Wann ist eine Wand nass?



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Transkript:

Wann ist eine Wand nass? Eine blöde Frage, werden sich jetzt viele Leser denken. Jeder kann sich unter einer nassen Wand etwas vorstellen. Aber genau das ist das Problem. Die Vorstellungen davon sind eben subjektiv und können weit auseinanderliegen. Für den Verkäufer ist der Keller trocken, da keine Pfützen auf dem Boden stehen und die Wände nicht vor Wasser glänzen. Der Käufer (oder die Käuferin) werden schon unruhig, wenn sie ein paar Stellen sehen, an denen die Farbe abblättert. Ein Vertreter oder Gutachter, der von kontaktierten Trockenlegungsfirmen ins Haus geschickt wird, um unverbindlich und kostenlos den Keller zu begutachten wird auch andere Vorstellungen von diesem Begriff haben. Immerhin verdient er an diesem potentiellen Kunden, wenn es zum Vertragsabschluss kommt. Seine Darstellungsweise ist geprägt von piepsenden und blinkenden Geräten, die mit wichtiger Miene an die Wand gehalten werden und deren LEDs gefährlich signalrot aufleuchten und nur selten grün. Es gibt dann von ihm Messprotokolle in dem hohe Prozentzahlen als Mauerfeuchte dokumentiert sind, abgelesen von seinem Gerät. Zahlen von 60%, 70% und darüber sind dann keine Seltenheit. Als Konsequenz werden gefährlicher Schimmel, der ihre Gesundheit bedroht und Salze, die ihr Mauerwerk zerfressen als Folge dieser Feuchte genannt. Natürlich hat der Fachmann auch die entsprechende Lösung in Form eines patentierten einmaligen Verfahrens der Fa. Herrmann Gewinnsucht KG parat, gegen ein entsprechendes Entgelt natürlich. Dafür mit Geld-zurück-Garantie, wenn es nicht funktioniert.

Aber was heißt das, 75% Mauerfeuchte? Womit wir beim Thema wären, was ist Mauerfeuchte, wie wird sie gemessen, was bedeuten die gemessenen Werte und wie sind sie zu interpretieren? Die einfachste und beste Interpretation, zumindest was den Keller betrifft, hat unser alter Lehrmeister genannt: Trocken ist die Abwesenheit von Wasser in tropfbar- flüssiger Form. Nun kennen wir alle Feuchteerscheinungen an Wänden. Dunkle, nasse Wandbereiche, Salzränder, losen Putz, Schimmel, was ist damit? Um das zu verstehen muss man sich ein wenig mit der Problematik Feuchte in Baustoffen auseinandersetzen. Wo tritt Feuchte auf? Probleme bereitet sie in porösen, hydrophilen Baustoffen. Das sind praktisch alle gängigen Wandbaustoffe wie Ziegel, Kalksandstein, Beton, Holz, Putz. Glas, Metall, Kunststoff gehören nicht dazu, sie sind weder hydrophil (wasseranziehend) noch porös. Es liegt also erst einmal am Baustoff selber. Nur was eine poröse Struktur, also Hohlräume, aufweist, kann feucht werden. Das heißt je weniger Poren ein Baustoff hat, je weniger feucht bzw. nass kann er werden. Eine Glasscheibe kann nur an der Oberfläche feucht werden, z.b. durch Kondensatbildung. Auch auf der Oberfläche eines Mauerziegels kann sich Kondensat bilden, aber da sieht man es nicht. Die beiden Eigenschaften Hydrophilie und Porosität leiten das entstandene Wasser in den Stein infolge kapillarer Kräfte ab. Die Glasscheibe ist beschlagen und wirkt nass, der Mauerziegel nicht, er sieht und fühlt sich immer noch trocken an. Und das obwohl er messtechnisch gesehen nasser bzw. feuchter sein kann als die Glasscheibe. Die Art und die Anzahl dieser Hohlräume ist ein weiterer Faktor, der die Feuchte eines Baustoffes beeinflusst. Schaumglas, ein sehr formstabiler Dämmstoff, verfügt über ein großes Porenvolumen so wie viele Dämmstoffe. Er ist aber weder hydrophil noch sind seine Poren für kapillaren Wassertransport geeignet. Sie sind gleichmäßig groß und geschlossen. Kleine Luftblasen in einer Glasschmelze ohne Verbindung untereinander. Im Ziegel gibt es eine Menge von Poren verschiedener Durchmesser und Art, je nach Herstellungsweise des Ziegels. Da ist einmal ein miteinander 2

verbundenes Geflecht von Poren, eine Art Kanalsystem mit verschiedenen Durchmessern. Die Großen sind so weit, das sich in ihnen keine kapillare Strömung ergibt, die Kleinsten sind so eng, das Wassermoleküle nicht hineinpassen. Dann gibt es Sackporen, eine Art Sackgasse, geformt so ähnlich wie ein Blinddarm. Dann gibt es sehr große Poren, mehr schon Hohlräume. Dieser strukturelle Aufbau ergibt sich aus der Herstellungsweise vieler Baustoffe, die aus einem Mineralgemisch unter Zugabe von Wasser entstanden sind. Das überschüssige Wasser, das als eine Art Schmiermittel zur besseren Formung dient, verdunstete. Bei Ziegeln durch Trocknung und Brand, bei Mörtel und Beton durch Erhärtung und Trocknung. Wo das Wasser war, blieben Hohlräume zurück. Das heißt ein Baustoff kann (theoretisch)nur so viel Wasser aufnehmen, wie er an Porenvolumen hat (Gesamtporenvolumen). Ein Teil der Poren ist nämlich nicht in der Lage, Wasser aufzunehmen. Die Menge an Wasser, die ein Baustoff maximal aufnehmen kann heißt Sättigungsfeuchte, angegeben in m³/m³ oder kg/m³ (scheinbares Porenvolumen). In der Praxis werden am Bauwerk diese Werte kaum erreicht, da sie unter Laborbedingungen ermittelt werden. Ein weiterer Wert zur Beschreibung der Bauteilfeuchte ist die Wasserkapazität, das ist die Fähigkeit, Wasser im Material zu speichern. Damit ist diejenige Wassermenge gemeint, die entgegen der Schwerkraft durch kapillare Kräfte entweder als kapillare Filme oder als kapillare Füllstände in Poren gehalten werden. Wasser aus zu großen Poren würde infolge der Schwerkraft nach unten bzw. aus der Wand herauslaufen. Wie groß ist diese Sättigungsfeuchte und die Wasserkapazität eigentlich? Sie ist von Baustoff zu Baustoff verschieden. Hier ein Beispiel für Kalksandstein: Dichte kg/m³ Sättigungsfeuchte m³/m³ Wasserkapazität m³/m³ 1635 0,36 0,27 1755 0,34 0,24 1795 0,32 0,22 1880 0,27 0,18 Im Vergleich dazu Werte eines Vollziegels: 1750 0,29 0,19 3

Die Zahlen können leicht umgerechnet werden: 0,29 entsprechen 290 l/m³ oder 29 Volumen-% Porenraum oder 16,5 Masse%. Je dichter und schwerer der Baustoff, je kleiner das Porenvolumen, je weniger Wasser kann aufgenommen werden. Wo können diese Werte auftreten? Die Sättigungsfeuchte kann sich einstellen, wenn ein Wandbaustoff im Wasser steht oder wenn er von Wasser durchströmt wird. Das kann im Wandfuß einer weißen Wanne passieren, wenn Wasser von außen durch die Wand nach innen dringt. Die Wand kann dadurch bis zur Sättigungsfeuchte Wasser aufnehmen. Das ist aber nur eine theoretische Annahme. Wenn die Verdunstungsrate an der Innenfläche der Wand höher ist als die Menge des nachströmenden Wassers dann bleibt die Wandoberfläche trocken obwohl Teile des Querschnitts der Betonwand wassergesättigt sind. Bei Kellerwänden wird immer von aufsteigender Feuchte oder Kapillarfeuchte gesprochen wenn dort Feuchteerscheinungen zu sehen sind. Dort kann definitiv der Zustand den die Sättigungsfeuchte beschreibt nicht eintreten, da hier nur kapillare Kräfte und nicht Schwerkraft bzw. hydrostatischer Druck wirken. Die maximale Feuchtemenge in einer Wand wird hier durch die Wasserkapazität beschrieben. Allerdings ist das in der Praxis auch ein seltener Fall, da oft mehrere Ursachen für Feuchteeintrag vorhanden sind, Kapillarität allein tritt praktisch nicht auf. Bleiben wir bei Kalksandstein als Material für eine Kellerwand: Wenn so ein forscher Gutachter also ein Gerät vom Typ Protimeter an die Wand hält und dem Kunden auf die Anzeige schauen lässt auf der 75% stehen, was sagt das dem Kunden. Erst mal gar nichts. Die Prozentzahl hat nichts mit den beiden o.g. Zahlen zu tun. In diesem Fall steht sie für Holzäquivalentfeuchte. Wie wird der Feuchtegehalt seriös ermittelt? Durch Messung des realen Wassergehaltes in kg/m³. Dazu werden Proben entnommen und entweder durch Wägung oder durch ein CM- Gerät die Wassermenge ermittelt. Das CM- Gerät misst den Wassergehalt indirekt durch eine chemische Reaktion (Gasentwicklung mit Calciumcarbid). Sonst wird die Masse der feuchten Probe bestimmt, dann die Probe getrocknet und noch einmal gewogen. Aus dem Gewichtsverlust lässt sich der Wassergehalt 4

ermitteln. Erst mit diesem Wassergehalt und der Kenntnis des Wandbaustoffes kann ich dann in einer Tabelle einen Vergleich mit der Wasserkapazität des spezifischen Baustoffes führen. Beispiel: Eine Messung im Sockelbereich eines durchfeuchteten Kellers, errichtet aus KSS 1,8 ergab einen Wassergehalt von etwa 22 kg Wasser pro m³, das entspricht einem Gehalt von 2,2Vol.-% oder 1,2 Masse-%. Die Wasserkapazität dieses Baustoffes beträgt etwa 220 kg/ m³. Wenn ich die beiden Werte ins Verhältnis setze komme ich auf eine Prozentzahl: 10%. Das ist der vorhandene Durchfeuchtungsgrad der Wand. Den kann man nicht mit Geräten messen und sofort ablesen ohne Kenntnis der Art und Dichte des Wandbaustoffes und seine spezifischen Kennwerte. Die nächste Frage ist: Dieser ermittelte Wert von 10% Durchfeuchtungsgrad, ist das schlimm oder noch vertretbar? Damit nähern wir uns der Eingangsfrage, was ist trocken und was nicht mehr. Nun sieht man aber sehr wohl Spuren von Bauteilfeuchte wie Salzausblühungen, Schimmel, feuchter Putz etc. Einfach wäre es in eine Tabelle zu schauen und dort den Wert für die max. zulässige Bauteilfeuchte zu entnehmen. Im Vergleich mit dem gemessenen Wert kann man ganz einfach feststellen was noch zulässig bzw. trocken ist und was nicht. Leider gibt es so eine Vergleichstabelle nicht. Es gibt aber gemessene Werte für trockenes Mauerwerk. Das ist eigentlich unsinnig, trockenes Mauerwerk müsste einen Wassergehalt von 0 haben. Das ist praktisch aber nicht möglich. Wandbaustoffe enthalten immer einen gewisse Menge Wasser, die Gleichgewichtsfeuchte. Die stellt sich auch ein, wenn kein Wasser kapillar oder von außen die Wand belastet. Diese Gleichgewichtsfeuchte hängt ab von den stoffspezifischen Kennwerten und dem Raumklima. Absolut trockenes Mauerwerk aus Kalksandstein hat z.b. einen Wassergehalt von 0,61 Masse- Prozent bzw. etwa 11 Liter Wasser pro m³ bei einem Raumklima von ca. 23 C und einer RLF (relativen Luftfeuchte) von 35%. So eine niedrige Luftfeuchte findet man in benutzten Wohnräumen sehr selten. Deshalb kann es keine einheitlichen Grenzwerte für trockenes Mauerwerk geben. 5

In der Literatur bzw. in der Praxis wird mit einem Wassergehalt von ca. 5 Masse% als trocken gesprochen, manche Autoren geben 5 Volumen% als hinreichend trocken an. Die Unterschiede resultieren aus den Rohdichten der beschriebenen Materialien. Sehr leichte Dämmstoffe sind eben anders zu betrachten als Schwerbeton. Warum gibt es denn Wasser auch in trockenem Mauerwerk, wo kommt es her? Wir unterscheiden verschiedene Feuchtequellen, die unabhängig von eindringendem flüssigem Wasser vorhanden sind. Die wichtigste Quelle ist die Sorptionsfeuchte. Das ist Umgebungsfeuchte, die sich auf Grund der Materialeigenschaften (Hydrophilie, Kapillarität) im Wandmaterial befindet. Sie stammt aus dem spezifischen Raumklima und ergibt sich aus der relativen Luftfeuchte(RLF), also den Nutzungsbedingungen. Dargestellt wird sie in einer Kurve, der Sorptionstherme. Im obigen Beispiel betrug der Wassergehalt bei 35% RLF 11 Liter/m³, bei 62% RLF würde er ca. 20 Liter/m³ betragen, bei 80% RLF ca. 68 Liter/m³. Natürlich stellt sich diese Feuchte nicht sofort ein, die raumklimatischen Bedingungen können sich ständig ändern. Daran kann man aber auch erkennen wie wichtig z.b. regelmäßige Lüftung ist. Diese Sorption puffert überschüssige Raumfeuchte und schafft ein gleichmäßiges Wohnklima. Ohne diese regulierende Eigenschaft unserer Wandbaustoffe müssten wir ständig durch Heizung und Lüftung das Innenklima nachregulieren oder schon nach kurzer Zeit würde das Kondenswasser von den Wänden laufen. Es zeigt aber auch, dass man diese Eigenschaft nicht überstrapazieren sollte. Eine schlecht gelüftete Waschküche im Keller, wo die Wäsche zum Trocknen aufgehängt wird kann eine Menge überschüssiger Feuchte wegstecken, ohne dass man etwas merkt, genauer gesagt im Wandmaterial. Irgendwann aber ist die Grenze der Feuchteaufnahme durch Sorption erreicht. Zuerst bildet sich an den Wänden der Kapillaren ein dünner (monomolekularer) Wasserfilm, erzeugt durch die Anziehungskräfte zwischen Wandmaterial und gasförmigem Wasser. Das Wasser stammt aus der in den Poren wandernden Luft, angetrieben durch die unterschiedlichen Dampfdrücke im Stein und im Raum. Im kühleren Stein verringert die Luft ihr Volumen, Luft strömt in die Kapillaren nach. An den kühleren Porenwänden bildet sich Kondensat, der Druck der Luft fällt usw. Der Wasserfilm an den Porenwänden wird immer dicker (multimolekulare Belegung) je höher die Luftfeuchte. Irgendwann sind 6

die Kapillaren je nach Größe gefüllt. Das entspricht der hygroskopischen Ausgleichsfeuchte. Die maximal aufnahmefähige Wassermenge infolge Sorption ist erreicht. Das ist in etwa die Grenze zwischen noch trocken und nass. Hier einige Beispiele dieser hygroskopischen Ausgleichsfeuchte: Material Feuchte in M% bei der entsprechenden RLF: Historische Vollziegel 2-3 75% Vollziegel 1900 kg7m³ 1 80% Kalkputz, Kalkmörtel 0,5 75% Kalkzementputz 1,5 75% Kalksandstein 1.900 kg/m³ 1,3 80% Darüber beginnt der überhygroskopische Bereich, die Poren füllen sich bis zur freien Wassersättigung. Nicht mehr die Konvektionsströme der Luft, die kapillare Leitung transportiert jetzt das Wasser. Diese Transportleistung liegt etwa um den Faktor 100 höher. Die Dämmeigenschaften ändern sich rapide, überschüssige Luftfeuchte kann nicht mehr durch Sorption aufgenommen werden sondern kondensiert und wird kapillar eingelagert. Bei freier Wassersättigung hat der Kalksandstein 150 bis 200 Liter Wasser pro m³ aufgenommen. Mehr geht nicht. Was jetzt als Kondensat an der Oberfläche entsteht, läuft durch Schwerkraft an der bzw. aus der Wand wieder heraus. Darüber kann die Wand nur noch durch Druck weiteres Wasser aufnehmen, es existieren keine Gleichgewichtszustände mehr. Wir befinden uns im Übersättigungsbereich. So etwas kann z.b. an einer Weißen Wanne oder am Fußpunkt einer Kellerwand auftreten, die mit aufstauendem Wasser beaufschlagt wird und deren Abdichtung nicht funktioniert. Wasser läuft in den Keller. Was wirkt diesen Mechanismen entgegen: Lüftung und Heizung Wenn es mir gelingt, durch Erwärmung oder Luftaustausch oder am besten beides die Verdunstungsrate zu erhöhen kehre ich diesen Prozess um. Es wird mehr Wasser verdunstet und damit gasförmig aus der Wand geführt als durch Sorption, Kondensation kapillar von außen oder unten nachströmendes 7

Wasser oder drückendes Wasser nachströmt. Die Wand trocknet aus. Dieses Gleichgewicht kann auch abschnittsweise entstehen. Die unteren 30, 40 cm der Kellerwand sind infolge von einströmendem Wasser nass, welches kapillar aufsteigt. Im oberen Bereich kann sich ein Feuchtegleichgewicht zwischen Verdunstung und kapillarer Nachströmung ausbilden. Unten am Wandfuß strömt freies Wasser von außen unter Druck nach, hier kann die Verdunstung diese Menge nicht bewältigen. Der Wandfuß ist nass im Sinne des Wortes. Hier kann man jetzt eine Zuordnung der allgemein gebräuchlichen Begriffe zu diesen 3 Bereichen treffen: Trocken: entspricht dem Sorptionsbereich Feucht: Nass: entspricht dem überhygroskopischen Bereich entspricht dem Übersättigungsbereich Übersättigungsbereich Wassersättigung Überhygroskopischer Bereich Ausgleichsfeuchte Wasser- gehalt Sorptionsbereich kg/m³ 0 kg 0% 100% relative Luftfeuchte(RFL) Trockenzustand Sorptionsisotherme eines fiktiven Wandbaustoffes 8

Damit haben wir neben der wohl am häufigsten genannten Art von Durchfeuchtungsursachen der Kapillarität (aufsteigende Feuchte, Bodenfeuchte) und von außen einströmendes Wasser noch eine weitere, immer vorhandene Art von Feuchte, die Sorptionsfeuchte. Dazu kommen noch weitere Arten von Feuchte, die immer mit eine Rolle spielen. Zuerst sei genannt die hygrische Feuchte. Verursacht wird sie von im Wandbaustoff befindlichen Salzen. Die Salze sind entweder bereits produktbedingt im Material vorhanden oder gelangen durch eindringendes Wasser in die Wand. Typische Beispiele sind Auftausalze (Chloride) oder Nitratbildungen infolge der Zersetzung von Fäkalien(Salpeter). Die Salze lagern sich infolge der Verdunstung an den Innenflächen der Wände ab. Neben den Zerstörungen durch Sprengwirkung beim Auskristallisieren binden sie hygrische Feuchte aus der Raumluft. Je nach Salzgehalt und Art können das spürbare Mengen sein. Auch diese Feuchte fließt in die Betrachtung der Frage: feucht oder trocken mit ein. Feuchteeintrag infolge Kondensatbildung wurde hier schon angesprochen, auch das können je nach Nutzungsverhalten erhebliche Mengen an Feuchte sein. Fazit Ein paar Prozentzahlen allein helfen bei der Antwort auf diese Frage allein nicht. Wenn der Sorptionsbereich überschritten wird dann sollte man sehr sorgfältig überlegen, woher diese Feuchte stammt: -aus falscher Nutzung, -aus eingelagerten Salzen, -dringt Wasser von außen ein, -fehlen Abdichtungen gegen kapillare Feuchte. Nach meiner Erfahrung wird der letzte Punkt total überschätzt, oft konzentrieren sich die Trockenlegungsmaßnahmen allein darauf. Man kann damit eben sehr gutes Geld verdienen. Deshalb empfehle ich jedem Hauseigentümer, der sich mit Aufträgen an solche Trockenlegungsfirmen trägt sorgfältig nachzudenken was er selber tun kann oder wirklich muss oder wirklich braucht. Und fragen Sie den Vertreter oder Gutachter wenn er sein Angebot abgibt was diese Prozentzahlen in seinen Listen denn nun eigentlich bedeuten. Wenn er diese Frage nicht beantworten kann oder will schmeißen Sie ihn raus. 9

Denken Sie daran: -weder Sorptionsfeuchte, -noch hygrische Feuchte, -noch Kondensatbildung, lassen sich mit nachträglich eingebauten Abdichtungen oder irgendwelchen Strahlenkästchen oder Injektionen und Wandversiegelungen usw. abstellen. Georg Böttcher fecit 10