PD Dr. Daniel Effer-Uhe Erbrecht
Gewillkürte Erbfolge Beispiel zu 2087 (nach Lange, Erbrecht, 2011, S. 351): E verfügt wie folgt: Mein Haus und mein Aktiendepot vermache ich meiner Frau. Meinem Sohn vererbe ich den Pkw. Weiteres werthaltiges Vermögen war zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht vorhanden. Das Haus hatte einen geschätzten Wert von 300.000 EUR, das Aktiendepot war im Zeitpunkt der Testamentserrichtung 100.000 EUR wert, das Auto noch 5.000 EUR. Kurz vor seinem Tod gewinnt der E noch einen Millionenbetrag im Lotto. 2
Erbrecht Gewillkürte Erbfolge Beispiel zu 2089: E hat den A zu 1/8, den B zu 2/8 und den C zu 1/2 (also 4/8) zum Erben eingesetzt. Das Nachlassgericht geht davon aus, dass E sich schlicht verrechnet hat und eigentlich 8/8 verteilen wollte. Beispiel zu 2088: E setzt die X als Erbin zu 3/4 ein und äußert sich im Übrigen nicht zur Erbfolge. Beispiel zu 2094: E testiert folgendermaßen: A soll Erbe zu 1/2 sein. B und C sollen zusammen 1/4 erhalten. B schlägt das Erbe aus. Beispiele zu 2074 (nach Lange, Erbrecht, 2011, S. 359): 1) Erblasser E hat seine Frau F zur Vorerbin eingesetzt und seinen 35jährigen Sohn S zum Nacherben, wobei der Nacherbfall auf das Bestehen des Jurastudiums durch S aufschiebend bedingt wurde. S stirbt erst nach dem Tod des E, aber vor dem Staatsexamen. 2) Der E hatte die Ehefrau F als Vorerbin eingesetzt und den Nacherbfall durch die Wiederheirat der Ehefrau aufschiebend bedingt. Erst stirbt E, dann der als Nacherbe eingesetzte Sohn S. Danach heiratet die F erneut. 3
Nichtigkeit, Unwirksamkeit und Anfechtbarkeit von Testamenten Terminologie: Wirkungslosigkeit ( Unwirksamkeit im weiteren Sinne ) von Testamenten umfasst Nichtigkeit (Testament ist von vornherein wirkungslos, z.b. wegen Formmangels) und Unwirksamkeit im engeren Sinne (Verfügung war zunächst wirksam errichtet [Bsp.: der eingesetzte Erbe stirbt noch vor dem Erbfall] oder kann noch geheilt werden [Bsp.: das Testament wird widerrufen es kann jetzt durch Widerruf des Widerrufs nach 2257 wieder wirksam werden]). Wenn sich der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Erblassers durch Auslegung nicht verwirklichen lässt, kommt zumindest eine Anfechtung einer Verfügung in Betracht. Die Vorschriften über die Anfechtung letztwilliger Verfügungen ( 2078 ff.) sind gegenüber den allgemeinen Regeln ( 119 ff.) Sondervorschriften, allerdings nur, soweit sie tatsächlich eine selbständige Regelung treffen. Hinsichtlich anderer Fragen, die in den 2078 ff. nicht geregelt sind, bleibt es dagegen bei den Anfechtungsregeln des allgemeinen Teils (z.b. Rechtsfolge der Anfechtung nach 142). Sonderregeln betreffen vor allem die Anfechtungsgründe ( 2078 f.), die Anfechtungsberechtigten ( 2080) und die Anfechtungserklärung ( 2081). 4
Nichtigkeit, Unwirksamkeit und Anfechtbarkeit von Testamenten Beispielsfall (nach Leipold, Erbrecht, 20. Aufl. 2015, S. 158): Die 2014 kinderlos verstorbene E hat 2005 das folgende formgültige Testament errichtet: Meine Nichte V soll zur Linderung ihrer Notlage 10.000 EUR erhalten; mein Erbe soll mein lieber Ehemann M sein. Nach dem Tod der E stellte sich heraus, dass die Nichte V in den letzten beiden Jahren durch berufliche Erfolge ganz erhebliches Vermögen erworben hatte, wovon die E nichts erfuhr. M unterhielt seit 2007 ein außereheliches Verhältnis mit der A, aus dem eine Tochter hervorging. Es war ihm aber gelungen, diese Beziehung vor seiner Frau geheim zu halten, deren sittenstrenge Auffassungen ihm bekannt waren. Die nächsten lebenden Verwandten der E sind ihre Brüder T und S. Während S erklärt, es solle bei dem Testament der E bleiben, fragt T einen Rechtsanwalt, ob es einen Weg für ihn gebe, trotz des Testaments etwas aus dem Nachlass seiner Schwester (Wert: 150.000 EUR) zu beanspruchen. 5
Gemeinschaftliches Testament unter Ehegatten/eingetragenen Lebenspartnern Formerleichterung der 2265, 2267 gegenüber dem allgemeinen 2247 (handgeschrieben durch einen Ehegatten genügt) Anwendung der allgemeinen Regeln des Testamentsrechts, soweit die 2265 ff. keine Sonderregeln enthalten. Wirksamkeit des gemeinschaftlichen Testaments setzt nach 2268 I, 2077 I im Regelfall den Bestand der Ehe beim Tod des ersten Ehegatten voraus. Beispielsfall: Die Eheleute M und F testieren formwirksam folgendermaßen: Wir setzen uns gegenseitig als Erben ein. Nach dem Tod des Längstlebenden sollen unsere gemeinsamen Kinder S und T Erben sein. M stirbt, wenig später verstirbt T und hinterlässt seine Witwe W als testamentarische Alleinerbin. Nach dem Tod von F fragt W nach der erbrechtlichen Situation. 6
Gemeinschaftliches Testament unter Ehegatten/eingetragenen Lebenspartnern Trennungslösung Einheitslösung/ Berliner Testament Nachlass 1 Ehegatte 1 Nachlass 1 Ehegatte 1 Vorerbfall Erbfall 1 Nachlass 1 Ehegatte 2 Nachlass 2 Nachlass 1 + Eigenvermögen 2 Ehegatte 2 Nacherbfall Erbfall 2 Erbfall 2 Nachlass 1 Kinder Nachlass 2 Nachlass 2 Kinder (Grafik nach Leipold, Erbrecht, 20. Aufl. 2014, S. 178) 2269 I: Im Zweifel ist vom Einheitsprinzip auszugehen. 7