Bad. Dann kam das eigentliche Zimmer, mit dem Alkoven für das Doppelbett rechts, der bequemen Sitzecke mit Tisch, Sesseln und Leselampe davor, einem Sideboard mit Barschrank, Blumenvasen und Obstkorb. Und an der Wand neben den Terrassentüren der Schreibtisch. Ihr Koffer lag offen auf dem Bänkchen vor dem Schrank, eine Reisetasche stand daneben. An einem Bügel hing ein blauer Hosenanzug. Auf dem Bett lagen zwei Tops und ein kleiner unordentlicher Haufen Unterwäsche. Winzige Strings und BHs mit Spitzenrand, in rot und in weiß. Auf dem Schreibtisch stand ihr Laptop, ein silberner Vaio, die rote BenQ Minimaus obendrauf. Daneben lag die blaue Tagungsmappe und ihre eigenen Unterlagen in einem kleinen, ordentlichen Haufen, daneben ein etwas schiefer Turm CDs.
Automatisch wollte er sie geradeschieben, hatte aber zu wenig Gefühl mit den Handschuhen und schubste den Turm ganz um. Baute ihn vorsichtig wieder auf, genauso wie er vorher gewesen war. Die Terrassentüren waren geschlossen, die Klimaanlage war abgeschaltet. Der Mann öffnete vorsichtig eine Tür, ohne hinauszugehen. Üppige Gladiolen in Terracottaschalen, ein zusammengeklappter Sonnenschirm und Rattanmöbel mit weißen Leinenpolstern spielten eine wärmere Jahreszeit vor. Unten, auf dem breiten Boulevard bewegten sich die Platanen, aber hier oben war der Wind noch nicht zu spüren. Der Mann setzte sich an den Schreibtisch und leerte vorsichtig die Tüten aus den verschiedenen Apotheken. Er hatte etwas Mühe, die Packung mit den Latexhandschuhen zu öffnen, dann erst zog er
seine Lederhandschuhe aus und streifte sich die dünnen Plastikfinger über. Sorgfältig legte er alles, was er brauchte vor sich hin. Atmete langsam aus und ein, bis er sich völlig entspannt und ruhig fühlte. Das tödliche Gas herzustellen, war einfach. Das Problem war die Zeit. Wenn es ihm nicht gelang, die Zutaten in wenigen Sekundenbruchteilen zu vermischen und sicher zu verschließen, war er tot. Sofort. Da konnte ihn auch die offene Tür nicht mehr retten. Er hatte die Möglichkeiten schon oft durchgespielt. Er könnte sich eine Atemmaske aus Aktivkohle bauen, er könnte die Zutaten in getrennten Pipetten vorbereiten, um sie dann erst durch ein Klebeband zu verbinden. Aber die Handschuhe beeinträchtigten seine Fingerfertigkeit, und zudem bot ihm keine
dieser Lösungen wirkliche Sicherheit. Er hatte die Handgriffe exakt geprobt. Er beherrschte sie blind. Und zur Not konnte er die Luft anhalten, gut drei Minuten, wenn s wirklich drauf ankam. Der Mann nahm eine Visitenkarte des Hotels aus der Mappe und faltete sie in der Mitte. Er öffnete die Fläschchen mit den Chemikalien und stellte sie bereit. Dann befestigte er die winzigen Saughütchen aus Gummi an zwei der kleinen Glaspipetten. Sorgsam bröselte er die Citronensäure in die geknickte Karte. Er nahm das schwarze Feuerzeug mit dem goldenen Logo des Hotels in die rechte Hand und die dritte Glaspipette in die linke. Zögerte kurz. Er hätte eine Kerze nehmen sollen. Was, wenn das Feuerzeug nicht funktionierte? Er schnippte die Flamme an, sie kam sofort. Er hielt das spitze Ende des Röhrchens darüber. Das Glas schmolz wie
Wachs, die Pipette war an einem Ende verschlossen. Er nahm die zweite, saugte vorsichtig drei Tröpfchen aus dem blauen Fläschchen und tropfte sie in die erste Pipette, dann nahm er die dritte und fügte etwas Isopropanol dazu. Jetzt hielt er die Luft an. Schüttelte die Citronensäure als Reaktionsbeschleuniger dazu und schnippte das Feuerzeug wieder an, direkt unter der ersten Pipette. Verschmolz blitzartig das hintere Ende. Er holte Luft. Lächelte. Seit vielen Jahren hatte er sich nicht mehr so lebendig gefühlt. In der Hand hielt er ein winziges, zerbrechliches Glasröhrchen, keine zwei Millimeter breit, keine zwei Zentimeter lang. Gefüllt mit seiner ganz privaten Art von Sarin, einem der schnellsten Gifte der Welt. Der Mann räumte alle Zutaten wieder in die Apothekertüten zurück, schob sie in die