Wie sollen Verwalter mit dem BGH Urteil künftig umgehen, was sind die Konsequenzen



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Transkript:

Treubau Verwaltung GmbH Postfach 10 19 54 68019 Mannheim Mannheim, März 2010 Michael von Hauff Interview mit Michael v. Hauff zum Urteil des BGH vom 9.12.09 zur Frage der buchhalterisch richtigen Ausweisung der Instandhaltungsrückstellung in der Abrechnung des WEG Verwalters. Wie sollen Verwalter mit dem BGH Urteil künftig umgehen, was sind die Konsequenzen daraus? Antwort: Ehe man diese Frage beantwortet, muß man als erstes einmal klären, was Instandhaltungsrückstellung überhaupt bedeutet und welche rechtliche Funktion die Instandhaltungsrückstellung hat. Dazu ein paar grundsätzliche Anmerkungen: Die Eigentümergemeinschaft ist im novellierten WEG ausdrücklich als rechtsfähig definiert, d.h. sie hat eigenes Vermögen. Unter Vermögen versteht das Gesetz rechtsgeschäftlich oder gesetzlich erworbene Forderungen und Verbindlichkeiten. Auch zwischen WEG (Verband) und einzelnen Wohnungseigentümern herrscht ein permanentes wechselseitiges Netz von Forderungen und Verbindlichkeiten. Die Abrechnungsspitze ist, wenn sie denn in der Gesamtabrechnung einen Nachzahlungssaldo darstellt, eine Forderung des Verbandes an die Mitglieder, damit gleichzeitig eine Verbindlichkeit der Mitglieder der WEG an den Verband. Es gibt keine Forderungen ohne Schuldner und keine Verbindlichkeiten ohne Gläubiger. Was ist mit Geld? Ist Geld, das ich in der Hand habe, auch eine Forderung? Geld ist immer eine Forderung. Eine Forderung in aufgedruckter Höhe gegenüber dem Staat oder der ausgebenden Bank. Daß Geld ohne den Aufdruck keinen eigenen Wert besitzt, kann man unschwer nachvollziehen. Im Zweifel verursacht die Vernichtung von Banknoten sogar noch erhebliche Kosten, da es sich um Sondermüll handelt. Deshalb ist es ein großes Mißverständnis, wenn man fordert, der Verwalter dürfe keine Forderungen ausweisen da der Ausweis von Geldbeständen immer einen Ausweis von Forderungen darstellt. Wieso ist die Instandhaltungsrücklage eine Verbindlichkeit? Die WEG gehört sich nicht selbst. Sie gehört nach MEAT den Wohnungseigentümern. So wie eine GmbH nicht sich selbst gehört, sondern das Kapital einer GmbH den Gesellschaftern gehört und bei der GmbH als Schuld, d.h. als Verbindlichkeit ausgewiesen werden muß, so gehört die angesammelte Instandhaltungsrücklage nicht der WEG, sondern ist bei der WEG als Verbindlichkeit auszuweisen. Sie gehört den Wohnungseigentümern. Es tut dabei nichts zur Sache, daß, solange die WEG besteht, die Rücklage nicht zurück- Sitz der Gesellschaft: Telefon: (0621) 30 05-0 Geschäftsführer: Amtsgericht Mannheim Am Exerzierplatz 6 Telefax: (0621) 30 05-144 Michael v. Hauff HRB 3884 68167 Mannheim Martin v. Hauff

2 forderbar ist. Es handelt sich bei ihr um Geld, welches die Wohnungseigentümer der WEG zur Verfügung gestellt haben, um bestimmte künftige Ausgaben zu bestreiten. Es soll nicht sofort bzw. innerhalb des Geschäftsjahres ausgegeben werden, sondern vielmehr angesammelt dann zur Verfügung stehen, wenn es für den gedachten Zweck in der Zukunft eingesetzt werden muß. Der Charakter der Rücklage als zu Verbindlichkeiten gehörig wird auch auf andere Weise deutlich: Gibt es keine ausreichenden Rücklagen, müssen die Wohnungseigentümer bei entsprechendem Bedarf zusätzliche Gelder aufbringen. Der Verband hat automatisch eine Forderung gegen seine Mitglieder, wenn dieser Fall eintritt. Diese haben mangels Forderungen an den Verband (Rücklage) nichts dagegen zu rechnen und müssen deshalb bezahlen. Die Rechtsprechung meint, daß nur der auf irgendeinem Konto angesammelte Geldbetrag der Höhe der Rückstellung entspricht. Ist das richtig? Die Höhe der Rücklage entspricht immer und zu jedem Zeitpunkt dem Bestand an Instandhaltungsrücklage zuzüglich der beschlossenen Erhöhung (Zuweisung) minus der beschlossenen Entnahme. Diese Instandhaltungsrückstellung hat sich in der gesamten Geschichte dieser WEG dadurch gebildet, daß die Wohnungseigentümer einen Beschluß gefaßt haben, einen bestimmten Betrag einzahlen zu wollen und diesen Betrag Jahr für Jahr durch die jährlich beschlossene Zuweisung erhöht haben. Zwischendurch haben sie zum Zweck der Finanzierung von Maßnahmen beschlossen, Teile dieser Rücklage zu entnehmen, sprich aufzulösen. Noch einmal ganz deutlich: Wie entsteht die Instandhaltungsrückstellung? Die Rücklage entsteht nicht durch Geldbewegung sondern allein durch den Beschluß der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung. Mit dem Beschluß, 10000 der Rücklage zuführen zu wollen und der Bestimmung wann dies zu geschehen hat, ist einerseits die Forderung des Verbandes gegenüber seinen Mitgliedern entstanden, nämlich eine bestimmte Summe auf das Konto der WEG einzuzahlen, und eine Verbindlichkeit der einzelnen Mitglieder gegenüber dem Verband. Dies entspricht beim einzelnen Eigentümer dem Kostencharakter der Zuweisung zur IR. Umgekehrt ist in gleicher Höhe zum gleichen Zeitpunkt eine Verbindlichkeit des Verbandes seinen Mitgliedern gegenüber entstanden. Dies entspricht der neuen auszuweisenden IR. Ist dann also der Bestand an IR plus die beschlossenen Zuweisungen nach Plan minus der beschlossenen Auflösungen das, was man bisher als Soll Rücklage bezeichnet hat? Es gibt weder eine Soll-Rücklage noch eine Ist-Rücklage. Die hat es auch nie gegeben und ist nur in den Vorstellungen der Einzahlungs-Auszahlungs-Dogmatiker herumgetollt. Unterscheiden muß man zwischen rechtsgeschäftlich eingegangener Verbindlichkeit der WEG gegenüber ihren Mitgliedern, d.h. der Instandhaltungsrückstellung und rechtsgeschäftlich erworbenen Forderungen, also der Geldanlage bei der Bank. Es ist schon allein der Logik wegen, aber auch aus systematischen Gründen zwischen der Bildung von Rücklagen (Rückstellungen) und der technischen Überweisung von Geld auf ein oder von einem Konto zu unterscheiden. Wenn, wie oben ausgeführt, Rücklagen der Eigentümer-

3 gemeinschaft immer Schuldcharakter haben, ist es völlig unmöglich, durch irgendwelche Überweisungsvorgänge von einem Konto auf das andere diese Rücklage zu verändern. Insoweit hat der BGH endlich der von mir seit 25 Jahren vertretenen Meinung zum Durchbruch verholfen, daß das Anlegen von Geld auf irgendeinem Konto (auch noch fälschlicherweise Rücklagenkonto genannt) eine Ausgabe der WEG darstellt. Die Gemeinschaft kann nicht dadurch, daß sie von einem Konto (= Forderung gegen die Bank) auf ein anderes ihr ebenfalls gehörendes Konto (= Forderung gegen die gleiche Bank ) Geld überweist, eine Ausgabe tätigen. Zu dieser Erkenntnis hätte es wahrlich nicht eines richtungsweisenden Urteils des BGH bedurft! Dennoch ist der BGH in seinen Bemühungen leider auf halbem Weg stehen geblieben. Immer noch vermischt man Geldbewegungen mit Forderungen und Verbindlichkeiten. Damit verstößt man eindeutig gegen das novellierte WEG. Auch die Rechtsprechung des BGH sollte sich nicht einfach über den Gesetzestext hinwegsetzen, nur weil sie ihn offensichtlich nicht verstehen will, weil er ihrem Dogma von der Einzahlungs-Auszahlungs- Abrechnung einen Stoß versetzt. Das novellierte WEG berücksichtigt alle von mir seit 25 Jahren angeführten Argumente. Sie sind ausdrücklich in den neu gefassten Text aufgenommen und offensichtlich, wenn man denn bereit ist, ihn aufmerksam zu lesen. Ist die IR Verbindlichkeit genau gleich hoch wie die Geldanlage? Das wäre theoretisch möglich, wenn die WEG nicht als tatsächliches Rechtssubjekt alle möglichen Geschäftsvorfälle produzieren würde, die dazu führen, daß sie am Jahresende Forderungen hat. Warum deshalb eine eins zu eins gleiche Höhe von Instandhaltungsrückstellung (Verbindlichkeit) und Geldanlage (Forderung) nicht ohne weiteres möglich ist, soll ein typisches und von der Rechtsprechung zähneknirschend anerkanntes Beispiel, nämlich der Heizölvorrat dienen: Der von der WEG bezahlte aber nicht in die Abrechnung der WEG am Jahresende eingehende Restbestand an Heizöl ist Vermögen und damit buchhalterisch Forderungen gleichzusetzen. Wie aber ist er finanziert? Gehen wir davon aus, daß der Wirtschaftsplan so genau aufgestellt wurde, daß es außer diesem Betrag keine weiteren Forderungen gegen die Wohnungseigentümer gibt. Was dann? Das Geld ist liquide abgeflossen. Wo hat man es denn hergenommen? Natürlich von der Bank und damit aus dem Forderungsteil, der durch die Einzahlung von Rücklagenbeträgen entstanden ist. Die Rechtsprechung hat jahrzehntelang gemeint, es handle sich bei dieser Art von Finanzierung nur um einen den Jahresanfang kurzfristig überschreitenden Betrag und deshalb den Verwaltern freigestellt, sich die notwendige Liquidität bei der WEG und ihrer Rücklage zu leihen. Daher kam der buchhalterisch absurde Vorschlag, eine Verbindlichkeit der WEG an sich selbst auszuweisen, getreu der Vorstellung von Oma Runzels Sparstrümpfchen, aus dem sie vorübergehend ein paar Münzen entnimmt, weil im anderen Strumpf gerade mal eben nicht genug drin ist. Diese Betrachtung ist deshalb immer falsch gewesen, weil der Bedarf an Liquidität nicht kurzfristig sondern permanent ist. Zu jedem Zeitpunkt ist die Höhe sämtlicher Verbindlichkeiten gleich der Höhe sämtlicher Forderungen der WEG. Da die Rücklage nur eine Ver-

4 bindlichkeit unter anderen und die Geldanlage nur eine Forderung unter anderen darstellt, ist eine Betragshöhenidentität nur auf einem Umweg erreichbar. Wie kann man dann, wenn man offensichtlich Umlaufvermögen finanzieren muß, aber dennoch eine Geldanlage in der exakten Höhe der Instandhaltungsrücklage bereit halten will, dies erzeugen? Ganz einfach: Jede WEG, die meint sie hat irgendwelches Umlaufvermögen zu finanzieren (und jede WEG sollte dies meinen, weil es schlicht der Lebenswirklichkeit entspricht) sollte sinnvollerweise eine Betriebsmittelrücklage (BMR), oder auch Liquiditätsrücklage (LIQ) genannt, beschließen. Sie muß so reichlich bemessen sein, daß folgendes damit aufgefangen werden kann: Forderungen gegen die Wohnungseigentümer aus der Abrechnungsspitze Forderungen gegen Versicherungen wegen nicht erstatteter, aber von der WEG vorgelegten Handwerkerrechnungen Forderungen an Versorgungsbetriebe aus laufender Rechnung (wegen Überzahlungen im Rahmen von Vorauszahlungen) Nach FIFO bewerteter Bestand an Heizöl zum Ende des Wirtschaftsjahrs Sonstige Forderungen, die nicht Forderungen gegen Geldinstitute darstellen. Bildet man diese BMR konsequent, kann man eine Geldanlage in genau der Höhe der von der WEG Beschlossenen Instandhaltungsrückstellung bei der Bank anlegen. Damit sind Forderung und Verbindlichkeit der IR centgleich gegenfinanziert. Wie kann die WEG dies umsetzen? Durch einfachen Beschluß. Am leichtesten wäre es wohl für ein oder zwei Jahre die Zuweisung zur Instandhaltungsrückstellung auszusetzen und dafür die BMR zu bilden. Bei einer normalen WEG dürfte der Betrag von 15% des Jahreswirtschaftsplans ausreichend sein. Natürlich mag es da individuelle Abweichungen in besonderen Wohnungseigentümergemeinschaften geben. Wäre damit auch das Problem der nicht ordnungsmäßigen Zahlung von Wohngeldern und ihrer Zuordnung in Beiträge zur Bewirtschaftung und Rücklagenzuführung gelöst? Natürlich. Wenn die BMR eine ausreichende Höhe hat. Denn jetzt puffert die BMR alle Fehlbeträge der einzelnen WE zunächst einmal ab. Der Verwalter muß nun nur noch darauf achten, daß der Geldbestand, den er ausweist, nach tatsächlichem Bankbeleg mindestens so hoch ist wie die Verbindlichkeit, welche die WEG wegen der Instandhaltungsrückstellung gegenüber den Wohnungseigentümern hat. Damit ist das Problem erledigt. Dieser Sachverhalt ist auch für jeden Wohnungseigentümer leicht zu durchschauen, wenn man ihm zeigen kann, daß die WEG eine gebildete IR von 50.000 hat und sich auf dem Bankkonto 55000 befinden. Bei richtiger Haushaltsführung und ausreichend dotierter BMR wird der Betrag auf der Geldanlagenseite zwingend höher als die Instandhaltungsrücklage auf der Verbindlichkeitenseite sein. Damit steht die ausgewiesene IR immer in voller Höhe liquide zur Verfügung.

5 Kann der Wohnungseigentümer dann auch Forderungen und Verbindlichkeiten der WEG leicht durchschauen? Natürlich, jedenfalls viel leichter als in der von Teilen der Rechtsprechung geforderten Einzahlungs-Auszahlungsrechnung mit allen möglichen Ausnahmen und Schleifen, mit gar in Zukunft zwei Girokonten, mit einem Scheinguthaben, das er aber nicht ausgezahlt bekommen kann und all den verstiegenen phantasiereichen Girlanden, die nur deshalb kreiert werden, um eine ursprünglich gut gemeinte Abrechnungsform zu retten, die nie richtig war und die nie transparent war. Sie war zu allen Zeiten falsch und ist seit der Zeit von Lucia Pacioli im 15. Jahrhundert überholt. Was kann der Verwalter dazu beitragen, Transparenz herzustellen? Nach dem neuen WEG muß der Verwalter zwingend eine Vermögensübersicht aufstellen. In dieser Übersicht ist die Rücklage so anzugeben, wie sie der Verband den Wohnungseigentümern schuldet. Das hat mit der tatsächlichen Zahlung des Einzelnen nichts zu tun. In den Forderungen sind die sich aus der Jahresabrechnung ergebenden Nachschüsse der Wohnungseigentümer aufzunehmen. Diese beiden Vorgänge muß man klar voneinander trennen. Die bisherige Form der Darstellung der Abrechnung wird allgemein als besonders verständlich und transparent bezeichnet. Ist das richtig? Ich habe die bisher geforderte Abrechnungsform nie für transparent gehalten. Wie ich an anderer Stelle ausführlich erläutert habe, ist die sogenannte Abrechnung nach tatsächlichen Einnahmen und tatsächlichen Ausgaben ohne aufwendige Zusatzinformationen nicht überprüfbar. Die erforderlichen Zusatzinformationen bedingen sich keineswegs gegenseitig. Ihre Vollständigkeit ist wiederum nicht ohne weitere Zusatzinformationen überprüfbar. Mit all den Schleifen, welche die Rechtsprechung inzwischen akzeptieren mußte um ihr Dogma überhaupt zu retten, ist inzwischen eine völlig unklare Buchhaltungsform entstanden, zu deren Verständnis außer dem jeweiligen Autor des jeweiligen Vorschlages niemand mehr in der Lage ist. Besonders amüsant und in diesem Sinne auch nur konsequent finde ich den Vorschlag Deckert, den Verwalter dazu zu verpflichten, in Zukunft zwei getrennte Girokonten zu führen, eines zur Aufnahme und Abrechnung aller Bewirtschaftungskosten, das andere zur Aufnahme der getrennt zu zahlenden Beiträge der Instandhaltungsrücklagenzuweisung. Das erinnert an den Vorschlag des Kölner OLG, als man allen Ernstes forderte, der Verwalter solle allen Wohnungseigentümern alle Einzelabrechnungen zusenden. Was damals zur Erstellung über 25.000 Einzelabrechnungen geführt hätte, würde heute bei der größten WEG zu einem Buchungsmehraufwand von 2 mal 26.000 Konto Buchungen pro Jahr führen. Einmal hätte der Verwalter auf dem neuen Girokonto 26.000 Buchungen mehr und die Eigentümer in Summe ebenfalls 26.000 zusätzliche Buchungen. Der Kostenaufwand läge je nach Vertrag mit den Banken zwischen 25 und 25.000. Abgesehen davon wäre keinem Eigentümer verständlich zu machen, daß er zwei Abbuchungen, also 26 statt 13 im Jahr zu bezahlen hätte, nur um ein Dogma zu befriedigen. Wie will man auch den Eigentümern dann verschränkte Salden, nämlich

6 das Hin und Her zwischen dem Saldo der Betriebskostenabrechnung und dem Saldo der IR Abrechnung erläutern? Solche Salden entstünden in jedem Fall, wenn er auf das eine Konto pünktlich zahlt und das andere nur unzureichend bedient. Wird damit der Vorschlag eine Betriebsmittelrücklage zu schaffen zum Königsweg, der die von der Rechtsprechung geforderte Abrechnungsform mit der professionellen Buchhaltung elegant verbindet? Nein, das wird er nicht. Er stellt mehr einen Krücke für einen Lahmenden dar. Die Betriebsmittelrücklage produziert in dem unsinnigen System der Einzahlungs-Auszahlungsabrechnung nur eine weitere Schleife, die allerdings für die Eigentümergemeinschaften und die Verwalter ohne all zu großen Aufwand herzustellen ist. Würde die richtige, an der Doppik orientierte Buchhaltung und Abrechnung zugelassen und eingeführt werden, wären alle Schleifen unnötig und der BGH hätte sich mit der Frage der Darstellung der Rücklage überhaupt nicht zu beschäftigen gehabt.