Fossile und nachwachsende Rohstoffe für Verpackungen: Marktentwicklungen und Preistrends Dipl.-Phys. Michael Carus (GF) Dipl.-Volksw. Anatoli Pauls, Dipl.-Ing. agr. Angela Hau nova-institut GmbH, Hürth Deutscher Verpackungskongress 2008 Nachhaltigkeit in der Verpackungsindustrie 12. Juni 2008, Steigenberger Hotel Berlin
Der Fokus der Marktforschung des nova- Instituts ist das Verstehen der Gegenwart Ich bin überzeugt, dass die Zukunft bereits in der Gegenwart verankert ist. Wir sind stets und überall von der Zukunft umgeben. Wer es schafft, genau hinzusehen, kann die Zukunft klar erkennen." (Zukunftsforscher John Naisbitt, Technology Review, Januar 2008)
Zur Verfügung stehende Rohstoffe
Globale Rohstoffwende seit 2002 Rohöl, Heizöl, Benzin, Erdgas, Mais, Soja, Lebendige Rinder, Gold, Aluminium, Kupfer, Zucker, Baumwolle, Kakao, Kaffee, Nickel, Weizen, Mageres Schwein, Orangensaft, Silber
Ölpreis-Rally ohne Ende?
Preissteigerungen bei Kunststoffen
Wichtige preisbildende Faktoren Nachfrageseite Steigende Nachfrage durch wachsende industrielle Produktion Zunahme der Weltbevölkerung Steigender Wohlstand und damit verbundenes, verändertes Essverhalten Angebotsseite Zu geringe Kapazitäten in Primärproduktion Sich erschöpfende Vorräte, ungenügende Neufunde Konzentration auf wenige Großkonzerne Verstaatlichung der Ressourcen Preisuntergrenze Produktionskosten bestimmen die Preisuntergrenze und auch diese verschiebt sich, durch: steigende Produktionskosten (alte Felder mit fallender Fördermenge, teure neue Felder), hohe laufende Investitionen in Primärproduktion. Hinzu kommt immer weniger Wettbewerb.
Arjun Murtin, Goldmann Sachs Die Anbieter bekommen die wachsende Nachfrage nicht in den Griff. Zu wenig freie OPEC- Produktionskapazitäten, der ungestillte Öldurst Chinas und anderer Schwellenländer sowie die Einschränkungen für ausländische Konzerne in vielen Förderstaaten - all dies steigert das Engpassrisiko - bis hin zur Rationierung. (FTD 2008-05-08)
Deutsche Energy Watch Group (EWG) Das wichtigste Ergebnis... ist die Erkenntnis, dass die weltweite Ölförderung im Jahr 2006 ihren Höchststand erreicht hat. Die Ölförderung wird künftig um einige Prozentpunkte jährlich zurückgehen. Bis 2020 und erst recht bis 2030 ist ein dramatischer Rückgang der weltweiten Ölförderung zu erwarten. Dadurch wird eine Versorgungslücke entstehen, die innerhalb dieses Zeitrahmens kaum durch die wachsenden Beiträge anderer fossiler, nuklearer oder alternativer Energiequellen geschlossen werden kann. Die Weltwirtschaft steht am Anfang eines tiefen Strukturwandels. (2008-05)
Agrarrohstoffe: Geringere Preissteigerungen als fossile und mineralische Rohstoffe Fossile Energieträger Fossile und mineralische Industrie- Rohstoffe Agrarrohstoffe
Moderate Preissteigerungen bei Agrarrohstoffen - aktuell fallen auch die Weizen- und Pflanzenölpreise wieder
FAO erwartet Rückgang und Stagnation bei Agrarrohstoffen - Agrarrohstoffe für die Industrie mit den geringsten Preissteigerungen
nova-institut 2008 Im Vergleich zu den Preisanstiegen bei fossilen und mineralischen Rohstoffe sind die Preissteigerungen bei Agrarrohstoffen seit 2002 eigentlich moderat. Das kann man leicht nachvollziehen, da das Angebot an Agrarrohstoffen erheblich leichter erhöht werden kann, als das Angebot bei fossilen und mineralischen Rohstoffen. Die Preise von Agrarrohstoffen werden in den nächsten Jahrzehnten im Vergleich zu anderen Rohstoffen langsamer steigen.
97,7% der Agrarflächen (Weide- und Ackerland) werden für Lebens- und Futtermittel sowie Viehhaltung genutzt, 0,42% für Biokraftstoffe und 1,9% für die stoffliche Nutzung.
Stoffliche Nutzung Nachwachsender Rohstoffe weltweit auf 95 Mio. Hektar - gegenüber nur 21 Mio. Hektar für Biokraftstoffe Quelle: Carus 2007
Eckdaten zu zukünftigen Energieversorgung 1. Aktueller Weltenergiebedarf: 107.000.000 GWh pro Jahr (wachsend!) 2. Biokraftstoffe 2. Generation / BTL können unter optimistischer Annahmen ca. 0,03 GWh/ha (118 GJ/ha) ernten (netto). 3. Die verfügbare Agrarfläche im Jahr 2020 (unter Berücksichtigung der aktuellen Nutzung sowie der Prognosen bis 2020 (siehe Folie 27 und 28)) liegt bei etwa 369 Mio. ha. 4. Auf dieser Fläche können mit BTL ca. 11 Mio. GWh pro Jahr produziert werden. Dies entspricht etwa 10% des heutigen Weltenergiebedarfs. FAZIT: Selbst unter optimistischen Annahmen kann Bioenergie maximal 10% der Weltenergiebedarfs decken. 1. Solareinstrahlung pro Jahr in Wüsten und Halbwüsten: mindestens 20 GWh/ha (Deutschland: 10 GWh/ha). 2. Bei einem konservativ angesetzten Wirkungsgrad von 10% für Solarzellen, kann man so mindestens 2 GWh/ha*Jahr ernten. 3. Wüsten und Halbwüsten, die nicht als Agrarflächen geeignet sind, haben eine Gesamtfläche von 37 Mrd. ha (ohne Nord- und Südpol). 4. Um den Weltenergiebedarf solar zu decken, würde also eine Fläche von 0,15% der Wüsten und Halbwüsten genügen! FAZIT: Eine rein solare Deckung des Weltenergiebedarfs ist technisch zu realisieren und nur eine Frage von Kapital und Infrastruktur.
Zur Verfügung stehende Agrarrohstoffe und ihre Nutzung in der deutschen Chemischen Industrie
Preis pro Tonne Kohlenstoff (Mai 2007) Grundstoff Weltproduktion Kohlenstoff in Mio t/a in /t C Ethylen 110 1.035 Propylen 75 988 Benzen 45 902 Glukose 143 750 Bioethanol 36 700 (Brasilien) Quelle: Evonik 2007
Neue Biowerkstoffe - Verfahren Biologisch abbaubare Biokunststoffe (primär Verpackung) Biokunststoffe in dauerhaften Anwendungen NF-Formpressen in der Automobilindustrie Holzfaser-Formpressen in der Automobilindustrie Baumwoll-Formpressen (LKW) WPC-Spritzguss und -Extrusion (Bau, Möbel, Automobil) NF-Spritzguss und -Extrusion Summe Biowerkstoffe Mengen - Region 60.000-70.000 t (Westeuropa 2007) 30.000-40.000 t (Deutschland 2007) 29.000 t (Deutschland 2005) 40.000 t (Deutschland 2005) 79.000 t (Deutschland 2003) 80.000-105.000 t (EU 2006) 3.000-4.000 t (EU 2006) mehr als 350.000 t in der EU Biowerkstoffe in der EU Quellen: nova 2004 & 2006 & 2007
Biokunststoffe Die Studie wurde durchgeführt von der nova-institut GmbH (Hürth) und Partnern - im Auftrag von Reifenhäuser GmbH & Co. KG Maschinenfabrik (Troisdorf) (2007)
Produktionskapazitäten für Biokunststoffe - weltweit max. 265.000 t/a (2007) < 140.000 t < 80.000 t < 40.000 t < 100 t < 500 t < 5.000 t Der Schwerpunkt liegt derzeit in den forschenden Industrie-Staaten.
Die fünf wichtigsten (biologisch abbaubare) Biokunststoffe und ihre Marktanteile in Westeuropa 2007 Rest (incl. PHA) PLA TPS/ Stärkeblends Cellulose- Acetate Extrudierte Stärke Verbrauchsschätzung: gesamt ca. 60.000-70.000 t
Preisvergleich für Tragetaschen aus Biokunststoff und konkurrierenden Materialien Grundlage dieses Preisspiegels folgende Aufgabenstellung: ist Erstellen Sie ein Angebot über 50.000 Tragetaschen für einen ca. 2,5 kg schweren Tagungsband im Format eines A4-Ordners, inkl. beidseitigen Logo- Drucks in zwei Farben. Die Verfügbarkeit innerhalb von drei Monaten muss gewährt werden. Tragetaschen aus Biokunststoff sind bei dieser Fragestellung noch etwa zwei bis dreimal so teuer wie herkömmliche PE-Taschen - aber z. T. günstiger als Papier, Pappe oder die Naturfasern Baumwolle und Jute. Hinweis: Im Supermarkt werden vergleichbare Biokunststoff- und Papiertüten für jeweils 15 Cent abgegeben (Basic). Quelle: nova-institut, Borderstep Institut
Produktbeispiele und Preisvergleich von verschiedenen Lebensmittelverpackungen Biokunststoffe sind als Lebensmittelverpackung teilweise wettbewerbsfähig. Quelle: nova-institut, Boarderstep Institut
Biokunststoffe aus biotechnologischer Produktion - oder auch Nutzung von Agrarreststoffen, wie z.b. gepresster Bagasse, Reststoff der Zuckerproduktion aus Zuckerrohr:
Naturfaser-Verbundwerkstoffe in der Automobilindustrie - Beispiel Daimler A-Klasse Gewicht: 24 kg - 26 Bauteile C-Klasse Gewicht: 17 kg ca.20 Bauteile S-Klasse (neu) Gewicht: 43 kg (+73% gegenüber alter S- Klasse) 32 Bauteile E-Klasse Gewicht: 32 kg - 50 Bauteile
Auch Naturfasern zeigen nur moderate Preissteigerungen - Reaktion auf Anstieg der Preise fossiler & mineralischer Rohstoffe sowie Nahrungsmittel
EU-Naturfasern: Erst jetzt wieder auf dem Niveau von 2003 - durch verschärfte Flächenkonkurrenz mit Weizen aktuell Preissteigerungen
und zum Schluss: Kautschuk, Preisanstieg seit 2002
nova-institut 2008 Solarenergie und Biowerkstoffen wird die Zukunft gehören - wenn die fossilen und mineralischen Rohstoffe ihren aktuellen Engpass nicht mehr überwinden können. Für beides sind genügend Flächen verfügbar - ohne die Lebens- und Futtermittelproduktion zu gefährden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!