Autonomie. FERCHAU aktuell DAS MAGAZIN für engineering und it Nº2



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Transkript:

FERCHAU aktuell DAS MAGAZIN für engineering und it Autonomie Maschinen an die Macht!? Können Maschinen den Menschen ersetzen oder bleiben sie willenlose Helfer? Tatsache ist: Auch die Technik strebt zunehmend nach Autonomie. Wird sie damit zur Konkurrenz des Menschen, oder ergeben sich ganz neue Partnerschaften? Nº2 02 2015

editorial 02 Liebe Leserinnen, liebe Leser, was macht die besondere Qualität von FERCHAU aus? Lassen Sie es mich an zwei Beispielen verdeutlichen. Punkt eins: Passgenauigkeit. Bei der Auswahl technischer Fachkräfte oder von IT-Consultants für die Unterstützung der Projekte unserer Kunden vor Ort spielt es eine entscheidende Rolle, wie gut das Anforderungsprofil verstanden wird. Aus diesem Grund kommen die meisten unserer Account Manager direkt aus dem Branchenumfeld des Kunden. In jedem Fall aber verfügen sie über eine technische Ausbildung, die es ihnen ermöglicht, von Ingenieur zu Ingenieur zu sprechen und die Anforderungen sehr genau zu erfassen. Punkt zwei: Timing. Für die zeitnahe Bereitstellung geeigneter Fachkräfte greifen wir nicht nur auf unsere mehr als 6.100 eigenen Mitarbeiter zurück, sondern wir sondieren auch permanent den Rekrutierungsmarkt. Das schließt das regelmäßige Scannen von jährlich 50.000 Bewerbereingängen ein. Basis dafür ist ein maßgeschneidertes Tooling, dem selbstentwickelte Algorithmen zugrunde liegen. Zusätzlich haben wir einen Freelancer- Pool mit den Profilen von mehr als 20.000 freiberuflichen Spezialisten aufgebaut. Aus diesem Kreis potentieller Kandidaten erhalten unsere Kunden bei Bedarf statt vieler halbwegs treffender Profile zwei bis drei Vorschläge, von denen wir überzeugt sind, dass sie passen. Karriereoptionen und eine fachliche Weiterbildung offen, die unter anderem über 200 Seminarangebote vor Ort umfasst. Das alles trägt zu einer hohen Mitarbeiterzufriedenheit und Mitarbeiterbindung bei, von der auch und gerade unsere Kunden profitieren. Bei der Übernahme von Projektverantwortung durch FERCHAU-Projektgruppen oder unsere mehr als 70 Technischen Büros bedeutet Qualität neben erstklassigem Knowhow, dass der Kunde zu jedem Zeitpunkt weiß, wie es um sein Projekt bestellt ist. Ob es fachlich, zeitlich und kostenseitig im Plan liegt. Wir haben daher in den letzten Jahren massiv in ein effizientes Projektmanagement und in eine Organisationsstruktur investiert, die in jedem Projektstadium für Transparenz sorgt. Selbstverständlich werden alle unsere Prozesse durch ein Inhouse-Qualitätsmanagement begleitet, regelmäßig überprüft und im Sinne eines KVP auf Anpassungen hin bewertet. Daher freuen wir uns darüber, dass dies von Kundenseite anerkannt wird. Das belegt unter anderem der bis 2016 verlängerte Status als»airbus Group Preferred Supplier for Engineering & Customer Services«. Er bestätigt die Qualität unserer Dienstleistungen und unserer Prozesse. Und auch das sind Qualitäts-Fakten: FERCHAU-Mitarbeiter werden aus der Region rekrutiert, ortsnah eingesetzt und nach einem Entgelttarifvertrag mit der IG Metall fair entlohnt. Ihnen stehen eine Vielzahl attraktiver impressum FERCHAU AKTUELL Ausgabe 02 2015 Auflage: folgt 31. Jahrgang ZKZ: 61482 CHEFREDAKTION (V. I. S. D. P.) Martina Gebhardt HERAUSGEBER FERCHAU Engineering GmbH Steinmüllerallee 2 51643 Gummersbach Fon +49 2261 3006-0 Fax +49 2261 3006-99 info@ferchau.de ferchau.de REDAKTIONSTEAM Ira Cornils Christian Fachinger Nando Förster Stefanie Freitag Michael Kröhan Florian Zeichner REDAKTION EXTERN Jonen Medien Service Fon +49 6633 911542 Bernd Seidel & Friends Fon +49 89 890683620 seidelfriends.de GESTALTUNG grafish Matthias Müller Fon +49 211 63559150 DRUCK Gronenberg GmbH & Co. KG 51674 Wiehl Fon +49 2261 9683-0 FERCHAU AKTUELL 02 2015

inhalt FERCHAU aktuell Nº2 03 TitelIllustration: Miriam Migliazzi & Mart Klein, dainz.net WORLD of ENGINEERING Berichte, Porträts und Interviews aus den sieben Fachbereichen von FERCHAU Engineering 18 fahrzeugtechnik Automotive-Special Mit den Themen: Der Autokunde von morgen, Wachbleiben beim autonomen Fahren, Evaluierung der mechanischen Festigkeit bei Motorsteuergeräten u. a. m. schwerpunkt Autonomie Alle streben nach Autonomie Kinder, Erwachsene und sogar die Technik. Egal ob im Auto, im Haus oder in der Fabrik: Maschinen übernehmen die Kontrolle und entscheiden zunehmend selbständig. Die Regeln dafür gibt ihnen der Mensch vor. Doch welche sind das und wo liegen die Grenzen? Vielleicht sollten wir auch beim Thema Autonomie öfter einmal das stärkste und merkwürdigste Mädchen der Welt fragen: Pippi Langstrumpf. Denn die autonome Göre hilft nicht nur Frauen, sich zu emanzipieren, sie bringt auch Projektleiter auf kreative Ideen und macht Managern Mut, mehr zu wagen. Autonomie nach dem Pippilotta-Prinzip: Mach dir die Welt, wie sie dir gefällt 04 Red Pages Neben der Handball-Legende VfL Gummersbach sponsert FERCHAU seit diesem Jahr die deutsche Motorradrennsport-Hoffnung Florian Alt. Außerdem: News in Kurzform. 14 25 informationstechnik Digitale Transformation was dahintersteckt Fünf Fragen an René Büst vom IT-Research- und Beratungsunternehmen Crisp Research. 26 maschinenbau»prozessqualität von A bis Z«Interview zur Abwicklung kompletter Arbeitspakete auf werkvertraglicher Basis. 28 luft- 30 schiffbau und raumfahrttechnik Prozesse auf dem Prüfstand NUCAP, die Grundlage für eine konstant hohe Fertigungsqualität in der Luftfahrtindustrie. anlagenbau Markttrend: Aftersales-Services Für Anlagenbauer schlummert im Servicegeschäft viel Potential. 29 elektrotechnik Zeit, dass sich was dreht Die Schwungradtechnik erfährt ein bemerkenswertes Comeback. und meerestechnik Scrubber weißer Rauch für schwere Pötte Seit Januar 2015 gelten strengere Emissionsvorschriften. 02 2015 FERCHAU AKTUELL

04 FERCHAU AKTUELL 02 2015

autonomie Selbst 05 ist die Technik Egal ob im Auto, im Haus, im Flugzeug oder in der Fabrik: Maschinen übernehmen die Kontrolle und entscheiden zunehmend selbständig. die autonome technik wird sie zur Konkurrenz des Menschen? nein! Lass mich! Kann ich allein! Ein kleines Mädchen schreit, macht dann einen Schmollmund und blickt so finster wie eben möglich aus seinen Kinderaugen. Es will sich die Jacke anziehen. Selber! Ohne Sinn für die morgendliche Zeitnot der Eltern. Die Händchen sind noch ungelenk und das Geschick ausbaufähig. Doch es geht nur um eines: Ich! Was für Eltern nervenaufreibend sein kann, ist für Kleinkinder einer der wichtigsten Schritte in ihrer Entwicklung: Trotz. In der Entwicklungspsychologie steht diese Phase für die Entdeckung des Ich und den Weg in die Selbständigkeit. Darin zeigen sich die ersten Zeichen späterer Autonomie. Wer als Erwachsener selbständig handelt und sein Leben eigenverantwortlich gestaltet, gilt als autonom. Die Fachwelt verwendet dafür den Begriff personale Autonomie. Damit ist aber die höchste Stufe, die ideale Autonomie, noch nicht erreicht. Bei letzterer handelt der Mensch nicht nur aus nachvollziehbaren Gründen, sondern ausschließlich moralisch. Engelsgleich. Die Idee findet sich im kategorischen Imperativ des Philosophen Immanuel Kant wieder. Der autonome Mensch ist der unantastbare Mensch. Der Mensch ist frei, heißt die Maxime Europas seit der Aufklärung, bis heute ist sie im Grundgesetz verankert. Doch es gibt eine dritte Kategorie, die technische Autonomie, von der Kant nichts wusste, weil sie erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts an Bedeutung gewann. Sie bezeichnet das selbständige Entscheiden und Handeln von Maschinen. es gibt häuser, die darüber entscheiden, wie viel und welche räume sie heizen. Es gibt autonome Autos, wie das Google Car, das bereits im August 2012 eine halbe Million Kilometer selbständig gefahren ist. Es gibt Flugzeuge, die ohne Zutun des Piloten starten und landen. Es gibt Fabriken, die ohne Arbeiter ihre Produktion steuern. Die Liste ließe sich endlos weiterführen, die Anwendungen autonomer Technik sind unzählbar, genau wie ihre Abstufungen. Teils sind die Anwendungen schon real, teils noch visionär. Beim Auto reichen sie vom längst etablierten Antiblockiersystem (ABS) über das teilautonome Fahren mit Assistenzsystemen wie Müdigkeitskontrolle oder Einparkhilfe bis hin zur Idee des fliegenden Autos, in dem der Fahrer zum Passagier wird. Das autonome Fahren wird bis 2030 zusätzliche Umsätze von bis zu 60 Milliarden Dollar weltweit generieren, besagt eine Roland-Berger- Studie aus dem Jahr 2014. Laut der Beratungsgesellschaft Deloitte & Touche wird der Smart-Home-Markt in Europa bereits im Jahr 2017 ein Volumen von 4,1 Milliarden Euro haben. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie investiert mit dem Programm Autonomik 110 Millionen Euro in die Weiterentwicklung von Technologien für die Industrie 4.0. Der Mensch umgibt sich zunehmend mit Technik, die selbständig waltet. Wird sie zur Konkurrenz des Menschen? Bedeutet ihr Fortschritt den Autonomieverlust des Individuums?» 02 2015 FERCHAU AKTUELL

autonomie 06 Ein banales Beispiel verdeutlicht, dass Technik den Willen des Menschen schon heute beschränkt, die Anwendung muss nicht neu und visionär sein: Im Sommer 1985 zeigte das deutsche Fernsehen zum ersten Mal die US-amerikanische Kultserie»Knight Rider«. Im Vorspann fährt ein schwarzer Sportwagen dem Zuschauer entgegen, David Hasselhoff alias Michael Knight sitzt am Steuer. Eine dunkle Stimme sagt aus dem Off:»Er kommt Knight Rider ein Auto, ein Computer, ein Mann.«Pause. Gespannte Stimmung. Der Wagen rollt näher.»knight Rider ein Mann und sein Auto kämpfen gegen das Unrecht.«Der Held der Serie ist das sprechende Auto K.I.T.T., ausgestattet mit künstlicher Intelligenz, das allerdings durch eine ganz andere Sache besonders imponiert: quietschende und qualmende Reifen. Junge Männer auf der ganzen Welt haben K.I.T.T. und David Hasselhoff nachgeeifert. Bis die Antriebsschlupfregelung (ASR) serienmäßig in ihre Autos kam. Moderne Fahrer können nicht mehr mit den Reifen durchdrehen. Die Technik verbietet es. das auto startet den motor nicht, weil es ermittelt hat, dass der fahrer alkoholisiert ist.»die Autonomie des Menschen gerät in Konflikt mit der technischen Autonomie«, sagt Michael Decker. Am Karlsruher Institut für Technologie ist er Professor für Technikfolgenabschätzung am Institut für Philosophie und Leiter des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS). Seit zehn Jahren beschäftigt er sich insbesondere mit den Fragen: Wie verändert Technik die Gesellschaft? Welche Folgen hat das Einführen neuer Technologien für den Menschen?»Wir müssen prüfen, ob der Mensch die autonome Technik als wünschenswert ansieht.«dabei gebe es keine Regel, man müsse sich jeden Fall einzeln ansehen. Das Antiblockiersystem beispielsweise, das automatische Einsetzen der Stotterbremse in Gefahrensituationen, ist bei den Fahrern seit langem als hilfreich akzeptiert; die Antriebsschlupfregelung hingegen verursacht bei manchem Fahrer Verdruss. Andere Assistenzsysteme, die derzeit auf den Markt drängen, könnten ebenfalls in Konkurrenz zu den Absichten des Fahrers stehen: die Müdigkeitskontrolle zum Beispiel. Das Auto misst den Lidschlag des Fahrers und bemerkt, dass dieser müde ist. Das Auto biegt beim nächsten Rastplatz ein, und der Fahrer ist zur Pause gezwungen. Oder eine Variante davon das Auto startet den Motor nicht, weil es ermittelt hat, dass der Fahrer alkoholisiert ist. Das»Ich«will los, das Auto bockt. Sicherheit geht vor Freiheit. Bislang kann der Fahrer solche Assistenzsysteme überstimmen, indem er sie abschaltet.»ein Autonomieverlust des Menschen ist es nur dann, wenn er es zulässt, wenn er die Technik für wünschenswert hält und infolgedessen seine Autonomie einschränken lässt«, sagt Decker. Die autonome Technik bietet nach heutigem Stand dem Menschen also mehr Entscheidungsmöglichkeiten an nicht weniger. Allerdings warnt der Experte davor, dass»die Zahl dieser Entscheidungen auch in Stress ausarten kann«. Und was, wenn Versicherungen kostengünstigere Tarife anbieten für smarte Autos oder smarte Häuser? Der individuellen Entscheidung stehen dann ökonomische Aspekte entgegen. Bei zwei Dritteln der Fahrer gibt es Vorbehalte gegenüber autonomen Autos, ergab eine aktuelle Akzeptanzstudie des Automobil Club Verkehr (ACV). Jeder zweite männliche Fahrer befürchtet einen Verlust an Fahrspaß. 48 Prozent aller Befragten haben Angst vor einem Kontrollverlust und 58 Prozent vor einem Ausfall der Technik. Wenn Maschinen selber entscheiden und handeln, verlassen sie sich auf Sensordaten und einen Algorithmus, der die Daten auswertet. Bei einfachen Anwendungen basiert die Technik auf Wenn-dann-Programmierungen. Ein Beispiel: Die Nacht bricht herein, Außensensoren am Haus registrieren den Zustand»dunkel«und fahren die Jalousien herunter. Doch so simpel ist es selten. Die Anwendungen, die heute entwickelt werden, sind komplexer. Die Sensoren erfassen immer mehr Daten, die Algorithmen werden immer klüger. Manche autonomen Systeme sind lernfähig geworden. Sie entwachsen den Vorstellungen ihrer Macher, erkennen neue Muster in riesigen Datenmengen und entscheiden darauf basierend. Schneller als der Mensch, exakter, effizienter. Wie hier: An der Börse hat sich das High-Frequency-Trading durchgesetzt. Selbständig agierende Börsencomputer ersetzen menschliche Börsenhändler. Der algorithmische Aktienhandel basiert auf komplexen Entscheidungsmustern, die für Börsenhändler nicht mehr nachvollziehbar sind.»der freie mensch jedoch, der über seine zukunft bestimmt er steht auf dem spiel.«yvonne Hofstetter ist eine deutsche Unternehmerin, die intelligente Softwaresysteme entwickelt. Ihre Erfahrungen damit hat sie im vergangenen Jahr in ein Buch verpackt, den Spiegel-Bestseller»Sie wissen alles«. Darin warnt sie vor dem Eindringen intelligenter Maschinen in unser Leben.»In Ihrem Auto fühlen Sie sich grenzenlos frei und unbeobachtet? Ihr Neuwagen weiß genau, wo Sie fahren, merkt sich Ihr Fahrverhalten und leitet es weiter, etwa Ihrer Autoversicherung.«Neue Technologien machten den Alltag bequem, schreibt sie, schließlich schätzten wir Komfort.»Der freie Mensch jedoch, der über seine Zukunft bestimmt er steht auf dem Spiel.«Wann immer diese Technik mit dem Menschen in Berührung kommt, ob nun an der Börse, im Auto, im Netz oder zu Hause, die Maschine dokumentiert das Verhalten des Nutzers. In einem Interview mit der»zeit«sagt Hofstetter:»Daraus werden neue Produkte und Dienstleistungen mit viel künstlicher Intelligenz; Maschinen, die selbständig neue Informationen wie unsere Bewegungsprofile und Alltagsgewohnheiten zusammentragen und verarbeiten. Mit noch mehr Daten lernen sie, uns noch besser zu analysieren und aktiv zu beeinflussen.«ein Angriff auf die Autonomie des Menschen. Es geht nicht darum, autonome Technik abzulehnen wie ein trotziges Kind. Experten wie Michael Decker und Yvonne Hofstetter betonen stets, welche Chancen dieser Fortschritt der Gesellschaft bietet, in ihrer Entwicklung voranzukommen. Es geht darum, sich darüber zu verständigen, wie eine moderne Gesellschaft die neuen Möglichkeiten in ihre Lebenswelt integrieren möchte. Dazu darf sie sich auf ihre Wurzeln in der Aufklärung besinnen: der mensch ist frei. // FERCHAU AKTUELL 02 2015

Lesen Sie mehr über autonome Technik: s. 8/9 Ein Interview mit Professor Decker über Maschinen und Moral 07 s. 12 Wie der Mensch der Maschine nachstrebt s. 16 ff. Automotive-Special Die drei Stufen der Autonomie Erste Stufe Die technische Autonomie beschreibt die Eigenschaft einer Maschine, in bestimmten Bewegungsräumen Steuerungen und Aktionen auszuführen. Sie liegt in Fällen komplexer Automation mit technisch indizierten Freiheitsgraden vor. Der Begriff technische Autonomie wird verwendet, wenn Maschinen aufgrund ihrer Sensorik und ihrer Systemeigenschaften selbständig handeln. Zweite Stufe Die personale Autonomie bezeichnet die Fähigkeit von Menschen, spontan Einstellungen einzunehmen und Handlungen auszuführen, die nicht vorhersagbar sind. Sie vollzieht sich in Handlungen, die begründbar sind. Sie müssen nicht moralisch bestimmt sein. Ein Beispiel für personale Autonomie sind Lebenspläne, Wünsche und Interessen von Individuen. Dritte Stufe Die ideale Autonomie umfasst rein moralisches Handeln des Menschen. Unter idealen Bedingungen würden sich die Handlungen zu einer integralen Einheit zusammenfügen. Referenzpunkte für die ideale Autonomie sind Engel als perfekt autonom und moralisch handelnde Wesen. Modelle sind die Konzeptionen von Rousseaus Gesellschaftsvertrag und Kants Reich der Zwecke. Auch Kants kategorischer Imperativ legt menschlichem Handeln ein verbindliches moralisches Gesetz zugrunde. Aus: T. Christaller, M. Decker, J.-M. Gilsbach, G. Hirzinger, K. Lauterbach, E. Schweighofer, G. Schweitzer, D. Sturma: Robotik Perspektiven für menschliches Handeln in der zukünftigen Gesellschaft; Ethics of Science and Technology Assessment, Springer Verlag, 2001. 02 2015 FERCHAU AKTUELL

08» Roboter, die denken, gibt es nicht!«wenn Maschinen selbständig entscheiden, brauchen sie Moral. Die Regeln dafür gibt ihnen der Mensch vor. Doch welche sind das? Ein Gespräch mit Prof. Michael Decker, Leiter des Instituts für Technikfolgenabschätzung. moral Moral bezeichnet die Regeln, die das Handeln von Menschen bestimmen oder bestimmen sollten, wobei Menschen auf den Verstoß gegen diese Regeln mit Schuldgefühlen reagieren. Die»mores«umfassten traditionell das Spektrum von den Konventionen bis zu sanktionsbewehrten Rechtsregeln. In der Philosophie bei Kant erfolgt eine Verengung und Vertiefung des Begriffs Moral auf die Autonomie des Gewissens jedes Einzelnen. Quelle: Springer Gabler Verlag (Herausgeber), Gabler Wirtschaftslexikon Illustration: Miriam Migliazzi & Mart Klein, dainz.net FERCHAU AKTUELL 02 2015

autonomie können maschinen den menschen ersetzen? Maschinen übernehmen längst mehr als standardisierte Handgriffe. Sie werden künftig Autos steuern oder Alte und Kranke pflegen. Doch kann das Ersetzen durch einen Roboter je komplett sein? Nehmen wir an, ein Rollstuhl fährt vollautonom in einem Krankenhaus. Er holt den Patienten von Station 5 ab und bringt ihn in den Keller zum Röntgen. Technisch würde man sagen, der Pfleger, der den Rollstuhl schiebt, ist damit ersetzt. Es spielen aber auch zwischenmenschliche Faktoren eine Rolle. Den Plausch im Fahrstuhl kann der Roboter nicht leisten. Man muss genau hinsehen: Wozu ist der Roboter in der Lage und wo liegen seine Grenzen? Wenn es gelingen soll, dass Maschinen den Menschen ersetzen, dann muss das in allen Bereichen gelingen, nicht nur im technischen. wenn roboter den menschen ersetzen oder ergänzen, stellt sich die frage: können maschinen moralisch entscheiden? Maschinen entscheiden ja nicht selbständig. Sie entscheiden nach Regeln, die ihnen zuvor jemand programmiert hat. Die Frage muss daher lauten: Wie sollen Roboter Menschen ersetzen? Sollen sie auch moralische Entscheidungen treffen und, wenn ja, nach welchen moralischen Grundsätzen? in der pflege sind moralische beurteilungen unausweichlich. welche regeln könnte es geben, aufgrund deren maschinen entscheiden? Das ist bislang nicht geklärt. Eine Debatte darüber muss dringend geführt werden. Ich gebe Ihnen ein Beispiel für ein moralisches Dilemma: In einem Altenheim kommen zwei Klingelzeichen gleichzeitig aus den Zimmern. Die Frage, die sich der Pfleger oder der Roboter nun stellt: Zu wem gehe ich zuerst? Der Mensch entscheidet auch nach Sympathie oder nach Gewohnheit. Herr Müller klingelt ständig, Frau Meier hingegen meldet sich nur, wenn sie Hilfe braucht. Für Pfleger gibt es unangenehme Patienten, zu denen sie weniger gern gehen. Maschinen sind da deutlich entspannter. Wenn die Datenlage bekannt ist und wir uns auf programmierbare Fairnessregeln geeinigt haben, dann kann der Roboter diese letztendlich besser umsetzen. Denn natürlich besteht die Gefahr, dass Herr Müller gestürzt ist und wirklich jemanden braucht. welche moralischen dilemmata könnten beim autonomen fahren auftauchen? Es besteht die Chance, dass ein autonomes Auto besser fährt als der Mensch. Dafür müssen die Programmierer aber wissen, welche Regeln sie den Fahrzeugen mitgeben sollen. Nehmen wir an, ein Kind läuft Ihnen vors Auto. Der Bremsweg ist zu kurz, Sie können entweder links in den Gegenverkehr ausweichen oder rechts in die parkenden Autos. Alle wissen: Das ist das größte Unglück, das passieren kann. Jede Reaktion, die Sie als Mensch in dieser außerordentlichen Situation zeigen, ist irgendwie toleriert. Mit der Technik haben wir auf einmal neue Möglichkeiten. Zwar kann sie die Physik nicht überlisten, aber sie kann gezielt die Fahrtrichtung verändern besser als der Mensch. Wir könnten sagen: Ein autonomes Auto soll immer mitrechnen, wie es beispielweise durch geschicktes Entlangschrammen an parkenden Autos seine Bremswirkung verbessern kann. Genauso könnten sich Fahrzeuge untereinander über ihre Knautschzonen verständigen. Dann würden sie diese Informationen nutzen, um eine optimale Wirkung dieser Knautschzonen zu berechnen, damit es für alle glimpflich ausgeht. Um dies zu programmieren, müssen wir als Gesellschaft zuerst die Fragen beantworten: Wen schützen wir? Immer das Kind oder immer das Auto mit den meisten Personen? Bislang wissen wir nicht, was wir dem Programmierer sagen würden.»the edge question«ist eine frage, die der literaturagent john brockman prominenten wissenschaftlern und künstlern einmal im jahr stellt. 2015 heißt sie: was denken sie über maschinen, die denken? weshalb? Da denke ich, die gibt es nicht. Was verstehen Sie unter»denken«? Denken nur Menschen? Oder auch Tiere? Ich sage, dass nur Menschen denken. Sie entscheiden rational, geben Gründe für ihr Handeln an, können sich in sozialen Kontexten verorten. Das ist Maschinen nicht möglich. Die technische Autonomie reicht nicht an die Autonomie von Menschen heran. es gibt wissenschaftler, die der meinung sind, sie könnten maschinen ein bewusstsein programmieren. Wenn wir so weit gehen, müssten wir auch akzeptieren, dass Roboter sagen: Das mache ich nicht, weil ich keine Lust habe. Damit wäre für mich der wesentliche Aspekt von Technik verlorengegangen. Es würde keinen Sinn ergeben, so etwas zu kaufen. Es leben mehr als sieben Milliarden Menschen auf der Erde. Es gibt also keinen Mangel an Wesen, die ich mit Respekt und Würde behandeln»muss«. Ich wüsste daher nicht, warum man solche Systeme bauen sollte, mal davon abgesehen, dass man technisch davon noch weit entfernt ist. // 09 02 2015 FERCHAU AKTUELL

* Lesen Sie dazu auch online»biete Büroplatz suche WLAN am Meer.«aus unserem IT-Magazin atferchau #14: bit.ly/1eluhd9 ** Online-Umfrage unter 511 Personen im Alter zwischen 20 und 35 Jahren Quelle: Zukunftsinstitut 10 Wo die Generation Y arbeiten möchte Überraschungssieger öffentlicher Dienst. Die Generation Y ist hinsichtlich ihrer Wunscharbeitgeber wesentlich heterogener, als der Begriff suggeriert. ** 4 % Start-up 14 % 11 % Forschung / Hochschule internationaler Konzern 17 % 10 % familiengeführter Mittelständler 10 % Freiberuflichkeit 12 % 9 % Non-Profiit-Unternehmen Unternehmen in der Region 13 % berufliche Selbständigkeit öffentlicher Arbeitgeber die generation y = die generation pippi Das sind die zwischen 1980 und 2000 Geborenen. Sie wollen frei und unabhängig arbeiten, sie wollen Spaß haben, sie wollen nicht schuften, sondern leben, sich entfalten und ohne Angst vor Autoritäten sein. in der»zeit«. Die mit Pippi Langstrumpf aufgewachsenen Kinder sind im Berufsleben angekommen, und sie verändern den Arbeitsmarkt radikal. Nicht ihre Masse gibt ihnen Macht, sondern die Knappheit an Alternativen in Zeiten des demographischen Wandels. Der Generation Y im Geiste sehr nahe ist die Generation Flux: Es handelt sich um Menschen, die sich in einer turbulenten und unvorhersehbaren Wirtschaftslage am wohlsten fühlen. Die stark darin sind, bewährte Pfade zu verlassen und tollkühne Ideen umzusetzen. Die nichts für sicher halten, aber gerade deshalb kreativ und flexibel denken. * Firmen sind von diesen neuartigen Bewerbern gefordert. Personaler finden sich in einer verkehrten Welt wieder: Nicht der Bewerber will gefallen, sondern das Unternehmen muss dem Bewerber gefallen. Es geht um ein vernünftiges Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit, um ergebnisorientiertes Arbeiten, unabhängig von Ort und Zeit, um die Wertschätzung und den Raum für die Entfaltung der Mitarbeiter. Der beliebteste Arbeitgeber bei den begehrten IT-Nachwuchskräften beispielsweise ist Google, besagt die Young Professionals Trendence Studie 2014. In der deutschen Google-Zentrale in Hamburg gibt es ein hauseigenes Fitnessstudio, Gratisessen und zum Entspannen einen Pool, gefüllt mit türkisen Schaumstoffwürfeln. 20 Prozent ihrer Arbeitszeit dürfen die Mitarbeiter für eigene Projekte aufwenden. Eine Welt, die Generation Pippi gefällt. Nicht nur Berufs- und Quereinsteiger, sondern auch Führungskräfte könnten viel von Pippi Langstrumpf lernen, schreiben Annette Blumenschein und Ingrid Ute Ehlers in ihrem Ratgeber»Der Pippi Langstrumpf-Faktor: Managen mit Kreativ-Kompetenz«. Die Trainerinnen fordern mehr Mut, Neugier und Ideen von Führungskräften und geben in ihrem Buch dazu Anleitung. Die Autorinnen beklagen beispielsweise eine Kultur der Absicherung:»In einer verunsichernden und komplexen Welt des raschen Wandels wie der heutigen scheint das menschliche Bedürfnis nach Sicherheit zuzunehmen.«daraus resultiere häufig das Problem, dass man Entscheidungen hinauszögert oder gar nicht trifft ein Wettbewerbsnachteil. Wer mit solchen Blockaden kämpfe, dem helfe es, zu fragen:»was könnten wir tun, wenn wir den Mut dazu hätten?«zudem müssten Manager nicht nur sich selbst, sondern auch ihren Mitarbeitern vertrauen.»wer engagiert agierende Mitarbeiter haben will, muss den Mut aufbringen, sie entsprechend handeln und entscheiden zu lassen.«pippi braucht keinen Boss. So seltsam es klingt, dass Männer und Frauen in ihren Businesslooks das kleine Mädchen in Ringelsöckchen anhimmeln so real ist es. Eine Gesellschaft, die zielstrebig und leistungsorientiert ist, erhöht das Unperfekte und Komische gerne zum Ideal. Fiktion kann zwar nicht zur Wirklichkeit werden. Denn wer schafft es schon, ein Pferd mit bloßen Händen in die Luft zu stemmen? Wer hat einen Koffer voller Goldmünzen unterm Herd versteckt? Wann ist zweimal drei gleich vier? Doch steht Pippi Langstrumpfs Lebensmotto für den Wunsch: Ach, wie gern würde ich mir die Welt so machen, wie sie mir gefällt. // FERCHAU AKTUELL 02 2015

autonomie 11 Das feuerrote Haar hat sie zu abstehenden Zöpfen geflochten, die Nase ist von Sommersprossen übersät, ihr Mund riesig und breit. Sie trägt ein gelbes Kleidchen und zwei lange Strümpfe, einen geringelten und einen schwarzen. Das ist Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminza Efraimstochter Langstrumpf. Sie ist das stärkste und merkwürdigste Mädchen der Welt und entstammt der Feder der schwedischen Autorin Astrid Lindgren. Das Kinderbuch erschien 1949 in West- und 1975 in Ostdeutschland, verfilmt wurde es 1969, Millionen kleiner Jungen und Mädchen haben es gelesen oder den Film in Fernsehen und Kino gesehen. Aber Pippi ist mehr als eine Heldin aus vergangenen Tagen: Sie greift in die Gegenwart ein. Die Kinder, die die Geschichten nachts unter der Bettdecke lasen oder die Serien vor dem Zubettgehen ansahen, sind groß geworden. Sie führen Unternehmen, engagieren sich in der Politik und ziehen eigene Kinder groß. Ihr Idol haben sie mitgenommen. Wenn Pippi in den Zirkus geht, springt sie in die Manege. Wofür sonst hat sie Eintritt bezahlt? Wenn sie durchs Dorf spaziert, läuft sie rückwärts, da spart sie sich das Umdrehen. Freche Jungs wirft sie auf Bäume, mit Polizisten spielt sie Fangen. In die Schule geht sie nicht, lieber erzählt sie Geschichten von Seeräubern. Pippi will Spaß und sie macht sich ihre Welt, wie sie ihr gefällt.»es wird zeit für die pippilotta in ihnen!«schreiben die Autorinnen Christine Weiner und Carola Kupfer in ihrem Buch»Das Pippilotta-Prinzip«. Die Trainerinnen für Persönlichkeitsentwicklung richten sich damit an Leser, die des Alltagstrotts überdrüssig sind, die mit ihrer Meinung»hinterm Berg halten, weil sie befürchten unangenehm aufzufallen«. In ihrem Buch breiten die Autorinnen Strategien aus, die schwache Persönlichkeiten stark werden lassen. Doch hätten sie Pippilotta als Kind verinnerlicht, müssten sie den Ratgeber dann noch lesen? Vielen anderen scheint dieses Verinnerlichen gelungen zu sein: Die Generation Y, das sind die nach 1980 Geborenen, nennt man auch Generation Pippi.»Denn diese Generation macht sich die Welt, widdewidde wie sie ihr gefällt«, schreibt die Journalistin Kerstin Bund Pippi Langstrumpf ist nicht nur eine Heldin für Kinder, sondern inspiriert vor allem Erwachsene. Sie hilft, Ideen zu verwirklichen, ist der Generation Y ein Vorbild und macht Managern Mut, mehr zu wagen. Die autonome Göre 02 2015 FERCHAU AKTUELL

12 Vom Androiden zum Übermenschen Geschichte der autonomen Maschinen Belebte, autonome Maschinen sind ein alter Traum der Menschheit, Androiden faszinieren uns und stoßen uns gleichzeitig ab. Doch nicht nur die Roboter veränderten sich im Laufe der Geschichte, auch wir Menschen streben inzwischen den Maschinen nach. Vom prager golem über die replikanten bis zu lieutenant commander data in»star Trek«haben sich die Menschen selbstgeschaffene Begleiter an die Seite gestellt. Derartige Legenden und Geschichten faszinieren uns, denn sie spielen mit dem Credo der göttlichen Schöpfung und zeugten einst von der bevorstehenden Aufklärung. So war der golem ein menschähnliches Gebilde aus Lehm, das im Mittelalter durch jüdische Rituale und Zahlenmystik ins Leben gerufen wurde. Zu ähnlicher Zeit soll Albertus Magnus in Köln mit Hilfe von Magie und Alchemie eine Bildsäule geschaffen haben, die sprechen und sich bewegen konnte. Der mediale Durchbruch der androiden erfolgte im 18. und 19. Jahrhundert mit der zunehmenden Industrialisierung und dem gesellschaftlichen Wandel. Die Geschichten spiegeln einerseits die Angst von uns Menschen vor Veränderungen wider, andererseits loteten sie aber auch die Grenzen der technischen und menschlichen Möglichkeiten aus. Die Maschine ist ein mächtiges Werkzeug und zugleich Bedrohung, wenn wir sie nicht kontrollieren können. Goethes Ballade vom»zauberlehrling«aus dem Jahr 1797 spricht doppelt Bände die unkontrollierte Technik des beseelten Besens verwies auch auf den gesellschaftspolitischen Wandel der Welt, in der das Autonomiestreben des Einzelnen mit Sturm und Drang auf die traditionelle Ordnung traf. Im frühen 19. Jahrhundert verfasste Jean Paul seine Humoreske»maschinenmann«, deren Titelgestalt jede Tätigkeit mittels einer Maschine erledigt. E.T.A. Hoffmann kritisierte in seinem»sandmann«die Aufklärung und die (sich immer weiter ausdehnenden) Grenzen der Wissenschaft. Der Untertitel von Mary Shellys»frankenstein«verweist direkt auf den Gedanken, dass sich der Mensch selbst zum Schöpfer aufschwingen kann:»der moderne prometheus«. Kurz zuvor, im Jahr 1800, hatte das elektrische Zeitalter mit der ersten Batterie begonnen, der voltasäule. Der bekannteste historische Android ragt deshalb heraus, weil er keiner Geschichte entstammte, sondern tatsächlich»lebte«: Der schachtürke wurde 1769 vom genialen Tüftler Wolfgang von Kempelen erbaut, um gegen illustre menschliche Gegner im Schachspiel anzutreten. Es dauerte über 70 Jahre, bis entlarvt wurde, dass sich im Inneren der Maschine ein Mensch aufhielt, der die künstlichen Arme und die Figuren auf dem Brett bewegte. In der Zwischenzeit war das Gerät auf große Tournee durch Europa und die Vereinigten Staaten gegangen. Die Maschine wurde nachgebaut und auch als ägypter neu aufgelegt beide Modelle verbrannten später in einem Museum. Eine Rekonstruktion steht heute im Heinz Nixdorf MuseumsForum in Paderborn. Mit der Digitalisierung gibt es nun einen einschneidenden Wandel in der Perspektive zwar werden uns die Roboter optisch und rechnerisch immer ähnlicher, aber im Gegenzug hat die Menschheit begonnen, sich an den Maschinen zu orientieren. Dieser»Transhumanismus«, also die Fortschreibung des Menschen in der Technik, steckt mitten im Aufbruch. Genforschung, Biotechnik, Gedankensteuerung des Computers, erweiterte Realität und die Vermessung des Individuums zeigen Tendenzen auf, in denen sich Nietzsches Philosophie vom Übermenschen abbildet.»die größte Revolution der nächsten 100 Jahre wird das Menschsein selbst betreffen«, sagte der israelische Historiker und Autor Yuval Harari unlängst in der»süddeutschen Zeitung«. Denn bei all den historischen Veränderungen der Menschheit sei bislang eine Sache statisch gewesen: wir. Bilder: Wikipedia Wikimedia Commons FERCHAU AKTUELL 02 2015

autonomie Anzahl der bis zum Jahre 2017 eingesetzten Industrieroboter: 1 292.000 340.000 428.000 NORDAMERIKA EU CHINA IN KALIFORNIEN SIND 29 AUTONOME AUTOTYPEN 2 ZUGELASSEN. IN CA. 20 JAHREN SOLL ES ÜBER AUTONOME FAHRZEUGE 50 MILLIONEN 3 AUF DEN STRASSEN GEBEN. MIT EINER LÄNGE VON FÜNFZEHN METERN UND EINER FLÜGELSPANNWEITE VON ZWÖLF METERN IST DER MECHANISCHE DRACHE»TRADINNO«DER GRÖSSTE VIERBEINIGE SCHREITROBOTER DER WELT. ER WAR FÜR DEN 4 EINSATZ IM ÄLTESTEN DEUTSCHEN VOLKSSCHAUSPIEL,»DER DRACHENSTICH«, GEBAUT WORDEN. 13 150 SENSOREN 5 BEFINDEN SICH IN EINEM HEUTIGEN MITTELKLASSEWAGEN. DAS AUTONOME FAHREN WIRD BIS 2030 ZUSÄTZLICHE UMSÄTZE VON 60 MILLIARDEN DOLLAR WELTWEIT GENERIEREN. BIS ZU 40 MILLIARDEN DOLLAR ENTFALLEN AUF 6 VERKÄUFE VON KOMPONENTEN UND BIS ZU 20 MILLIARDEN AUF SOFTWAREPRODUKTE. 4,9 MILLIARDEN MIT DEM INTERNET 25 MILLIARDEN VERBUNDEN SEIN. BIS ZUM JAHR 2020 WIRD DIE ZAHL AUF VERNETZTE DINGE STEIGEN. 7 DER KLEINSTE MEDIZINISCHE ROBOTER DER WELT MISST EIN HUNDERTSTEL EINER HAARBREITE, NÄMLICH 0,001 MM. DINGE WERDEN ENDE DES JAHRES 2015 ER KOMMT AUS EINEM LABOR DER ETH ZÜRICH UND SOLL IN ZUKUNFT IN SCHWÄRMEN MIT MEDIZINISCHEN 8 WIRKSTOFFEN BELADEN DURCH DEN KÖRPER ZU INFEKTIONEN ODER KREBSTUMOREN GESTEUERT WERDEN. Quellen: 1) International Federation of Robotics IFR, 2) computerbild.de, 3) IHS Automotive Inc., 4) Guinness Buch der Rekorde, 2014, 5) K. Reif, Bosch Autoelektrik und Autoelektronik, 6) Roland-Berger-Studie 2014, 7) Gartner Inc. 8) 20min.ch 02 2015 FERCHAU AKTUELL

14 Mit 300 km/h auf Punktejagd Neben dem Engagement als Hauptsponsor der Handball-Legende VfL Gummersbach unterstützt FERCHAU seit diesem Jahr auch die deutsche Motorradrennsport-Hoffnung Florian Alt. Der 19-Jährige fährt aktuell seine erste Saison in der Moto2-WM. Moto2, das ist Rennsport-Action voller Dramatik und Leidenschaft in der zweithöchsten Prototypenklasse der Motorrad- WM des Straßensports. Die spektakuläre Serie löste 2010 die bekannte 250-ccm-Klasse ab. Anders als in den seriennahen Superbike-Rennen sind hier ausschließlich Prototypen mit einheitlichen 600-ccm-Viertakt-Motoren zugelassen. Auch Teile wie ECU, Ein- und Auslassventile, Kolben, Bremsen müssen einheitlichen Standards entsprechen, damit für alle Teams möglichst gleiche Voraussetzungen gelten.»das ist schon bedeutend fairer als früher«, weiß Pilot Florian Alt, der 2012 als Sieger des internationalen Red Bull MotoGP Rookies Cup und als deutscher Meister der 125-ccm-Klasse für Furore sorgte. Erst im letzten Jahr bestätigte der gebürtige Gummersbacher sein Potential mit der Vizemeisterschaft in der Moto2-Klasse der wichtigen spanischen CEV-Meisterschaft.»Von dort bis zur Moto2-WM war es ein nahezu logischer Schritt«, freut sich der 1,84 Meter große Oberberger. Bei den auf mehreren Kontinenten stattfindenden Rennen ist er mit einer Suter-MMX2 unterwegs. Das rund 140 PS starke Kraftpaket erreicht streckenabhängig Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 300 km/h. Sein Aluminium-Chassis stammt von der schweizerischen Firma Suter Racing, die Hightech-Lösungen für den Prototypen-Markt entwickelt.»die Teile für den Leichtbaurahmen werden aus einem gewaltigen Aluminiumblock herausgefräst und passgenau zusammengesetzt.«das Gewicht des Bikes liegt leer bei 138 Kilogramm. Gefahren wird mit Dunlop-Rennbereifung. Dass seine Rennsportkarriere seit dieser Saison von FERCHAU unterstützt wird, freut den für das italienische Ioda-Team startenden Florian Alt ganz besonders:»es war für mich schon immer wichtig, in meiner oberbergischen Heimat vernetzt zu sein.«für FERCHAU-Geschäftsführer Stefan Eichholz bedeutet das Engagement im Motorradrennsport den Brückenschlag vom Engineering zum Spitzensport:»Motorsport ist Entwicklungskompetenz, Dynamik und Leidenschaft, eben Technik auf höchstem Niveau. Genau dafür steht auch FERCHAU. Und mit Florian Alt unterstützen wir einen Fahrer, dessen beeindruckende Entwicklung wir schon seit längerem verfolgen.«motogp.com und flo66.de GEWINNSPIEL 2 x 4 VIP-Karten für MotoGP! Röhrende Motoren, dramatische Positionskämpfe und an die Grenze gehende Fahrer, die sich mit ihren pfeilschnellen Maschinen rasant in die Kurven legen: Machen Sie mit bei unserem Gewinnspiel und erleben Sie mit Fortunas Hilfe drei Tage lang die einmalige Rennsportatmosphäre in der zweithöchsten Prototypenklasse der Motorrad-WM (MotoGP 2). FERCHAU verlost jeweils vier VIP-Eintrittskarten (inkl. Übernachtung im EZ sowie Zugang zum Fahrerlager) für die Grand- Prix-Veranstaltungen von Deutschland (Sachsenring, 10. 12.07.2015) und Tschechien (Brünn, 14. 16.08.2015). Was Sie tun müssen? Loggen Sie sich ein unter ferchau.de/go/gewinnspiel und sagen Sie uns, wie viel PS die Maschine von Florian Alt hat. Kleiner Tipp: Aufmerksam diese Seite lesen. Einsendeschluss ist der 30.06.2015 (bitte den Grand Prix Ihrer Wahl nennen). Viel Glück! WIR GRATULIEREN Über ein iphone 6 mit 4,7-Zoll-Bildschirmdiagonale hat sich Herr Andre Langel gefreut. Er arbeitet bei der GE Wind Energy GmbH. Herzlichen Glückwunsch! FERCHAU AKTUELL 02 2015

red pages 15 FERCHAU AUGMENTED REALITY APP Jetzt mit Selfie-Modus Mit einer Reihe neuer Features wartet das ab sofort herunterladbare neue Release 4.0 (ios, Android) der FERCHAU Augmented Reality (AR) App auf. Konzipiert für die aktuellsten Geräteklassen, bietet es Ihnen die Möglichkeit, noch feiner aufgelöste 3D-Technikmodelle des FERCHAU- Leistungsspektrums virtuell aus allen Perspektiven zu betrachten. Clou ist der Selfie-Modus, mit dem Sie Selfies von sich und den ausgewählten 3D-Modellen erstellen können. Neu: App laden, FERCHAU-Logo auf der Titelseite scannen und Engineering im Detail erleben. ferchau.de/go/apps TOP-ARBEITGEBER FERCHAU bei Deutschlands Besten FERCHAU zählt zu den besten Arbeitgebern Deutschlands. Das bestätigt die von FOCUS gemeinsam mit XING und kununu durchgeführte Erhebung Top-Arbeitgeber 2015 national. FERCHAU wurde unter den Großunternehmen erstmals in drei Branchenkategorien auf die oberen Ränge gewählt: in der Branche»Dienstleistungen«auf Platz zwei, in der Kategorie»Beratung, Agenturen, Kanzleien, Forschung und Technik«auf Platz drei. Und im Ranking»Automobil und Zulieferer«nimmt FERCHAU Rang zwölf ein. In einer weiteren FOCUS-Befragung zum Thema»Beste Personaldienstleister«wurde in der Kategorie»Vermittlung von Freelancern«Platz vier erreicht. Auch unter den angehenden Ingenieuren ist FERCHAU einer der beliebtesten Arbeitgeber Deutschlands. Das bestätigt die Universum-Umfrage»Student Survey 2015«, bei der FERCHAU Rang 45 belegt. Noch drei Plätze besser war mit Rang 42 das Abschneiden beim»trendence Graduate Barometer 2015«. ferchau.de/go/top-arbeitgeber JUBILÄEN Köln und Kassel feiern 35-Jähriges»Doppelpack«in Sachen 35-jähriges Bestehen: Mit Köln und Kassel feiern gleich zwei FERCHAU-Niederlassungen am 1. Juli 2015 ein besonderes Jubiläum. Zum Team von FERCHAU Köln gehören mehr als 100 Mitarbeiter. Tätigkeitsschwerpunkte sind die automobile Fahrzeugtechnik, der Maschinen- und der Sondermaschinenbau sowie die Informationstechnik. Neben Engineering-Support durch einzelne Fachkräfte und IT-Consultants wickeln drei Projektgruppen komplette Arbeitspakete im Bereich des Maschinenbaus und der Elektrokonstruktion ab. Die Automobilindustrie hat auch für FERCHAU Kassel zentrale Bedeutung. So ist das Team eines Onsite-Büros bei einem OEM mit fertigungsbezogener Infrastrukturplanung befasst. Die weiteren Tätigkeitsschwerpunkte der Niederlassung liegen im Maschinen-/ Sondermaschinenbau (u. a. ein Technisches Büro), in der Wehrtechnik sowie in der Elektro- und der Automatisierungstechnik. Nicht zu vergessen: der stetig an Bedeutung gewinnende IT-Bereich. Beschäftigt werden mehr als 60 Mitarbeiter. PREISVERLEIHUNG Heinz Ferchau erhielt Lebenswerk-Award Heinz Ferchau, Gründer der FERCHAU Engineering GmbH und bis 2005 Geschäftsführer, ist Preisträger des Business-to-Business-Service-Awards 2015 des Kaufbeurer Marktforschungsunternehmens Lünendonk GmbH Kategorie»Lebenswerk«. Bereits zum fünften Mal zeichnete eine prominent besetzte Medienjury Serviceunternehmen und Serviceunternehmer in den Kategorien»Lebenswerk«,»Leistung«und»Innovation«aus. Zur Begründung der Auszeichnung von Heinz Ferchau heißt es:»der Gründer eines kleinen Ingenieurbüros hat es geschafft, eine der stärksten Marken für Engineering-Services in Deutschland aufzubauen.«ferchau FREELANCE DAS PORTAL FÜR FREELANCER Noch mehr Komfort und Interaktivität Nach dem Relaunch der Web-Applikation FERCHAU Freelance haben freiberufliche Spezialisten ab Juni 2015 die Möglichkeit, noch interaktiver und noch komfortabler ihr Profil einzustellen, online zu pflegen, tagesaktuell offene Projekte bzw. Anfragen einzusehen und sich online für Projekte anzubieten. So kann beispielsweise das eigene Profil direkt aus XING importiert werden. Deutlich komfortabler gestaltet sich außerdem die Suche nach Projekten, inklusive deren Filterung. Die Benutzeroberfläche der Web-Applikation wurde komplett überarbeitet und kann dank des neuen Responsive Designs auf allen mobilen Endgeräten optimal genutzt werden. ferchau.de/go/freelance ÜBERNAHME FERCHAU erwirbt Rostock System Technik FERCHAU Engineering hat über eine Konzerngesellschaft die gesamten Geschäftsanteile der Rostock System Technik GmbH (RST) erworben. RST mit Sitz in Rostock ist eine Tochtergesellschaft der Airbus Group und beschäftigt 150 Mitarbeiter. Die operative Steuerung und Führung der RST erfolgt künftig unter dem Geschäftsbereich FERCHAU AVIATION. Damit stärkt der Spezialist für Luft- und Raumfahrt vor allem das Know-how im Bereich Cabin-Engineering. AVIATION-CEO Harald Felten:»Zusammen mit RST sind wir gerade im Bereich Kabine und Systems- Engineering in der Lage, gewünschte Projektpakete noch lösungsorientierter abzuwickeln.«02 2015 FERCHAU AKTUELL

16 FERCHAU AKTUELL 02 2015 Illustration: Stephan Walter

17»Nutzen statt kaufen?«und:»welche Übernahmezeiten sind im Fall der Fälle beim autonomen Fahren gefordert?«zwei in die Zukunft weisende Fragen, die die Fahrzeugindustrie bewegen. FERCHAUaktuell geht ihnen in seinem automotive-special auf den folgenden Seiten nach. Doch auch schiffbauer und reeder müssen sich neuen Herausforderungen stellen und beispielsweise für»weißen Rauch bei schweren Pötten«sorgen. Womit wir beim Thema umweltverträglichkeit wären, für das die elektroindustrie auch aus der Vergangenheit bekannte Wirkprinzipien wiederbelebt. Nur drei von sieben fachbereichen der FERCHAU World of Engineering. Welche spannenden Geschichten sich mit den weiteren vier Schlüsselbranchen verbinden erfahren Sie ebenfalls in unserem großen Technikteil. 02 2015 FERCHAU AKTUELL

18 1/4 Von Fall zu 2/4 3/4 Fall 4/4 Das Motorsteuergerät ist Hirn und Herzstück vieler vernetzter Einzelkomponenten beim Automobil. Daraus resultieren hohe Anforderungen an eine dauerhaft zuverlässige Funktion. Dr. Stefan Gazdag und sein Kollege Philipp Pollok von FERCHAU Stuttgart tragen durch ihre Tätigkeit beim Technologie- und Dienstleistungsunternehmen Bosch dazu bei, dass diese gewährleistet ist. FERCHAU AKTUELL 02 2015

world R ums da hat es gescheppert. Mein Kaffeebecher liegt auf dem Boden, und die Kollegen gucken erschrocken. Aber: Passiert ist passiert. Beim Geschirr lässt sich das verschmerzen. Was aber wäre gewesen, wenn mir statt der Bürotasse ein sensibles Bauteil wie zum Beispiel ein Kfz-Motorsteuergerät aus der Hand geglitten wäre? Und wie werden die Auswirkungen solcher»unfälle«untersucht? Anlass für mich, Redakteur der FERCHAUaktuell, einmal der Frage nachzugehen, wie mechanische Festigkeit evaluiert wird und wie FERCHAU-Mitarbeiter diesen Prozess bei Bosch unterstützen. Im Geschäftsbereich Automotive Electronics der Robert Bosch GmbH sind zwei Mitarbeiter von FERCHAU Stuttgart mit dieser Thematik befasst wenn auch an unterschiedlicher Stelle.»Unsere Gruppe«, berichtet Dr. Stefan Gazdag im Telefoninterview,»unterstützt die Freigabe von Motorsteuergeräten simulativ und über die Erprobung selbst. Ich bin im Bereich Simulation tätig und bilde Fallversuche mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode (FEM) ab. Aktuell validiere ich ein FE-Modell der Leiterplatte mit den Lötstellen und dem Prozessor. Bevor die Erprobung erfolgt, gilt es sicherzustellen, dass das Modell und damit die Konstruktion korrekt ist.sensible«lötstellen Kollege Philipp Pollok ist im Projektmanagement in die Entwicklung eines PlattformMotorsteuergeräts eingebunden.»meine Tätigkeit fokussiert sich auf die Musterkoordination für die Erprobung. Dabei geht es um die Bedarfsplanung, beispielsweise: Was wird für mechanische Tests, was für die Erprobung und die entsprechenden Prüfanlagen benötigt? aber auch um Bestellungen bei Lieferanten, die ebenfalls in meine Zuständigkeit fallen. Letztlich kommt es darauf an, dass zur richtigen Zeit am richtigen Platz die richtigen Geräte liegen. Meine Tätigkeit hat also in erster Linie mit Planung und Koordination zu tun.warum sind Festigkeitsberechnungen gerade bei den Lötverbindungen so wichtig?«, möchte ich von Stefan Gazdag wissen.»experimente haben gezeigt, dass im Belastungsfall die Lötstellen bestimmter Bereiche verstärkt beansprucht werden können«, erläutert der promovierte Maschinenbauingenieur.»Beispielsweise dort, wo Spannungsspitzen auftreten. of engineering 19 Das sind Erfahrungswerte. Daher richte ich bei der simulativen Analyse besonderes Augenmerk auf diese als kritisch erkannten Bereiche.«Basis für die Modellvalidierung sind von der Konstruktion zur Verfügung gestellte CAD-Modelle im IGES- oder im STEP-Format, die für die nachfolgende Berechnung bereits vernetzt sind oder von Stefan Gazdag in ANSYS Workbench vernetzt werden.»bei der Modellvalidierung geht es darum, das jeweilige Modell entweder auf Basis eines Experiments oder mit einem anderen, bereits validierten Modell abzugleichen. Die Herausforderung besteht darin, die richtigen, das heißt: übereinstimmende Ergebnisse zu erlangen. Der nächste Schritt ist dann die Anwendung des Modells für das komplette Steuergerät.«gewisses sicherheitspolster Ansprechpartner von Philipp Pollok sind die Musterplanung und der Musterbau im Bosch-Werk Salzgitter.»Mit der Musterplanung stimme ich ab, wann welche Geräte für die Erprobung zur Verfügung stehen müssen. Gegebenenfalls nehme ich auch eine entsprechende Priorisierung vor. Gemeinsam gehen wir die Bedarfsplanung durch und legen fest, was bei externen Lieferanten, wie zum Beispiel den Zulieferern der Gehäuseteile, bestellt werden muss. Das alles geschieht in einem sehr frühen Projektstadium, damit es beim Musterbau nicht zu Materialengpässen kommt. Später bin ich dann oft auch bei den Abnahmen der Anlagen vor Ort.«i Dipl.-Ing. (BA) Stephan Tempelmann Niederlassungsleiter Stuttgart stuttgart@ferchau.de ferchau.de/go/stuttgart Links im Bild: dr. stefan gazdag philipp pollok FERCHAU Stuttgart»Wie kann man bereits zu so einem frühen Zeitpunkt wissen, wann was gebraucht wird?«, hake ich nach.»das ist in der Tat nicht so einfach«, konstatiert der 25-jährige Wirtschaftsingenieur.»Da zählen Erfahrungswerte. Und wir planen auch gewisse Puffer für alle Eventualitäten ein «Entsprechende Erfahrungen konnte Philipp Pollok bereits als Praktikant im Bosch-Geschäftsbereich Car Multimedia sammeln, wo er an der Entwicklung eines Kombiinstruments beteiligt war und seinen Tätigkeitsschwerpunkt ebenfalls im Bereich der Musterkoordination hatte. Übrigens: Mein neuer Kaffeebecher hat gleich zwei Henkel. Sicher ist sicher // 02 2015 FERCHAU AKTUELL

20 Nutzen statt kaufen der autokunde von morgen Das goldene Zeitalter des Autos geht vorüber, die Grenzen des Wachstums sind in Sichtweite. Kunden orientieren sich neu, und Hersteller müssen umdenken: Kreative Geschäftsmodelle und Partnerschaften sind nötig, denn Nutzen ist das neue Haben. fließt«, behaupteten schon Heraklit und Platon weil sie das heutige Verkehrsaufkommen in urbanen»alles Ballungsräumen nicht kannten. Beispielsweise in Stuttgart, der»stau-hauptstadt«deutschlands, deren Autofahrer nach Berechnungen eines Navi- Herstellers pro Jahr durchschnittlich fünf Tage im Stau stehen. Und laut ADAC gab es 2014 in Deutschland 475.000 Staus mit einer Gesamtlänge von 960.000 Kilometern. Das kostet Zeit, Geld und Nerven nun denken viele Kunden um: In der Studie»Cars Online«von Capgemini ist der Anteil der Deutschen, die sich mit alternativen Verkehrskonzepten beschäftigen, im vergangenen Jahr auf 30 Prozent gestiegen:»gerade in dichtbesiedelten Regionen mit gutem öffentlichem Verkehrsangebot erfreuen sich Car- Sharing, Mobilitäts-Pakete, Ride-Sharing und intermodale Transportpakete wachsender Beliebtheit.«Über einen Kamm scheren lassen sich die Kunden der Zukunft jedoch nicht. Die Zahl der automobilen Nischen für Familien und Singles, Stadt und Land, Dienstwagen und Cabrios, Europäer und Asiaten ist drastisch gestiegen. BMW allein bietet heute über 30 Modellfamilien an und ist damit keine Ausnahme mehr. Dennoch ist es schwierig, gerade die Jugend zu erreichen. Der Anteil der unter 21-Jährigen mit Führerschein sank in Baden-Württemberg von 30 Prozent im Jahr 2004 auf 23 Prozent im Jahr 2012, und auch in Berlin wird heute die Führerscheinquote mit 90 Prozent pro Jahrgang erst bis zu sechs Jahre später erreicht.»automobilhersteller müssen sich viel einfallen lassen, um gegen die starke Konkurrenz der IT-Anbieter bestehen zu können«, sagt Christoph Donnert, Automotive-Experte bei FERCHAU in München.»Autofahren ist out, Smartphones werden wichtiger«titelte etwas überspitzt dazu die»faz«. Wenn das Auto jedoch in den Hintergrund rückt, gerät das gesamte System in Bewegung.»Schließlich gewinnt Mobilität weiter an Relevanz, und der Anteil der Mobilitätskosten an den Einkommen steigt weltweit an«, prognostiziert Dr. Juergen Reiner, Partner und Automotive-Experte bei der Strategieberatung Oliver Wyman. Reiner argumentiert mit der schlechten»auslastung«der Autos heute, die den Großteil ihres Lebenszyklus parken:»jede brachliegende Ressource, die technologisch erschlossen und optimiert werden kann, ruft neue Unternehmen auf den Plan.Die Autonutzung muss wesentlich schlauer werden«, fordert auch der Berliner Wissenschaftler Dr. Andreas Knie:»Wir müssen den flüssigen Verkehr organisieren und nicht den stehenden.«der Professor FERCHAU AKTUELL 02 2015