Empfehlung zur Aus-, Fort und Weiterbildung für Mitarbeitende in der Notfallseelsorge (NFS) und der Seelsorge für Einsatzkräfte in der EKD



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Transkript:

1 Empfehlung zur Aus-, Fort und Weiterbildung für Mitarbeitende in der Notfallseelsorge (NFS) und der Seelsorge für Einsatzkräfte in der EKD beschlossen durch die Konferenz der evangelischen Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger am 22. April 2002 in Hamburg Inhalt: Einleitung S. 2 1. Aufgabenfeld S. 3 2. Voraussetzungen für den Dienst in der Notfallseelsorge S. 4 3. Ausbildung S. 5 3.1. Struktur der Ausbildung S. 5 3.2. Ziele und Inhalte der Ausbildung S. 6 3.2.1. Grundkurs Modul 1 S. 6 3.2.2. Aufbaukurs Modul 2 S. 7 3.2.3. Einsatzpraktikum S. 7 3.2.4. Kurs Psychosoziale Unterstützung/ Einsatznachsorge S. 7 3.2.5. Kurs Seelsorge in Feuerwehr und Rettungsdienst S. 8 3.2.6. Kurs Leitende/r Notfallseelsorger/in S. 9 4. Kursformen und Verbindlichkeit S. 10 5. Kontinuierliche Fortbildung, Supervision oder kontinuierliche Praxisbegleitung S. 10

2 Einleitung Der Dienst der Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger ist eine Form der Seelsorge durch die Kirchen an den Menschen unserer Zeit. Die Notfallseelsorge nimmt auf, was die Kirche immer schon angeboten und geleistet hat und was zu ihrem Selbstverständnis zählt: Die Begleitung von Menschen in Krisen, angesichts von Sterben und Tod, von Leid und Schuld. In Notfallsituationen können Fragen nach Sinn und Schuld aufbrechen, deren Bearbeitung und Beantwortung gleichwertig neben denen nach körperlicher Unversehrtheit, Genesung und Gesundheit stehen. Neben den Hilfsangeboten durch RD, FW, Pol und HiOrg brauchen Menschen in Krisensituationen Helfende, die auch ihre psychischen und seelischen Bedürfnisse besonders im Blick haben können. Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger (NFS) halten sich bereit, auf Anforderung von Rettungsdienst (RD), Feuerwehr (FW), Polizei (Pol) und Hilfeleistungsorganisationen (HiOrg) innerhalb kürzester Zeit zu Einsätzen zu kommen, an denen Menschen durch Notfälle extrem belastet sind. Sie begleiten, betreuen und beraten Menschen z.b. bei plötzlichen Todesfällen, Unfällen, Suizid, drohendem Suizid, bei psychischen Krisen und in sozialen Notlagen. Grundlage des Selbstverständnisses der Notfallseelsorge in Der EKD sind die Kasseler Thesen (! www.notfallseelsorge.de), die am 5.2.1997 von den Vertretern Evangelischer Landeskirchen angenommen wurden. Grundsätzlich ist Notfallseelsorge selbstverständlicher Teil der pastoralen Aufgaben. Sie profitiert von der langjährigen Beruferfahrung von Seelsorgern/innen. So dient die hier vorgeschlagene Qualifizierung der Focussierung der seelsorgerlichen Kompetenz auf besondere Situationen. Dieses kommt letztlich auch wieder dem (Gemeinde-)Pfarramt zu gute. In den verschiedenen Landeskirchen haben sich in den letzten Jahren Modelle von Aus- und Fortbildung entwickelt, die die regionalen Bedürfnisse aufnehmen und den Besonderheiten Rechnung tragen. Diese Empfehlung versucht, den (trotz aller Unterschiede) bestehenden Konsens aufzuzeigen und zu nutzen, um einen Rahmen zu setzen, innerhalb dessen sich die Modelle weiter entwickeln und an sich verändernde Bedürfnisse anpassen können. Dieser Rahmen erlaubt es, einen gemeinsamen Standard der von kirchlichen Trägern verantworteten Notfallseelsorge in der Bundesrepublik Deutschland zu erarbeiten und nach außen zu vertreten. Zum jetzigen Zeitpunkt bilden diese Empfehlungen keinen Ist-Zustand ab, wohl aber beschreiben sie einen wünschenswerten Qualitätsstandard.

3 1. Aufgabenfeld Auf Anforderung durch die Einsatzleitstellen von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst können Notfallseelsorger/innen in kürzester Zeit an Einsatzorte gerufen werden, wenn z.b. diese Indikationen für den Einsatz gegeben sind: - Begleitung von durch einen schweren Unfall betroffenen Menschen - Plötzlicher Tod eines Angehörigen - Plötzlicher Tod eines Kindes - Begleitung von Angehörigen bei einer versuchten oder auch erfolgten Selbsttötung - Begleitung nach einer frustranen Reanimation - Begleitung bei der Überbringung von Todesnachrichten - Begleitung von Zeugen eines Unglücks Notfallseelsorge versteht sich als Erste Hilfe für die Seele. Sie ist kein therapeutisches Angebot und ersetzt auch derartige Möglichkeiten nicht. Sie ist aber ereignisnah und bietet den betroffenen Menschen Hilfe in einer akuten Krisensituation ihres Lebens. Dazu gehört gegebenenfalls: - Menschen zu stabilisieren und zu beruhigen - das Chaos durch Informationen zu strukturieren - den Bezug zu und die Wahrnehmung der Realität möglich zu machen - Worte für das Erlebte zu finden, ohne dass es zu einer Retraumatisierung kommt - den Abschied von den verstorbenen Angehörigen zu gestalten - für die Menschen dazusein: wenn gewünscht, auch mit Gebet und Segen oder einem religiösem Ritual - ihrer Emotionalität Raum zu geben - ihre Trauer auszuhalten, sie zu begleiten und ihren Weg mitzugehen - soziale Ressourcen zu entdecken und für den Einzelnen zu erschließen Die Notfallseelsorge entlastet Einsatzkräfte von Betreuungsanforderungen, für die sie nicht vorrangig ausgebildet worden sind und zu denen sie selten Zeit haben Sie steht auch belasteten Einsatzkräften für Einzelgespräche zur Verfügung. Für Dienstgruppengespräche verweist sie aber auf die Angebote der strukturierten Einsatznachsorge. Bei Großschadenslagen oder einem Massenanfall von Verletzten arbeitet die Notfallseelsorge besonders eng und strukturiert mit anderen Organisationen zusammen.

2. Voraussetzungen für den Dienst in der Notfallseelsorge Die Beauftragung zur Mitarbeit in der NFS können erhalten: 4 1. Geistliche und Kirchliche Mitarbeiter/innen, die in ihrem Berufsalltag Sterbenden und Trauernden begegnen, die in ihrem Dienst mit seelsorgerischen Aufgaben betraut sind, über anerkannte Ausbildungen verfügen und bereit sind, sich spezifisch für die Notfallseelsorge fortbilden zu lassen. 2. Ehrenamtliche, die dem christlichen Glauben verbunden sind und bereit sind, sich in Seelsorge und Gesprächsführung schulen und sich spezifisch für die Notfallseelsorge fortbilden zu lassen. 3. Mitarbeiter/innen aus Feuerwehr, Rettungsdienst, Hilfsorganisationen und Polizei oder der NFS nahestehenden Institutionen, die dem christlichen Glauben verbunden sind und bereit sind, sich in Seelsorge und Gesprächsführung schulen und sich spezifisch für die Notfallseelsorge fortbilden zu lassen. Bei den Mitarbeitenden nach 2 und 3 ist der Region abzuklären, welcher Träger sie in den Dienst entsendet. Daran hängen - von Ausbildungsfragen unabhängig zu klären - die Problematik des Zeugnisverweigerungsrechts, die Übernahme von Sachkosten, von Versicherungen, Auch die Frage, in welchem Umfang die seelsorgerliche Kompetenz vorausgesetzt werden kann oder zu schulen ist, liegt in der Verantwortung der regionalen Träger. Alle Mitarbeitenden sollen als soziale Kompetenz mitbringen: - psychische und physische Stabilität und Belastbarkeit - persönliche Reife - Fähigkeit zur Selbst- und Fremdwahrnehmung - Beziehungsfähigkeit - Eigenverantwortlichkeit und Teamfähigkeit - Reaktionsvermögen - Anerkennung und Wahrung der Schweigepflicht - ökumenische Offenheit und Achtung anderer Religionen, Weltanschauungen und Kulturen - Bereitschaft, religiöse Rituale in die Arbeit einzubeziehen - Die Bereitschaft sich in der Kooperation mit RD, FW, Pol und HiOrg und innerhalb des Notfallseelsorge-Teams ein- und gegebenenfalls auch unterzuordnen - Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit im örtlichen Notfallseelsorgesystem Wünschenswert wäre es, wenn in einem (Auswahl-)Gespräch während der ersten Kurswoche diese Kompetenzen abschließend beurteilt werden.

5 3. Ausbildung Um den speziellen Anforderungen der Notfallseelsorge gerecht zu werden, erhalten die Mitarbeitenden Fortbildungen, in denen zusätzliche Kompetenzen erworben werden. 3.1. Struktur der Ausbildung Für die Notfallseelsorge in der EKD wird eine bundeseinheitliche Regelungen empfohlen. Auf Bundesebene werden Notfallseelsorger/innen zertifiziert, wenn sie eine mindestens sechswöchige Seelsorgeoder psychotherapeutische Grundqualifikation (nach DGfP-Standard) besitzen und eine mindestens dreiwöchige fachspezifische Notfallseelsorge-Fortbildung absolviert haben (! Inhalte der Ausbildung, Module 1-3). Die Fortbildung wird zertifiziert als NFS (zert.). Die Zertifizierung geschieht in den einzelnen Landeskirchen auf Grundlage dieser Rahmenordnung. Die Grundqualifikation kann erworben werden in der Vikarsausbildung, in der Fortbildung in den ersten Amtsjahren, in der Krankenhausseelsorge, in der Telefonseelsorge, in der Hospizarbeit, in den Seelsorge-Kursen durch die DGfP. Die dort gesetzten Standards werden als qualifizierend für die Arbeit in der Notfallseelsorge anerkannt. Gesprächsführungskompetenz kann auch erworben werden durch eine anerkannte psychotherapeutische Ausbildung, z.b. Gesprächstherapie, Gestalttherapie, Verhaltenstherapie, tiefenpsychologische Ausbildung oder Systemische Therapie. Grund-, Aufbaukurs und Einsatzpraktikum (Module 1-3) qualifizieren zur Mitarbeit in einer örtlichen Rufbereitschaft. Die fachspezifische Notfallseelsorge-Fortbildung gliedert sich in Module, von denen mindestens eines als Wochenkurs durchgeführt werden soll. Für diese Fortbildung sind die landeskirchlichen Beauftragten für die NFS verantwortlich. Die Fortbildungsbausteine können auf örtlicher, regionaler oder überregionaler Ebene angeboten und durchgeführt werden können. Die zusätzlichen Kurse Psychosoziale Unterstützung/Einsatznachsorge und Seelsorge in Feuerwehr und Rettungsdienst qualifizieren zur Seelsorge in Feuerwehr und Rettungsdienst und zur Einsatznachsorge und werden entsprechend zertifiziert (Seelsorger/in in Feuerwehr und Rettungsdienst). In Verbindung mit den Kursen Seelsorge in Feuerwehr und Rettungsdienst" und Psychosoziale Unterstützung für Einsatzkräfte/Einsatznachsorge qualifiziert der Kurs Leitende/r Notfallseelsorger/in ( LNFS zert. ) zur Leitung und Koordination in Großschadenslagen und zur Übernahme von Leitungsfunktionen in regionalen Strukturen.

6 3.2. Ziele und Inhalte der Ausbildung Die Konferenz Ev. Notfallseelsorgerinnnen und Notfallseelsorger empfiehlt den Landeskirchen, die nachfolgenden Aus- und Fortbildungsrichtlinien für ihren Geltungsbereich anzunehmen und umzusetzen. - Die Module 1-3 dienen dem Erwerb von Kompetenzen im Bereich Notfallseelsorge bezogen auf Betroffene, Angehörige und Zeugen. - Modul 4 richtet sich auf die Einsatznachsorge als Hilfe für Helfer aus. - Mit dem 5. Modul werden der Kernaufgaben der Notfallseelsorge verlassen und für die Seelsorge in der Institution Feuerwehr (oder dem Rettungsdienst, bzw. den Hilfsorganisationen) qualifiziert. - Das 6. Modul richtet sich an alle, die (möglicherweise in einer Großschadenslage) die Koordinierung von Notfallseelsorge leisten müssen. 1. Grundkurs Modul 1 (Umfang: 35 UE) Ziele für Grund- und Aufbaukurs: - Klärung der eigenen Motivation zur Mitarbeit - fundierte Kenntnisse über Seelsorge/Gesprächsführung - theologische Vergewisserung - Grundkenntnisse in Psychotraumatologie und Stressverhalten/ -bewältigung - Kennen lernen der Arbeitsweise und Struktur des örtlichen NFS-Systems - Erkennen spezifischer Erfordernisse notfallseelsorgerlicher Situationen - Kennen lernen der Organisation und Arbeitsweise der kooperierenden Organisationen und des örtlichen psychosozialen Netzes - Auseinandersetzung mit Möglichkeiten und Grenzen im notfallseelsorgerlichen Dienst - Wege finden, angemessene Rituale zu gestalten. - Motivation 2 - Theologie der Notfallseelsorge 2 - Aufbau, Struktur und Arbeitsweisen der Notfallseelsorge 2 (Beauftragung, Alarmierung) - Organisationskunde: Feuerwehr, RD, Polizei 2 - Verhalten an der Einsatzstelle 1 (Regeln der Zusammenarbeit, Eigensicherung, Gefahren an der Einsatzstelle) - Grundlagen der Psychotraumatologie 4 (Verhalten von Menschen in Extremsituationen, Trauer und Trauma) - Konflikte und Krisen 3 (Krisenintervention und Konfliktlösungsstrategien) - Häufige Einsatzindikationen Häuslicher Todesfall 3 Überbringen von Todesnachrichten 3 (Drohender) Suizid 3 Tod von Kindern 4 Psychiatrische Notfälle / Drogenintoxikation 1 (Zuständigkeiten und Möglichkeiten der Vermittlung)

- Worte und Rituale in der Notfallseelsorge 1 (Umgang mit dem toten Menschen) - Vernetzung mit anderen psychosozialen Diensten und Unterstützungsangebote für Einsatzkräfte 2 - Umgang mit eigenen Belastungen und Grenzen 2 7 2. Aufbaukurs Modul 2 (Umfang: 35 UE) - Theologische Themen in der Notfallseelsorge: 4 (Tod und Leben, Schuld und Vergebung, Theodizee, Gottesbilder) - Psychotraumatologie: Interventionsmöglichkeiten 4 - Fallbesprechungen 6 - Weitere Einsatzindikationen Betreuung von Kindern 2 Plötzlicher Säuglingstod 4 (Verkehrs-)Unfälle 4 Gewaltopfer 2 Betreuung von Fahrzeugführer/innen 2 - andere Religionsgemeinschaften und Kulturen 2 - Juristische Rahmenbedingungen in der Notfallseelsorge 2 (Schweigepflicht, Zeugnisverweigerungsrecht, Umgang mit Medien, Versicherungsregelungen) - Zusammenarbeit bei Großschadensereignissen (MANV) 3 3. Einsatzpraktikum (Umfang: 35 UE) Ziele: - Kennen lernen der Organisation und Arbeitsweise der kooperierenden Organisationen und des örtlichen psychosozialen Netzes - Vertraut werden mit den Strukturen von RD, FW und HiOrg - Praktische Erfahrungen im Einsatzdienst zu sammeln - Reflektieren eigener Möglichkeiten und Grenzen im notfallseelsorgerlichen Gespräch - Umgang mit eigenen Belastungen - Einführungsblock 3 - Einsatzpraktikum bei Feuerwehr, Rettungsdienst 24 - Auswertungstag 8 4. Kurs Psychosoziale Unterstützung/ Einsatznachsorge Ziele: - Stressbelastungen von Einsatzkräften einordnen können - Grundlagen der Psychotraumatologie kennen lernen - Einzelgespräche mit belasteten Einsatzkräften einüben

8 - Gruppeninterventionen (z.b. Debriefings) kennen lernen und üben - Arbeitsweise und Struktur weitergehender Unterstützungsangebote (Nachsorgeteams) kennen lernen - Stress, Stresstypen, Stressbewältigung 2 - Grundlagen der Psychotraumatologie (Coping-Strategien, Reaktionen 8 von Einsatzkräften auf besonders belastende Einsätze, Belastungsreaktion und -störung) - Möglichkeiten und Grenzen psychosozialer Akutbetreuung 2 - Interventionsmöglichkeiten: Einzelgespräche - mit Übungen 8 Gruppeninterventionen (z.b. Debriefing) - mit Übungen 8 - Struktur, Arbeitsweise und Aufbau von Nachsorgeteams 2 - Vernetzung mit weiteren Unterstützungsangeboten, 1 Vermittlungsmöglichkeiten - Umgang mit eigenen Belastungen 2 5. Kurs Seelsorge in Feuerwehr und Rettungsdienst Aufgabenfeld: Seelsorger/innen in Feuerwehr und Rettungsdienst (SFR) begleiten Einsatzkräfte aus Rettungsdienst, Feuerwehr und anderen Hilfsorganisationen. Sie stehen ihnen im Rahmen regelmäßiger Präsenz für Einzelgespräche und Amtshandlungen (Taufe, Trauung, Beerdigung) zur Verfügung, beteiligen sich an Unterricht, interner Fortbildung und Übungen, halten Andachten und Gottesdienste, unterstützen den Einsatzleiter bei Bedarf und die Einsatzkräfte bei der Bewältigung besonders belastender Einsätze. Dort, wo seitens der Landesfeuerwehrverbände Fachberater Seelsorge und Ausbildungen für sie eingerichtet sind, sollen sich Kirchen und Feuerwehr über Formen und Inhalte der Kurse abstimmen. Ziele: - Kenntnisse der Einsatzorganisationen (Organisationsaufbau, Zuständigkeitsbereiche, Aufgabenfelder, Organisationskultur, Sprachcodes) - Reflexion theologischer Grundlagen der Seelsorge in Feuerwehr und Rettungsdienst - Kenntnisse spezifischer Belastungen bei Einsatzkräften - Gestaltungsmöglichkeiten von Fortbildungen und Unterrichtseinheiten - Gestaltungsmöglichkeiten von Andachten und Gottesdiensten - Selbstreflexion, Rollenbestimmung, Training von Nähe und Distanz - Fähigkeit, eigene Grenzen und Belastbarkeit einzuschätzen - Gliederung und Aufgaben der Feuerwehr 2 - Einsatztaktik 2 - Eigensicherung 1 - Rechte an der Einsatzstelle/ gesetzliche Grundlagen 1 - Zusammenarbeit mit anderen Organisationen 2 - Umgang mit den Medien 2 - Ort und Zeit der Seelsorge für die Einsatzkräfte, Kenntnis der Einsatzorganisation,

der Einsatzabläufe und der Alltagsarbeit 5 - Einsatznachsorge 4 - Soziale Struktur der Feuerwehr, Bedeutung der Kameradschaft, Belastungen durch den Einsatzdienst - Kenntnis der seelsorgerelevanten Themen und Beratung bei z.b. Sucht, Aggression, 3 Burn - out - Gestaltungsmöglichkeiten für Unterricht und Fortbildung für Einsatzkräfte 2 - Reflexion der eigenen Rolle als Seelsorger/in bei der Feuerwehr 2 - Auseinandersetzung mit den eigenen Grenzen 2 - Eigene Entlastung/ Supervision 1 - Theologische Grundlagen der Seelsorge in Feuerwehr und Rettungsdienst 4 - Gottesdienste und Kasualien bei Feuerwehrangehörigen 2 9 6. Kurs Leitende/r Notfallseelsorger/in (Umfang: 35 UE) Aufgabenfeld: Bei großen Schadenslagen, bei denen eine große Zahl von Betroffenen und Einsatzkräften zu begleiten ist und mehrere NFS da sind, übernimmt eine/r die Funktion des/der leitenden Notfallseelsorgers/in in Abstimmung mit der Einsatzleitung vor Ort. Der/die Leitende Notfallseelsorger/in (LNFS) leitet den Notfallseelsorge-Einsatz, ist verantwortlich für das NFS-Team, vertritt die NFS gegenüber der Einsatzleitung, den Ortskirchen und anderen Dritten, leitet Einsatznachsorge-Maßnahmen für die Einsatzkräfte ein, ist zuständig für Dokumentation und Auswertung, verantwortlich für die Pressearbeit. Nach dem Einsatz sorgt er gegebenenfalls für Trauerfeiern oder Gedenkgottesdienste und für Supervision der NFS. Dieser Kurs qualifiziert für eine Funktion und berechtigt nicht zur Führung eines Titels. Ziele: - Kenntnisse des Führungssystems und der Einsatztaktik der bei Großschadensereignissen beteiligten Organisationen - Aufgabe der/des LNFS in den Leitungsgremien und im Einsatzgeschehen (Einsatzabschnitte) - Kenntnisse über die kirchlichen Zuständigkeiten bei Großschadensereignissen und in Katastrophenfällen - Vertrautheit mit Alarmierungsstrukturen und Personalplanung in der Notfallseelsorge - Kenntnisse von Traumastress und Unterstützungsmöglichkeiten bei besonders belastenden Einsätzen - Kenntnis von Gottesdienstmodellen und rituellen Möglichkeiten - Zusammenarbeit bei Großschadensereignissen und MANV 4 (Führungssystem, Einsatzabschnitte) - Aufgabe der NFS im Einsatzgeschehen 4 - Kirchliche Zuständigkeiten bei Großschadensereignissen 1 und in Katastrophenfällen - Interne Organisation der NFS 6 (Einsatzplanung, Alarmierungsstrukturen, Kommunikation, Dokumentation) - Traumastress und Unterstützungsmöglichkeiten für Einsatzkräfte 2 - Zusammenarbeit mit Einsatznachsorge-Teams 2 - Pressearbeit 2 - Modelle von Trauerfeiern und Gedenkgottesdiensten 6 - Planspiel 8

10 4. Kursformen und Verbindlichkeit Zur Vermittlung der Unterrichtsinhalte können verschiedene Zeitstrukturen gewählt werden, z.b. Studientage, Wochenendveranstaltungen, Wochenkurse (Werkwochen). Angebote, deren Inhalte mit den oben aufgeführten übereinstimmen, werden entsprechend angerechnet. Die Ausbildungsinhalte des Grundkurses sind als Voraussetzungen für die Tätigkeit in der NFS- Rufbereitschaft verbindlich zu absolvieren. Die Ausbildungsinhalte des Aufbaukurses und das Einsatzpraktikum sind innerhalb von 2 Jahren zu absolvieren. 5. Kontinuierliche Fortbildung, Supervision oder kontinuierliche Praxisbegleitung Die kontinuierliche Fortbildung, Supervision oder kontinuierliche Praxisbegleitung gehört zum Dienst in der NFS. Sie dient dazu, Sachwissen zu aktuellen Problembereichen zu erhalten, erworbene Kenntnisse aufzufrischen und zu vertiefen, neue Erkenntnisse und Verfahren aus der wissenschaftlichen Forschung kennenzulernen und umzusetzen und Erfahrungen zu reflektieren. Die kontinuierliche Fortbildung, Supervision oder kontinuierliche Praxisbegleitung dient u.a. dazu, Informationen und Erfahrungen auszutauschen, organisatorische Absprachen über den Rufbereitschaftsdienst zu treffen, Sachwissen zu bestimmten Themen zu erhalten und zu vertiefen, die Tragfähigkeit und Verlässlichkeit der kollegialen Beziehungen zu fördern, zurückliegende Fälle zu bearbeiten und dabei organisatorische, sachliche und personspezifische Aspekte zu berücksichtigen Darüber hinaus soll die Teilnahme der Mitarbeiter/innen an besonderen Fortbildungsveranstaltungen der beiden Kirchen oder anderer Fachorganisationen und Institutionen ermöglicht und gefördert werden.