Zielgruppe der Geriatrischen Rehabilitation



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Transkript:

Zielgruppe der Geriatrischen Rehabilitation Geriatrische Rehabilitation beinhaltet: Medizinische Stabilisierung multimorbider älterer Patienten Beseitigung oder Kompensation entstandener körperlicher Funktionseinschränkungen nach Frakturen, Schlaganfall, anderen neurologischen Erkrankungen, z. B. Parkinsonerkrankung, Herzschwäche, Herzinfarkt, Diabetes und dessen Spätkomplikationen, Durchblutungsstörungen der Extremitäten, Amputationen, spezifischen Funktionsstörungen älterer Menschen wie Stürze, Schwindel, Dekubitus und nach schweren Operationen. Wiederherstellend und fördernd von Alltagskompetenz im interdisziplinären Team: o aktivierende Rehabilitationspflege (siehe ausführliche Darstellung) o Physiotherapie, o Ergotherapie, o Logopädie, o Neuropsychologie, o Physikalische Medizin, o Sozialdienst. Intensive fachärztliche Betreuung im organmedizinischen und nervenärztlichen Fachbereich mit dem Ziel, die Rückkehr des Patienten in die häusliche oder eine selbstgewählte sichere andere Umgebung ermöglichen zu können. Sozialrechtliche Grundlage der angebotenen medizinisch-rehabilitativen Leistungen in der Abteilung für geriatrische Rehabilitation ist der mit den Kostenträgern abgeschlossene Versorgungsvertrag nach 111 SGB V vom Herbst 1999 (Anlage 3): Die Einrichtung erbringt für die Versicherten der Mitgliedskassen der Krankenkassenverbände Leistungen zur geriatrischen Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung insbesondere für folgende Indikationen bzw. Indikationsgruppen: gefäßbedingte Gehirnfunktionsstörungen (ICD-Nr. 430-438), insbesondere Schlaganfall Zustand nach Frakturen insbesondere Oberschenkelhalsbruch entzündliche und degenerative Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates z.b. Arthrose, Osteoporose und Zustand nach Gelenksersatzoperationen ischämische Herzkrankheiten z.b. akuter Myokardinfarkt sonstige Herzkrankheiten z.b. Herzinsuffizienz, Orthostase-Syndrom, Thrombosen periphere-arterielle Verschlusskrankheiten und Zustand nach Amputationen neurologische Erkrankungen z.b. Polyneuropathie, Morbus Parkinson Stoffwechselerkrankungen, insbesondere Diabetes mellitus Ernährungsmangelkrankheiten spezifische geriatrische Funktionsstörungen, z.b. Blasen- und Mastdarmstörungen, Sturz-Syndrom, Pneumonie, Dekubitus Zustand nach schweren chirurgischen Eingriffen

Weitere wichtige, das Behandlungsverhältnis und die Beziehung zum zuständigen Sozialversicherungsträger bestimmende, hier zu benennende Regelungen des Versorgungsvertrages sind: Die Einrichtung ist verpflichtet, bei der Erbringung der stationären Behandlung das Wirtschaftlichkeitsgebot gem. 12 SGB V zu beachten. Stationäre geriatrische Behandlung darf nur für die aus medizinischen Gründen erforderliche Dauer durchgeführt werden; sie ist insbesondere zu beenden, wenn die Behandlung ambulant durchgeführt werden kann, Krankenhausbehandlung gem. 39 SGB V notwendig wird, Pflegebedürftigkeit vorliegt oder kein Behandlungserfolg erreicht wird. Gemäß Versorgungsvertrag umfasst die geriatrische Rehabilitation: fachärztliche Versorgung interdisziplinäre Maßnahmen der aktivierenden Pflege physiotherapeutische Übungen und Anwendungen Beschäftigungstherapie lebenspraktisches Training/ Selbständigkeitstraining psychotherapeutische Begleitung Unterstützung im sozialen Umfeld Krankengymnastik Ergotherapie Logopädie Relevante Regelungen und Definitionen Zu einem wesentlichen Teil werden die sozialrechtlich relevanten Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Indikation und Durchführung geriatrischer Rehabilitationsmaßnahmen ergeben, in der Begutachtungsrichtlinie Vorsorge und Rehabilitation des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) vom Oktober 2005 geregelt. Die wichtigsten unser Handeln bestimmenden, grundlegenden Definitionen werden nachfolgend zusammengefasst referiert: Was ist geriatrische Rehabilitation? Da es in der deutschen Medizin bisher keine allgemein anerkannte und verbindliche Definition des geriatrischen Patienten gibt, ist es schwierig, die Patienten zu erkennen, für die vornehmlich Leistungen der geriatrischen Rehabilitation und nicht solche der indikationsspezifischen (z.b. kardiologischen, neurologischen, orthopädischen) in Frage kommen. Für die fachlich schwierige Einschätzung der medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit von Leistungen der geriatrischen Rehabilitation, in Abgrenzung zu indikationsspezifischen Rehabilitationsleistungen, werden daher weitere Hinweis und Informationen benötigt. Beim geriatrischen Patienten besteht aufgrund von Multimorbidität und Komplikationen die Notwendigkeit gleichzeitiger akutmedizinischer Behandlung bzw. Überwachung und rehabilitativer Maßnahmen. Dabei können die Anteile im Behandlungsverlauf unterschiedlich gewichtet sein. Damit befindet sich der geriatrische Patient mit seinen wechselnden Behandlungsschwerpunkten leistungsrechtlich an der Schnittstelle zwischen Akut- und Rehabilitationsbehandlung. Diese Besonderheiten haben u.a. dazu geführt, dass es für die stationäre Versorgung der geriatrischen Patienten in der Bundesrepublik Deutschland mit Einrichtungen nach 108 SGB V (Akutgeriatrie, ggf. einschließlich umfassender Anschlussrehabilitation und Einrichtungen nach 111 SGB V (Geriatrische

Rehabilitation) zwei Strukturtypen mit unterschiedlichen Modalitäten der Patientenbzw. Rehabilitandenzuweisung gibt. Was ist Geriatrie? Geriatrie ist das medizinische Fachgebiet für die Alterungsprozesse und die präventiven, diagnostischen, therapeutischen und rehabilitativen Aspekte der Erkrankungen alter Menschen. Die gesundheitliche Gesamtsituation alter Menschen wird häufig durch das gleichzeitige Vorkommen mehrerer Krankheiten und deren Folgen, altersbedingter Veränderungen sowie gesundheitlich relevanter Lebensumstände und Lebensgewohnheiten geprägt. Dies erfordert speziell auf die Situation der alten und in besonderem Maße hilfsbedürftigen Menschen abgestimmte komplexe Behandlungs- bzw. Rehabilitationsangebote, deren nachfolgend genannte Komponenten entsprechend der Notwendigkeit zu kombinieren sind: Ø Kontinuierliche ärztliche Diagnostik, Behandlung und Teamführung Ø Maßnahmen der Pflege mit Schwerpunkt der aktivierend-therapeutischen Pflege Ø Maßnahmen der Krankengymnastik und Bewegungstherapie Ø Maßnahmen der physikalischen Therapie Ø Ergotherapie Ø Maßnahmen der Logopädie (auch Schluckstörung) Ø Neuropsychologische Behandlung Ø Psychologische und psychotherapeutische Behandlung Ø Soziale Beratung und Ø Ernährungsberatung Die Versorgung von Patienten in geriatrischen Einrichtungen erfolgt nach einer speziellen Fachphilosophie, an deren Beginn ein multidimensionales geriatrisches Assessment als diagnostischer Prozess steht. Dieses dient dem Ziel, medizinische und psychosoziale Probleme und Ressourcen bei alten Menschen systematisch und umfassend zu objektivieren und zu quantifizieren. Darauf aufbauend wird unter Einbezug von Patient und Angehörigen ein umfassender Plan für die weitere Behandlung und Betreuung entwickelt. Auch die Zusammenarbeit der an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen in ärztlich geleiteten interdisziplinären therapeutischen Teams ist charakteristisch für die geriatrische Behandlungsweise. Was heißt geriatrietypische Multimorbidität? Geriatrietypische Multimorbidität ist die Kombination von Multimorbidität und geriatrietypischen Befunden bzw. Sachverhalten. Multimorbidität im Sinne dieser Begutachtungs-Richtlinie ist wie folgt definiert: Ein Patient ist multimorbide, wenn er multiple strukturelle oder funktionelle Schädigungen bei mindestens zwei behandlungsbedürftigen Erkrankungen aufweist. Wir haben das anerkannte "Geriatriescreening bei Klinikaufnahme (GSK)" des bayerischen Gesundheitsministerium und der AFGiB (2011), (siehe Anlage 3) zur Definition des geriatrischen Patienten übernommen. Behandlungsbedürftigkeit heißt, dass die aus diesen Erkrankungen entstehenden Gesundheitsprobleme bzw. die resultierenden Schädigungen von Körperfunktionen und/ oder Körperstrukturen während der Rehabilitationsleistung engmaschig ärztlich überwacht und bei der Therapie berücksichtigt werden müssen. Dies muss ggf. integrativ erfolgen, d.h. über die Grenzen des eigenen Fachgebiets

hinweg. Die integrative Versorgung sollte vorrangig durch einen entsprechend qualifizierten Geriater sichergestellt werden, ggf. sind Ärzte anderer Fachgebiete (z.b. Orthopädie, Urologie) hinzuzuziehen. Das Geriatrietypische der Multimorbidität ist eine Kombination der nachfolgend genannten Merkmalkomplexe: Vorhandensein von Schädigungen der Körperfunktionen und strukturen sowie alltagsrelevanten Beeinträchtigungen von Aktivitäten (in variabler Kombination) i.s. eines geriatrischen Syndroms, d.h. Ø Immobilität Ø Sturzneigung und Schwindel Ø kognitive Defizite Ø Inkontinenz (Harninkontinenz, Stuhlinkontinenz) Ø Dekubitalulcera Ø Fehl- und Mangelernährung Ø Störungen im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt Ø Depression, Angststörung Ø chronische Schmerzen Ø Sensibilitätsstörungen Ø herabgesetzte körperliche Belastbarkeit/ Gebrechlichkeit Ø starke Sehbehinderung Ø ausgeprägte Schwerhörigkeit Für das geriatrische Syndrom relevante Sachverhalte außerhalb der Systematik der Schädigungen und alltagsrelevanter Beeinträchtigungen der Aktivitäten sind Ø Mehrfachmedikation Ø herabgesetzte Medikamententoleranz Ø häufige Krankenhausbehandlung (Drehtüreffekt) Typische antragsrelevante Hauptdiagnosen beim geriatrischen Patienten sind: Ø Zustand nach Schlaganfall Ø Zustand nach hüftgelenksnahen Frakturen Ø Zustand nach operativer Versorgung mit Totalendoprothesen von Hüfte und Knie Ø Zustand nach Gliedmaßenamputation bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit oder diabetischem Gefäßleiden. Ebenso finden sich bei geriatrischen Patienten neurologische, kardiopulmonale und muskuloskelettale Erkrankungen wie auch Tumor- und Stoffwechselerkrankungen als Hauptdiagnosen. In der geriatrietypischen Befundkonstellation finden sich beim Patienten weitere Diagnosen, die aber wie beispielsweise ein gut eingestellter Bluthochdruck oder Diabetes mellitus nicht zwangsläufig aktuell behandlungs- oder engmaschig überwachungsbedürftig sind. Weitere typische Beispiele sind: Ø Morbus Parkinson Ø Parkinson-Syndrom Ø arterielle Hypertonie Ø koronare Herzkrankheit mit/ ohne Zustand nach Herzinfarkt Ø Herzinsuffizienz unterschiedlicher Genese Ø degenerative Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates Ø periphere arterielle Verschlusskrankheit Ø Diabetes mellitus Ø chronisch-obstruktive Lungenerkrankung Ø Demenz und Ø Depression

Das häufige gleichzeitige Vorkommen der Folgen von somatischen und psychischen Schädigungen und alltagsrelevanten Beeinträchtigungen der Aktivitäten, das einen wesentlichen ursächlichen Faktor für Hilfs- und Pflegebedürftigkeit darstellt, ist besonders zu beachten. Es besteht ein relativ hohes Risiko gegenüber nicht geriatrischen Patienten von Krankheitskomplikationen (Thrombosen, interkurrente Infektionen, Frakturen, verzögerte Rekonvaleszenz u. a.). Indikationsstellung der geriatrischen Rehabilitation Liegen bei einem alten Menschen Ø Rehabilitationsbedürftigkeit, Ø Rehabilitationsfähigkeit Ø alltagsrelevante realistische Rehabilitationsziele und Ø eine positive Rehabilitationsdiagnose vor, können indikationsspezifische Rehabilitationsleistungen (z.b. kardiologische, neurologische Rehabilitation oder Rehabilitation bei muskuloskelettalen Erkrankungen) oder eine geriatrische Rehabilitation in Betracht kommen. Rehabilitationsbedürftigkeit bzw. Ausschlusskriterien: Für den geriatrischen Patienten alltagsrelevant sind insbesondere: Ø Selbständigkeit beim Essen und Trinken Ø Selbständigkeit in der persönlichen Hygiene Ø Selbständigkeit in der Mobilität Ø Selbständigkeit in der Kommunikation Ø selbständige Gestaltung einer angemessenen Beschäftigung und Ø Selbständigkeit in der Gestaltung und Aufrechterhaltung der sozialen Integration. Entsprechende Beeinträchtigungen der Aktivitäten betreffen vor allem Ø die Selbstversorgung (z.b. Ernährung, Körperpflege, Exkretion), deren Beeinträchtigung zur Abhängigkeit von fremder Hilfe (Pflegebedürftigkeit) führen kann, Ø die Fortbewegung, deren Beeinträchtigung ein Leben der Patientin/ des Patienten außerhalb ihrer/ seiner Wohnung verhindern und so zu deren/ dessen sozialer Isolation führen kann, Ø das Verhalten, z.b. als Folge einer vorübergehenden Verwirrtheit, dessen Beeinträchtigung zu Störungen in der Orientierung und sozialen Integration führen kann, Ø die Kommunikation (z.b. Sprachverständnis, Sprachvermögen, Hören, Sehen) mit der Folge der Beeinträchtigung der örtlichen/ räumlichen Orientierung, Ø die körperliche Beweglichkeit, deren Einschränkung z.b. zu Beeinträchtigung der Selbstversorgung führen kann, Ø die Geschicklichkeit (z.b. bei manuellen Aktivitäten), deren Einschränkung z.b. zu Beeinträchtigungen der Beschäftigung/ Haushaltsführung führen kann, Ø die Strukturierung des Tagesablaufes, die zu vielfältiger Beeinträchtigung der Teilhabe führen kann. Wesentliche Hinweise auf manifeste oder drohende Beeinträchtigungen sind z.b.: Ø der Bezug bzw. die Beantragung von Leistungen der Pflegeversicherung Ø der/ die AntragstellerIn lebt im Pflegeheim Ø eine amtliche bestellte Betreuung Ø die Verwendung von Hilfsmitteln (z.b. Rollstuhl, Rollator, Inkontinenzhilfen).

Die Rehabilitationsbedürftigkeit ist nicht gegeben beim Vorliegen des nachfolgend genannten Ausschlusskriteriums: Kurative oder ausschließlich pflegerische bzw. andere Maßnahmen sind angezeigt bzw. ausreichend, z.b. Ø Behandlung durch Hausarzt/ Facharzt Ø Krankenhausbehandlung Ø Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln Ø aktivierende Pflege Ø häusliche Einzelfallberatung/ Pflegekurse. Rehabilitationsfähigkeit: Bei geriatrischen Patienten sind jedoch Besonderheiten der Rehabilitationsfähigkeit zu beachten. Sie verfügen im Unterschied zu Patienten, für die eine indikationsspezifische Rehabilitation in Betracht kommt, über eine herabgesetzte körperliche, psychische oder geistige Belastbarkeit und zeichnen sich durch größere Hilfsbedürftigkeit aus. Damit auch diese Patienten die erforderlichen, auf ihre speziellen Bedürfnisse zugeschnittenen Rehabilitationsleistungen erhalten, sind die nachstehenden niedrigschwelligen Einschluss-Kriterien sowie spezifische Ausschluss-Kriterien für die Indikationsstellung einer geriatrischen Rehabilitation zu berücksichtigen. Geriatrische Rehabilitationsfähigkeit ist dann gegeben, wenn alle nachfolgend genannten Einschluss-Kriterien erfüllt sind: Ø Die vitalen Parameter sind stabil Ø bestehende Begleiterkrankungen, Schädigungen der Körperfunktionen und strukturen und typische Komplikationen können vom ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Personal der geriatrischen Einrichtung behandelt werden sowie Ø die Stabilität des Kreislaufs und die allgemeine psychische und physische Belastbarkeit des Patienten erlauben, dass er mehrmals täglich aktiv an rehabilitativen Maßnahmen teilnehmen kann. Die geriatrische Rehabilitationsfähigkeit ist nicht gegeben, wenn mindestens eines der nachfolgenden (Ausschluss-) Kriterien erfüllt ist: Ø Fehlende Zustimmung des Patienten zur Rehabilitation Ø fehlende oder nicht ausreichende Belastbarkeit, die die aktive Teilnahme verhindern (z.b. nach Frakturen und nach Gelenkoperationen) Ø Stuhlinkontinenz, wenn diese Ausdruck einer weit fortgeschrittenen geistigen und körperlichen Erkrankung ist Ø Begleiterkrankungen bzw. Komplikationen, wenn sie eine aktive Teilnahme an der Rehabilitation verhindern, z.b. - Desorientiertheit - Weglauftendenz - erhebliche Störung der Hör- und Sehfähigkeit - Lage und Größe eines Dekubitus - Probleme am Amputationsstumpf - schwere psychische Störungen wie schwere Depression oder akute Wahnsymptomatik

Rehabilitationsziele: Das allgemeine Rehabilitationsziel der Geriatrie ist die dauerhafte Wiedergewinnung, Verbesserung oder Erhaltung der Selbständigkeit bei den alltäglichen Verrichtungen, damit ein langfristiges Verbleiben in der gewünschten Umgebung möglich wird. Konkrete alltagsrelevante Rehabilitationsziele können in diesem Zusammenhang z.b. sein: Ø Erreichen der Stehfähigkeit Ø Erreichen des Bett-Rollstuhl-Transfers Ø Verbesserung der Rollstuhlfähigkeit Ø Erreichen des Toilettenganges/ persönliche Hygiene Ø selbständige Nahrungsaufnahme Ø selbständiges An- und Auskleiden Ø Gehfähigkeit über mehrere Treppenstufen Ø Gehfähigkeit innerhalb und außerhalb der Wohnung Ø Tagesstrukturierung Rehabilitationsprognose: Der/ die Gutachterin muss auf der Grundlage seiner/ ihrer klinischen Erfahrung einschätzen, ob die Leistung der geriatrischen Rehabilitation, bezogen auf ein realistisches Rehabilitationsziel, Erfolg versprechend ist. Eine positive Rehabilitationsprognose ist anzunehmen, wenn mindestens eines der nachfolgenden genannten Kriterien zutrifft: Ø Beseitigung/ alltagsrelevante Verminderung der Beeinträchtigung(en) der Aktivitäten durch Verbesserung der Selbsthilfefähigkeit sind erreichbar Ø Kompensationsmöglichkeiten zur Alltagsbewältigung sind mit nachhaltigem Erfolg anzuwenden (trainierbar) und/ oder Ø Adaptionsmöglichkeiten, welche die Beeinträchtigung der Teilhabe vermindern, können erfolgreich eingeleitet werden. Unter kritischer Würdigung des individuellen Grades von Rehabilitationsfähigkeit und unter Berücksichtigung der positiven Rehabilitationsprognose wird das realistische alltagsrelevante Rehabilitationsziel/ werden die realistischen alltagsrelevanten Rehabilitationsziele aus den manifesten Beeinträchtigungen der Aktivitäten oder den drohenden bzw. manifesten Beeinträchtigungen der Teilhabe abgeleitet, die den Patienten in der selbständigen Bewältigung und Gestaltung der Lebensbereiche beeinträchtigen, die als Grundbedürfnisse menschlichen Daseins beschrieben werden. Der unter Berücksichtigung der Kontextfaktoren anzustrebende Grad der Selbstständigkeit ergibt sich aus der Alltagskompetenz, welche der Patient/ die Patientin vor Auftreten der Beeinträchtigungen der Aktivitäten oder Teilhabe hatte und somit die aktuelle Rehabilitationsbedürftigkeit begründet.