Verwendung von werkstofflich recycliertem Kunststoff aus Polyethylen-terephthalat (PET) für die Herstellung von Lebensmittelbedarfsgegenständen



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Transkript:

Verwendung von werkstofflich recycliertem Kunststoff aus Polyethylen-terephthalat (PET) für die Herstellung von Lebensmittelbedarfsgegenständen Die Kunststoffexpertengruppe des Bundesinstitutes für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin hat sich mit der Verwendung von werkstofflich recycliertem Kunststoff aus Polyethylenterephthalat (PET) für die Herstellung von Lebensmittelbedarfsgegenständen befaßt. Hierzu wird die folgende Stellungnahme abgegeben: 1 Rechtslage und Ausgangssituation Werkstofflich recycliertes Polyethylenterephthalat für den Lebensmittelkontakt muß als Bedarfsgegenstand gemäß 5 Abs. 1 Nr. 1 LMBG ebenso wie Neuware aus PET den Anforderungen der 30 und 31 (1) des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes und der Bedarfsgegenständeverordnung entsprechen. Aus dem PET dürfen keine Stoffe auf Lebensmittel übergehen, ausgenommen gesundheitlich, geruchlich und geschmacklich unbedenkliche Anteile, die technisch unvermeidbar sind. Hersteller und Inverkehrbringer solcher Lebensmittelbedarfsgegenstände aus PET tragen im Rahmen der Grundsätze des redlichen Herstellerbrauches und ihrer Sorgfaltspflicht die volle Verantwortung für die gesundheitliche Unbedenklichkeit. Die Kunststoffkommission des Bundesinstitutes für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin hat bereits früher zur Verwendung von Kunststofferzeugnissen für Mehrweganwendungen und von Kunststoff-Recyclaten für die Herstellung von Lebensmittelbedarfsgegenständen eine Stellungnahme abgegeben [1]. Das Ausgangsmaterial für das werkstoffliche Recycling wird üblicherweise in drei Güteklassen unterteilt. Klasse 1: Produktionsreststoffe der herstellenden oder verarbeitenden Industrie (Primärrecyclat), deren Vorgeschichte bekannt ist und die sich jederzeit unter der Kontrolle des Verarbeiters befanden. Wenn eine Kontamination ausgeschlossen werden kann, ist dieses Material wie Neuware für den direkten Kontakt mit Lebensmitteln geeignet. Klasse 2: Sortenreines verunreinigtes Material (Sekundärrecyclat), das im Bereich der Lebensmittelverpackung für bekannte Anwendungen eingesetzt worden war und sortenrein vom Verwerter, beispielsweise über ein Pfandsystem oder eine Wertstoffsammlung, zurückgenommen wurde. Der Verwerter hat üblicherweise keine lückenlose Kontrolle über das Kunststoffmaterial vom Zeitpunkt der Erstanwendung bis zur Rücknahme. Klasse 3: Nicht sortenreines verunreinigtes Material (Sekundärrecyclat), das wie Material aus Klasse 2 für bestimmte Anwendungen, auch außerhalb des Bereiches der Lebensmittelver-packung, eingesetzt worden war und über eine

2 Mischkunststoffsammlung, beispielsweise aus Sammlungen des 'Dualen Systems Deutschland' (DSD), der Verwertung zugeführt wird. In den vergangenen Jahren sind im Bereich der Dekontamination von "Post-consumer"- Kunststoffen, insbesondere aus dem PET-Getränkeflaschenmarkt, wesentliche technologische Fortschritte zu verzeichnen. Die Entwicklung moderner Recyclingverfahren erlaubt es zunehmend, "Post-consumer"-PET-Recyclate für den erneuten Einsatz im direkten Kontakt zum Lebensmittel aufzureinigen und zu rekonditionieren. Parallel hierzu hat die Forschung im Zusammenhang mit dieser technologischen Entwicklung einen enormen Zuwachs an Erkenntnissen hervorgebracht, der es heute erlaubt, das Ausmaß der Wechselwirkungsprozesse von möglichen recyclatspezifischen Kontaminanten zwischen PET-Flaschen und eingefüllten Lebensmitteln mit hinreichender Sicherheit zu bewerten [2]. Um diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen und in Ermangelung einer Reglementierung dieses neuartigen Anwendungsgebietes der Lebensmittelverpackung auf europäischer Ebene sind als Ergänzung zur allgemeinen Stellungnahme der Kunststoffkommission aus dem Jahre 1995 Leitlinien erarbeitet worden. Sie sollen der betroffenen Industrie eine konkrete Hilfestellung zur Umsetzung von F&E-Entwicklungen im PET-Recyclatmarkt an die Hand geben. 2 Leitlinien zur Verwendung von PET-Recyclaten Sachstand Bei der Herstellung von Bedarfsgegenständen aus Primärkunststoffen ist in der Regel eine lückenlose Kontrolle der verwendeten Ausgangsstoffe gegeben. Bei Sekundärrecyclaten der Klassen 2 und 3 ist eine lückenlose Kontrolle des Materials nicht möglich. Hier muss mit Eintrag polymeruntypischer Substanzen, vor allem Füllgutkomponenten aus dem Erstnutzen, aber auch mit missbräuchlicher Nutzung durch den Verbraucher und daraus resultierender Kontamination des Sekundärrecyclates gerechnet werden. Kunststoffe können bekanntlich mit organischen Chemikalien Wechselwirkungen eingehen. Das Ausmaß dieser Wechselwirkung hängt dabei vom polymerspezifischen Diffusionsverhalten und den Sorptionseigenschaften des Kunststoffes ab. Diese Eigenschaften bestimmen letztlich das potentielle Risiko einer recyclingbedingten Lebensmittelkontamination. PET besitzt unter diesem Gesichtspunkt sehr viel günstigere Materialeigenschaften im Vergleich zu anderen Verpackungskunstoffen wie z.b. Polyolefine oder Polystyrol und ist daher ungleich besser geeignet für ein werkstoffliches Recycling zum Wiedereinsatz im Bedarfsgegenständebereich. Recyclingprozesse zur Herstellung von lebensmittelrechtlich unbedenklichem PET-Recyclat als Endprodukt müssen Verfahrensschritte aufweisen, die in der Lage sind, den Kunststoff von Stoffen, eingetragen aus der Erstverwendung oder durch missbräuchliche Nutzung, effizient zu reinigen. Es ist daher unerlässlich, dass der Verwerter von Sekundärrecyclaten zur Absicherung für diesen hochsensiblen Einsatz in einem "worst-case"-szenario darlegt, dass selbst unter ungünstigsten Bedingungen die Konformität mit dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG) der anteilig oder vollständig aus seinem Recyclat hergestellten Bedarfsgegenstände gewährleistet ist. Für die sichere Herstellung und Verwendung von Bedarfsgegenständen aus PET-Recyclaten sind die folgenden Punkte zu berücksichtigen: I. Materiallogistische Rücklaufkontrolle II. Prüfung und Bewertung der Effizienz der Reinigungsschritte im Rückführungsprozess III. Analytische Qualitätssicherung

3 Zu I: Über die materiallogistische Rücklaufkontrolle wird die Erstverwendung des Rücklaufmaterials sowie der Fremdpolymeranteil kontrolliert. Es ist nur ursprüngliches Foodgrade -PET-Material als Rohstoffquelle für den Recyclingprozess zu verwenden. Ein Pfandsystem für Getränkeflaschen oder ein überwachtes, sortenreines Sammelsystem erfüllt in der Regel die genannten Anforderungen an die Rücklaufkontrolle. Werden andere Sammlungen verwendet, muss der Sortierprozess die entsprechende Sortenreinheit leisten. Erfahrungsgemäß lassen sich bei Einhaltung der guten Herstellerpraxis verbleibende Maximal-Fremdpolymeranteile von 1% technologisch erreichen. Unter Fremdpolymer ist auch sortenreines PET-Material zu verstehen, das nicht aus einer Erstanwendung in Kontakt mit Lebensmitteln stammt. Ausreichende Sortiereffizienz ist durch entsprechende Kontrollmaßnahmen zu gewährleisten. Leitlinie I: Verwendung von Food-grade -PET-Qualität als Rohstoffquelle. Gewährleistung einer Sortierreinheit von mindestens 99% unter Ausschluss anderer PET- Qualitäten sowie von Fremdpolymeranteilen. Zu II: Die Effizienz der Reinigungsschritte im Rückführungsprozess (Reinigungseffizienz des Recyclingverfahrens) wird durch einen sogenannten "Challenge-Test" überprüft und sichergestellt [3]. Bei diesem Test werden organische Chemikalien mit unterschiedlichen chemischen und physikalischen Eigenschaften in das sortierte (s.o.) PET-Rücklaufmaterial eingebracht, das anschließend durch den zu bewertenden Prozess recycliert wird. Die organischen Substanzen dienen dabei als Modellkontaminanten oder sog. Surrogates. Aus dem so kontaminierten Regranulat wird anschließend ein Modell-Bedarfsgegenstand hergestellt, der einer Migrationsprüfung unterzogen wird. Nachfolgend sind empfohlene Chemikalien aufgeführt, die als 'Surrogates' Verwendung finden sollten. Empfohlene Modellkontaminanten: Toluol, Chlorbenzol, Phenylcyclohexan, Benzophenon, Stearinsäuremethylester. Die Kontamination muss dabei so durchgeführt werden, dass hinreichende Mengen in das Kunststoffmaterial hineindiffundieren können. Es ist empfehlenswert, dabei mit einer Mischung aus allen Chemikalien zu arbeiten. Die einzustellende Ausgangskonzentration der Modellkontaminanten muss hinreichend groß sein, um ein "worst-case"-szenario in Bezug auf das zu bewertende Rücklaufsystem oder gegebenenfalls den zu prüfenden modularen Reinigungsschritt darzustellen. Bei sortenrein erfasstem PET ist beispielsweise eine Konzentration im Bereich von 500 ppm (mg/kg) bis 1000 ppm pro eingesetzte Modellkontaminante eine hinreichende Anfangsbedingung für die Prüfung des Gesamtprozesses. Ein Eintrag von zu hohen Ausgangskonzentrationen kann sich nachteilig auf die Verarbeitbarkeit des kontaminierten Materials innerhalb des Challengetests auswirken und zu technischen Schwierigkeiten bei der Herstellung des Regranulates sowie des Modell- Bedarfsgegenstandes führen. Nach heutigem Kenntnisstand beinhalten Ausgangskonzentrationen von 500 ppm bis 1000 ppm einen Sicherheitsfaktor von 100 bis 1000 in bezug auf realerweise maximal vorkommende Ausgangskonzentrationen von PETuntypischen Fremdsubstanzen in PET-Recyclat, die nicht aus dem zuvor eingefüllten Lebensmittel stammen. Durch die Vermengung von vereinzelten zweckentfremdeten Flaschen, die sporadisch auftreten können, mit in der Regel großen Mengen an völlig unkontaminiertem PET-Rücklaufmaterial kommt es zu extremen Verdünnungseffekten. Der im Challenge-Test zu prüfende Recyclingprozess muss in der Lage sein, die eingetragenen recyclingbedingten Substanzen so effizient zu entfernen, dass das Fertigerzeugnis (Regranulat) die lebensmittelrechtlichen Anforderungen erfüllt. Um dies zu gewährleisten, ist

4 der im Challenge-Test modellhaft erzeugte Bedarfsgegenstand einer Migrationsprüfung zu unterziehen. Hier ist anzumerken, dass die Bedingungen der vorgesehen Verwendung des recyclathaltigen Bedarfsgegenstandes das Ausmaß der möglichen Migration in ein Lebensmittel beeinflussen. Als migrationsbeeinflussende Parameter sind Kontaktzeit und - temperatur sowie die Natur des realen Füllgutes bzw die entsprechenden Prüfbedingungen nach EU-Richtlinie 97/48/EG bzw. EU-Richtlinie 85/572/EWG zu verstehen. Bei den Anwendungsbedingungen ist auch zu berücksichtigen, ob das PET-Recyclat im Direktkontakt zum Lebensmittel steht oder durch eine funktionelle Barriere davon getrennt ist. Im Zweifelsfall muss gewährleistet sein, dass auch die Migrationsprüfung unter "worsecase"-bedingungen durchgeführt wird. Als Bewertungskriterium für die hinreichende Reinigungseffizienz des Recyclingprozesses ist für die eingesetzten Surrogates eine maximale Migration von 10 ppb (µg/kg) heranzuziehen. Dieser Wert darf im Migrationstest inklusive der analytischen Toleranz (Wiederholbarkeit r ) nicht überschritten werden. Anstelle der Verifizierung über den Migrationstest kann die Prüfung dieser Anforderung durch eine Surrogate-Restgehaltsbestimmung schon am Regranulat oder am Modell- Bedarfsgegenstand in Verbindung mit einem wissenschaftlich anerkannten Migrationsabschätzverfahren [2,4] erfolgen. Ein gegebener Recyclingprozess sollte systemisch wenigstens ein Mal durch einen "Challenge-Test" geprüft und bewertet werden. Unter Beibehaltung der geprüften Prozessparameter kann für andere baugleiche Anlagen von der gleichen Reinigungseffizienz ausgegangen werden. Werden jedoch technische Veränderungen am Recyclingprozess vorgenommen, ist zu belegen, dass sich die Reinigungseffizienz des Recyclingverfahrens nicht verschlechtert hat. Dies kann auch durch modulare Prüfung des betreffenden Prozessschrittes und anhand eines reduzierten Testumfanges erfolgen. Gegebenenfalls ist der Test zu wiederholen. Leitlinie II: Die Prüfung der Reinigungseffizienz eines Recyclingprozesses erfolgt durch einen "Challenge-Test" anhand von artifiziell in hinreichenden Mengen eingebrachten Modellkontaminanten ( Surrogates ). Hierfür empfohlene Modellkontaminanten sind: Toluol, Chlorbenzol, Phenylcyclohexan, Benzophenon, Stearinsäuremethylester. Für sortenrein erfasstes PET ist eine Ausgangskonzentration von 500 ppm bis 1000 ppm pro Surrogate ausreichend. Für die Bewertung der Reinigungseffizienz wird an einem Modell- Bedarfsgegenstand, der aus dem im Challenge-Test erhaltenen, kontaminierten Rohprodukt (Recyclat-Granulat) hergestellt wird, eine Migrationsprüfung unter geeigneten Prüfbedingungen gemäß der vorgesehenen Verwendung vorgenommen. Dabei darf die Migration der eingesetzten Surrogates einen Wert von 10 ppb (µg/kg) inklusive analytischer Toleranz nicht überschreiten. Bei gleichbleibender Prozessführung ist dieser Test nur einmalig erforderlich. Zu III: Unabhängig vom erfolgreichen Ergebnis des einmalig durchgeführten Challenge-Tests ist die Reinigungseffizienz des Recyclingprozesses durch entsprechende Kontrollen zu überprüfen. Es wird daher empfohlen, eine effiziente analytische Qualitätssicherung im Produktionsprozeß zu etablieren. Eine geeignete Methode hierfür bietet beispielsweise die gaschromatographische Headspace-Analytik für den eingehenden Rohstoff und/oder das Regranulat (Fertigerzeugnis), mit der migrationsrelevante PET-Fremdstoffe wie z.b. erstnutzungs- oder mißbrauchsbedingte organisch-chemische Substanzen quantitativ erfaßt werden können [5]. Die Erfahrung hat gezeigt, daß PET-Recyclat, das nach modernen Verfahren aus "Post-consumer"-PET-Flaschen hergestellt wurde, in Bezug auf migrationsrelevante Komponenten sogar günstiger abschneiden kann als Neuware. Im analytischen Ergebnis dieser Qualitätssicherungsmaßnahme ist ein Recyclatprodukt von PET-Neuware nicht mehr nachteilig zu unterscheiden.

5 Leitlinie III: In Ergänzung zu den oben genannten Qualitätssicherungskriterien (Rücklaufkontrolle, Reinigungseffizienztest und Anwendungsbezug): Etablierung einer adäquaten analytischen Überwachung der Recyclatproduktion.

6 3 Zusammenfassung Die gesetzlichen Regelungen für Bedarfsgegenstände sind auch für werkstofflich recyclierten PET-Kunststoff anzuwenden. Aufgrund der möglichen missbräuchlichen Nutzung und des in der Regel inhomogenen Eingangsmaterials sind jedoch zusätzliche Qualitätssicherungsmaßnahmen erforderlich. Das Eingangsmaterial für den werkstofflichen Recyclingprozess sollte sich zu mindestens 99% aus ursprünglichem Food-grade -PET zusammensetzen. Der angewandte Recyclingprozess muss in der Lage sein, migrationsrelevante Stoffe aus der Polymermatrix zu entfernen, die durch die Vorbenutzung vorhanden sein können. Die notwendige Reinigungseffizienz ist einmalig im Sinne eines "worst-case"-szenarios unter Einsatz von Modellkontaminanten ( Surrogates ) und unter Heranziehung einer Migrationsprüfung bzw. -bewertung zu belegen. Zur Überwachung des Produktionsprozesses ist eine adäquate Qualitätssicherungsanalytik unerläßlich. Literatur [1] Gesundheitliche Beurteilung von Kunststoffen im Lebensmittelverkehr: Stellungnahme der Kunststoffkommission des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin zur Verwendung von Kunststofferzeugnissen für Mehrweganwendungen und von Kunststoff-Recyclaten für die Herstellung von Lebensmittelbedarfsgegenständen, Bundesgesundheitsblatt, 1995, 38, 73 [2] O. Piringer, L. Baner (Editors): Plastic Packaging Materials for Food - Barrier Function, Mass Transport, Quality Assurance, Legislation, Wiley-VCH, Weinheim, 2000 [3] F. Welle, R. Franz, Recyclate für den Lebensmittel-Direktkontakt. Bewertung von Recyclingverfahren zur stofflichen Wiederverwertung von Verpackungen, Verpackungs- Rundschau, Technisch-wissenschaftliche Beilage, 1998, 49, 36-39 [4] R. Franz, F. Welle, Post-Consumer Poly(ethylene terephthalate) for Direct Food Contact Application - Final Proof of Food Law Compliance, Deutsche Lebensmittel-Rundschau, 1999, 95, 424-427 [5] R. Franz, F. Welle, Analytisches Screening und Bewertung von marktüblichen "postconsumer"-pet-recyclaten für die erneute Anwendung in Lebensmittelverpackungen, Deutsche Lebensmittel-Rundschau, 1999, 95, 94-100