Berge bilden eine Barriere für Luftmassen. Sie zwingen die Wolken aufzusteigen. Dabei kühlen sich die Luftmassen ab und die Wolken regnen aus.



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Transkript:

Seite 1 von 6 Helvetas-Wasser-Factsheets Berge und Wasser 1. Berge sind Wasserschlösser Flüsse entspringen in den Bergen. Und obwohl vom ganzen Flusslauf oft nur ein kurzes Stück im Gebirge liegt, werden Flüsse zu einem grossen Teil von Wasser aus den Bergen gespiesen. Wasser aus den Bergen gelangt dank Schwerkraft via Fluss- oder Grundwassersysteme ins Tiefland, manchmal über Tausende von Kilometern. In feuchten Zonen der Erde, wie bei uns in Mitteleuropa, bezieht der Endverbraucher bis zu 60% des Wassers aus den Bergen, in Trockengebieten kann der Anteil 95% ausmachen. Über die Hälfte der Menschheit ist abhängig von Wasser aus den Bergen. Aus folgenden Gründen sind Berge regelrechte Wasserschlösser: a) Mehr Niederschlag Berge bilden eine Barriere für Luftmassen. Sie zwingen die Wolken aufzusteigen. Dabei kühlen sich die Luftmassen ab und die Wolken regnen aus. b) Positive Wasserbilanz Je höher ein Gebiet liegt, umso kälter ist es. Tiefere Temperaturen bedeuten, dass weniger Wasser verdunsten kann. Ab einer gewissen Höhe fällt mehr Niederschlag als Wasser verdunstet. In diesem Fall spricht man von einer positiven Wasserbilanz. In tieferen Lagen ist der Niederschlag geringer, die Verdunstungsrate höher. Verdunstet mehr Wasser als Schnee und Regen liefern, ist die Wasserbilanz negativ. In trockenen (ariden & semi-ariden) Regionen sind die Berge die einzigen Orte mit positiver Wasserbilanz. Nur sie erhalten genug Wasser, um Flüsse zu speisen und das Grundwasser zu erneuern. c) Verzögerter Abfluss In grossen Höhen mit entsprechend tiefen Temperaturen fliesst das Wasser nicht direkt ab, sondern wird in fester Form aufbewahrt, als Schnee oder Eis (Gletscher). Im Sommer in Ländern mit nur zwei Jahreszeiten in der Trockenzeit steigen die Temperaturen, Schnee und Eis schmelzen. Das Schmelzwasser wird also genau dann frei, wenn im Flachland die Niederschläge gering sind und die Nachfrage nach Wasser, z. Bsp. für die Bewässerung, am grössten ist. Damit Flüsse auch im Sommer Wasser führen, sind sie auf Schmelzwasser angewiesen. Die Berge speichern Wasser auch in Bergseen. Auch sie speisen Flüsse und Grundwasserströme im Tiefland. Berge dienen also der Wasserrückhaltung. Sie speichern Wasser in der Höhe, geben es ab ans Tiefland und das zur richtigen Zeit.

Seite 2 von 6 2. Vielfältige Funktion der Wasserschlösser a) Entscheidende Rolle für die Welternährung Seit 1940 hat sich der Wasserverbrauch weltweit vervierfacht. 80% des Wassers wird gebraucht zur Bewässerung in der Landwirtschaft. Die Welternährung ist folglich abhängig vom Wasser aus den Bergen. Der Wasserverbrauch übersteigt in einigen Gebieten das erneuerbare Angebot. Das kann zu Konflikten führen. Um sie zu verhindern, braucht es eine nachhaltige Nutzung und eine gerechte Verteilung des Wassers. Besonders dringend ist das in den ariden und semi-ariden sowie in den suptropischen und tropischen Gebieten. Hier lebt die Hälfte der Menschheit, hier liegen auch die meisten Entwicklungsländer. b) Wasserquelle für mehrere Länder Wasser aus den Bergen speist oft auch Flüsse, die von mehreren Ländern genutzt werden. Insgesamt gibt es auf der Erde 214 solcher Flüsse. Ihre Einzugsgebiete machen 50% der Erdoberfläche aus, darauf wohnen 40% der Weltbevölkerung. Flüsse, die durch mehrere Länder fliessen, können wegen unterschiedlicher Interessen an den verschiedenen Flussabschnitten Anlass von Konflikten werden. Jede Land- und Wassernutzung am Oberlauf hat Auswirkungen auf den Unterlauf. Seit 1955 sind 14 internationale Konflikte um die Wasserverteilung zwischen Ländern aufgetreten, betroffen waren Flüsse wie Nil, Euphrat und Ganges. Oft sind auch Stauseen Ausgangspunkte für Auseinandersetzungen. Länder unterhalb des Stausees befürchten, dass sie generell weniger Wasser erhalten, oder dass sie erpresst werden könnten. In Krisen könnte das Land mit dem Stausee dem andern das Wasser abstellen und es so zwingen, auf Forderungen einzugehen. c) Stromerzeugung Wasser aus den Bergen hat auch einen finanziellen Wert. Vor allem dort, wo es zur Erzeugung von elektrischer Energie gebraucht wird (siehe Factsheet Staudämme). 3. Berge sind verletzliche Ökosysteme Berge sind verletzliche Ökosysteme. Übernutzung, Abholzung der Bergwälder, Bergbau, Landwirtschaft, Infrastrukturbauten und Tourismus können den Wasserhaushalt empfindlich stören. Durch menschlichen Einfluss wird die Abtragung, die Erosion des Bodens beschleunigt. Ohne Boden und Bäume kann das Wasser nicht mehr zurückgehalten werden. Die Speicherfähigkeit der Berge nimmt ab; und die abgeschwemmte Erde füllt Bachbeete im Flachland auf, was zu Überschwemmungen führen kann, oder sie lagert sich in Stauseen ab. Ein Beispiel für das Ausmass der Erosionsschäden ist Haiti, ein Land mit fortgeschrittener Erosion der Böden im Berggebiet. Jährlich werden 37 Mio. Tonnen Erde abgeschwemmt. Damit liessen sich 2 000ha Land ca. 1.2m hoch mit Humus bedecken. Bewässerungskanäle sind verstopft, der wichtigste Stausee ist zur Hälfte mit Erosionssedimenten aufgefüllt, die Stromproduktion entsprechend beeinträchtigt. Und in den Bergen versiegen die Quellen, weil das Wasser nicht mehr versickern kann.

Seite 3 von 6 Der Erhaltung der Lebensräume für Pflanzen und Tiere im Berggebiet kommt ein hoher Stellenwert zu. Wichtig sind das Ausscheiden von Schutzgebieten und Nationalparks sowie die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen durch die ansässige Bevölkerung. Solche Bestrebungen unterstützt Helvetas in zahlreichen Projekten in Entwicklungsländern aktiv. 4. Berge: Wohnung der Wassergötter In vielen Kulturen werden die Berge als Symbol für Leben und Fruchtbarkeit angesehen. Dort erleben die Menschen die Berge als Entstehungsort von Wolken und Regen, die Quellen, Flüsse und Seen speisen und damit Leben spenden. Mancherorts werden Wassergötter und Wassergeister verehrt, die in den Bergen wohnen. Am Mount Kenia beispielsweise bittet das Volk der Kikuyu in Trockenzeiten den Gott Ngai um Regen. In China haben traditionelle Dörfer einen Tempel für die lokale Wassergottheit, die verantwortlich ist für Wolken und Regen. 5. Wasser und Konflikte: Fall-Beispiele Rhein: Bodensee als Wasserreservoir Die Schweizer Alpen machen flächenmässig 21% des gesamten Wassereinzugsgebiets des Rheins aus. Dennoch stammen im Schnitt 47% des Rheinwassers in Holland aus den Schweizer Alpen (rund 1 000m 3 pro Sekunde). Im Winter beträgt der Anteil 30%, im Sommer, während der grössten Schneeschmelze, gar 70%. Gebiet Niederschlag mm/jahr Verdunstung mm/jahr Abfluss mm/jahr Alpen 1460 480 960 Europa ohne Alpen 780 510 270 Die Schweiz trägt eine besondere Verantwortung für die Qualität des Rheinwassers. Weil die Qualität in den 1960iger Jahren massiv zurückging, startete sie ein grossangelegtes Programm zum Schutze des Rheines (u.a. Bau von Kläranlagen). Besonders wirkungsvoll war das Phosphatverbot für Waschmittel, das die Schweiz 1986 durchsetzte. Der Rhein ist das Trinkwasser-Reservoir für Millionen von Menschen. Allein in Baden-Württemberg beziehen vier Millionen Menschen Rheinwasser aus dem Bodensee. Dafür reicht rund ein Hundertstel des Wassers, das der Rhein in den Bodensee liefert (Zufluss im Schnitt 360m 3 /s, Verbrauch 4.4m 3 /s). Theoretisch könnte der Bodensee 100 Millionen Menschen mit Trinkwasser versorgen. Dafür wäre ein Zufluss von 110m 3 /s nötig. Das sind je nach Jahreszeit 18 bis 50% des Rheinwassers, das in den Bodensee fliesst. Eine so intensive Nutzung des Bodensees hätte Auswirkungen auf die Anlieger flussabwärts. Es bliebe weniger Wasser zur Abwasserverdünnung übrig, die Speisung der Grundwasserströme durch den Rhein liesse nach, die Schifffahrt und das Ökosystem wären gefährdet. Dank gutnachbarschaftlichen Beziehungen, einer effizienten Wasserbewirtschaftung und der fehlenden Abhängigkeit von der Bewässerungslandwirtschaft treten im Rheineinzugsgebiet keine gravierenden Konfliktsituationen auf.

Seite 4 von 6 Mount Kenia: Wasserentnahme am Oberlauf Flüsse, die an den Gletschern des Mount Kenia entspringen, fliessen durch eine Moorzone und einen Waldgürtel, wo sehr viel Regen fällt. Wasser aus diesen Gebieten füllt Flussbeete und Grundwasserströme. So stammen 90% des Wassers, das der Ewaso N giro in der Trockenzeit führt, aus Zonen oberhalb von 2 400m. In der Hügelzone des Mittellaufes haben sich Bevölkerung und bebautes Land in der letzten 20 Jahren verdreifacht. Heute leben 60% der Flussbewohner in dieser Zone. Trotz Verboten entnahmen sie dem Fluss Wasser, zehn mal mehr als erlaubt. Mit gravierenden Folgen für die 40% der Menschen am Unterlauf: 1960 führte der Ewaso N giro in Trockenzeiten 9m 3 /s, 1980 noch ganze 1.2m 3 sieben Mal weniger! Weil der Fluss austrocknet, leiden die Wildreservate der Samburu und Buffalo Springs in den Trockenzeiten. Dies auch mit negativen Auswirkungen auf den Tourismus. Nomadisierende Hirten sind gezwungen, mit ihren Herden aus dem Tiefland in höhere Regionen zu ziehen, was zu Auseinandersetzungen mit den dort ansässigen Bauern führt. Die vermehrte Landnutzung hat nicht nur Auswirkungen auf die Menge, sondern auch auf die Qualität des Wassers. Weil am Oberlauf mehr Land genutzt und gepflügt wird, wird bei schweren Stürmen mehr Erde weggetragen. Dies führt zu Erosion und zur Verschmutzung der Oberflächengewässer. Als neue Erscheinung und immer häufiger treten kurze, heftige Überschwemmungen auf, die auch vor Farmhäusern und Touristen-Lodges nicht Halt machen. Dieses rasch abfliessende Wasser hat nicht nur eine zerstörerische Wirkung, sondern fehlt später auch in der Trockenzeit. Nil: Abhängigkeit Oberlauf Unterlauf In Äthiopien hat die Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen, von 26 Mio. im Jahre 1970 auf 66 Mio. im Jahre 2000. Die Landwirtschaft wurde massiv ausgeweitet, die Wiesen überweidet, was zu Bodenzerstörung und zu Erosion führte. Die Humusschicht auf den Böden nahm ab, die Fruchtbarkeit sank. Die Bodenabtragung bekommen auch die Bewohner des Unterlaufes zu spüren, indem die Flüsse viel mehr Sedimente mit sich bringen. Das zeigt sich an den Nil-Zuflüssen Blauer Nil, Weisser Nil und Atbarah. Ein Liter Atbarah-Wasser brachte 1970 fünf Gramm Sedimente mit sich, 1990 waren es acht Gramm, 60% mehr. Die Sedimente füllen das Flussbeet des Nil, aber auch den Nasser-Stausee auf. Messungen haben ergeben, dass die Niederschlagsmenge in den äthiopischen Bergen, am Oberlauf des Atbarah und des Blauen Nils um 9% zurückgegangen sind (Messperiode 1945-64 verglichen mit 1965-84). Im gleichen Zeitraum verringerte sich der Wasserabfluss um 25%. Wissenschafter begründen diese Abnahme mit der veränderten Landnutzung und mit Klimaschwankungen. Aral See: Übernutzung des Bergwassers Die Berge Zentralasiens erhalten viel mehr Niederschläge als die weiten Ebenen im Grossraum des Aral Sees. (600mm 2 000mm verglichen mit 100mm/Jahr). 95% des Wassers im Aral-See stammen aus dem Tien Shan- und dem Pamir-Gebirge. Dort wird das Wasser als Schnee und Eis gelagert und fliesst im Sommer als Schmelzwasser zu Tal. 32 Millionen Menschen in den Ebenen um den Aral See sind von diesem Wasser abhängig. Aber nicht nur sie, sondern auch die gigantische Baumwollindustrie, die die Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Boden gestampft hatte. Heute werden acht Mio. Hektar Land bewässert. Zu diesem Zwecke wurden zwei Flüsse am Oberlauf gestaut. Die Stauseen haben einen Inhalt von 117km 3, was ungefähr 10% des Aral Sees entspricht.

Seite 5 von 6 Die Auswirkung der Übernutzung auf den Aral-Sees sind verheerend: Der Zufluss beträgt heute gerade noch 6% der ursprünglichen Menge Der See schrumpfte flächenmässig auf die Hälfte Der Inhalt beträgt noch 40% der ursprünglichem Menge In Trockenzeiten versiegt der Zufluss ganz (erstmals 1985) 266 Arten wirbelloser Tiere, 24 Fischarten und 94 Pflanzenarten sind ausgestorben Die Übersalzung des bewässerten Landes hat den Oberflächenschutz massiv reduziert Wind-Erosion verschmutzt die Atmosphäre und bedeckt das Ackerland mit Sedimenten aus dem See Pestizide aus der Landwirtschaft verschmutzen das Trinkwasser Als Resultat des verschmutzten Trinkwassers stieg die Sterblichkeit um den Faktor 15 Tausende von Arbeitsplätzen gingen verloren Indus: Bergwasser speist Kanalsystem Die meisten der 130 Millionen Menschen in Pakistan profitieren vom grössten Kanalsystem der Welt. Es besteht aus drei grossen Reservoirs, 20 Stauseen und zwölf verbundenen Kanälen von insgesamt 60 000 Kilometern Länge. Gespiesen wird das System mit Wasser des Indus und seiner Nebenflüsse. Von diesem Wasser stammen etwa 90% aus Bergregionen im Hindukusch, Karakorum und Himalaja. Drei Viertel des gesamten Indus-Wassers werden gebraucht für die Bewässerung von 135 000km 2 Kulturen. Nur 25% gelangen ins Meer. Der Himalaja und die Überschwemmungen in Bangladesh Der Himalaja spielt eine zentrale Rolle bei der Speisung von Ganges und Bramaputra und damit für die Bewässerung und die Sicherstellung der Flussschifffahrt in Teilen von Indien und Bangladesh. Immer wieder wurde behauptet, in Bangladesh würden Überschwemmungen verursacht durch menschliche Aktivitäten im Himalajagebiet, z. Bsp. durch die Abholzung der Wälder. Wissenschaftlich lässt sich dieser Zusammenhang indes nicht belegen, jüngste Studien kommen gar zu einem gegenteiligen Schluss. Danach gehen die Überschwemmungen in Bangladesh auf extreme Niederschläge im Land selbst und in den Meghalayas-Bergen in Indien zurück. Gletscherwasser für Städte in den Anden Etwa 1,5% des weltweiten Eisvolumens sind in Gletschern gebunden. Die grössten Gletscher befinden sich in den Alpen (2'900km 2 ) und in den Anden (2 700km 2 ). Die Andengletscher sind ein wichtiger Wasserlieferant für Bolivien, Peru und Ecuador. Sie können das ganze Jahr Wasser liefern, vor allem aber in der Trockenzeit im Sommer. Die bolivianischen Städte La Paz und El Alto sind fast vollständig abhängig von Wasser aus den Gletschern in 4 500 Metern Höhe. Sie liefern Trinkwasser, aber auch Wasser zur Stromerzeugung. Mit den Gletschern als Wasserquelle könnte es aber bald einmal vorbei sein. Denn weltweit sind die Gletscher auf dem Rückzug als Folge der globalen Klimaerwärmung. So ist der Broggi-Gletscher in Peru innert 43 Jahren von 1.6km Länge auf knapp 1km zurückgegangen. Fraser River Bergwasser reinigt Lachsfluss Der Fraser in Kanada ist 1 375km lang. 1.8 Mio. Menschen leben in seinem Einzugsgebiet, 85% davon im Lower Fraser Valley. Obwohl dieser Abschnitt nur 10% des Flusslaufes ausmacht, fallen hier

Seite 6 von 6 70% der gesamten Abwasser an, die den Fluss belasten. Dank der grossen Menge Frischwasser aus den Rocky Mountains wird das Wasser des Fraser jedoch soweit verdünnt, dass es noch von ausreichender Qualität ist für die empfindlichen Lachse. Jedes Jahr wandern 7 Mio. Lachse den Fraser hinauf, der einer der letzten intakten Lachsflüsse der Welt ist. Flüsse, die das Meer nicht mehr erreichen Seit Mitte der achtziger Jahre erreichen die Flüsse Amur, Darja und Syr das Meer nicht mehr. Sie verlieren ihre Kraft in den unzähligen Kanälen für die endlosen Baumwollplantagen und Reisfelder Kasachstans und Usbekistans. Ergebnis einer gegen alle Spielregeln der Natur ausgeweiteten Landwirtschaftspolitik. Der Gelbe Fluss in China erreichte 1997 während 226 Tagen das Meer nicht mehr. Während der Trockenzeit ist auch der Ganges nur noch ein Rinnsaal, wenn er in den Golf von Bengalen fliest. Und dem Colorado River in Amerika wird soviel Wasser entnommen, dass er das Meer nur noch als Bach erreicht. Dieses Factsheet hat als Hauptquelle: Mountains of the World. Water Towers for the 21th Century. Herausgeber: Mountain Agenda, c/o Geografisches Institut, Universität Bern, Hallerstrasse 12, 3012 Bern. E-Mail: agenda@giub.unibe.ch September 2005