Osteoporose. Chefarzt Prim. Doz. Dr. Günter Höfle Abteilung für Innere Medizin und Intensivmedizin. LKH Hohenems

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Transkript:

Osteoporose Chefarzt Prim. Doz. Dr. Günter Höfle Abteilung für Innere Medizin und Intensivmedizin LKH Hohenems

Warum sind Knochen interessant? Knochenbruch Haltung (Selbstwertgefühl) Schmerzen Mobilität

Begriffserklärung: Osteoporose Skeletterkrankung, die mit reduzierter Knochenqualität einhergeht. Erhöhtes Knochenbruchrisiko. Normaler Knochen Osteoporose JAMA 285:785-95; 2001

Konzept: Knochenqualität Knochenumbaurate KNOCHENMASSE VERTEILUNG DER MASSE Knochengeometrie Form + Zusammenhalt der Knochenbälkchen MATERIALEIGENSCHAFTEN Mineralgehalt Qualität der Knochengrundsubstanz Knochen- Stabilität Chesnut III CH. J Bone Miner Res, 2001 Cons. Dev. Panel Osteop. JAMA, 2001

Osteoporose ist häufig: Jede 3. Frau und jeder 7. Mann über 50 J. ist betroffen! Vbg. Frauen über 50 Jahre 1 : 72 500 mit Osteoporose (30%) 2 : 21 750 mit einem osteoporotischen Bruch (60%) 2 : 13 050 1 Österr. statistisches Zentralamt 2 Melton JL et al., JBMR 1992 und 1995

Häufigste Komplikationen Knochenbrüche - Wirbelkörper (oft stumm!) - Schenkelhals (50% der Pat. brauchen nach 1 Jahr noch Hilfe bei der Selbstversorgung!) - Unterarm, Handgelenk

Wann an Osteoporose denken? 1.) Patienten mit Risikofaktoren 2.) Patienten mit Erkrankungen, die häufig eine Osteoporose verursachen 3.) Patienten mit osteoporotischen Knochenbrüchen 4.) Patienten, die Medikamente einnehmen, welche den Knochenstoffwechsel negativ beeinflussen 5.) Schmerzen

Diagnose der Osteoporose Labor Wirbelsäulenröntgen Knochendichtemessung Ärztliche Untersuchung Erkrankungen, die Osteoporose verursachen? Gespräch über Risikofaktoren

1. Risikofaktoren der Osteoporose Rasse, Geschlecht Alter Sexualhormonmangel (Östrogene, Testosteron) Bewegungsmangel, Bettlägerigkeit Medikation (langfristige Kortisontherapie, Heparin, manche Antiepileptika, Chemotherapie,.) Zustand nach Knochenbruch (außer schwerer Unfall) aus J. A. Kanis et al., 1997, Osteoporosis Int.

Risikofaktoren der Osteoporose Untergewicht Eltern oder Geschwister mit Osteoporose Verminderte Sonnenexposition Alkohol, Rauchen Ernährungsfaktoren Niedrige Knochendichte in der Jugend aus J. A. Kanis et al., 1997, Osteoporosis Int.

2. Erkrankungen, die Osteoporose verursachen (I) Hormonelle Erkrankungen Nebenschilddrüse Schilddrüse Sexualhormonmangel körpereigener Kortisonüberschuss Rheuma Nierenerkrankungen

Erkrankungen, die Osteoporose verursachen (II) Magen-, Darmerkrankungen Tumore Lebererkrankungen Magersucht Knochenerweichung (Osteomalazie)

Erkrankungen, die Osteoporose verursachen (III) Nach Organtransplantation Bewegungsmangel Angeborene Erkrankungen (OI, Marfan Sy.,...)

3. Körperliche Untersuchung - Körperhaltung? - Wirbelsäulenverkrümmung? - Tannenbaumphänomen? - Knochenschmerzen? - Schilddrüse? - Größe, Gewicht, Blutdruck, Puls

T-score als diagnostischer Parameter Knochendichte (BMD in g/cm 2 ) 1.5 1.4 1.3 1.2 1.1 1.0 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 + 2,5 SD + 1 SD Mittelwert - 1 SD - 2,5 SD T-Score = -1,8 SD 0.4 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 Alter

WHO Definition der Osteoporose Definition Knochendichte Strategie Normal Osteopenie Osteoporose Schwere Osteoporose bis max. 10% Verlust T-Score > -1 SD 10 bis 25% Verlust -1 SD > T-Score > -2,5 SD Verlust über 25% T-Score < - 2,5 SD Osteoporose mit Fraktur(e n) Prävention Behandlung WHO Technical Report Series: 843; 1994

Wer soll zur Knochendichtemessung? Alle Frauen, die älter als 65 Jahre sind. Frauen, die jünger als 65 Jahre sind: nur, wenn noch mindestens ein 1 Risikofaktor vorliegt (zusätzlich zur Menopause) Niedriges Körpergewicht < 57,6 kg Wenn ein Erwachsener bei geringer Krafteinwirkung einen Knochenbruch erlitten hat Familiäres Risiko Aktuelles Rauchen NOF Guidelines für DXA

Wer soll zur Knochendichtemessung? Alle Frauen, die älter als 65 Jahre sind. Frauen, die jünger als 65 Jahre sind: nur, wenn noch mindestens ein 1 Risikofaktor vorliegt (zusätzlich zur Osteoporose: Menopause) Niedriges Körpergewicht < 57,6 kg Wenn ein Erwachsener bei geringer Krafteinwirkung einen Knochenbruch erlitten hat Familiäres Risiko 96,2 % Sensitivität, Männer? 17,8 % Spezifität Aktuelles Rauchen (getestet für Frauen >45 Jahre) NOF Guidelines für DXA

Risiko eines Knochenbruchs innerhalb 1 Jahres nach einem osteoporotischen Knochenbruch % Patienten 30 25 20 15 10 5 0 0 1 2+ Anzahl erlittener Wirbelkörperbrüche Lindsay et al., CTI, 2000

4. Laborwerte (Blut, Harn) Kalzium Phosphat Leberfunktionsparameter Nierenfunktionsparameter Schilddrüsenhormonstatus Blutbild Blutsenkungsgeschwindigkeit Optional: Kalzium im Urin Ggf. erweitertes Labor (sek. Osteoporose)

Risikoeinschätzung durch Berechnungsmodelle, z.b. FRAX Risikokalkulator http://www.shef.ac.uk/frax/ Klicken Sie den Button Calculation Tool und Sie können Ihre persönliches Osteoporoserisiko abschätzen.

Erweiterte Osteoporoseabklärung Osteoporose ohne erkennbare Ursache Kein Ansprechen auf Therapie Ausgeprägte Erniedrigung der Knochendichte

Osteoporose Behandlung: Ziele Verhindern eines ersten / zukünftigen Knochenbruchs Stabilisieren/Vergrößern der Knochenmasse Beschwerden durch Knochenbrüche und/oder Skelettverformungen erleichtern Verbessern der Mobilität u. der Funktionalität Lebensstilverbesserung

Prävention der Osteoporose Ernährung: Milchprodukte sind die wichtigsten Lieferanten für Kalzium ansonsten: Brokkoli, Lauch Kohl, Sesam, Vitamin D in Seefisch (Hering, Kabeljau), Ei und Milchprodukten

Prävention der Osteoporose Vermeiden von Rauchen und Alkohol Bewegung Ausreichend Sonnenlicht

Verhindern von Knochenbrüchen: - Sturzprävention (Bewegungstherapie, evtl. Umfeldsanierung) - Protektoren für Hüfte und Wirbelsäule

Medikamentöse Therapie Basismaßnahmen Vitamin D: Mangel liegt häufig vor z.b.: unausgewogene Ernährung (Milchprodukte!) oder fehlende Sonnenlichteinwirkung Kalzium: für die Mineralisation des Knochens wichtig!

Therapie der Osteoporose Anabolika Fluor Calcitonin Medikamente Aktiviertes Vitamin D (Calcitriol) Hormonersatztherapie (Östrogene) SERMs Bisphosphonate Teriparatid, Parathormon Strontium Medikamente, die sich durch Mausklick ausblenden, spielen entweder keine Rolle oder nur in besonderen Situationen eine Rolle bei der Osteoporosebehandlung.

Medikamentöse Therapie Bisphosphonate 1 x täglich oder 1 x pro Woche (morgens mindestens eine halbe Stunde vor dem Frühstück) z.b.: Actonel, Fosamax In besonderen Situationen: Tbl. 1 x monatlich Spritzen: 1 x / Quartal, 1 x / Jahr

Bisphosphonate Bisphosphonat bindet selektiv an die Stellen aktiver Knochenresorption Die Menge an resorbiertem Knochen wird durch B. vermindert Die Knochenneubildung geht ungehindert weiter Dadurch resultiert eine Knochenzunahme

Fosamax: Knochendichte Was kann erreicht werden? Nach 3 Jahren Behandlung: Knochendichtezuwachs um 6,2 % (LWS) Knochendichtezuwachs um 4,7 % (SH) Black et al., Lancet, 1996

Fosamax: Knochenbruchrisiko 2027 Frauen mit niedriger Knochendichte und bereits eingetretenem Wirbelbruch, 3 Jahre Behandlung: Oberschenkelbrüche: - 51 % Unterarmbrüche: - 48 % Wirbelkörperbruch: - 55 % Wirbelkörperbrüche: - 90 % Black et al., Lancet, 1996

Calcitonin Natürlich vorkommendes Hormon Spritzen, Nasenspray Wirkung: hemmt Knochenabbau, beeinflusst nicht den Knochenanbau, wirkt auch schmerzlindernd Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall

Calcitriol (Rocaltrol, Etalpha) Der Organismus muß Vitamin D zur aktiven Form umwandeln (Leber, Niere, Haut) Calcitriol ist bereits aktives Vit D Vorteil bei Leber- oder Nierenerkrankungen Nachteil: ärztliche Kontrollen notwendig (Nierensteine)

Evista (SERMs) = selective estrogen receptor modulators = hemmen den Knochenabbau durch östrogenartige Wirkung = Keine Östrogenwirkung an Gebärmutter und Brust (senkt das Brustkrebsrisiko!)

Nebenschilddrüsenhormon Forsteo oder Preotact: Bei Auftreten von Frakturen unter Therapie mit Bisphosphonaten oder Evista Sehr wirksam vor allem bei Wirbelkörperbrüchen!