Abbildung 1 Polykristallines Silizium-PV-Modul in Rahmenaufbau und rahmenloses Dünnschicht-PV-Modul



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Transkript:

SICHERHEITSANFORDERUNGEN AN PHOTOVOLTAIK-MODULE Jens Schönau / Michael Naß CE-LAB GmbH, Am Hammergrund 1 98693 Ilmenau / Germany Phone: 03677 / 6479-80 Fax: 03677 / 6479-89 E-mail: info@ce-lab.de KURZFASSUNG Um elektrische Betriebsmittel auf dem europäischen Binnenmarkt in Verkehr bringen bzw. betreiben zu können, sind die Anforderungen aller für diese Produkte relevanten EU-Richtlinien zu berücksichtigen. Der Hersteller oder Inverkehrbringer dokumentiert diese Einhaltung durch das Anbringen der CE-Kennzeichnung. Im vorliegenden Beitrag wird beschrieben, welche Sicherheitsanforderungen an Photovoltaik-Module zu stellen und wie diese bei Labormessungen auf der Basis der geltenden Normung zu bewerten sind. Schlagworte Photovoltaik, CE-Kennzeichnung, elektrische Sicherheit, Labormessung 1. EINLEITUNG Photovoltaik-Module und Photovoltaik-Anlagen stellen aus Sicht der geltenden Prüfanforderungen elektrische Betriebsmittel dar, so dass die CE-Kennzeichnung für den Marktzugang dieser Komponenten bzw. Anlagen obligatorisch ist. Im Rahmen der Konformitätsbewertung sind im Zusammenhang mit der erforderlichen CE-Kennzeichnung unter anderem die folgenden Aufgaben zu bearbeiten: 1. Auswahl aller für das Produkt relevanten EU- Richtlinien 2. Auswahl der jeweiligen Produktnormen gemäß den aktuellen Amtsblattlistungen der EU 3. Bewertung der Konformität des Produktes mit den Anforderungen der Richtlinien 4. Ausfertigung einer Konformitätserklärung 5. Anbringung der CE-Kennzeichnung Nach der CE-Kennzeichnung kann das Produkt innerhalb der EU uneingeschränkt in Verkehr gebracht werden. Die Schwierigkeiten bei der Auseinandersetzung mit der Konformitätsbewertung beginnen jedoch bereits mit der Auswahl der hierfür relevanten EU-Richtlinien. Sobald Spannungen oberhalb einer Grenze von 75 V DC verwendet werden, fallen Photovoltaik (PV)-Module grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Niederspannungsrichtlinie. Vom Geltungsbereich der EMV-Richtlinie sind die Module derzeit nicht erfasst, da sie aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften a) in so geringem Umfang zu elektromagnetischen Emissionen beitragen, dass ein bestimmungsgemäßer Betrieb von Funk- und Telekommunikationsgeräten und sonstigen Betriebsmitteln möglich ist, und b) unter Einfluss der üblichen elektromagnetischen Störungen ohne unzumutbare Beeinträchtigung betrieben werden können. (EMV- Richtlinie, Artikel 1, Absatz 3) Sind aber komplette PV-Anlagen als Kombination von Modulen und Umrichtern zu betrachten, so wird die Anwendung beider Richtlinien erforderlich. Kommen noch bewegte Teile hinzu (z. B. Sonnennachführung), ist zusätzlich die Anwendung der Maschinenrichtlinie zu prüfen. Neben normativen Sicherheitsanforderungen, die sich unmittelbar aus den Vorgaben der CE-Kennzeichnung ergeben, ist natürlich eine ganze Reihe von produkttypischen Eigenschaften nachzuweisen. Dies betrifft z. B. die Fragen des Wirkungsgrades, der elektrischen und mechanischen Eignung oder der Umwelteinflüsse. Vor allem in der nahen Vergangenheit stand dieses für betriebswirtschaftliche und finanzierungstechnische Fragen der Anlagen sehr im Mittelpunkt der Betrachtungen. Dementsprechend haben sich die Modulhersteller in zunehmendem Maße auch dafür ausgerüstet, erforderliche Messungen selbständig durchzuführen und auszuweisen. Die geltenden Normen spiegeln den jeweils aktuellen Stand der Technik wider. Da die PV-Industrie

Abbildung 1 Polykristallines Silizium-PV-Modul in Rahmenaufbau und rahmenloses Dünnschicht-PV-Modul derzeit eine sehr innovative Branche darstellt, sind gerade diese Normen einer dynamischen Entwicklung unterworfen. Die Hersteller können die Einhaltung von dementsprechenden Qualitätsanforderungen auch mit zusätzlichen Prüfzeichen dokumentieren, die dem Endverbraucher dann eine bestimmte Qualität und Produkteigenschaft signalisieren sollen. Die folgenden Aussagen beziehen sich zunächst auf die grundlegenden Anforderungen an PV-Module. 2. GRUNDLEGENDE ANFORDERUNGEN Für den Betrieb von PV-Anlagen sind neben dem erzielbaren Wirkungsgrad vor allem die Fragen der Geräte- und Anlagensicherheit von Bedeutung. Die Produktanforderungen an die verwendeten PV-Module lassen sich in die folgenden Bereiche einteilen: 1. Typanforderungen an PV-Module - EN 61215 Terrestrische kristalline Silizium- Photovoltaik-(PV-) Module - EN 61646 Terrestrische Dünnschicht-Photovoltaik-(PV) Module 2. Sicherheitsanforderungen - EN 61730 Photovoltaik(PV)-Module Sicherheitsqualifikation 3. ergänzende Anforderungen - EN 50380 Datenblatt- und Typschildangaben von Photovoltaik-Modulen - Die Typanforderungen beinhalten die Betrachtung aller Einflussfaktoren, welche die elektrischen, mechanischen und umweltgebundenen Belastungen sowie die Alterung nachbilden. In den Sicherheitsanforderungen werden dagegen die Prüfverfahren und die Prüfdurchführung für die sicherheitskritischen Bewertungen aufgeführt. In Abbildung 1 werden verschiedene Modultypen dargestellt. 3. KENNZEICHNUNG VON PV-MODULEN Die Bewertung der Produktqualität soll durch die Kennzeichnung mit Prüfzeichen erleichtert werden. Die Vielzahl der unterschiedlichen Zeichen führt beim Errichter und Endverbraucher in der Praxis aber zu Problemen hinsichtlich der Aussagekraft der verschiedenen Kennzeichnungen. 3.1. CE-Kennzeichnung Die Kennzeichnung mit dem CE-Zeichen stellt zunächst keinen Nachweis einer unabhängigen Prüfung dar. Mit dem CE-Zeichen bescheinigt der Hersteller lediglich, dass alle Forderungen der für das Produkt relevanten Richtlinien im Rahmen einer Konformitätsbewertung beurteilt worden sind. Das CE-Zeichen ist nicht vordergründig für den Endkunden gedacht, sondern wendet sich vielmehr an die Marktbeobachtungsbehörden der EU-Mitgliedsländer. Produkte mit der CE-Kennzeichnung können uneingeschränkt innerhalb der EU vertrieben werden. Bei der CE-Konformitätsbewertung stehen den Herstellern unterschiedliche Konformitätsbewer-

tungsverfahren zur Verfügung. Die jeweiligen Einzelrichtlinien legen fest, welche dieser Verfahren tatsächlich verwendet werden können. Die EU hat für Hersteller diesbezüglich eine Anleitung zur Anwendung und Umsetzung der europäischen Richtlinien veröffentlicht [1]. In diesem Blue-Guide werden die Richtlinien und die Auswahl der Konformitätsmodule beschrieben. Im Rahmen der CE-Konformitätsbewertung ist zunächst die Niederspannungsrichtlinie 2006/95/EG [2] zu nennen. Diese gilt für alle elektrischen Betriebsmittel, die mit einer Nennspannung zwischen 50 V und 1000 V AC bzw. 75 V und 1500 V DC betrieben werden. Demzufolge ist bei Systemspannungen von PV-Komponenten und -Anlagen ab 75 V DC nach dieser Richtlinie zu verfahren. Die Konformitätsbewertung selbst beruht dann schließlich auf einem sogenannten Konformitätsvermutungsprinzip. Der Hersteller weist dabei über die Anwendung von harmonisierten Normen nach, dass die Schutzanforderungen der Richtlinie erfüllt werden und bestätigt die durch seine Erklärung. Der aktuelle Stand der harmonisierten Normen wird regelmäßig im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gilt die Amtsblattlistung C 126/22 vom 05.06.2009. In diesem Amtsblatt sind die EN 61730-1 und EN 61730-2 verbindlich gelistet und können damit zur Konformitätsbewertung im Rahmen der CE-Kennzeichnung herangezogen werden. PV-Module können in den Anwendungsbereich von zusätzlichen Richtlinien fallen. Bei Einsatz im Fassadenbereich (vertikale Verglasung) ist die Bewertung nach der Bauprodukterichtlinie 98/106/EG zu prüfen. Ein direkter Bezug auf harmonisierte Normen ist hier allerdings noch nicht gegeben, da zurzeit noch keine harmonisierten Normen für PV- Module gelistet sind. 3.2. Schutzklasse II-Prüfung für elektrische Betriebsmittel Der Anlagenerrichter ist für die Gewährleistung der elektrischen Sicherheit der gesamten PV-Anlage verantwortlich. Bei den heute üblichen Systemspannungen von bis zu 1000 V ist dies bis auf wenige Ausnahmen nur durch Einsatz der Schutzisolierung möglich. Hierzu sind Betriebsmittel der Schutzklasse II einzusetzen, wodurch sich die Notwendigkeit der Schutzisolierung auch für die PV-Module ergibt. Die Einhaltung dementsprechender Anforderungen wird durch das Schutzklasse II - Symbol dokumentiert: Die Schutzklasse II-Prüfung ist mittlerweile Bestandteil der EN 61730 und wird damit im Rahmen der CE-Kennzeichnung mit erfasst. 3.3. IECEE-PVGAP Die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC) ist für die weltweite Normung auf dem Gebiet der Elektrotechnik zuständig. Durch deren Zertifizierungstätigkeit IEC System for Conformity Testing and Certification of Electrical Equipment (IECEE) ist ein System für die Zertifizierung und gegenseitige Anerkennung von Prüfergebnissen auch für die Photovoltaik entstanden. Das Global Approval Programm for Photovoltaics beschreibt ein Zertifizierungsprogramm auf Basis von IECEE-Regeln. Im Rahmen dieses Zertifizierungsprogramms werden z. B. Typprüfungen nach IEC 61215 ausgeführt, die eine zyklische Inspektion von Fertigungsstätten mit einschließt. Die Produkte werden dann mit folgendem Prüfzeichen gekennzeichnet: 3.4. TÜV-Prüfzeichen Die TÜV Rheinland Gruppe vergibt das Zeichen TÜVdotCOM [3]. Mit diesem Zeichen wird die Einhaltung der Gerätesicherheit und zugesicherter Produkteigenschaften dokumentiert. Bei PV-Modulen bedeutet dies z. B. eine Prüfung nach IEC 61215. Voraussetzung zur Erlangung des Prüfzeichens sind neben der Typprüfung auch wiederkehrende Inspektionen der Fertigung. Die Kennzeichnung erfolgt mit folgendem Prüfzeichen: 4. PRAKTISCHES PRÜFBEISPIEL Die normative Grundlage für die beschriebenen Prüfungen und Untersuchungen bildet die EN 61730-2 Photovoltaik (PV) module safety qualification. Von den normengebenden Organisationen wurde mit dem genanntem Standard die Voraussetzung geschaffen, die auf dem Markt bereits weit verbreiteten PV-Module nach den anerkannten und bewährten Maßstäben und Regeln für den sicheren Betrieb von elektrischen Betriebsmitteln zu bewerten. Insofern war es auch konsequent, diesen Standard in die Normenliste der Europäischen Niederspannungsrichtlinie mit aufzunehmen und seine Anwendung vorzuschreiben. Bei dem Vorgehen nach Norm sind die betrachteten PV-Module in einem ersten Schritt einer zutreffenden Anwendungsklasse zuzuordnen. Dabei unterscheidet man grundsätzlich: Klasse A Generelle Zugänglichkeit der Module, gefährliche Spannung / Leistungsanwendung höchste resultierende Sicherheitsanforderung Klasse B Begrenzte Zugänglichkeit der Module, gefährliche Spannung / Leistungsanwendung hohe resultierende Sicherheitsanforderungen

Klasse C Begrenzte Spannung und herabgesetzte Leistungsklasse eingeschränkte Sicherheitsanforderungen Im Rahmen der genannten Norm ist nach einem genau vorgegebenen Prüfschema eine ganze Reihe von Einzeltests zur Bewertung der elektrischen Sicherheit durchzuführen. Nachfolgend sollen einige dieser Prozeduren 4.1. Visuelle Kontrolle Die Zielsetzung dieses Tests ist die Detektion jeglicher bereits visuell feststellbarer Fehler und Beschädigungen am Aufbau des kompletten PV-Moduls. Diese Kontrolle ist bei einer angemessenen Beleuchtung sorgfältig durchzuführen, wobei ein einfacher Funktionstest mit einzuschließen ist. Abbildung 2 gibt eine Ansicht des Prüfplatzes. Abbildung 3 Prüfung der dielektrischen Festigkeit Ein zusätzlicher Aspekt, auf den in der hier zugrunde gelegten Norm zwar nicht explizit eingegangen wird, der nach dem aktuellen Stand der Technik aber dennoch zu bewerten ist, ist die Einhaltung aller erforderlichen Luft- und Kriechstrecken. Diese konstruktive Sicherheitsanforderung wird deswegen zumeist ergänzend betrachtet und hängt natürlich stark vom jeweiligen Modulaufbau ab. 4.3. Prüfung der Durchgängigkeit der Erdung Die zuverlässige Durchverbindung und die hinreichende Leitfähigkeit im elektrischen Pfad zwischen allen zugänglichen metallenen Oberflächen am Modul sind zu überprüfen, so dass berührbare Metallteile als sicher geerdet betrachtet werden können. Dieser Test hat an unterschiedlichen Messpunkten im Bezug auf den ausgewiesenen Erdungspunkt des Moduls bei einem Prüfstrom in Höhe des 2,5fachen Bemessungswertes des Überstromschutzes (Herstellerangabe) zu erfolgen. Der gemessene Spannungsfall muss dabei hinreichend klein sein, so dass sich zu allen leitenden Teile des Moduls ein Widerstand kleiner 0,1 ergibt. Bei rahmenlosen Modulen kann dieser Test selbstverständlich entfallen. 4.4. Prüfung der Zugänglichkeit Abbildung 2 Visuelle Kontrolle / Beleuchtungstest 4.2. Prüfung der dielektrischen Festigkeit Die Aufgabe der hierbei durchzuführenden Prüfung besteht darin, eine ausreichende elektrische Isolation zwischen den aktiven stromführenden Teilen und beispielsweise dem metallenen Rahmen bzw. der äußeren Umgebung nachzuweisen (Abbildung 3). Nach EN 61730-2 ergibt sich der Wert der Prüfspannung für die Anwendungsklasse A beispielsweise zu U prüf = 4 U sys + 2000 V. Bei rahmenlosen Modulen wird der Kontakt zur äußeren Umgebung im Bereich der Modulkanten beispielsweise durch die Abdeckung mit selbstklebender Metallfolie nachgebildet. Abbildung 4 Prüfung der dielektrischen Festigkeit

Das Ziel dieser Prüfung ist es herauszufinden, ob von elektrisch aktiven Teilen Gefahren eines Stromschlags für das Bedienpersonal hervorgehen können. Zur Durchführung der Tests wird eine zylindrische Prüfsonde nach EN 61032 verwendet (Abbildung 4). Die Prüfung kann vereinfacht werden, wenn am Modul hinsichtlich des Berührungsschutzes bereits getestete Komponenten (Anschlussdose, Steckverbinder o.ä.) Einsatz finden. 4.5. Kriechstromprüfung unter Benässung Jegliche Feuchtigkeit aus der Umgebung (Regen, Nebel, Eis und Schnee sowie Kondenswasser) darf die aktiven stromführenden Teile eines Moduls in keinem Fall erreichen, da sich sonst erhebliche Sicherheitsgefahren durch Ableitströme oder Beeinflussungen durch Korrosion und Erdfehler ergeben können. Insbesondere dieser Test gewinnt besondere Aussagekraft, wenn das Prüfmodul zuvor gemäß der normativen Vorgabe einer Feuchte-Wärme-Prüfung unterzogen worden ist. Diese klimatische Alterung erfolgt für eine Dauer von min. 1000 h, bei einer Prüftemperatur von 85 C und einer Luftfeuchte von 85%. Hygroskopisch ungeeignete Materialien oder Perforationen und Kanalbildungen an den Isolierstoffen würden sich bei der nachfolgenden Kriechstromprüfung in leitfähiger Lösung (Abbildung 5), die bei hoher Prüfgleichspannung durchgeführt wird, sofort als störend bemerkbar machen. Die zulässigen Ableitströme betragen hierbei lediglich wenige µa. 4.6. Stoßspannungsprüfung Durch den Stoßspannungstest wird bewertet, ob die vorhandene Modulisolierung in der Lage ist, auftretenden Überspannungen durch atmosphärische Entladungen oder durch Schalthandlungen sicher standzuhalten. Zur Durchführung der Prüfung wird das untersuchte Modul entsprechend den Bestimmungen von Abschnitt 10.5 der IEC 61730-2 sorgfältig mit dünner selbstklebender Kupferfolie umgeben. In diesem Zustand ergeben sich Modulkapazitäten von einigen 10 nf, so dass zur Stoßspannungsbeanspruchung spezielle bzw. an die Messaufgabe angepasste Impulsgeneratoren erforderlich werden. Bei der Stoßspannungsprüfung eines Modultyps mit maximaler Systemspannung von 1000 V (Gebrauchsklasse A) ist ein Prüfspannungsimpuls mit einem Spitzenwert von 8 kv und einer doppelt-exponentieller Verlaufsform 1,2/50 µs anzuwenden. Bei Prüfdurchführung sind drei Spannungsimpulse jeder Polarität zwischen den miteinander verbundenen Moduleingängen und der leitfähigen Schicht aus Kupferfolie (virtuelle Umgebung) einzuspeisen. (Abbildung 6) Abbildung 6 Stoßspannungsprüfung Tauchbad mit Lösung Prüfmodul 4.7. Teilentladungsprüfung Die Teilentladungsprüfung (TE) ist insbesondere für die Untersuchung der isoliertechnischen Eignung eingesetzter Modulkomponenten (z. B. das verwendete Folienmaterial der rückseitigen Isolation) vorgesehen. Hiermit ist das Langzeitverhalten von Materialien bei dielektrischer Beanspruchung zu beurteilen, da bei auftretenden Teilentladungen (ab bestimmten Spannungsgrenzen einsetzende schwache Entladungen ohne vollständigen Durch- oder Überschlag) von lokal wirkenden Materialschädigungen auszugehen ist. Abbildung 7 zeigt den hierbei prinzipiell zu verwendenden Versuchsaufbau. Abbildung 5 Kriechstromprüfung unter Benässung Abbildung 7 Versuchsaufbau für TE-Messungen

Ein Prüfplatz zur Durchführung der TE-Messungen innerhalb einer geschirmten Messkabine ist in Abbildung 8 gezeigt. Schließlich erhält auch die Gewährleistung der Elektromagnetischen Verträglichkeit für PV-Komplettanlagen eine dementsprechend hohe Bedeutung (Abbildung 9). Für die CE-Kennzeichnung geprüfte leistungselektronische Komponenten (wie z. B. Wechselrichter) können in den Gesamtanlagen mit üblichen Leitungslängen grundsätzlich ein abweichendes elektromagnetisches Verhalten zeigen, als dies beispielsweise bei Labormessungen nachgewiesen wurde. Nicht zuletzt ist auch zu berücksichtigen, dass EMV-Störfestigkeits-Eigenschaften von Komponenten zunächst nur für eine normale elektromagnetische Umgebung gelten. PV-Anlagen, die funktionsbedingt in freier Umgebung bei einwirkenden kritischen elektromagnetischen Störgrößen (wie z. B. nahen Blitzentladungen) betrieben werden, benötigen darüber hinaus einen zusätzlichen Schutz um Störungen und Zerstörungen dauerhaft zu verhindern. Abbildung 8 Teilentladungsmessplatz 5. ZUSAMMENFASSUNG Hersteller von PV-Modulen müssen ihre Produkte für den europäischen Binnenmarkt auf Basis von EU- Richtlinien bewerten. Die erfolgte Bewertung wird durch die CE-Kennzeichnung dokumentiert. Diese Kennzeichnung stellt kein Prüfzeichen dar, sondern ermöglicht dem Hersteller den freien Warenverkehr innerhalb der EU. Zusätzliche Prüfzeichen dokumentieren neben dem Nachweis über erfolgte Typprüfung eine periodische Überwachung der Fertigung. Im vorliegenden Beitrag wurde gezeigt, auf welche Weise die elektrischen Prüfungen zum Nachweis der Sicherheitsanforderungen an PV-Modulen durch unabhängige Prüfdienstleister im Labor zu erfüllen sind. Die Anwendung besonderer messtechnischer Verfahren, wie zum Beispiel der Teilentladungsmessung (bisher nur als Komponententest ausgeführt), könnte darüber hinaus dazu beitragen, die Aussagefähigkeit von Prüfergebnissen zu erweitern und als Diagnosemöglichkeit für komplette Modulprüfungen heranzuziehen. Die isoliertechnischen Eigenschaften der PV- Module haben bei den Herstellern inzwischen einen solchen Stellenwert erlangt, dass Hochspannungstests beispielsweise auch innerhalb der laufenden Produktion (in-line) als Stück- oder Stichprobenprüfung durchgeführt werden Es ist davon auszugehen, dass zukünftig vor allem die Beurteilung des gesamten Anlagenverhaltens zunehmend in den Mittelpunkt der Betrachtungen rücken wird. Zur Gewährleistung der elektrischen Sicherheit sind beispielsweise auch entsprechende Forderungen an die Spannungsqualität im PV-Generator- Stromkreis zu stellen. Wechselstromanteile oder höherfrequente Vorgänge können hier im Zusammenhang mit den hohen Modulkapazitäten zu ungewollten Modulbeanspruchungen oder unzulässigen Ableitströmen bzw. Berührungsspannungen führen. Abbildung 9 PV-Anlage Arnstadt (Quelle: ERSOL) 6. LITERATUR [1] Leitfaden für die Umsetzung der nach dem neuen Konzept und dem Gesamtkonzept verfassten Richtlinien, Brüssel 2000, ISBN 92-828-7449-0 [2] Richtlinie 2006/95/EG zur Angleichung der Mitgliedstaaten betreffend elektrischer Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen (Abl. L 374/10 vom 27.12.2006) [3] Vaaßen, W; Kiefer, K. Qualitätsanforderungen an Solarmodule, Vortrag zum Symposium Photovoltaische Solarenergie, Kloster Banz, Bad Staffelstein, 9.-11. März 2005