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Transkript:

Wenn sich der Kinderwunsch nicht erfüllt V e r e i n Kinderwunsch Verein Kinderwunsch Postfach CH-8027 Zürich Infoline Kinderwunsch: 0848 86 86 80 infoline@kinderwunsch.ch www.kinderwunsch.ch Ursachen Diagnose Behandlung V e r e i n Kinderwunsch

Liebe Leserin, lieber Leser Bei jedem 6. Paar in der Schweiz geht der Kinderwunsch aus verschiedenen Gründen nicht auf natürliche Weise in Erfüllung. Dank der modernen Fortpflanzungsmedizin stehen betroffenen Paaren heute Behandlungsmethoden zur Verfügung, die in vielen Fällen zum Erfolg führen. Eine Garantie auf ein Kind gibt es jedoch nicht. Die wichtigsten Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten der Kinderlosigkeit haben wir für Sie in dieser Broschüre zusammengefasst. Impressum Herausgeber: Verein Kinderwunsch Postfach 8027 Zürich Copyright: Verein Kinderwunsch Der Verein Kinderwunsch setzt sich für die Aufklärung über ungewollte Kinderlosigkeit ein und informiert über die Behandlungsmethoden und Ihre Chancen sowie über Probleme und Belastungen für betroffene Paare. Der Verein fördert den Erfahrungs- und Meinungsaustausch, zeigt aber auch Alternativen auf bei unerfülltem Kinderwunsch. Der Beratungsdienst Infoline Kinderwunsch dient als Anlaufstelle für Betroffene und kann per Telefon und E-Mail kontaktiert werden. Layout: KGT Quaiser, Adliswil Druck: Louis Gruber AG, Zürich Umschlag: Marion Diese Broschüre wurde ermöglicht durch Serono Yves Der Verein Kinderwunsch ist für Sie da, fördert die Solidarität und engagiert sich für die Betroffenen in der Öffentlichkeit. Wir unterstützen Sie, unterstützen Sie uns: Gemeinsam sind wir stark. V e r e i n Kinderwunsch

Kinder, die dank moderner Fortpflanzungsmedizin zur Welt gekommen sind, zeichnen ihre Lebensfreude und ihre Gefühle. Sie haben diese Broschüre illustriert. Die Kinderzeichnungen sollen den Betroffenen Mut machen, die Probleme im Zusammenhang mit der Kinderlosigkeit zu bewältigen und das Leben zu geniessen mit oder ohne Kinder. Chiara Zina Nicolai Marion 2 3

Inhalt 1. Grundlagen der Fortpflanzung 6 1.1 Die Rolle der Hormone 6 1.2 Der weibliche Zyklus 6 1.3 Die Spermienproduktion 8 1.4 Ein Mensch entsteht 9 2. Weshalb es nicht immer klappt 10 2.1 Ursachen bei der Frau 12 2.1.1 Hormonelle Störungen 12 2.1.2 Probleme der Gebärmutter und des Gebärmutterhalses 13 2.1.3 Eileiterverschlüsse 13 2.1.4 Weitere Gründe 13 2.2 Ursachen beim Mann 14 2.2.1 Probleme bei der Spermienproduktion 14 2.2.2 Fehlbildungen 15 2.3 Immunologische Ursachen 15 2.4 Psychologische Gründe 15 3. Die Diagnose 17 3.1 Messung der morgendlichen Temperaturen bei der Frau (Basaltemperatur) 18 3.2 Hormonbestimmungen 19 3.3 Ultraschall und Röntgenaufnahmen 19 3.4 Gebärmutterspiegelung (Hysteroskopie) 19 3.5 Bauchspiegelung (Laparoskopie) 20 3.6 Untersuchung des Gebärmutterhalsschleims 20 3.7 Untersuchung der Spermien 20 4. Die Behandlung 22 4.1 Die medikamentöse Behandlung 24 4.1.1 Die Therapie bei der Frau 24 4.1.2 Die hormonelle Therapie beim Mann 26 4.2 Der operative Eingriff 27 4.3 Unterstützende Fortpflanzungsmethoden 27 4.3.1 Insemination 27 4.3.2 In-vitro-Fertilisation (IVF) 28 4.3.3 Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) 29 4.3.4 Mikrochirurgische epididymale Spermienaspiration (MESA) 30 4.3.5 Testikuläre Spermienextraktion (TESE) 30 5. Unerwünschte Folgen einer Behandlung 30 6. Psychologische Aspekte einer Behandlung 31 7. Beratungsdienst Infoline Kinderwunsch 32 8. Der Verein Kinderwunsch 33 4 5

1. Grundlagen der Fortpflanzung 1.1 Die Rolle der Hormone Neben den Geschlechtsorganen spielen Hormone eine zentrale Rolle bei der Fortpflanzung. Hormone steuern die Bildung von Eizellen und lösen den Eisprung aus, sorgen aber auch für die Einnistung der befruchteten Eizelle in der Gebärmutter. Hormone regen in den Hoden die Produktion von Samen an. Zweite Phase Durch das ausgeklügelte Zusammenspiel der Hormone nach dem Eisprung wird die Gebärmutterschleimhaut auf die Einnistung des befruchteten Eis vorbereitet. Der Gebärmutterhalsschleim wird wieder dicker und verhindert das Eindringen neuer Spermien. Die Körpertemperatur steigt an. Wenn es nicht zu einer Befruchtung kommt, wird die Gebärmutterschleimhaut mit der nächsten Menstruation ausgeschieden. 1.2 Der weibliche Zyklus Erste Phase Der Zyklus der Frau beginnt mit dem ersten Tag der Monatsblutung. In der ersten Hälfte des Zyklus (14 Tage) reifen in den Eierstöcken mehrere Eibläschen heran, die Hormone (Östrogene) ausschütten. Durch diese Hormone verflüssigt sich der Gebärmutterschleim, sodass Spermien in die Gebärmutter und zu den Eileitern gelangen können. In der Zyklusmitte bewirkt der gestiegene Hormonspiegel das Platzen von meist nur einem reifen Eibläschen (Eisprung). Die Eizelle verlässt den Eierstock und beginnt ihre Reise durch den Eileiter, wo es zur Befruchtung kommen kann. Lukas 6 7

1.3 Die Spermienproduktion Spermien reifen im Hoden in etwa 72 Tagen heran. Hormone sind für die Reifung der Spermien verantwortlich. Die reifen Spermien wandern vom Samenkanälchen über das Hodennetz in die Nebenhoden, wo sie innerhalb von zehn bis zwanzig Tagen eine ausreichende Beweglichkeit und Befruchtungsfähigkeit erreichen. Sie lagern dann im Samenleiter, bis es zum Samenerguss (Ejakulat) kommt. Eileiter Eierstock Gebärmutter Gebärmutterhals Scheide Einnisten des Embryos Embryo Befruchtung Eizelle Spermien 1.4 Ein Mensch entsteht Eine Schwangerschaft ist ein Wunder der Natur, denn eine reife Eizelle kann nur während kurzer Zeit befruchtet werden. Spermien überleben nach dem Geschlechtsverkehr während etwa 48 Stunden. Nur ein kleiner Teil beweglicher Spermien kann bis zur Eizelle vordringen. Zur Befruchtung im Eileiter kommt es, wenn ein Spermium mit einer Eizelle verschmilzt. Fünf bis sechs Tage später nistet sich der Embryo in der Gebärmutterschleimhaut ein. Chiara 8 9

2. Weshalb es nicht immer klappt Bei einem gesunden, jungen Paar liegt die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft pro Monatszyklus bei etwa 20 Prozent. Bis es zu einer Schwangerschaft kommt, braucht es rund fünf Monatszyklen. Schwanger werden ist also nicht so einfach. Carole 10 11

Von Unfruchtbarkeit spricht man, wenn ein Paar während eines Jahres regelmässigen ungeschützten Geschlechtsverkehr hat, ohne dass eine Schwangerschaft eintritt. Bei 30 bis 50 Prozent der Paare besteht eine Störung der weiblichen Fruchtbarkeit (Fertilität), in 20 Prozent der Fälle sind beide Partner an der Unfruchtbarkeit (Sterilität) beteiligt, und in 30 bis 50 Prozent liegt eine Störung der männlichen Fertilität vor. Das Paar sollte sich deshalb immer gemeinsam untersuchen lassen. Für die Unfruchtbarkeit gibt es ganz verschiedene Ursachen. Insbesondere das höhere Alter bei Frauen mit Kinderwunsch sowie Umweltfaktoren tragen dazu bei, dass die Zahl ungewollt kinderloser Paare zunimmt. Mit zunehmendem Alter sinkt auch die Spermienproduktion des Mannes. 2.1 Ursachen bei der Frau 2.1.1 Hormonelle Störungen Wenn der hormonelle Regelkreis zwischen den Drüsen und den Eierstöcken gestört ist, können die Eizellen nicht reifen. Der Eisprung kann also ganz ausbleiben oder unregelmässig auftreten. Bleibt die Monatsblutung oft oder ganz aus, liegt vielfach eine Störung beim Eisprung vor. Eierstockprobleme können aber auch bei Frauen mit normaler Regel vorkommen. 2.1.2 Probleme der Gebärmutter und des Gebärmutterhalses Unfruchtbarkeit kann durch Fehlbildungen, Infektionen oder durch die schlechte Qualität des Gebärmutterhalsschleims verursacht werden. Starke Vernarbungen der Gebärmutterwand oder gutartige Tumore (Myome) können ebenfalls ein Hindernis für eine Schwangerschaft sein. 2.1.3 Eileiterverschlüsse Ganz oder teilweise verschlossene Eileiter machen es den Spermien unmöglich, bis zur Eizelle vorzudringen. Eileiterverschlüsse können durch Infektionen, Gebärmutterschleimhaut ausserhalb der Gebärmutter (Endometriose), Vernarbungen infolge eines medizinischen Eingriffs oder durch eine frühere Eileiterschwangerschaft entstehen. 2.1.4 Weitere Gründe Starkes Unter- oder Übergewicht, Rauchen, übermässiger Alkoholkonsum oder Medikamente können die Chance, schwanger zu werden, ebenfalls reduzieren. 12 13

2.2 Ursachen beim Mann 2.2.1 Probleme bei der Spermienproduktion Beim Mann liegt eine eingeschränkte Zeugungsfähigkeit vor, wenn die Zahl der Spermien vermindert, ihre Beweglichkeit unzureichend oder ihre Form abnorm ist. Ursachen dafür sind: Infektionskrankheiten Mumpsviren, die bei Kleinkindern meist keine grösseren Komplikationen verursachen, können beim Mann zu einer Entzündung und zu einem Schwund der Hoden führen. Hormonelle Störungen Bei einer gestörten Ausschüttung von Hormonen wird die Spermienproduktion eingeschränkt. Hormonelle Störungen treten bei Männern selten auf. Weitere Gründe Schädliche Umwelteinflüsse, erhöhte Strahlenbelastung und eine ungesunde Lebensweise können die Samenqualität negativ beeinflussen. Auch nach gewissen Krebstherapien besteht das Risiko einer kurzfristigen oder dauerhaften Störung der Spermienproduktion. 2.2.2 Fehlbildungen Infektionen und Entzündungen können zu Fehlbildungen führen, die den Spermienfluss teilweise oder ganz verhindern. Nach chirurgischen Eingriffen kann es durch Narbengewebe auch zu einem Verschluss im Geschlechtstrakt kommen. Die Spermienqualität kann zudem durch eine erhöhte Temperatur im Hodengewebe herabgesetzt werden, die durch Krampfadern im Hodenbereich verursacht wird. 2.3 Immunologische Ursachen Sowohl die Frau als auch der Mann selbst können Antikörper gegen Spermien bilden. Dadurch wird die Beweglichkeit der Samenzellen eingeschränkt. Dieser Abwehrmechanismus des Körpers erschwert oder verunmöglicht die Befruchtung. 2.4 Psychologische Gründe Gemütszustände wie Angst, Ärger oder Stress sowie psychische Belastungen in der Beziehung, zum Partner, in der Familie oder im gesellschaftlichen Umfeld können den Hormonhaushalt durcheinander bringen. Yves 14 15

3. Die Diagnose Um die Ursachen des unerfüllten Kinderwunsches abzuklären, müssen beide Partner untersucht werden. Diese Abklärungen können sich über Monate hinziehen und umfassen verschiede Möglichkeiten. Lukas 16 17

3.1 Messung der morgendlichen Temperatur bei der Frau (Basaltemperatur) Während zweier Monatszyklen misst die Frau täglich ihre Aufwachtemperatur (in der Scheide, im Darmausgang oder unter der Zunge). Vom ersten Tag der Monatsblutung bis zur Zyklusmitte bleibt die Temperatur immer etwa gleich. Mit dem Eisprung steigt die Aufwachtemperatur sprunghaft um 0,5 C an. Diese Temperaturerhöhung bleibt normalerweise während mindestens zehn Tagen erhalten und sinkt mit dem Beginn der Monatsblutung wieder auf das tiefere Niveau. Bleibt die Temperatur während des ganzen Zyklus auf dem tieferen Niveau, ist das ein Hinweis auf eine Störung. 3.2 Hormonbestimmungen Bei einem Drittel der Paare mit unerfülltem Kinderwunsch liegt ein hormonelles Problem vor. Durch die Messung der Hormonwerte im Blut, die zu bestimmten Zeitpunkten durchgeführt werden muss, kann eine hormonelle Störung festgestellt werden. 3.3 Ultraschall und Röntgenaufnahmen Durch den Muttermund wird ein Kontrastmittel in die Gebärmutter und die Eileiter eingespritzt. Mit Hilfe von Ultraschall oder Röntgenaufnahmen kann festgestellt werden, ob ein Eileiterverschluss vorliegt. 3.4 Gebärmutterspiegelung (Hysteroskopie) Unter Vollnarkose werden über eine röhrenförmige Lupe Veränderungen der Schleimhaut und Verwachsungen festgestellt. Lukas 18 19

3.5 Bauchspiegelung (Laparoskopie) Über eine durch die Bauchdecke eingeführte Lupe wird der gesamte Bauchraum untersucht. So können Veränderungen von Gebärmutter, Eierstöcken und Eileitern untersucht werden. 3.6 Untersuchung des Gebärmutterhalsschleims Einige Stunden nach dem Geschlechtsverkehr wird etwas Schleim aus dem Gebärmutterhals entnommen und unter dem Mikroskop untersucht. Einerseits werden Qualität und Quantität des Schleims kontrolliert. Andererseits kann festgestellt werden, ob sich bewegliche Spermien im Schleim befinden. Ist dies nicht der Fall, so liegt eine Störung vor. Michael 3.7 Untersuchung der Spermien Eine durch Masturbation gewonnene Samenprobe wird unter dem Mikroskop und mit Hilfe eines Computers beurteilt. Die Flüssigkeit wird auf das ausreichende Vorhandensein von Spermien mit gesunder Form und guter Beweglichkeit untersucht. Dieser Test sollte im Abstand von etwa drei Monaten wiederholt werden, da die Qualität der Samenflüssigkeit schwanken kann. Lena 20 21

4. Die Behandlung Dank der modernen Fortpflanzungsmedizin gibt es heute verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, um Paaren bei der Erfüllung ihres Kinderwunsches zu helfen. Eine Behandlung kann mehrere Therapieschritte umfassen und sich über längere Zeit hinziehen. Trotz medizinischem Fortschritt geht der Kinderwunsch nicht immer in Erfüllung. Die Chance einer Schwangerschaft pro Behandlungszyklus ist etwa gleich hoch wie bei einer natürlichen Schwangerschaft. Michael 22 23

4.1 Die medikamentöse Behandlung 4.1.1 Die Therapie bei der Frau mit Clomifencitrat Durch die Einnahme von Clomifencitrat während fünf Tagen werden die hormonellen Bedingungen für die Eizellenreifung und den Eisprung verbessert. Es kommt zu einer verstärkten Ausschüttung von körpereigenen Hormonen, welche die Entwicklung des Eibläschens verbessern. Mittels Ultraschall wird die Grösse des Eibläschens kontrolliert. Um den Eisprung auszulösen, wird ein weiteres Hormon verabreicht. Da die Chance einer Befruchtung am Tag des Eisprungs und einen Tag danach am grössten ist, sollte die Frau an diesen zwei Tagen Geschlechtsverkehr mit ihrem Partner haben. Die Einnahme der Tabletten beginnt am 3. bis 5. Zyklustag und endet am 7. bis 9. Zyklustag. Als Nebenwirkung kann Clomifencitrat den Gebärmutterhalsschleim und den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut für die Einnistung des befruchteten Eis negativ beeinflussen. mit Hormonen (Gonadotropine) Wenn die Reifung der Eizellen gestört ist oder sie nicht oder in ungenügender Zahl wachsen, ist eine Behandlung mit Hormonen, Gonadotropinen, angezeigt. Die Erfolgschancen sind unterschiedlich: Bei einigen Frauen kommt es bereits nach ein bis zwei Behandlungszyklen zu einer Schwangerschaft. Bei anderen braucht es etwas länger. In manchen Fällen führt diese Therapie nicht zum Erfolg. Gonadotropine werden täglich während vier bis sieben Tagen gespritzt. Danach wird die Dosis aufgrund einer Ultraschalluntersuchung bei Bedarf angepasst. Die Spritzen werden weiter täglich verabreicht, bis im Ultraschallbild ein reifes Eibläschen festgestellt werden kann. Für die Auslösung des Eisprungs wird ein weiteres Hormon gespritzt. An diesem oder am folgenden Tag sollte es zum Geschlechtsverkehr kommen. Gonadotropine urinären Ursprungs Die ersten Gonadotropine wurden aus Urin von Frauen in den Wechseljahren gewonnen. Diese Produkte enthalten 95 Prozent urinäre Verunreinigungen und müssen von einer Medizinalperson gespritzt werden. Dies bedingt einen täglichen Besuch beim Arzt oder in der Klinik. Als weiteren Nachteil enthalten diese ungereinigten Gonadotropin-Produkte sowohl das Hormon für die Eizellenreifung als auch das Hormon zur Auslösung des Eisprungs. Bei vielen Frauen kann sich die Verabreichung des zweiten Hormons jedoch negativ auf die Reifung des Eibläschens auswirken. Diese Produkte werden deshalb heute nicht mehr so oft verwendet. Gereinigte Gonadotropine urinären Ursprungs Durch neue Reinigungsverfahren ist es gelungen, ein hochreines Produkt aus Urin zu gewinnen, das über 24 25

95 Prozent reines Hormon für die Eizellenreifung enthält. Dieses Produkt hat den Vorteil, dass es nach Anleitung einer Medizinalperson selbst unter die Haut gespritzt werden kann, was weniger schmerzhaft ist. Der tägliche Besuch beim Arzt oder in der Klinik ist nicht notwendig. Woche. Das biotechnologisch hergestellte Hormon kann ebenfalls zu Hause selber unter die Haut gespritzt werden. 4.2 Der operative Eingriff Biotechnologisch hergestellte Gonadotropine Die Nachfrage nach Gonadotropinen ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Es mussten immer mehr Frauen in den Wechseljahren gefunden werden, die ihren Urin spenden. Um die steigende Nachfrage zu decken, stehen heute biotechnologisch hergestellte Hormone zur Eizellenreifung zur Verfügung. Diese Produkte sind hochrein und haben den grossen Vorteil, dass sie keine urinären Verunreinigungen enthalten. Sie können ebenfalls zu Hause selber unter die Haut gespritzt werden, was die psychische und physische Belastung für die Frau reduziert. Das biotechnologisch hergestellte Hormon ist im Vergleich zu urinären wirksamer. Obwohl die Kosten pro Ampulle biotechnologisch hergestellter Hormone etwas höher sind, entsprechen die Gesamtkosten wegen der verkürzten Therapiedauer und der besseren Ergebnisse etwa den Kosten einer Behandlung mit urinär gewonnenen Hormonen. 4.1.2 Die hormonelle Therapie beim Mann Auch beim Mann können sich Gonadotropine positiv auf Reifung, Anzahl und Beweglichkeit der Spermien auswirken. Die Behandlung dauert jedoch etwa drei Monate und umfasst drei Spritzen pro Ein verschlossener Eileiter kann in einigen Fällen durch eine mikrochirurgische Operation wieder geöffnet werden. Die Operation wird unter Vollnarkose durchgeführt und erfordert einen Krankenhausaufenthalt von fünf bis acht Tagen. Eine solche Operation ist keine Garantie für eine Schwangerschaft. Der Schweregrad der Eileiterschädigung beeinflusst die Schwangerschaftschancen massgeblich. 4.3 Unterstützende Fortpflanzungsmethoden Wenn die hormonelle Behandlung und der operative Eingriff nicht zu einer Schwangerschaft führen, stehen verschiedene unterstützende Fortpflanzungsmethoden zu Verfügung. 4.3.1 Insemination Eine grosse Zahl Spermien wird direkt in die Gebärmutter eingespritzt, um ihnen den Zugang zu den Eileitern zu erleichtern. Die Spermien werden im Labor aufbereitet, um die Befruchtungsfähigkeit zu erhöhen. Diese Methode wird angewendet, wenn 26 27

Spermien Verschlossener Eileiter Eizellengewinnung (Follikelpunktion) Eileiter Eierstock Befruchtung Im Eierstock befindliche Follikel Spermien Gebärmutter Übertragung der Embryonen in die Gebärmutter Eizelle Scheide Einbringen der Spermien direkt in die Gebärmutter Embryo Befruchtung eignet sich bei fehlenden oder stark geschädigten Eileitern, bei Verwachsungen oder bei eingeschränkter Spermaqualität. Antikörper gegen die Spermien im Gebärmutterhalsschleim vorhanden sind, wenn die Anzahl Spermien gering ist oder wenig normale Spermien vorhanden sind. Eine Mindestanzahl normaler und beweglicher Spermien ist eine Voraussetzung für diese Methode. 4.3.2 In-vitro-Fertilisation (IVF) Durch die Verabreichung der Hormone (Gonadotropine) in höherer Dosierung reifen mehrere Eizellen heran und werden aus den Eierstöcken entnommen. Dieser Vorgang (Punktion) erfolgt durch die Scheidenwand und kann unter Narkose durchgeführt werden. Im Reagenzglas (in vitro) werden die Eizellen mit dem Samen vereint. Kommt es zu einer Befruchtung, werden etwa zwei Tage nach der Eizellentnahme in der Regel ein bis zwei Embryonen in die Gebärmutter gebracht. Es dürfen höchstens drei Embryonen entwickelt werden. Diese Methode 4.3.3 Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) Bei dieser Methode wird ein einziges Spermium unter dem Mikroskop ausgewählt und direkt in die Eizelle gespritzt. Auch in diesem Fall werden Eizellen mit Hilfe von Gonadotropinen herangereift und durch eine Punktion gewonnen. Die Methode eignet sich bei stark eingeschränkter Qualität der Spermien und ist heute eine Alternative zur Befruchtung mit Spendersamen. Eizelle wird unter dem Mikroskop platziert und fixiert Zellkern der Eizelle Ein Spermium wird direkt in die Eizelle injiziert Spermium 28 29

4.3.4 Mikrochirurgische epididymale Spermienaspiration (MESA) Bei dieser Behandlung werden die Spermien direkt aus den Nebenhoden entnommen. Die Befruchtung erfolgt mittels der ICSI-Methode. Diese Methode wird angewendet, wenn z.b. wegen eines fehlenden Samenleiters keine Spermien im Samenerguss vorhanden sind. Bei der MESA-Methode können Spermien für eine spätere Behandlung eingefroren werden. 4.3.5 Testikuläre Spermienextraktion (TESE) Bei dieser Behandlung werden die Spermien direkt aus dem Hodengewebe entnommen, um dann mit Hilfe der ICSI-Methode eine Befruchtung herbeizuführen. Diese Methode ist angezeigt, wenn keine Spermien im Samenerguss und in den Nebenhoden vorhanden sind. 5. Unerwünschte Folgen einer Behandlung Wie jede medizinische Behandlung kann auch die Therapie bei Unfruchtbarkeit unerwünschte Nebenwirkungen haben. Bei einer hormonellen Behandlung kann es zu einer Mehrlingsschwangerschaft kommen. Das Mehrlingsrisiko beschränkt sich bei einer IVF- oder ICSI-Behandlung meist auf eine Zwillingsschwangerschaft, da im Durchschnitt ein bis zwei Embryonen in die Gebärmutter eingebracht werden dürfen. Durch die Einnahme von Hormonen reifen mehrere Eibläschen heran, was eine Vergrösserung der Eierstöcke verursachen und zur Zystenbildung führen kann. Durch regelmässige Ultraschallkontrollen und Östrogenbestimmungen im Blut können diese Risiken jedoch vermindert werden. Wichtig ist dabei die disziplinierte Einhaltung der Untersuchungstermine. Das Risiko einer Fehlgeburt in der Frühschwangerschaft ist möglicherweise höher als bei einer natürlichen Schwangerschaft. Dies ist jedoch nicht eindeutig bewiesen. 6. Psychologische Aspekte einer Behandlung Ungewollte Kinderlosigkeit kann bei Betroffenen eine tiefe Krise auslösen, die sich nicht nur auf die Beziehung, sondern auch auf die verschiedensten Lebensbereiche negativ auswirken kann. Zudem kann auch die Behandlung der Unfruchtbarkeit zu einer grossen seelischen Belastung für das Paar werden. Eine Unfruchtbarkeitsbehandlung ist oft geprägt von Emotionen wie Schuldgefühl, Angst, Scham, Hoffnung, Trauer, Freude und Enttäuschung. Viele Betroffene fühlen sich allein gelassen in ihrem Leid und verstärken den Stress, wodurch der Behandlungserfolg beeinträchtigt werden kann. Einige Ärztinnen und Ärzte empfehlen ungewollt kinderlosen Paaren eine psychologische Betreuung parallel zur Behandlung der Unfruchtbarkeit. Wer sich für eine Unfruchtbarkeitsbehandlung ent- 30 31

schliesst, sollte sich bewusst sein, dass eine Therapie einige Zeit in Anspruch nimmt und vom Paar viel Geduld fordert. Trotz moderner Behandlungsmethoden bleibt der Kinderwunsch einiger Paare unerfüllt. Kinderlosigkeit betrifft Sie und Ihren Partner: Besinnen Sie sich deshalb gemeinsam auf die Lebensinhalte, mit und ohne eigene oder andere Kinder. 7. Beratungsdienst Infoline Kinderwunsch Für Betroffene, die Informationen suchen oder Probleme und Sorgen haben, steht die Infoline Kinderwunsch als Anlaufstelle zur Verfügung. Sie können den Beratungsdienst unter der Telefonnummer 0848 86 86 80 oder per E-Mail unter der Adresse infoline@kinderwunsch.ch erreichen. Die Beratung erfolgt durch eine Fachperson mit Spezialerfahrung auf dem Gebiet der Fortpflanzungsmedizin und der Betreuung von Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch. Für die Betroffenen ist die Beratung unentgeltlich, es werden auch keine speziellen Telefongebühren verrechnet ausser der normalen Gesprächstaxe. Die Infoline vermittelt auch die Adressen von anerkannten Zentren mit moderner Fortpflanzungsmedizin. 8. Der Verein Kinderwunsch Der Verein Kinderwunsch ist eine Patientenorganisation mit dem Motto «Betroffene helfen Betroffenen». Der Verein will die Solidarität stärken zwischen glücklichen Eltern, Kinderwunsch-Paaren und Paaren, die sich für Alternativen entschieden haben. In der Öffentlichkeit und in der Gesundheitspolitik engagiert sich der Verein für die Anliegen der Betroffenen. Der Verein informiert über Kinderlosigkeit und klärt über Behandlungsmethoden und ihre Chancen auf, aber auch über die Probleme vor, während und nach der Behandlung. Der Verein Kinderwunsch zeigt auch Alternativen auf für Paare, die erfolglos behandelt wurden oder die bewusst auf einzelne Behandlungsmöglichkeiten verzichten wollen. Als Alternativen zum Wunsch, eigene Kinder zu haben, kommen die Adoption und der Verzicht auf Kinder mit einer Neuorientierung in Frage. Der Verein Kinderwunsch will offen über alle diese Möglichkeiten informieren und Betroffenen helfen, Probleme zu lösen und Herausforderungen zu meistern. Sie unterstützen diese Arbeit am besten, wenn Sie dem Verein beitreten und Solidarität zeigen. Cédric 32 33