1 Vortrag Dipl.-Ing. Heinz-Jürgen Schütz, 04. März 2006, EkvW Energietag-Kamen, Thema: Strategische Energiekostensenkung durch Energiemanagement Angesichts der aktuellen Preisentwicklungen auf den Energiemärkten ist Energieeinsparung eine der zentralen Zukunftsaufgaben. Die Einführung eines Energiemanagements bietet hierzu einen strategisch wichtigen Ansatz für eine systematische Senkung von Energiekosten und Emissionen. Energieagentur NRW (Folie2) Aufgabe und Ziel der Energieagentur NRW ist die kompetente und bedarfsgerechte Hilfestellung bei der ökonomischen Energieverwendung (sowie beim sinnvollen Einsatz unerschöpflicher Energiequellen). Dazu wurde die Energieagentur NRW 1990 durch das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium als neutrale und unabhängige, d.h. nicht-kommerzielle Beratungs- und Weiterbildungseinrichtung ins Leben gerufen. Zielgruppe sind in erster Linie mittelständische Unternehmen, aber auch Städte, Gemeinden und öffentliche Träger in NRW.
2 Die inflationsbereinigten Energiepreise sind, wenn man von einem temporären Anstieg in den Jahren 1979 bis 1985 (2.Ölkrise) einmal absieht, in den vergangenen 30 Jahren annähernd konstant geblieben (Folie 3). Die Energiekosten werden aber zunehmend zu einer Belastung. In den vergangenen zwei Jahren ist der Strompreis für die Industrie um rund 35 Prozent gestiegen. Die Kilowattstunde Strom kostet derzeit für gewerbliche Kunden zwischen 5 und 12 Cent, für den Endverbraucher bis zu 18 Cent. Seit Anfang 2004 sind die Grenzübergangspreise für Erdgas um rund 70 Prozent angestiegen (Folie 4). Aber Kosten lassen sich senken, wenn man die Teile des Energiebezugs, der durch wirtschaftliche Maßnahmen eingespart werden kann, gar nicht erst einkaufen muss! Was versteht man unter Energiemanagement? (Folie 5) Energiemanagement ist ein strategisches Instrument, das dazu beitragen soll, Maßnahmen der rationellen Energieverwendung so zu entwickeln und umzusetzen, damit Energiesysteme unter technischen und ökonomischen Gesichtspunkten bei gegebenem Komfortbzw. Produktionsniveau effizient betrieben werden können
3 Beim Energiemanagement handelt es sich also um ein strategisches Instrument, bei dem die technischen und betriebswirtschaftlichen Aspekte gleichermaßen berücksichtigt werden um Energie einzusparen ohne auf Komfort verzichten zu müssen. Um das Ziel der Energie- und Kosteneinsparung zu erreichen bedient sich das Energiemanagement verschiedener Instrumente, die im folgenden kurz angerissen werden (Folie 6). Verbrauchserfassung Verbrauchserfassung & -kontrolle Witterungsbereinigung Kontrolle der Verbrauchsentwicklung Betriebsoptimierung Betriebsführung Beratung und Kontrolle des Personals Energiebeschaffung Energieeinkauf Prüfung von Lieferverträgen und Rechnungen Energiediagnose Erfassung wichtiger Gebäudedaten Ermittlung von Energiekennwerten Maßnahmenplanung Erstellung von Prioritätenlisten Nutzungsoptimierung Maßnahmenplanung Neubauberatung Schulung und Schulung des Betriebspersonals Kommunikation Aufklärung der Gebäudenutzer
4 Energiemanagement verbindet also Methoden und Techniken zur Energieeinsparung, die bisher zum großen Teil unabhängig voneinander waren, zu einer einheitlichen Strategie. Verbrauchserfassung und Kontrolle Die regelmäßige Verbrauchskontrolle aller Gebäude ist der grundlegende Baustein für das gesamte Energiemanagement. Ohne ein fundiertes Wissen über den tatsächlichen, aktuellen Verbrauch der verwalteten Gebäude sind viele der anderen Aufgabenbereiche nicht optimal durchführbar. Verbrauchsdaten sollten einzelnen Gebäuden zuzuordnen sein, um eine sinnvolle Bewertung zu ermöglichen. So ist es zum Beispiel nicht ausreichend, einfach den Gasverbrauch einer Heizungsanlage in einem Gemeindehaus zu erfassen, wenn durch diese Anlage ein benachbarter Kindergarten in einem gesonderten Gebäude mitversorgt wird. In einem solchen Fall ist der Einbau von Wärmemengenzählern in die Heizkreise nötig, um die Verbräuche getrennt ausweisen zu können. Um ein schnelles Eingreifen bei Anlagendefekten oder fehlerhafter Nutzung zu ermöglichen, muss der Verbrauch mindestens monatlich erfasst werden. Wenn dies bereits in der ersten Phase des EM erreicht werden kann, ist bei
5 Heizungsanlagen mit großen Leistungen langfristig ein kürzerer Ablesezeitraum anzustreben. Beispiel Emsdetten (Folie 7) Witterungsbereinigung Der Energieverbrauch für die Raumheizung ist stark von der Witterung, insbesondere von den Lufttemperaturen abhängig. Um Fehlinterpretationen zu vermeiden ist daher eine Witterungskorrektur durchzuführen. Diese Korrektur erfolgt üblicherweise mittels der sogenannten Heizgradtage. Beispiel Weiterbildungseinrichtung (Folie 8) Das Beispiel zeigt, dass trotz sinkendem absolutem Wärmebedarf der witterungsbereinigte Verbrauch angestiegen ist. Daher sollte bei der Erfassung des Wärmebedarfes immer eine Witterungsbereinigung vorgenommen werden. Betriebsoptimierung (Folie 9) Überwachung der Raumtemperaturen und Betriebszeiten Organisation der Wartung und Instandhaltung von Anlagen Störungsdienst
6 Ein weiteres wichtiges Aufgabengebiet eines Energiemanagements ist die Energiebeschaffung. Energiebeschaffung Zu diesem Aufgabenbereich gehören folgende Teilaufgaben: Abschluss und Prüfung von Lieferverträgen für leitungsgebundene Energien mit den entsprechenden Versorgungsunternehmen (Gas, Strom, Fernwärme) Kontrolle der Abrechnungen Sowie die Optimierung des Öleinkaufs Durch die Optimierung der Energiebeschaffung wird allerdings keine Energieeinsparung erreicht; lediglich die Kosten des Bezugs werden minimiert. Durch die zentrale Prüfung von Lieferverträgen und Abrechnungen durch den Energiebeauftragten wird gewährleistet, dass Vergleiche mit dem tatsächlichen Verbrauch und den tatsächlich benötigten Leistungen vorgenommen werden können. Hierdurch ergeben sich häufig Gelegenheiten zu Kosteneinsparungen, die sonst unbemerkt bleiben würden. In einer Gemeinde ohne Energiemanagement wurde im Jahr 1989 ein weit überdimensionierter Gaskessel durch einen neuen Kessel kleinerer Leistung ersetzt. Eine Anpassung des Gaslieferungsvertrages, in dem ein leistungsabhängiger Kostenanteil vereinbart war, fand nicht statt, weil die für die Verträge zuständige Kämmerei nicht von der Leistungsminderung erfuhr. Erst ein extern erstelltes Gutachten im Jahr 1994 zeigte auf, dass jährlich 500 durch die Anpassung des Vertrages hätten gespart werden können.
7 Daher sollten im Rahmen des Controllings auch immer die spezifischen Kosten überprüft werden. (Beispiel Folie 10) Erfassung wichtiger Gebäudedaten (Folie 11) Um einen ersten Überblick über die wichtigsten energetischen Faktoren von Gebäuden zu erhalten, müssen zumindest für jedes Gebäude folgende Daten erhoben werden: Name und Anschrift Nutzungsart Baujahr Energiebezugsfläche Heizungssystem (Energieträger, Kesselart, installierte Leistung, Baujahr, Art der Brauchwassererwärmung) Betriebspersonal (Name, Tel. Nr.) Wartungsfirma für Heizung (Name, Anschrift, Tel. Nr.) Energiekennwerte (Folie 12) Die alleinige Angabe des absoluten, witterungsbereinigten Energieverbrauchs eines Gebäudes erlaubt zunächst noch keine Beurteilung der Energieeffizienz. Erst durch den Bezug auf entscheidende Einflussgrößen werden durch Kennwertbildung Vergleiche ermöglicht. Im Gebäudebereich hat sich der auf die beheizte Fläche bezogene und
8 witterungsbereinigte Energieverbrauch als sinnvolle Kennzahl herausgestellt. Für sinnvoll definierte Energiekennwerte ergeben sich nach der VDI-Richtlinie 3807, Blatt 1 folgende Anwendungsmöglichkeiten: Überschlägige Beurteilung des Energieverbrauches von Gebäuden Vergleichsmöglichkeit von Gebäuden gleicher Art und Nutzung Periodische Beurteilung des energetischen Verhaltens eines Gebäudes (trotz baulicher Veränderungen) Auswahlkriterium für weitergehende Untersuchungen Instrument der Betriebsführung und Überwachung Kontrolle durchgeführter Energiesparmaßnahmen Richtwert und Vorgabe für Planungen von Neu- und Umbauten sowie Sanierungen Planung und Umsetzung von Optimierungsmaßnahmen (Folie 13) Erstellung von Prioritätenlisten Grobdiagnose Nutzungsoptimierung Feindiagnose Maßnahmenplanung Neubauberatung
9 Lohnt sich der Aufwand (Folie 15) Einigen Kommunen ist es in den letzten Jahren gelungen, den Energieverbrauch der von ihnen betreuten öffentlichen Gebäude deutlich zu senken. Bei der Heizenergie (für Raumwärme und Warmwasser) erreichten kleine und mittlere Kommunen durch Aktivitäten des Energiemanagements im Durchschnitt eine Einsparung von 23%. Durch organisatorische und technische Maßnahmen haben zum Beispiel die aufgeführten Kommunen Heizenergieeinsparungen bis zu 38% erzielt. Aus der Folie ist zudem ersichtlich, seit wie vielen Jahren ein Energiemanagement in den jeweiligen Kommunen existiert. Es ist die Tendenz zu erkennen, dass Kommunen mit einer mehr als 10jährigen Aktivität mehr eingespart haben als Städte mit einer geringeren Dauer, d.h.: Je länger die Dauer des Energiemanagements, desto höhere prozentuale Heizenergieeinsparungen konnten durchschnittlich nachgewiesen werden. Innerhalb der ersten zwei bis drei Jahre sind im Raumwärmebereich häufig Erfolge von mehr als 10% Einsparung zu verzeichnen. Diese werden hauptsächlich durch Optimierung der Regelungen, angepasste Raumtemperaturen sowie Schulung von Hausmeistern erreicht; also ohne große Investitionen zu tätigen.
10 Diese Tatsache lässt die Frage aufkommen, ob man das Energiemanagement nach einigen Jahren wieder beenden kann, wenn der größte Teil der möglichen Einsparungen erreicht wurde. Die Antwort auf diese Frage lautet: N E I N Die Erfahrungen zeigen, dass ohne eine kontinuierliche Kontrolle der Verbräuche und Überwachung der Anlagen die erzielten Einsparerfolge keinen Bestand haben. Ein anschauliches Beispiel liefert die folgende Folie Auswirkungen eines Energiemanagements (Folie 16) Beispiel der Landeshauptstadt Stuttgart Kindergarten Aufgrund des altersbedingten Ausscheidens eines Mitarbeiters im Frühjahr 1996, konnten 65 Gebäude nicht mehr betreut werden. Dadurch ergab sich die Möglichkeit, zu untersuchen, wie sich die Gebäude im Heizenergieverbrauch weiter entwickeln, wenn kein Energiedienst mehr durchgeführt wird. In der Folie ist der witterungsbereinigte Heizenergieverbrauch seit 1991 für eines dieser Gebäude dargestellt. Bis zum Ausscheiden des Mitarbeiters im Frühjahr 1995 konnte der Energieverbrauch des Kindergartens kontinuierlich gesenkt
11 werden. Natürlich schwanken die prozentualen Verbrauchsrückgänge von Jahr zu Jahr. Im Mittel ergibt sich eine jährliche Reduktion um 2,3 Prozent. Seit dem Ausscheiden des Mitarbeiters stieg der Energieverbrauch an, im ersten Jahr um 2,1 Prozent, im dritten Jahr um 2,1 Prozent und im Jahr 1999 um 3,8 Prozent. Im Mittel stieg der Energieverbrauch um 1,8 Prozent pro Jahr. Interessant dabei ist, dass nach einem zunächst langsamen Anstieg (im zweiten Jahr, 1997, sogar leichter Rückgang gegenüber 1996) vor allem im vierten Jahr ein starker Anstieg zu verzeichnen war. In den vier Jahren der fehlenden Betreuung entstand ein Verbrauchsanstieg um insgesamt 2 700 MWh für alle 65 Gebäude. Dies entspricht einem Betrag von über 150.000. Aufgrund dieser gravierenden Entwicklung konnte die Stelle Mitte 2000 wieder besetzt werden, das heißt der Energiedienst wurde wieder aufgenommen. Als Konsequenz fiel der Energieverbrauch bereits im ersten Jahr um 6,1 Prozent und das Niveau von 1995 konnte beinahe wieder erreicht werden.