Prostatabeschwerden Darüber redet Mann nicht Niemand spricht über sie. Sogar, wenn die typischen Beschwerden auftreten und das Wasserlassen zur Qual wird, besucht nur ein Drittel der Betroffenen einen Arzt. Für die meisten Männer einfach ein Tabuthema: "Über die Prostata redet Mann nicht." Die Prostata oder Vorsteherdrüse ist etwa so groß wie eine Kastanie und sieht auch so aus. Sie liegt direkt unterhalb der Harnblase und umgibt die Harnröhre ringförmig. Dabei umschließt die Prostata die Harnröhre etwa so, als würde mitten durch eine geschälte Apfelsine ein Strohhalm führen. Unten wird sie durch die Beckenbodenmuskulatur begrenzt, hinten liegt sie dem Mastdarm an. Über den Darm kann die Prostata daher auch ertastet werden (rektale Untersuchung). Sie besteht aus Drüsen, die von einer Kapsel aus Bindegewebe umgeben und in einem Muskelkörper eingebettet sind. Die wichtigste Aufgabe ist die Produktion des Prostatasekretes, einer Flüssigkeit, die der Ernährung und Fortbewegung der Samenfäden -Spermien- dient. Zudem sorgt ein kleiner Schließmuskel dafür, dass die Samenflüssigkeit in die richtige Richtung fließt. Gutartige Prostata-Vergrößerung Unangenehm bemerkbar macht sich die Prostata mit zunehmendem Alter. Während sie bei jungen Männern etwa die Größe einer Kastanie hat, kann sie sich im Alter deutlich vergrößern. 50% der über 50jährigen entwickeln eine gutartige Vergrößerung der Vorsteherdrüse, die man medizinisch als benigne Prostata-Hyperplasie, abgekürzt BPH bezeichnet. Das Wachstum engt die Harnröhre immer mehr ein, dadurch entstehen Beschwerden beim Wasserlassen: abgeschwächter oder stotternder Harnstrahl trotz voller Blase Schwierigkeiten, Wasser zu lassen plötzlicher Harndrang, oft auch unfreiwilliger Harnabgang häufiges Wasserlassen am Tag und auch nachts Im fortgeschrittenen Stadium kommt es zur Restharnbildung mit der Gefahr von Infektionen und Blasensteinbildung. Doch soweit muss es nicht kommen. Urologen empfehlen, bei BPH- Beschwerden möglichst früh einen Arzt aufzusuchen. Abwarten kann eine Verzögerung der Behandlung und im ungünstigsten Fall schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Hierzu zählen ständige Harnwegsinfektionen, Blasensteine, Blutungen und schlimmstenfalls akutes Nierenversagen. Große Gefahren birgt der komplette Harnverhalt, hier kann der Betroffene kein Wasser mehr lassen und benötigt dringend ärztliche Hilfe. Behandlung bewährte und neue Verfahren Für die gutartige Prostata-Vergrößerung gibt es heute zahlreiche erfolgversprechende Therapieformen. Auch mit pflanzlichen Naturheilmitteln, hierzu zählen Auszüge aus der Sägepalmfrucht und Kürbiskerne, wird behandelt. Seit der letzten Gesundheitsreform dürfen sie jedoch nicht mehr zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Bei den chemisch-synthetischen Arzneistoffen setzen die Ärzte am häufigsten auf Alpha- Blocker. Sie lindern die Symptome, verkleinern die Prostata aber nicht. Hingegen 5a- Reduktasehemmer beeinflussen die Hormone, die für Wachstum der Prostata verantwortlich sind. Allerdings benötigen sie einige Monate, um ihr volle Wirkung zu entfalten.
Operationen bei gutartiger Prostatavergrößerung auch ambulant möglich Das klassisch chirurgische Verfahren ist die transurethrale Resektion der Prostata (TURP). Sie macht einen stationären Krankenhausaufenthalt erforderlich. Bei ihr schält der Operateur Teile der Prostata heraus. Leider treten bei der TURP relativ häufig Komplikationen, wie Blutungen, Inkontinenz und Impotenz auf. Schonender sind die minimalinvasiven Verfahren, vor allem die Transurethrale Nadelablation (TUNA) und die Mikrowellen-Thermotherapie (TUMT) kommen hier zum Einsatz. Bei beiden Verfahren wird das Prostatagewebe durch Hitze zerstört. Bei der TUNA werden zwei dünne Nadeln in das Prostatagewebe eingeführt. Mittels Hochfrequenz-Strom werden die Nadeln bis zu 98 C erhitzt. Durch die Wärme schrumpft das Gewebe. Bei der TUMT wird ein Behandlungskatheter in die Harnröhre eingeführt, vom Urologen erwärmt (auf etwa 45 55 C) und somit das Beschwerden verursachende Prostatagewebe zerstört. Ein Spezial-Laser, der sogenannte Greenlight Laser gehört zu den jüngsten Entwicklungen in der Prostata-Behandlung. Im Gegensatz zu den anderen Methoden ist dieses Verfahren schonender. Der Laser dringt nur sehr oberflächlich in die Prostata ein und verursacht dadurch weniger Schwellungen und Ödeme. Der Wermutstropfen: Dieses neue Verfahren ist noch nicht ausreichend erprobt, deshalb übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen zurzeit die Kosten für die Laserbehandlung noch nicht. Früherkennung besonders wichtig! Vielleicht der wichtigste Grund, seine Prostata nicht zu ignorieren, ist die Krebsgefahr, die von ihr ausgehen kann. Das Prostatakarzinom ist der zweithäufigste Krebs beim Mann und mit 40 Neuerkrankungen pro 100.000 Männern und im Jahr alles andere als selten. Warum bei manchen Männern eine Erkrankung der Prostata entsteht, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Belegt ist nur, dass die Häufigkeit des Prostatakarzinoms seit Jahren ungebrochen ansteigt. Die wichtigste Rolle im Kampf gegen den Prostatakrebs spielt nach wie vor die Früherkennung. Gerade weil beim Prostatakarzinom typische Symptome fehlen, sollte eine jährliche Vorsorgeuntersuchung ( auch wenn keine Beschwerden vorliegen ) beim Urologen für jeden Mann ab etwa 45 selbstverständlich sein. ( Ab diesem Lebensalter werden die Kosten der Vorsorge von der GKV übernommen.) Bedauerlicherweise nutzen noch viel zu wenig Männer diese Chance. Gründe hierfür sind Unwissenheit, Verunsicherung durch die Kostenträger oder Angst vor der Therapie mit möglichen Nebenwirkungen wie Impotenz oder Inkontinenz. Wird ein Prostatakarzinom frühzeitig entdeckt, sind die Heilungschancen hoch. Dabei tastet der Urologe die Prostata durch den Mastdarm ab. Fachleute halten diese Untersuchung jedoch nicht für ausreichend, weil sich ein Tastbefund häufig erst in einem fortgeschrittenen Tumorstadium - der Krebs hat dann die Prostata bereits verlassen - ergibt, dann ist Heilung häufig nicht mehr möglich. Für viele Urologen ist die Bestimmung des PSA Prostata-spezifisches Antigen - die wirkungsvollste Maßnahme zur Früherkennung. Das Antigen kommt nur in der Prostata eines Mannes vor; deshalb ist bei Frauen auch kein PSA im Blut nachweisbar. Weil das Gewebe eines Prostatatumors mehr PSA produziert als gesundes Prostatagewebe, legt jeder PSA-Wert über 4 ng/ml den Verdacht auf eine Erkrankung nahe. Es kann mehrere Gründe für eine PSA-Erhöhung geben,die wichtigsten sind neben dem Prostatakarzinom die gutartige Prostatahyperplasie (BPH) und die Prostataentzündung (Prostatitis). Daher wird der Arzt jedem Mann mit dauerhaft erhöhten PSA-Werten zu einer Gewebeprobe - der sogenannten Biopsie - raten. Sie ist ein ungefährliches Untersuchungsverfahren und wird
ambulant durchgeführt. Der Arzt sticht mit einer Kanüle vom Enddarm oder vom Damm aus in verschiedene Bereiche der Prostata ein und gewinnt dabei Prostatagewebe. Die Proben werden dann unter dem Mikroskop feingeweblich untersucht. Falls sich ein Prostatakarzinom findet, wird gleichzeitig dessen Tumortyp, die örtliche Tumorausdehnung und die Größe des Karzinoms bestimmt. Bei dem Transrektalen Ultraschall (TRUS) wird eine Ultraschallsonde in den Enddarm eingeführt. Sie ist jedoch kaum dazu geeignet Prostatakarzinome zu entdecken und ist deshalb auch nicht Bestandteil der gesetzlichen Früherkennung. TRUS hat aber Bedeutung bei der Abklärung auffälliger PSA-Werte bzw. Tastbefunde. Mit dieser Ultraschalluntersuchung kann die Größe des Tumors genau bestimmt werden. Anders als beim Röntgen ist beim Ultraschall der Patient keiner Strahlenbelastung ausgesetzt. Die Untersuchung ist risikolos und schmerzfrei. TRUS wird meist auch bei der Biopsie zur genauen Nadelführung eingesetzt. Interview mit Franz Reuter, einem Betroffenen: Prostatakrebs - der begründete Verdacht Bei der Verdachtsdiagnose Prostatakrebs sind die meisten Männer verständlicherweise geschockt. So erging es auch Franz Reuter. Er erkrankte selber an Prostatakrebs und gründete 2001 eine Selbsthilfegruppe für betroffene Männer in Itzehoe. Ellen Pahling von der Selbsthilfe aktuell Redaktion sprach mit ihm über seine Beweggründe. Selbsthilfe aktuell: Herr Reuter, was hat Sie bewogen, eine Selbsthilfegruppe für an Prostatakrebs erkrankte Männer zu gründen? Nachdem ich durch meine eigene Erkrankung in die medizinische Mühle geraten bin und aus dem Krankenhaus entlassen wurde, war mir klar, andere sollen es einfacher haben. Über Prostatabeschwerden spricht man nicht, deshalb gibt es große Wissensdefizite bei den Männern. So war es auch bei mir. Wenn heute ein Mann mit einem positiven Befund in Ihre Selbsthilfegruppe kommt, was raten Sie ihm? Ruhe bewahren! Die Diagnose Prostatakrebs ist für jeden schlimm, aber keine Katastrophe. Es bleibt immer noch genügend Zeit alles zu überdenken und über alles zu reden. Beispielsweise über die festgestellten PSA-Werte und über die Qualität der Therapieberatung. Ein Hausarzt ist in diesem Fall nicht der richtige Arzt. Er hat einfach zu wenig Erfahrung einfach zu wenig Fälle. Auch manchen Fachärzten sollte man kritisch gegenüber stehen, denn viele haben veraltete Ultraschallgeräte auf denen nicht genug zu erkennen ist. Wichtig ist ein 3-D-Farbmonitor mit Ultraschallsonde. Ich rate immer dazu sich möglichst zusätzlich in einem Prostatazentrum untersuchen zu lassen. Unterstützen sich die Männer gegenseitig in dieser schwierigen Phase? Ja sicher! Am wichtigsten ist jedoch, dass der betroffene Mann sich outen kann - über seine Ängste reden. Viele Männer trauen sich nicht, mit Ihrem Arzt über ihre Zukunftsängste zu sprechen. Auch manche Ärzte haben damit so ihre Probleme. Hier spielen auch sehr intime Dinge mit hinein. Einige Männer vertrauen sich noch nicht einmal ihren Frauen an. In der Selbsthilfegruppe können sich die Männer über die Qualität der Untersuchungen informieren. Erst der Dreiklang Tastbefund, Ultraschall und die PSA-Werte geben Aufschluss über den Ernst der Lage. Anhand der durch die Biopsie gefundenen Tumorzellen
läßt sich feststellen, um was für einen Tumor es sich handelt. Je stärker sich die Krebszellen von den normalen unterscheiden, umso aggressiver sind sie. Mit dem sogenannten Gleason Score werden die Zellen von wenig bis sehr aggressiv differenziert. Einige Karzinome wachsen so langsam, dass eine Entfernung in Anbetracht der Lebenserwartung dem Patienten möglicherweise mehr schadet als nützt. Die Therapieauswahl ist dann sehr wichtig. Bei sehr kleinen Tumoren, die kein aggressives Wachstum aufweisen, kann unter PSA-Kontrolle noch abgewartet werden. Die PSA-Verdoppelungszeit ist dann der Indikator für die Aggressivität des Krebses. Wird ein fortgeschrittenes Stadium des Tumors festgestellt, wird meistens in Einzelgesprächen über die Prostatatektomie informiert, das ist die Entfernung der gesamten Prostata mit Samenbläschen und Samenleitern sowie der benachbarten Lymphknoten ( die ersten Filterstationen bei möglichen Metastasen ). Auch über die nachfolgende Strahlentherapie oder Hormontherapie wird geredet. Die Chemotherapie spielt bei der Behandlung eines Prostatakrebs keine so große Rolle, weil er nicht so empfindlich reagiert wie andere Krebsarten. Sie kommt erst in Frage, wenn die Hormontherapie nicht angeschlagen hat. All diese Schritte sollen gut überlegt sein. Denn die individuelle Situation des Patienten, das Alter, schwere zusätzliche Erkrankungen und auch der ausdrückliche Wunsch des Patienten für oder gegen einen operativen Eingriff muss berücksichtigt werden. Die Operation ist heute nicht mehr der Goldstandard. Die Entfernung der Prostata kann wegen ihrer Bedeutung für die sexuelle Identität des Mannes auch psychische Auswirkungen haben. Das sollte bei der Entscheidung für diese Therapieoption immer bedacht werden. Herr Reuter, Sie sind sehr gut über die Behandlungsmethoden informiert. Woher haben Sie Ihr Wissen? Ich bin Mitglied im Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V. (BPS). Er organisiert Fortbildungsveranstaltungen und Seminare für Selbsthilfegruppenleiter. Der BPS selbst ist Mitglied der Deutschen Krebshilfe und verfügt im Augenblick über 160 Selbsthilfegruppen in ganz Deutschland. Speziell in Schleswig-Holstein leisten 11 Selbsthilfegruppen ( Standorte siehe weiter unten ) ihren Dienst mit den Betroffenen. Vielen Dank für das Gespräch! Ellen Pahling, Gesundheitsmanagerin der IKK Nord Literaturhinweise: Die blauen Ratgeber Nr. 17 Prostatakrebs Deutsche Krebshilfe e. V. Thomas-Mann-Str.40 53111 Bonn http://www.krebshilfe.de/neu/infoangebot/brosch.html Ich habe Prostatakrebs Was nun? Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.v. (BPS) Gemeinnütziger Verein alte Straße 4 30989 Gehrden http://www.prostatakrebs-bps.de
Prostatakrebs-Selbsthilfegruppen in Schleswig-Holstein Elmshorn und Itzehoe/Umland: Franz Reuter, Tel.: 04821/84894 Flensburg: August-Wilhelm Petersen, Tel.: 04609/5124 Heide: Hans-Jürgen Thater, 0481/67330 Husum und Schleswig: Hinrich Börm, Tel.: 04885/902471 Kiel: Wilfried Proksch, Tel: 0431/698265 Lübeck-Travemünde: Günter Pause, Tel.: 04502/74289 Kreis Plön: Eckhard Rose, Tel.: 04343/421685 Rendsburg: Werner Heidel, Tel.: 04331/942148 Sylt: Jürgen Scheunemann, Tel.: 04651/870398