Energieeinsparverordnung und ihre Auswirkungen auf das Bauen mit Stahl



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Transkript:

Deutscher Stahlbau-Verband Energieeinsparverordnung und ihre Auswirkungen auf das Bauen mit Stahl Ausarbeitung der RWTH Aachen Lehrstuhl für Stahlbau G. Sedlacek M. Kuhnhenne B. Döring Chr. Heinemeyer 1. Auflage 1/2002 Düsseldorf

Die neue Energieeinsparverordnung und ihre Auswirkungen auf das Bauen mit Stahl 1. Einleitung Die Energieeinsparverordnung (EnEV) ersetzt ab 01.02.2002 die Wärmeschutzverordnung von 1995 und die Heizungsanlagenverordnung von 1998. Die neue Verordnung ist ein Element in der Klimaschutzpolitik der Bundesregierung, um den Energiebedarf von Gebäuden und damit die Kohlendioxidemissionen zu senken. Der Heizenergieverbrauch wird durch verschiedene Faktoren wie z.b. Dämmstandard, Art der Lüftung, Verluste bei der Wärmeerzeugung etc. beeinflusst. In der EnEV wird versucht, sämtliche Einflussgrößen umfassend zu berücksichtigen, was an der Komplexität des Berechnungsverfahrens zu erkennen ist. Durch die Einführung der EnEV werden die Anforderungen an den Wärmeschutz von Gebäuden deutlich verschärft. Dadurch gewinnt der Einfluss von Wärmebrücken so an Bedeutung, dass er zukünftig beim Nachweis des ausreichenden Wärmeschutzes berücksichtigt werden muß. Stahl besitzt wie alle metallischen Stoffe eine sehr hohe Wärmeleitfähigkeit. Dies führt bei der Verwendung von Stahlbauteilen in der Gebäudehülle zu einer stoffbedingten Wärmebrücke, die eine genaue Untersuchung der betroffenen Bereiche der Gebäudehülle erfordert. 2. Die EnEV 2002 2.1 Allgemeines Durch die Zusammenführung der Wärmeschutzverordnung und der Heizungsanlagenverordnung werden erstmalig Gebäudehülle und Anlagentechnik in der Gesamtheit betrachtet, und innerhalb festgelegter Grenzen wird eine direkte energetische Verrechnung zwischen bauphysikalischen und anlagentechnischen Maßnahmen zugelassen. Die Einflüsse der Gebäudegeometrie, der verwendeten Bauteile, der Anlagentechnik und des Energieträgers werden energetisch bewertet. Die berechneten Werte für den Energiebedarf des Gebäudes und den Wärmeverlust über die Gebäudehülle dürfen die jeweiligen Höchstwerte nach EnEV nicht überschreiten. Die Anforderungen der EnEV an den maximalen Energieeinsatz zur Beheizung und Trinkwassererwärmung in Gebäuden gelten für zu errichtende Gebäude ab 1.2.2002. Für bestehende Gebäude und Anlagen werden gesonderte Anforderungen gestellt, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen wird. 2.2 Anforderungen bei Neubauten Mit den Anforderungen der EnEV soll der Energiebedarf von Neubauten um durchschnittlich 30 % im Verhältnis zu den bisher gültigen Anforderungen gesenkt werden. Ein wesentliches Merkmal der EnEV ist die Umstellung der Anforderungen an Neubauten vom Jahres-Heizwärmebedarf auf den Jahres-Heizenergiebedarf des Gebäudes.

Für die energetische Bewertung von Gebäuden wurde mit der Wärmeschutzverordnung 1995 ein Verfahren zur Berechnung des Jahres- Heizwärmebedarfs Q h eingeführt. Er wird berechnet nach: Q h = Q T + Q V - Q s - Q i Dabei ist: Q T Q V Q s Q i Transmissionswärmeverluste über die Gebäudehülle Lüftungswärmeverluste solare Wärmegewinne interne Wärmegewinne Der Heizwärmebedarf ist die Wärmemenge, die das Heizsystem liefern muß, um das Gebäude zu beheizen. Der berechnete Wert darf einen zulässigen Höchstwert nicht überschreiten. Mit der Einführung der EnEV 2002 wird der Jahres-Heizenergiebedarf Q begrenzt. Das ist der Energiebetrag, der einem Heizsystem zur Beheizung und Trinkwassererwärmung zugeführt werden muß. Er berechnet sich nach: Q = Q h + Q w + Q t Q r Dabei ist: Q h Q w Q t Q r Heizwärmebedarf Wärmebedarf für die Warmwasserbereitung Wärmeverluste der Anlagentechnik Wärmebeitrag durch regenerative Systeme Bild 2.1 zeigt schematisch die zu bilanzierenden Energieflüsse nach EnEV. Q T Q r Q V Q T Q i Q h Q s Q Q t Q W Q T Bild 2.1: Energieflüsse am Gebäude

Erstmalig werden die Wärmeverluste der Heizungsanlage und der Wärmebedarf für die Warmwasserbereitung mit in die Energiebilanz aufgenommen. Nun umfasst der Energiebedarf eines Gebäudes nicht mehr nur den Jahres-Heizwärmebedarf, sondern er wird auf die Heizungs-, Lüftungs- und Warmwasseranlage inklusive der benötigten Hilfsenergien ausgedehnt. Die Anforderung an den Höchstwert des Jahres-Heizenergiebedarfs gilt für Gebäude mit normalen Innentemperaturen. Das sind nach EnEV solche Gebäude, die mehr als 4 Monate im Jahr auf mindestens 19 C beheizt werden. Um ein energetisches Mindestniveau der Außenbauteile zu gewährleisten, wird zusätzlich in einer Nebenanforderung der Transmissionswärmeverlust über die Gebäudehülle begrenzt. Bei Gebäuden mit niedrigen Innentemperaturen (z.b. Produktionshallen) wird lediglich der Transmissionswärmeverlust begrenzt, da solche Gebäude sehr unterschiedliche Nutzungsmerkmale aufweisen, und somit eine pauschale Berücksichtigung der Lüftungswärmeverluste und der internen Wärmegewinne nicht sinnvoll ist. Die Vorgehensweise bei der energetischen Bewertung von zu errichtenden Gebäuden nach der neuen Energieeinsparverordnung ist in Bild 2.2 dargestellt. Anforderungen Gebäude mit normalen Innentemperaturen ( 19 C) Begrenzung von Heizenergiebedarf Q und Transmissionswärmeverlust H T Gebäude mit niedrigen Innentemperaturen (12 C - 19 C) Begrenzung der Transmissionswärmeverluste H T Berechnungsverfahren Wohngebäude Sonstige Gebäude Fensterflächenanteil < 30 %? Ja Nein Vereinfachte Heizperiodenbilanz Bild 2.2: Energetische Bewertung von Neubauten nach EnEV 2002 Die Berechnung des Jahres-Heizenergiebedarfs erfolgt für Wohngebäude mit einem Fensterflächenanteil < 30 % mit einem vereinfachten Verfahren nach EnEV. Für alle sonstigen Gebäude muß eine genaue Bilanzierung der Gewinn- und Verlustgrößen mit Hilfe nationaler und europäischer Normen erfolgen. Neben den Anforderungen an den maximalen Energieverbrauch und der Begrenzung der Transmissionswärmeverluste über die Gebäudehülle werden zusätzlich generell geltende Anforderungen gestellt an: - Luftdichtheit, Mindestluftwechsel - Mindestwärmeschutz, Wärmebrücken - Heizungsanlage, Warmwasseranlage - Ausweise über Energie- und Wärmebedarf Periodenbilanzierung Monatsbilanzierung

Insbesondere die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz von Gebäuden und die erstmalige Berücksichtigung des zusätzlichen Wärmeverlustes über die Wärmebrücken haben gravierende Auswirkungen für die Planung und Ausführung von Gebäuden mit metallischen Werkstoffen in der Gebäudehülle. 2.3 Wärmebrücken durch Bauteile aus Stahl in der Gebäudehülle Als Wärmebrücken werden örtlich begrenzte Stellen bezeichnet, die im Vergleich zu den angrenzenden Bauteilbereichen einen höheren Wärmeverlust aufweisen. Der zusätzliche Wärmeverlust führt zu niedrigen Oberflächentemperaturen auf der Bauteilinnenseite im thermischen Einflussbereich der Wärmebrücke. Dies kann zu Tauwasserbildung führen, die Feuchtigkeitsschäden und Schimmelbildung verursachen kann. Man unterscheidet in der Regel zwei Arten von Wärmebrücken. Geometrisch bedingte Wärmebrücken treten immer dort auf, wo aufgrund der Geometrie eines Bauteiles oder Anschlusses einer bestimmten wärmeaufnehmenden Innenoberfläche eine größere wärmeabgebende Aussenoberfläche gegenübersteht (z.b. Gebäudekanten, Raumecken). Sind Stoffe unterschiedlicher Wärmeleitfähigkeit nebeneinander angeordnet, spricht man von einer stoffbedingten Wärmebrücke (z.b. Balkonkragplatte, Durchdringung). Werden Werkstoffe mit einer hohen Wärmeleitfähigkeit in der Gebäudehülle verwendet, kann es außerdem zur Überlagerung von geometrischen und stoffbedingten Wärmebrücken kommen. Bauteile aus Stahl in der Gebäudehülle stellen aufgrund der hohen Wärmeleitfähigkeit des Werkstoffes eine stoffbedingte Wärmebrücke dar. Grundsätzlich muß für alle Wärmebrücken ein Nachweis des Mindestwärmeschutzes erfolgen. Außerdem müssen die zusätzlichen Wärmeverluste bei der Berechnung des Heizenergiebedarfs berücksichtigt werden. 2.3.1 Mindestwärmeschutz Die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz von Gebäuden haben sich mit der Einführung der neuen DIN 4108 Teil 2 nahezu verdoppelt. Das bedeutet für Konstruktionen mit Bauteilen aus Stahl in der Gebäudehülle muss in der Regel ein gesonderter Nachweis des Mindestwärmeschutzes erfolgen, um eine mögliche Schimmelpilzbildung zu vermeiden. Dazu muss nachgewiesen werden, dass bei den in der DIN 4108-2 angegebenen Randbedingungen eine raumseitige Oberflächentemperatur von? si = 12,6 C eingehalten wird. Dieser Nachweis erfolgt mit Hilfe von numerischen Berechnungsverfahren oder mit geeigneten Hilfsmitteln (z.b. Wärmebrückenatlas). 2.3.2 Berechnung des Wärmeverlustes über die Gebäudehülle Die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz betreffen die einzelnen Bauteile in der Gebäudehülle. Zusätzlich wird der Energiebedarf des gesamten Gebäudes und die Wärmeverluste über die Gebäudehülle durch die Energieeinsparverordnung begrenzt (erhöhter Wärmeschutz).

Die Wärmeverluste über die Gebäudehülle werden berechnet mit (vereinfachte Darstellung): H T = S U i A i + H WB Dabei ist: H T Transmissionswärmeverlust über die Gebäudehülle U i Wärmedurchgangskoeffizient des Bauteils i A i Wärmeübertragende Fläche des Bauteils i H WB Wärmebrückenzuschlag Für die Berechnung von H T ist die Kenntnis aller Wärmedurchgangskoeffizienten U i (früher: k-wert) der Einzelbauteile notwendig. Die Bestimmung dieser U-Werte erfolgt für nicht transparente Bauteile i.d.r. nach der neuen europäischen Norm DIN EN ISO 6946. Diese gilt jedoch nicht bei wärmedämmenden Schichten, die von einer metallischen Schicht durchdrungen sind. Das bedeutet, das beispielsweise die U-Werte von Außenwänden bei Gebäuden in Stahl-Leichtbauweise nur mit numerischen oder experimentellen Verfahren bestimmt oder aus Wärmebrückenkatalogen entnommen werden müssen. Der Wärmebrückenzuschlag H WB erfolgt für Wärmebrückentypen wie Gebäudekanten, Laibungen bei Fenstern und Türen, Deckenauflager und wärmetechnisch entkoppelte Balkonplatten. Der zusätzliche Wärmeverlust über die Wärmebrücken wird entweder durch eine pauschale und deutliche Erhöhung der U-Werte aller Außenbauteile (außer Vorhangfassaden s.u.) um U WB = 0,1 W/(m² K) berücksichtigt, oder es ist eine genaue Berechnung mit Hilfe von mehrdimensionalen Berechnungsverfahren möglich. Bei Vorhangfassaden als Pfosten-Riegel-Konstruktion werden neuerdings die Wärmebrückeneinflüsse bei der Bestimmung des Wärmedurchgangskoeffizienten berücksichtigt, was zu einer deutlichen Erhöhung des U-Wertes der Vorhangfassade führt. 3. Numerische Untersuchungen Am Lehrstuhl für Stahlbau der RWTH Aachen werden mehrdimensionale numerische Berechnungen durchgeführt, um die Wärmebrückenwirkung von Bauteilen aus Stahl genau zu untersuchen. Ein Beispiel für eine Durchdringung einer Außenwand mit einem Stahlträger (HEB 200) ist in Bild 3.1 dargestellt. Außerdem ist das Ergebnis der dreidimensionalen Berechnung für die Oberflächentemperaturen abgebildet. Aufgrund der hohen Wärmeleitfähigkeit von Stahl entstehen auf der Oberfläche von Wand und Stahlträger niedrige Oberflächentemperaturen. Es besteht die Gefahr der Tauwasserbildung im thermischen Einflussbereich des Stahlträgers.

Bild 3.1: Durchdringung einer Außenwand mit einem Stahlträger Nach der neuen DIN 4108 Teil 2 sind Durchdringungen von Außenwänden mit Bauteilen aus Stahl ohne zusätzliche Wärmedämm-Maßnahmen unzulässig. Deshalb muß für das hier gezeigte Beispiel eine wärmetechnische Verbesserung vorgenommen werden, z.b. mit einer thermischen Trennung des Stahlträgers in der Dämmebene (s. Bild 3.2). Bild 3.2: Thermische Trennung des Stahlträgers und Darstellung der Temperaturen

Durch die thermische Trennung liegen die Temperaturen auf der Innenoberfläche überall über 18 C, und es besteht keine Gefahr der Tauwasserbildung. Werden Werkstoffe mit einer hohen Wärmeleitfähigkeit in der Gebäudehülle verwendet darf der Wärmedurchgangskoeffizient U der Außenbauteile nur mit Hilfe experimenteller oder numerischer Verfahren bestimmt werden. Für den Wandaufbau mit geschlitztem C-Profil nach Bild 3.3 wurde der Wärmedurchgangskoeffizient U numerisch bestimmt. Die Schlitze werden so angeordnet, dass die Wärme nicht ungehindert durch den Steg fließen kann. Bild 3.3.: Wand mit geschlitztem C-Profil (Abstand der C-Profile: s = 0,6 m) In Bild 3.4 sind das FE-Netz und die Wärmeströme als Ergebnis einer dreidimensionalen Berechnung dargestellt. Ergebnis der dreidimensionalen Berechnung: Wand mit Profil ohne Schlitze: U = 0,54 W/(m² K) Wand mit geschlitztem Profil: U = 0,35 W/(m² K) Wand ohne Profil: U = 0,26 W/(m² K) Bild 3.4: FE-Netz und Darstellung der Wärmeströme in Schnitt B-B Man erkennt, daß die Wärme um die Schlitze herum fließt, und somit die Wärmebrückenwirkung des C-Profils deutlich vermindert wird. Für die Wand ergeben sich die in Bild 3.4 angegebenen Werte für den Wärmedurchgangskoeffizienten. Auch mit Schlitzen stellt das C-Profil eine Wärmebrücke dar. Anzumerken ist, dass die Wirkung der Schlitze auf den Wärmedurchgang sehr stark von der wärmetechnischen Qualität des gewählten Wandaufbaus abhängt. Je besser der Wärmeschutz des Gesamtaufbaus ist, desto geringer ist der wärmedämmende Einfluss der Schlitze.

4. Weitergehende Optimierung durch Einsatz von thermischer Gebäudesimulation Die Energieeinsparverordnung hat Gesetzescharakter, so dass ihre Beachtung und Einhaltung ein Muss für jeden Planer und Bauherrn ist. Für den Winterfall kann man bei entsprechender Auslegung der Heizungsanlage Mindesttemperaturen von 19 C sicher erreichen, lokale Unbehaglichkeiten werden durch den hohen Dämmstandard vermieden. Über den winterlichen Wärmeschutz hinaus sind weitere Aspekte bei demthema Behaglichkeit zu beachten, z.b. maximale Raumtemperaturen im Sommer Oberflächentemperaturen Raumluftfeuchte Für Stahlbauweisen besteht hier Bedarf, ihre Leistungsfähigkeit hinsichtlich der Behaglichkeit in Verbindung mit angepasster technischer Ausstattung darzustellen. Auch wenn Behaglichkeit ein subjektives Empfinden ist, so gibt es über abgesicherte statistische Auswertungen objektive Behaglichkeitskriterien (DIN EN ISO 7730). In Gebäuden mit hoher technischer Ausstattung (Klimatisierung) können bauphysikalische Mängel bei entsprechendem Energie- und Investitionsaufwand kompensiert werden, während bei Objekten ohne Kühlung bzw. Klimatisierung Aspekte wie sommerliche Überhitzung von großem Interesse sind. Ein Werkzeug für diese Aufgabenstellungen ist die thermische Gebäudesimulation. Unter Angabe von Geometrie, Bauphysik, Wetterdaten, Nutzung, technischer Ausstattung etc. können Temperaturentwicklungen im Raum und weitere Behaglichkeitsparameter bestimmt werden. Nachfolgend ein kurzes Beispiel, welches das Verfahren und die möglichen Resultate skizziert: Bild 4.1: Versuchshalle Zentrum Metallische Bauweisen (ZMB) in Aachen Es handelt sich um eine Versuchshalle mit vorgelagertem Büro- und Erschließungstrakt, der mit einer nach Süd-West orientierten Ganzglasfassade ausgestattet ist. Zur Auswahl der Verglasung und Festlegung der Belüftungsöffnungen wurden Simulationsrechnungen für den Sommerfall durchgeführt.

Die Zone, die unmittelbar an die Hauptfassade anschließt, wird vorwiegend zur Erschließung und für Ausstellungszwecke genutzt. Daher sind die Anforderungen an die Temperaturverhältnisse nicht so hoch wie bei einer Büronutzung. Aus einer Vielzahl von Varianten werden zwei hier vorgestellt: Var. 1:Verglasung: Wärmeschutzglas, U-Wert 1,1 W/(m² K), g-wert 0,6, ohne Sonnenschutz, Lüftung: 3-facher Luftwechsel mit Außenluft Var. 2:Verglasung: neutrales Sonnenschutzglas, U-Wert 1,1 W/(m² K), g-wert 0,34, ohne Sonnenschutz, Lüftung: 7-facher Luftwechsel mit Außenluft Die Grafiken zeigen die Temperaturverläufe für eine mehrtägige Schönwetterperiode mit Außentemperaturen von über 32 C. Darüber liegen die Lufttemperaturen für das EG, das 1. und 2. OG. Raumlufttemperaturen während der Schönwetterperiode Eingangshalle, Var. 1, 3-facher Luftwechsel, WSV Temperatur [ C] 50 45 40 35 30 25 20 15 0 24 48 72 96 120 Zeit [Stunden] Außenluft EG 1. OG 2. OG Bild 4.2: ZMB Aachen, Temperaturverlauf Schönwetterperiode Var. 1 50 45 40 35 30 25 20 Raumlufttemperaturen während der Schönwetterperiode Eingangshalle, Var. 2, 7-facher Luftwechsel, SSV (g=0,34) Temperatur [ C] 15 0 24 48 72 96 120 Zeit [Stunden] Außenluft EG 1. OG 2. OG Bild 4.3: ZMB Aachen, Temperaturverlauf Schönwetterperiode Var. 2 Ohne Sonnenschutzmaßnahmen und einen durchschnittlichen Luftwechsel von 3 h -1 (Var. 1) entstehen nicht aktzeptable Temperaturen (Erdgeschoß 36 C, 2. OG über 45 C). Der Einsatz von Sonnenschutzglas und ein deutlich erhöhter Luftwechsel durch zusätzliche Klappen führt dazu, dass im EG und 1.OG die Temperaturen nur geringfügig über die Außentemperatur ansteigen. Im 2. OG werden in der Spitze 35 C erreicht, was bei der ausschließlichen Nutzung als Verkehrsfläche tolerierbar ist.

Durch die Simulationsrechnungen konnten Probleme verdeutlicht und optimale Lösungen unter Berücksichtigung von Bauphysik und technischer Ausstattung erzielt werden. 5. Zusammenfassung und Ausblick Durch die Einführung der Energieeinsparverordnung (EnEV) werden die Anforderungen an den Energieeinsatz zur Beheizung und Trinkwassererwärmung deutlich verschärft. Parallel zur EnEV werden nationale und europäische Normen eingeführt, mit deren Hilfe die Einzelgrößen des Energiebedarfs von Gebäuden berechnet werden. Die erstmalige Berücksichtigung von Wärmebrücken beim Nachweis des ausreichenden Wärmeschutzes hat für die Planung und Ausführung von Neubauten mit Bauteilen aus Stahl in der Gebäudehülle gravierende Auswirkungen. Die Berechnung der Wärmedurchgangskoeffizienten solcher Bauteile oder die Untersuchung der Wärmebrückenwirkung von Stahlbauteilen ist derzeit nur mit Hilfe numerischer oder experimenteller Verfahren möglich. Die energetische Optimierung von komplexen Gebäuden erfolgt schon heute mit Hilfe der thermischen Gebäudesimulation und wird zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen. Mit den am Lehrstuhl für Stahlbau der RWTH Aachen vorhandenen numerischen und experimentellen Hilfsmitteln ist es möglich, Bauteile und Gebäude mit Stahlelementen energetisch so zu optimieren, dass die Anforderungen der neuen Energieeinsparverordnung erfüllt werden und ein der Nutzung angepasstes Raumklima möglich wird. RWTH Aachen Lehrstuhl für Stahlbau Gerhard Sedlacek Markus Kuhnhenne Bernd Döring Christoph Heinemeyer