenden Hilfen erschließen. Daher kann es nicht sein, dass Beschäftigte in den Pflegestützpunkten auch für die Leistungsbewilligung zuständig sind und damit gewissen Zwängen durch die Kostenträger unterliegen. Vielmehr müssen in den Pflegestützpunkten den Interessierten alle Leistungsoptionen erschlossen werden. Dazu sollte auch die Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen, das Weiterleiten an die zuständige Stelle und ggf. Rücksprache mit oder Vermittlung an den zuständigen Sachbearbeiter gehören. Die Leistungsbewilligung muss jedoch außerhalb des Stützpunktes erfolgen. Vergleichbares gilt selbstverständlich auch für den Zugang zu Dienstleistern. Ratsuchende sollen im Pflegestützpunkt Entscheidungshilfen für die Auswahl individuell passender Dienste erhalten. Veröffentlichungen von Qualitätsprüfungen oder Erhebungen vor Ort spielen dabei eine wichtige Rolle. Auf Wunsch der Ratsuchenden kann über den Pflegestützpunkt ein Kontakt vermittelt oder ein Besuch vereinbart werden. Es wäre auch denkbar, dass ein Mitarbeiter bei Bedarf beim Gespräch mit dem Pflegedienstleister dabei ist. Die Mitarbeiter des Pflegedienstes dürfen jedoch nicht anstelle des Ratsuchenden eine Entscheidung für einen bestimmten Dienst treffen. Die Beratung von Bürgerinnen und Bürgern wird eine wichtige Aufgabe innerhalb der Pflegestützpunkte sein. Zwar sollen Pflegebedürftige durch die Pflegeberater ihrer Pfle-

gekasse eine umfassende Beratung und Begleitung entsprechend einem Case Management erhalten, das entbindet den Pflegestützpunkt jedoch nicht von der Aufgabe, auch alle Menschen, die nicht pflegebedürftig sind, zu unterstützen. Darüber hinaus muss der Pflegestützpunkt für Pflegebedürftige der Anlaufpunkt für eine unabhängige und kostenträgerneutrale Beratung sein. Die Beratungsangebote sollten nicht nur innerhalb des Pflegestützpunktes erfolgen. Wie bereits heute bei den Pflege- und vor allem Wohnberatungsstellen bewährt, muss die Beratung zugehend und auf Wunsch auch in den Wohnungen der Ratsuchenden erfolgen. Zentrale Aufgaben der Pflegestützpunkte werden Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung sein. Gerade wenn ein großer Teil der Beratung durch die Pflegeberater der Kassen übernommen wird, müssen die anderen Aspekte, die zur Stärkung ambulanter Strukturen beitragen, intensiviert werden. Der Zugang zu Leistungen der Pflegeversicherung aber auch anderer wohnortnaher Unterstützungsangebote erfolgt für viele Menschen über Öffentlichkeitsarbeit. Derzeit sind die Pflege- und Wohnberatungsstellen sowie die Demenz-Servicezentren regelmäßig in der Lokalpresse präsent, organisieren Vortragsveranstaltungen und Aktionstage. Erst durch solche Informationsangebote erhalten viele Menschen den Zugang zu Unterstützungsleistungen. Voraussetzung für eine transparente Beratung und Entwicklung der Angebote ist auch die gute Vernetzung der Beratungsinstitutionen. Erfahrungen, insbesondere aus den Demenz-Servicezentren, zeigen, dass die Qualität der Beratung und der Angebote vor Ort entscheidend von der Vernetzung aller Akteure abhängt. Beratungsinstitutionen spielen hier eine besondere Rolle. Sie wissen, welche Bedarfe die Menschen haben und können den Aufbau entsprechender Angebote anstoßen. Andererseits bieten erst der vertrauensvolle Kontakt zu den Anbietern und genaue Kenntnisse über deren Angebote und Schwerpunkte die Möglichkeit, in der Beratung auf individuell passende Angebote hinzuweisen. Ohne die Vernetzung wären beispielsweise die Wegweiser Hilfen bei Demenz und Betreutes Wohnen der Pflegeund Wohnberatung der Verbraucherzentrale im Kreis Aachen nicht möglich gewesen. Pflegestützpunkte können daher nicht nur ein Sammelsurium von Beratungskräften verschiedener Träger sein. Es werden entsprechende Ressourcen für Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung benötigt. Dazu gehört auch das Verständnis der Beschäftigten im Pflegestützpunkt, dass dies mit zu ihren Aufgaben gehört. Optimalerweise gibt es Personen im Pflegestützpunkt, die sich, abgestimmt mit allen Beteiligten, schwerpunktmäßig mit Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung befassen. III. Umsetzung der Pflegestützpunkte vor Ort Räumlich sollten die Pflegestützpunkte an zentralen Orten im Stadtteil angesiedelt sein, möglichst dort, wo sich bereits Beratungsangebote im Kontext Alter und Pflege etabliert haben. Der Ort sollte möglichst ohne bauliche oder emotionale Schwellen erreichbar sein. Die Nutzung bestehender Pflege- und Wohnberatungsstellen bietet sich an. Denkbar wären aber auch Bürgerzentren, Gesundheitshäuser, Verbraucherberatungsstellen oder sonstige lokal bereits bestehende Treffpunkte für Senioren- und Beratungsangebote. Optimalerweise erfolgt der Zugang zum Pflegestützpunkt über einen eigenen Eingang

und nicht über den Eingang einer bestimmten Institution. Sonst kann allein in der Außenwirkung der Eindruck entstehen, der Pflegestützpunkt sei das Angebot eben dieser einzelnen Institution. Die Mitarbeiter eines Pflegestützpunktes setzen sich optimalerweise aus verschiedenen Fachgebieten, z. B. Pflegeberatung, Altenhilfe, Sozialhilfe, Wohnberatung, spezielle Demenzberatung sowie weiteren vor Ort etablierten Beratungsangeboten zusammen. Optimalerweise bündeln sich im Pflegestützpunkt diverse Unterstützungsangebote rund um Pflege und Alter, beispielsweise auch Rentenberatung oder Information und Annahme von Schwerbehindertenanträgen. Um der Maßgabe nach Neutralität und Transparenz gerecht zu werden, sollten die Besucher eines Pflegestützpunktes auf den ersten Blick die Herkunft ihres Ansprechpartners erkennen können, beispielsweise durch ein gut lesbares Schild auf dem Schreibtisch mit Name und Arbeitgeber der Person. So können sich Ratsuchende entscheiden, wen sie ansprechen und beispielsweise bei einem Problem mit der Einstufung durch die Pflegekasse eben nicht zu einem Kassenmitarbeiter sondern jemandem von der Verbraucherberatung gehen. Der Pflegestützpunkt sollte zu den üblichen Bürozeiten telefonisch und persönlich erreichbar sein. Dies kann auch durch gute Absprachen aller Beteiligten gewährleistet sein. Spezialisten, beispielsweise Wohnberater, können auch für mehrere Pflegestützpunkte Ansprechpartner sein. Neben der Anwesenheit im Stützpunkt sollte es selbstverständlich sein, dass die Mitarbeiter bei Bedarf auch Hausbesuche anbieten. Zwischen allen Beteiligten eines Stützpunktes muss es ein einheitliches Verständnis von Aufgaben und Verfahrenswegen geben. Ein Austausch zu Erreichbarkeiten und Zuständigkeiten sowie Informationsmaterialien sollte ebenso selbstverständlich sein, wie die Einigung auf einheitliche Beratungsaussagen in sich überschneidenden Beratungsgebieten. Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung müssen innerhalb des Teams des Pflegestützpunktes als wichtige Aufgabe etabliert sein. Dafür müssen entweder gemeinsam oder gebündelt auf einzelne Personen entsprechende Ressourcen bereit stehen. Dies betrifft auch die Beteiligung an lokalen Gremien und Veranstaltungen. IV. Qualitätssicherung der Pflegestützpunkte Wo Pflegestützpunkt drauf steht, muss auch Pflegestützpunkt drin sein. Dieses Motto sollte unabhängig davon, dass unterschiedliche lokale Strukturen immer auch verschiedene Umsetzungsmodelle zur Folge haben, landesweit gelten. Ein entscheidendes Element dazu ist die Qualifikation der Mitarbeiter im Pflegestützpunkt. Neben einer entsprechenden Eingangsqualifikation benötigen sie regelmäßige Fortbildung. Dies sollte sich nicht nur auf fachliche Aspekte beziehen. Qualifikation und Fortbildung müssen auch Gesprächsführung, Hilfemanagement, Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung beinhalten. Ähnliches gilt für die verwendeten Informationsmaterialien. Zwar geben diverse Organisationen, Kassen und Pflegeanbieter schriftliche Informationen heraus. Sie alle tragen jedoch zu recht jeweils das Logo ihres Herausgebers. Wer entscheidet, welche Materia-

lien an wen herausgegeben werden? Es kann nicht sein, dass je nach Pflegestützpunkt oder gar je nach Mitarbeiter innerhalb eines Pflegestützpunktes unterschiedliche Informationen oder Materialien verteilt werden. Es braucht vielmehr eine einheitliche Verständigung auf verwendete Materialien. Um die Maßgabe einer neutralen Institution zu erfüllen, sollten die Veröffentlichungen der Pflegestützpunkte nur ein neutrales Logo tragen. Die beiden genannten Aspekte zeigen bereits, dass es angebracht ist, eine landesweite Service- und Koordinationsstelle für die Pflegestützpunkte einzurichten. Diese könnte einheitliches Infomaterial erstellen, Fortbildungen organisieren sowie Vorschläge und Konzepte zu Vernetzungsaktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit entwickeln. Damit wird nicht nur eine Mindestqualität der Pflegestützpunkte gewährleistet. Es spart auch wesentliche Ressourcen für die einzelnen Pflegestützpunkte, wenn sie sich nicht einzeln um diese Aufgaben kümmern müssen. So kommen die Ressourcen der Pflegestützpunkte zu großen Teilen der praktischen Arbeit vor Ort zugute. Für die Übernahme solcher zentralen Aufgaben bietet sich die Verbraucherzentrale NRW an. Sie hat Erfahrungen mit der Unterstützung dezentraler Beratungsstellen nicht nur innerhalb der eigenen Organisation mit 54 dezentralen Beratungsstellen. Sie war auch über 10 Jahre mit der Koordination der modellgeförderten Wohnberatungsstellen befasst. Damals entwickelte sie Materialien für die Öffentlichkeitsarbeit und Angebote der Fortbildung. Gemeinsam mit ausgewählten Beratungsstellen entstanden auch Rahmenstandards zur Durchführung von Wohnberatung. Auch bei vielen Pflegeberatungsstellen ist die Verbraucherzentrale inzwischen als Organisator von Erfahrungsaustausch und Fortbildungsveranstaltungen bekannt und anerkannt. Die Einbindung der Verbraucherzentrale in die Qualitätssicherung ist ein wichtiger Baustein zur Sicherung von Neutralität und Verbraucherschutz der Pflegestützpunkte in Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf, 26. Mai 2008 Kontakt: Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen Heike Nordmann Gruppe Wohnen und Pflege Mintropstraße 27 40215 Düsseldorf Tel. 02 11 / 38 09 204 Fax 02 11 / 38 09 357 E-Mail: heike.nordmann@vz-nrw.de