ECG Jahresveranstaltung 24. Januar 2007, Zürich Die CO 2 - freie Stromerzeugung absehbare Zukunft oder Utopie? Eberhard Jochem Centre for Energy Policy and Economics (CEPE), ETH Zürich and Fraunhofer Institute Systems and Innovation Research (ISI) Dankhinweis: die Forschung unterstützte der ETH Rat, das BFE, Axpo und das BMBF
Überblick Die Herausforderungen der weltweiten Energieanwendung Der Elektrizitätsbedarf in den kommenden zwei bis fünf Jahrzehnten Die Flexibilisierung des Strombedarfs aller Abnehmer? Elektrizitätserzeugung in Zukunft - dezentrale Stromerzeugung: Wieviel? Warum überhaupt? - Renaissance der Kohle und CO 2 -Rückhaltung und -speicherung Schlussfolgerungen oder auch offene Fragen und Anregungen
Die Atmosphäre hauchdünn und 3-fach überlastet 10 km Um den Temperaturanstieg auf 2 C in diesem Jahrhundert zu begrenzen, - bräuchten die Industrieländer 2,2 Atmosphären - und die heutigen Entwicklungsländer bald auch
Soziale Kosten extremer Ereignisse des Klimawandels : - Hitzewellen, Trockenheiten - intensive Regenfälle und Stürme Vorträge/REN-Vorarlsberg.ppt Folie 4 Indien, Sommer 2002 Deutschland, Sommer 2002
Anpassungs- und verbleibende Schadenskosten des Klimawandels Anpassungskosten, z.b. : (Stern: 2-5 % des BIP) - bis 2035: mehr Klimatisierungsanlagen: 4,5 % mehr Strombedarf - sommerliche Hitze: geringere Wirkungsgrade der thermischen Kraftwerke; Trockenkühltürme erforderlich - Verstärkung der Stromtransport- und -verteilungsnetze nötig (Orkan) - Beschneiungsanlagen der Pisten: 50.000 CHF/km und Jahr - verstärkter Muren-, Lawinen- und Hochwasserschutz Verbleibende Schadenskosten: (Stern: >5 % des BIP) - O,5 bis 1 Mrd. CHF bei einem grossen Hochwasser Folie 5 - ein halber Tag kein Bahntransport in der Schweiz nach einem Orkan, - Ausbleiben der Wintertouristen in tiefer gelegenen ehem. Schneegebieten
Die Herausforderungen im Bereich Energie und Gesellschaft Gefahr der Preisexplosionen für fossile Brennstoffe - verursacht durch Produktionsmaximum des Erdöls um 2015 bis 2030 - politisch instabile Regionen im Nahen Osten mit 2/3 der Ressourcen - Re-Nationalisierung von fossilen Rohstoffquellen (Iran, Russland, Venezuela) Fun- und Geizgesellschaft, Globalisierung der Produktion - schneller, sofortiger Individualkonsum (Kredite, Leasing) - Cash flow - Nachweis im Quartalsrhythmus - globalisierende Unternehmen: Unterlaufen nationalstaatlicher - 4 bis 5 Jahre der Zyklen politischer Wahlen ressourcensparender Regeln Folie 6
Der Elektrizitätsbedarf in den kommenden 3-5 Jahrzehnten europäische Industrienationen heute : 6.000 bis 8.000 kwh/ a. cap Projektionen und Perspektiven: - BFE mit steigender Tendenz Schweiz 2035: - im Referenz-Szenario I: 9.500 kwh/a.cap stetig steigend (70 TWh) (30% des Endenergiebedarfs) - im Effizienz-Szenario IV: über Maximum (in 2015) auf 7.000 kwh/a.cap rückläufig (32 % des Endenergiebedarfs) - AXPO mit stetig steigender Tendenz Schweiz 2050: - Szenario Hoch: 12.500 kwh/a.cap, Szenario Tief: 9.500 kwh/a.cap Strombedarf einer 2000 Watt-Gesellschaft: 6.000 bis 6.500 kwh/a.cap um 2070 bis 2080 (auf 40 bis 45 % des Endenergiebedarfs) Fazit einer Effizienzstrategie: bei stagnierender Bevölkerung Maximum des Strombedarfs denkbar
Flexibilisierung des Strombedarfs Verschieben von Strombedarfsspitzen des Tagesmittels: - heute - Abschalten von Last industrieller Grossverbraucher - Anfahren von Pumpspeicher-Wassserkraftwerken - (im Ausland von Gasturbinen u. thermischen Gaskraftwerken) - morgen - bei viertelstündigen Strompreisangaben und billiger Kommunikation, Chips und Leistungselektronik, - zeitweises Abschalten von Gefriertruhen und Wärmepumpen, - zeitweise Rücknahme der Leistung bei Pumpen, Ventilatoren in Industrie, Dienstleistungen und privaten Haushalten Fazit: Die Flexibilisierung des Strombedarfs: mehr Stromerzeugung mittels intermittierender erneuerbarer Energien möglich
Elektrizitätserzeugung in Zukunft - dezentrale Stromerzeugung: Wieviel? Warum überhaupt?
Elektrizitätserzeugung in Zukunft - dezentrale Stromerzeugung: Wieviel? Warum überhaupt? Nach dem Sturm Kyrill am 19.01.2007 in Magdeburg Nach Eissturm im Februar 2006 im RWE-Gebiet: 500 Mio. Sanierungskosten
Trends und Gründe der dezentralen Stromerzeugung Absolut sichere Stromversorgung für die EDV, die Kälte, die Klimatisierung, die Beleuchtung, die Aufzüge - nicht mehr unbedingt gewährleistet (z.b. Liberalisierung, extreme Ereignisse des Klimas, Terrorismus) Verminderung exergetischer Verluste bei der NT-Wärmeerzeugung durch BHKWs, Mikro- und Mini-Gasturbinen, Brennstoffzellen Verminderung der CO 2 -Emissionen (Industrieländer -80 % bis 2050): erneuerbare Energien (auch durch Internalisierung externer Kosten) Autarke Stromversorgung in privaten Haushalten als Mode/Prestige Fazit: Effizienz-Szenarien, Flexibilisierung der Stromnachfrage und dezentrale Erzeugungstendenzen begrenzen Kernenergiekapazitäten
Renaissance der Steinkohle Struktur des Primärenergieverbrauchs weltweit 1973 2000 2030 Coal 24.9%?? EJ?? EJ Oil 45.0% Combustibl e Renewebale s & Waste Other 11.1% 0.1% Hydro 1.8% Nuclear 0.9% Gas 16.2% Coal 23.5% Oil 34.9% 105 EJ 155 EJ Other 0.5% Combustible Combustible Renewebale Renewebale s & Waste s & Waste 11.0% Hydro 2.3% Coal 12.2% Renewables 21.2% 8.5% Nuclear 194 EJ 6.8% Nuclear 4.6% 225 EJ Gas 21.1% Oil 26.3% Gas 27.2% IEA:?? EJ 415 EJ 900 EJ?? Bill t CO 2 24 Bill t CO 2 47.6 Bill t CO 2 - Verdopplung des Primärenergiebedarfs bis 2030 (Referenz-Sz) - + 85% Kohlebedarf, insbesondere USA, China, Indien Folie 12 - CO 2 -Emissionen von heute 26 Mrd. t/a auf 47 Mrd. t/a?? Fazit: Wenn Kohle, dann mit CO 2 -Rückhaltung und Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS)
Renaissance der Steinkohle z.b. China 2000-2030 2000 1882 1500 Mtoe 1000 722 1278 China (IEA) China (DoE) 500 659 0 2000 2010 2020 2030
Technologiekonzepte zur CO 2 -Abscheidung - Rauchgasreinigung heutige Praxis: Stromerzeugung mit fossilen Brennstoffen ohne CO 2 -Abscheidung Luft 900 kg CO 2 für 1 MWh Brennstoff Kraftwerksprozess Rauchgas, 4-14% CO 2 Platzhalter für Dateinamen heute möglich: 60 kg CO 2 für 1 MWh Stromerzeugung mit Post-Combustion-Capture Luft Brennstoff Kraftwerksprozess Rauchgas, 4-14% CO 2 CO 2 - Abtrennung H 2 O, N 2 Folie 14 CO 2
Technologiekonzepte zur CO 2 -Abscheidung Kohlevergasung oder Sauerstoff-Verfahren ab 2020: Stromerzeugung mit Pre-Combustion Capture ca. 50 kg CO 2 für 1 MWh Brennstoff Reforming Prozess CO 2, H 2, H 2 O Luft CO 2 - Abtrennung H 2 Kraftwerksprozess H 2 O, N 2 CO 2 Platzhalter für Dateinamen ab 2020: ca. 45 kg CO 2 für 1 MWh Stromerzeugung mit Oxy-Fuel Einsatz und CO 2 -Abscheidung Luft O 2 Brennstoff Luftzerlegung Kraftwerksprozess H 2 O, CO 2 CO 2 - Abtrennung CO 2 H 2 O Folie 15
Stand der Technik und Umsetzung von CCS erste CCS Projekte - in Betrieb: - Norwegen: Erdgas-Reinigung und Verpressen in einen Aquifer unter dem Meeresboden (Sleipner-Feld) - Algerien: Reinigung von Erdölbegleitgas und Verpressen in einen Aquifer (BP) - in Planung in Europa: - Norwegen: Erdgas-GuD-Kraftwerk mit Rauchgaswäsche und Verpressen in Aquifer unter Meeresboden - Deutschland: Braunkohle 30 MW-Pilot-Kraftwerk mit Rauchgaswäsche Kohle 350 MW-Pilot-Kraftwerk mit Precombustions EU-Kommission diskutiert, CO 2 -freie Kraftwerke nach 2020 2030 verpflichtend zu machen Zusätzliche Kosten der CCS-Technologie: ca. 6 Rp/kWh
Schlussfolgerungen - für die Schweiz Anregungen Strombedarfszuwachs in Industrieländern verlangsamt sich relativ zu BIP; nach 2020 2040 könnte Strombedarf pro Kopf durch ein Maximum bei Effizienz-Entwicklungen gehen; Stromnachfrage kleiner Verbraucher wird flexibel sein können, fluktuierende Erzeugung wird mehr kompensierbar; dezentrale Stromerzeugung wird zunehmen, es hängt von vielen Faktoren ab (Technik, CO 2, Kosten, Stromausfällen, Moden); Risiko hoher Anteile der Kernkrafterzeugung nach 2030 nimmt zu, insbesondere in der Schweiz wegen hoher Wasserkraftwerksanteile; die Umsätze der Stromwirtschaft könnten erhöht werden durch neue Geschäftsfelder mit den Augen ihrer Kunden: - weniger Energiekosten durch mehr Energieeffizienz, bessere Netzauslastung und CO 2 -freie Stromerzeugung
Schlussfolgerungen - für das Umfeld: offene Fragen eine differenziertere Stromerzeugungsstruktur als heute ist gewiss Strategien der europäischen Stromversorger und die europäische Arbeitsteilung bei der Stromerzeugung bekommen mehr Einfluss CO 2 -Rauchgaswäsche relativ wenig Chancen (Turbinen-Reinvestition) die offene Flanke der CCS-Technologien: dichte Aquifere für Jahrtausende? der komparative Vorteil der Schweiz: die Wasserkraft, Turbinen und Effizienztechniken, produktbegleitende Dienstleistungen, kaum die Kernenergie im Primärenergiemix, auch wenn Wirkungsgrad in Zukunft über 40%
Danke für's Zuhören und für Hinweise in der Diskussion www.cepe.ethz.ch Telefon: 044-632 0650
Doppelt schneller Anstieg der erdnahen Temperaturen in der Schweiz relativ zur nördlichen Halbkugel