- Es gilt das gesprochene Wort -



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Transkript:

1 Rede des Staatssekretärs Dr. Thomas Grünewald anlässlich der Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung e.v. "Impulse für die Innovationsregion Rheinisches Revier Vom Grundlast-Revier von gestern zur smarten Industrieregion von morgen" Suche nach Innovationen für die Industrieregion von Morgen am 13. Juni 2015, Schloss Paffendorf, Bergheim - Es gilt das gesprochene Wort - Sehr geehrte Frau Rußbült, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Pfordt, sehr geehrte Damen und Herren, herzlichen Dank für die Einladung zur heutigen Veranstaltung. Die Veranstaltungsreihe "Impulse für die Innovationsregion Rheinisches Revier" greift wichtige Themen der Regionalentwicklung auf. Heute stehen die dezentrale Stromversorgung und die Nutzung heimischer Rohstoffe für die Chemie-Industrie im Zentrum der Aufmerksamkeit. Im Rahmen meines Vortrages "Suche nach Innovationen für die Industrieregion von morgen" möchte ich zunächst auf die Innovationspolitik des Landes und danach spezifischer auf die Innovationsregion Rheinisches Revier eingehen. A. Innovationspolitik Auf der Suche nach Innovationen für eine smarte Industrieregion von morgen gilt es, die ganze Innovations- und Wertschöpfungskette zu betrachten, zu mobilisieren und hierfür die Ressourcen aller Ebenen wie Land, Bund und EU für den

2 Strukturwandel im Rheinischen Revier zu nutzen. Dieser Wandel wird uns nur dann zufriedenstellend gelingen, wenn die Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sich engagiert beteiligen und gemeinsam den Wandel gestalten. Das Land Nordrhein-Westfalen hat sein Verständnis von "Innovation" in der Innovationsstrategie und der Forschungsstrategie Fortschritt NRW dokumentiert. Leitlinie der politischen Förderung ist ein umfassendes Innovationsverständnis, das mit einem ganzheitlichen und systemischen Ansatz sowohl auf technische und soziale Innovationen als auch auf die sozialen Folgen von Innovationen gerichtet ist. Die Innovationsstrategie des Landes ist mehrdimensional angelegt. Sie umfasst die Forschungs-, die Leitmarkt- und die Transferstrategie. Im Zentrum der Forschungsstrategie Fortschritt NRW steht der Beitrag von Innovationen zur Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen. Zu diesen Herausforderungen gehören zum Beispiel: Klimaschutz, nachhaltiger Umgang mit Ressourcen und Rohstoffen, sichere und saubere Energieversorgung, umweltfreundliche und intelligente Mobilität, Gesundheit der Bevölkerung, Teilhabe und sozialer Zusammenhalt im gesellschaftlichen Wandel. Die Leitmarktstrategie zielt darauf ab, marktfähige Lösungen für die Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen zu schaffen. Die 8 Leitmärkte sind: Maschinen und Anlagenbau, Neue Werkstoffe, Mobilität und Logistik, Informationsund Kommunikationswirtschaft, Energie- und Umweltwirtschaft, Medien und Kreativwirtschaft, Gesundheit, Life Sciences. Die Leitmarktstrategie wird vor allem durch die Förderung von Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsprojekten umgesetzt. Die Transferstrategie verstärkt Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft - zwischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen entlang von Wertschöpfungsketten. Hierüber hinaus wird die Patentierung und wirtschaftliche Verwertung von Hochschulerfindungen und die Gründung von Unternehmen aus der Forschung unterstützt. Die Forschungs-, die Leitmarkt- und die Transferstrategie werden mit einem Bündel von Instrumenten umgesetzt. Ein wichtiges Instrument ist die Projektförderung. Neben der Einzelförderung (z. B.: Regionale Innovationsnetzwerke, Mittelstand.innovativ) zählen hierzu insbesondere wettbewerbsorientierte Verfahren

3 unter Einbeziehung externer Fachgutachter (z. B.: Leitmarktwettbewerbe oder das Gründungsprogramm "START-UP-Hochschul-Ausgründungen"). Eine wichtige Grundlage für die Entstehung von Innovationen ist die ausgezeichnete Forschungslandschaft in der Region und in den angrenzenden Hochschulstandorten. So zählt die Region Aachen-Köln-Jülich zu den leistungsstärksten Energieforschungsregionen in Europa. Zu nennen sind hier vor allem die RWTH Aachen, das Forschungszentrum Jülich und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt oder auch das Solar-Institut Jülich der FH Aachen. Mit der Grundfinanzierung der Hochschulen, der anteiligen Finanzierung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen sowie der Förderung von Forschungsprojekten leistet das Land einen entscheidenden Beitrag für die Bewältigung der Zukunftsfragen mit Hilfe von Forschungsergebnissen. Die außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie das Forschungszentrum Jülich oder Max-Planck-Institute werden vor allem vom Bund finanziert. Eine weitere wichtige Finanzquelle für die Entwicklung von Innovationen ist das EU- Rahmenprogramm für Forschung und Innovation "Horizont 2020", in dem insgesamt knapp 80 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Aus dem letzten Forschungsrahmenprogramm der EU sind über eine Milliarde Euro allein nach NRW geflossen. Damit wir in NRW bei der Einwerbung von Forschungsmitteln so erfolgreich bleiben, werden die Antragsteller beim Wettbewerb um Fördermittel dezentral beraten und unterstützt. Im Rahmen der Leitmarktwettbewerbe in NRW stehen 320 Mio. EU-EFRE-Mittel zur Verfügung. Zusätzlich werden zukünftig die umsetzungsorientierte Infrastruktur, Forschungs- und Kompetenzzentren mit 160 Mio. Euro ERFRE-Mitteln gefördert. Hier liegen große Chancen für die Akteure im Rheinischen Revier und die Gestaltung des Strukturwandels. Allerdings gilt, die Projekte und die Ideen müssen von den jeweiligen Akteuren aus Forschung, Wissenschaft und Wirtschaft kommen. Damit die Ressourcen der politischen Ebenen Land, Bund und EU für die Entwicklung der Innovationsregion Rheinisches Revier genutzt werden können, müssen möglichst qualifizierte Anträge auf Förderung im Rahmen der bestehenden Wettbewerbe und Verfahren gestellt werden.

4 B. Bewältigungsstrategien für den Strukturwandel in der IRR Die Gewinnung und Verstromung von Braunkohle prägt das Rheinische Revier seit rund 120 Jahren. Die Braunkohleförderung läuft voraussichtlich bis 2045 aus. Damit steht ein tiefgreifender Strukturwandel im Rheinischen Revier vor der Tür. Auf diese Herausforderung wurde in den Koalitionsvereinbarungen 2010-2015 und 2012-2017 mit Bildung einer "Innovationsregion Rheinisches Revier" reagiert: Die "Innovationsregion Rheinisches Revier (IRR) werden wir gemeinsam mit den Akteuren in der Region weiterentwickeln, um bereits heute auf die Strukturveränderungen durch das perspektivische Auslaufen der Braunkohleförderung zu reagieren." (Koalitionsvereinbarung 2012-2017). Die Geschäftsstelle der IRR-GmbH wird vom Land mit ca. 500.000,- Euro pro Jahr im Rahmen einer Projektförderung unterstützt. Nun kommt es darauf an, die Akteure der Region zu mobilisieren und vorhandene Förderprogramme wie die Leitmarktwettbewerbe, Regio.NRW oder Horizont 2020 für die Gestaltung des Strukturwandels zu nutzen. C. Modellregion IRR für die Energiewende Um den Wandel von den fossilen zu den erneuerbaren Energieträgern erfolgreich zu bewältigen, brauchen wir überzeugende Alternativen und den Mut, neue Wege zu gehen. Auf der Suche nach Innovationen für die Industrieregion von Morgen stellen sich in diesem Zusammenhang zum Beispiel folgende Fragen: Hat das Rheinische Revier das Potential, sich zu einer Modellregion zu entwickeln, in der in beispielhafter Weise die Energiewende durch eine moderne und nachhaltige Industrie- und Strukturpolitik vorangebracht wird? Über welche Kompetenzen verfügt die Region in den Bereichen "Erneuerbare Energien" und "Energiewende"? Kann in der Region die intelligente Nutzung von Rohstoffen demonstriert werden? Kann die Braunkohle als alternativer Rohstoff für die chemische Industrie interessant werden? Welche Ansätze und Beispiele sind in der Region vorhanden?

5 Vor diesem Hintergrund bin ich sehr froh, dass heute diese Veranstaltung stattfindet, in der versucht werden soll, Antworten auf offene Fragen zu finden. Ein Beispiel ist der Solar-Campus Jülich. Die Forschungsarbeiten des FZJ, der FH in Jülich, des DLR und der RWTH lassen hier neue Wege der Energieversorgung erkennbar werden. Die Pilotanlage des Solarkraftwerks ist gleichzeitig Forschungsbasis und Demonstrationsanlage für potenzielle Interessenten dieser Technologie. Regionale Firmen siedeln sich bereits im Umfeld an und verstärken das regionale Entwicklungspotenzial durch die qualifizierte Zulieferung und die Beteiligung an den Entwicklungsaufgaben. Das ist die Keimzelle für einen Markt, der sich weltweit zu bilden beginnt. Nehmen wir das Beispiel der Biokraftstoffe. In einem vom Bund geförderten Exzellenzcluster Tailor made Biofuels an der RWTH Aachen wird die Wissensbasis für die schonende Umwandlung von Biomasse zu neuen synthetischen Kraftstoffen entwickelt. Die Motorenbauer an der RWTH sind eingebunden und stellen die Brücke zu optimierten Motoren für diese Kraftstoffe her. Wir dürfen nicht vergessen, dass die RWE-Power neben der Verstromung der Braunkohle auch als einer der größten Landwirte in der Region tätig ist. Die Rekultivierungsflächen nach dem Tagebau werden zunächst von RWE-Power landwirtschaftlich genutzt und in einen stabilen Zustand für die Rückführung an die Landwirte der Region gebracht. Dort werden normale Feldfrüchte angebaut und auch Versuchsanbauflächen mit neuen Energiepflanzen betrieben, die eine Basis für neue Kraftstoffe werden können. Im FZ Jülich ist eine große Versuchsanlage für die Produktion von Mikroalgen entstanden. Dort soll in einem bundesweiten Konsortium die gesamte Produktionskette von den Algen bis zum Flugbenzin abgebildet und untersucht werden. Die Experten aus dem Aachener Kraftstoffcluster sind auch hier mit eingebunden. Die Mikroalgen sichern nicht nur eine hohe Biomasse-Produktion auf der genutzten Fläche. Sie sind vor allem nicht an landwirtschaftliche Nutzflächen gebunden, die dringender für Nahrung und Futtermittel benötigt werden. Die Algenproduktion kann auf jeder Brachfläche, selbst auf den Flachdächern von Gewerbebauten realisiert werden. Bei erfolgreichem Abschluss der noch laufenden Forschungsarbeiten könnte die Region passende Flächen für diese innovative

6 Produktion von Biomasse bereitstellen. So kommen Landwirtschaft und Energieversorgung bei einer neuen Wertschöpfung zusammen. Akteure aus der Region haben eine Projektskizze zu einem neuen Energiemanagement in der elektrischen Energieversorgung beim Leitmarktwettbewerb zur Energie- und Umweltwirtschaft eingereicht. Herr Vetten wird nach mir in seinem Vortrag zur "Entwicklung regionaler Strominseln" die Herausforderungen im Energiesektor skizzieren. An dieser Stelle bitte ich um Verständnis dafür, dass ich mich bei der Bewertung dieses Beitrags zurückhalte, so lange noch eine Entscheidung der Wettbewerbsjury abgewartet werden muss. Wenn wir es in dieser Region schaffen sollten, den Übergang von einer zentralen Energieversorgung auf der Basis fossiler Energieträger hin zu einer vernetzten intelligenten Energieversorgung unter Einbindung dezentraler Erneuerbarer Energiequellen zu realisieren, ist uns eine überregionale Aufmerksamkeit sicher. Die hier entwickelten Technologien zur Gestaltung zukünftiger Energienetze haben ein hohes Potenzial für den Export aus der Region. Noch ist die Braunkohle überwiegend als Energieträger zur Verstromung im Einsatz. Den Verlauf der Energiewende kennen wir noch nicht im Detail. Das ist ein Prozess der Systemwandlung, der uns alle noch lange beschäftigen wird. Aber schon heute machen Zukunftsszenarien darauf aufmerksam, dass der Platz der Braunkohle in der zukünftigen Energieversorgung anders aussehen könnte. Deshalb ist es jetzt an der Zeit, nach neuen Einsatzmöglichkeiten für diesen Rohstoff zu suchen. Wir haben den Rohstoff und verfügen über Technologie, ihn abzubauen. So ist es nur logisch, wenn wir frei über weitere, vielleicht hochwertigere Nutzungen nachdenken, die wir bis heute nur durch den Import von Erdgas und Erdöl abdecken können. Auf dem Weg zu einer "smarten Industrieregion von morgen" sollten wir uns damit beschäftigen und die damit verbundenen Chancen und Risiken abwägen. Vor wenigen Tagen, am 19.05.2015, ist von der "Enquetekommission zur Zukunft der chemischen Industrie in Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf nachhaltige Rohstoffbasen, Produkte und Produktionsverfahren" der Abschlussbericht vorgelegt worden. Die Enquetekommission arbeitete unter dem Vorsitz von Herrn MdL Markert, der später noch über die Nutzung heimischer Rohstoffe für die Chemie-Industrie sprechen wird, und wurde getragen von weiteren Abgeordneten des Landtages

7 NRW, u.a. Herr van den Berg MdL, Mitglied des Aufsichtsrates der IRR-GmbH, den wir später in der Podiumsdiskussion hören werden. Dieser umfangreiche Bericht nimmt auch zur stofflichen Nutzung der heimischen Braunkohle und zu neuen Verfahren der Kohlechemie Stellung. Die Handlungsempfehlungen adressieren vor allem die Förderung von Forschungs- und Entwicklung, die Einrichtung von Lehrstühlen und den Bau von Pilot- und Demonstrationsanlagen. An dieser Stelle möchte ich aber nicht weiter auf den noch folgenden Vortrag von Herrn Markert vorgreifen. Herr Markert, ich bin gespannt auf Ihre Ausführungen zur Enquetekommission. Wenn alle Beteiligten aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft die anstehenden Veränderungen gemeinsam gestalten, wird die Region gestärkt aus dem Strukturwandel hervorgehen. Die Innovationsregion Rheinisches Revier arbeitet mit innovativen Ansätzen an einem Strukturwandel, der irgendwann auch andere Regionen dieser Welt erfassen wird. Dieses Wissen, die Innovationen und die Erfahrungen können eine solide Basis bilden für die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit der Region. Sehr geehrte Damen und Herren, ich bedanke mich herzlich dafür, an dieser Stelle die Perspektive des Landes NRW skizziert haben zu dürfen und wünsche uns allen eine interessante und erfolgreiche Veranstaltung.