Erfahrungsbericht - ESC Rennes School of Business, Frankreich Vorbereitung des Auslandsaufenthalts Im Rahmen meines BWL Studiums an der RWTH Aachen habe ich mich Anfang 2015 für ein Auslandssemester in Frankreich beim Exchange Office beworben und einen Platz an der ESC Rennes erhalten. Generell sollte man sich vorher gut über die einzelnen Unis und Städte informieren, etwa über das Kursangebot und die Semesterzeiten. Mir war vor allem wichtig, dass ich an den französischen Universitäten trotzdem Kurse auf Englisch belegen konnte. Denn obwohl meine Sprachkenntnisse für Kurse auf Französisch ausreichend sind, finde ich es persönlich viel sinnvoller, wirtschaftswissenschaftliche Kurse auf Englisch zu belegen. Das Bewerbungsverfahren scheint zunächst relativ aufwendig, das Exchange Office steht einem bei der Bewerbung jedoch jederzeit zur Seite. Die Auswahl erfolgt hierbei komplett durch die RWTH, diese teilt einem den Platz bei der Partneruniversität zu. Ab dann ist einem dieser sicher und alle weiteren Schritte sind rein formal. Bei der Wohnungssuche bietet die ESC Rennes Hilfe an. Hierfür sollte man sich aber auch so bald wie möglich bewerben, denn Wohnraum ist knapp in Rennes, wie in vielen französischen Studentenstädten. Außerdem sollte man sich tendenziell auf höhere Mieten gefasst machen. Bleibt man nur für ein Semester, so steht die Option auf ein Zimmer im Studentenwohnheim leider nicht zur Verfügung, aber die ESC bietet die Möglichkeit in einer Gastfamilie zu leben, alleine eine Wohnung zu mieten oder in eine WG zu ziehen. Ich habe mich für eine WG entschieden. Da ich als einzige aus meinem Semester nach Rennes ging (man hätte sonst auch angeben können, dass man mit jemandem bestimmten zusammen ein Zimmer suchen möchte), wurden mir zwei norwegische Mädels vermittelt, die ebenfalls für ein Semester in Rennes sein würden und direkt auch eine Auswahl an Apartments dazu. Dass diese beiden auch wirklich gute Freundinnen wurden, war natürlich Glück, trotzdem denke ich, dass eine WG einfach immer eine gute Idee ist, sowohl vom sozialen als auch vom finanziellen Standpunkt aus. Ansonsten sollte man sich bei der Wohnungssuche in Rennes nicht davon verunsichern lassen, dass die ESC etwas außerhalb liegt, da die Anbindung über Busse und vor allem die Metro gut ist und Rennes zwar größer als Aachen aber doch recht überschaubar ist.
Ankunft Bei Ankunft in Rennes wurde man auf Wunsch direkt am Bahnhof vom Well come Team der ESC begrüßt und zur neuen Wohnung gebracht. Das Semester begann mit einer Orientierungswoche, die allerdings nur aus wenigen offiziellen Terminen bestand. Vor allem gab es in dieser Zeit viele Angebote vom Well come Team, um andere Studenten und die Stadt kennen zu lernen. Rennes selbst ist eine wunderschöne Stadt in der Bretagne mit viel Charme, kleinen Gassen und alten Fachwerkhäusern im Zentrum. Es bietet aufgrund der über 60.000 Studenten die dort leben auch viele Ausgehmöglichkeiten und sonstige Aktivitäten und ich habe mich dort sehr schnell heimisch gefühlt. Auch im Umkreis gibt es viel zu entdecken. Auf jeden Fall sollte man an die Küste fahren, etwa nach Saint Malo oder den Mont Saint Michel besuchen. Ich persönlich fand auch Nantes toll und nach Paris ist es natürlich auch nicht sehr weit. Wer sich sein Semester in Frankreich mit Sonnenbad am Strand vorstellt, der ist hier zwar verkehrt (nicht umsonst hat die Bretagne den Ruf Frankreichs regenreichste Region zu sein), wer sich aber auf die Stadt einlässt, wird positiv überrascht und ich habe mich wirklich sehr schnell zu Hause gefühlt. Es gibt viele nette kleine Cafés und Restaurants, die es auszuprobieren gilt. Man kann wirklich gut shoppen. Meine Mädels und ich haben es geliebt samstags über den riesigen Markt zu schlendern und natürlich ist auch im Nachtleben so einiges los. Nicht umsonst wurde Rennes erst dieses Jahr zur französischen Stadt mit der höchsten Lebensqualität gewählt! Fächerwahl und Feedback zur Lehre und den Lehrbedingungen der Partneruni Ich war in der Auswahl meiner Kurse relativ frei. Da die Bachelor Kurse in Rennes jeweils 5 CP geben, habe ich mich für fünf Kurse entschieden. Ich habe Project Management, Business-to-Business Marketing, Supply Chain Management, Managing Cultural Diversity und European Geopolitics belegt. Außerdem habe ich mich für einen Sprachkurs in Französisch entschieden. Der Aufbau der Kurse war sehr verschieden. Zum Teil waren es recht kleine Gruppen (ca. 30 Leute) mit fast nur anderen ERASMUS-Studenten. Diese Kurse waren dann häufig recht intensiv, regten zu viel Diskussionen an und aus ihnen habe ich sehr viel mitgenommen. Andere Veranstaltungen, welche Teil des regulären Studienverlaufsplans der Franzosen waren, waren deutlich größer und mehr im mir aus Deutschland bekannten Stil mit Vorlesung und Übung. Allgemein galt aber zumindest für alle Kurse, dass 40% der Note mit Gruppenarbeiten, Hausarbeiten, Präsentationen und ähnlichem während des Semesters erarbeitet wurden und die Klausuren am Semesterende 60% zählten.
Insgesamt denke ich, war die Lehre auf jeden Fall gut. Ich hatte sehr viele interessante Professoren mit weitreichender Erfahrung, nicht nur aus der Forschung sondern häufig auch aus der Praxis. Leider war die Organisation der Veranstaltungen oft eher chaotisch, Arbeitsanforderungen schwammig und das Niveau schwankte extrem von dem einen zum anderen Professor. Wenn man sich darauf aber erst einmal einlässt, kann man auf jeden Fall viel lernen. Worauf man sich an der ESC und ähnlichen Unis auf jeden Fall einstellen muss, ist, dass in so gut wie jeder Veranstaltung Anwesenheitspflicht herrscht, womit es viele Dozenten auch sehr genau nehmen. Viele akzeptieren hier nicht einmal eine Verspätung von zehn Minuten. Vor allem, dass viele Veranstaltungen morgens um 8:20 beginnen und ich einen Kurs an jedem zweiten Samstagmorgen hatte, brachte mich in Kombination mit der Anwesenheitspflicht anfangs doch etwas aus dem Konzept, aber auch daran gewöhnt man sich. Womit man auf jeden Fall rechnen sollte sind die vielen Gruppenarbeiten in denen man an Präsentationen und Ausarbeitungen arbeitet. Insgesamt war ein viel stärkerer Fokus auf die praktische Auseinandersetzung mit konkreten Märkten, Unternehmen, etc. gefordert, als ich das bisher gewöhnt war. Gleichzeitig können besonders in so bunt zusammen gewürfelten Gruppen aus ERASMUS- und gegebenenfalls französischen Studenten, die Motivationen und auch der Kenntnisstand sehr unterschiedlich ausfallen. Dies ist manchmal ein Problem, häufig aber auch eine Chance, wie ich feststellen konnte. Generell glaube ich, dass das ständige Präsentieren und Zusammenarbeiten in Gruppen, welches mich anfangs noch eher abschreckte, eine extrem wichtige Erfahrung war und mir sowohl fachlich als auch persönlich sehr geholfen hat. Anerkennung der Kurse und Umrechnung der Credits Die Online-Auswahl der Kurse fand bei mir erst Ende Juni statt, lange vorher sollte man jedoch schon anfangen, sich in Aachen um den Antrag auf Anerkennung beim Prüfungsausschuss und das vorläufige Learning Agreement zu kümmern. Besonders darum, dass das Learning Agreement in Frankreich rechtzeitig unterschrieben wird, denn im Sommer sind in Frankreich Ferien und die Büros nicht unbedingt besetzt. Dass sich die Kurswahl vor Ort noch mal ändert ist gut möglich, aber recht unproblematisch. Dafür wird das Learning Agreement (During the Mobility) verwendet. Zurück zu Hause muss man dann nur noch darauf warten, dass einem das offizielle Transcript of Records von der Partneruni zugeschickt wird und im Fall der ESC Rennes sollte man hier mal wieder mit recht langen Wartezeiten rechnen, ich erhielt meins im April.
Partneruni Die ESC Rennes, was für École Supérieure de Commerce steht, ist eine private Business School, die zu den Grandes Écoles in Frankreich gehört, also einen gewissen Ruf hat. Darauf und auch auf die starke internationale Orientierung ist man sehr stolz, denn etwa ein Drittel der Studierenden stammt nicht aus Frankreich und für den Großteil der Lehrenden gilt das gleiche. Das war vor allem in den englischsprachigen Kursen, die häufig von Engländern und Amerikanern gehalten wurden, wirklich super. Die mit etwa 3.000 Studenten für unsere Verhältnisse doch recht kleine Uni besteht aus Campus 1, 2 und 3, was aber im Prinzip nur für drei verschiedene Gebäudekomplexe steht. Zwei davon liegen direkt nebeneinander, der Dritte etwas die Straße runter. Dadurch und durch die viel geringere Anzahl an Studenten entsteht eine komplett andere Stimmung unter den Studenten. Häufig trifft man Freunde in der Cafeteria oder der Student Lounge. Generell ist sowohl das Verhältnis der Studenten untereinander als auch zu den Professoren und Angestellten dadurch viel persönlicher. Weiter gibt es eigene, nicht sehr große aber ausreichend ausgestattete Fitnessräume in der Uni. Außerdem stellt die Uni viel Platz zum Lernen zur Verfügung. Nicht nur das allgemein zugängliche Learning Center, sondern vor allem auch viele kleine Lernräume, sogenannte Boxen, welche optimal für ungestörte Gruppentreffen und zum Lernen in der Klausurenphase waren. Kritisieren kann ich eigentlich wirklich nur die Organisation der Uni. Das Beispiel der viel zu spät veröffentlichten Noten ist leider nur eines von vielen. So war eine einzige Person verantwortlich für alle Erasmus Studenten, auf Emails erhielt man meist nur eine automatische Antwort mit der Bitte um Geduld und musste dann teilweise auch wirklich ein bis zwei Wochen auf Antworten warten. Auch die Bearbeitungszeiten von Dokumenten, für die man etwa nur eine Unterschrift oder ähnliches brauchte, waren entsprechend lang. Die Klausurtermine wurden erst direkt vor der Klausurenphase veröffentlicht und häufig waren dann mehrere Klausuren an einem Tag keine Seltenheit. Empfehlungen an nachfolgende Studierende Auf jeden Fall kann ich natürlich erst einmal jedem zu einem Auslandssemester im Verlauf des Studiums raten, denn es ist eine einmalige Chance, um einmal für ein halbes Jahr in einer anderen Stadt und in einem anderen Land zu leben und zu studieren. Hierfür kann ich Rennes wirklich empfehlen. Und so platt das klingen mag, man macht wirklich Erfahrungen für sein Leben in dieser Zeit. Die wichtigsten Punkte, auf die man sich meiner Meinung nach bei der ESC Rennes einstellen muss, sind die Anwesenheitspflicht und die vielen Gruppenarbeiten. Außerdem
ist die Uni sehr international, was den Vorteil hat, dass man Freunde verschiedenster Nationalitäten kennen lernt und mit denen auch viel unternehmen kann. Gleichzeitig kommt man jedoch selten in die Situation Französisch zu sprechen und ich hatte auch sonst recht wenig Kontakt zu französischen Kommilitonen. Insgesamt sollte man einfach offen für eine einmalige Erfahrung sein, die mir persönlich unglaublich viel Freude bereitet hat. Es mag vielleicht bei der Organisation sowohl vorher als auch vor Ort nicht immer alles glatt laufen, aber davon sollte man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Vor allem sollte man die Chance nutzen viele Bekanntschaften und auch Freundschaften zu schließen, die fremde Kultur kennen zu lernen und einfach eine wahnsinnig tolle Zeit zu genießen!