Lochfraß an Kupferrohren einer Wasserleitung 1. Vorgeschichte Die Leitung für Kaltwasser war unter Putz verlegt worden. Ein Nässefleck in der Wand ließ auf die Bildung eines Lecks schließen. Nach dem Ausbau des Rohres wurde ein feines Loch sichtbar. Technische Daten: Betriebstemperatur ca. 10 o C Laufzeit ca. 30 Jahre Rohrdurchmesser 20 mm Wanddicke 1 mm Verbindungstechnik Hartlöten Wasserhärte seit etwa 2 Jahren 13 o dh (Calcium 80 mg/l), davor 18 o dh 2. Untersuchungen Das Rohr wurde längs aufgetrennt. Betrachtet wird die Innenfläche der beiden Rohrschalen. In der oberen Schale wird ein blau-grüner Belag sichtbar, der relativ dicht erscheint. In der unteren Schale ist der Belag mehr von weißlicher Farbe. Allerdings fehlt der Belag linienhaft; dafür haben sich blau-grünliche Pusteln ausgebildet (Bild 1). Bild 1: Rohr aufgetrennt, die untere Rohrschale enthält das Leck, dichter blau-grüner Belag in der oberen Schale, in der unteren Schale liegt Rohrwerkstoff linienhaft frei, dafür Bildung blau-grüner Pusteln
An den Pusteln wird im Rohrwerkstoff ein linienhafter Abzehrungsbereich mit der Länge von ca. 30 mm sichtbar (Bild 2 und Bild 3). Bild 2: Grundwerkstoff freiliegend, linienhafter Fehler im Bereich der Pusteln (Ausschnitt aus Bild 1, untere Schale) Bild 3: Abzehrung im belagsfreien Bereich (Ausschnitt aus Bild 2) 2
Der Angriff ging muldenartig in die Tiefe und hat die Oberfläche offenbar unterfahren (Bild 4). Bild 4. linienhafte Grube (0,8 * 3 mm) als dunkler Bereich (Ausschnitt aus Bild 3) Im Folgenden soll die Pustel näher betrachtet werden. Die Aufnahme mit dem Rasterelektronenmikroskop (REM) zeigt blumenkohlartige Strukturen, wie sie entstehen, wenn die Masse kontinuierlich aufwächst (Bild 5). Bild 5: blumenkohlartige Aufwachsungen als Pusteloberfläche (Aufnahme mit dem REM unter Nutzung der Rückstreuelektronen) 3
Die Röntgenanalyse (energiedispersiv) der abgebildeten Pustel ergab die Anwesenheit vorwiegend von Sauerstoff und Kupfer, daneben Calcium, Aluminium, Silizium und Phosphor (letztere jeweils unter 1%), siehe Bild 6. Bild 6: Analyse einer Pustel; Sauerstoff und Kupfer, daneben etwas Eisen, Calcium, Aluminium, Silizium und Phosphor (jeweils unter 1%) Die Probe wurde im Ultraschallbad mit verdünnter Zitronensäure gereinigt. Der Durchbruch wird nun sichtbar. Sein Durchmesser beträgt etwa 0,8 mm. Das Loch befindet sich in einem dunklen aufgerauten Bereich, der sich linienhaft von der kupferfarbenen Restwand abhebt. Seine Breite beträgt etwa 4,5 mm. Hier haften noch Reste der Pusteln an. In der Mitte diese Zone wird eine Längsrille sichtbar (Bild 7). Bild 7: Loch (0,8 mm) in linienhafter Aufrauhung (4,5 mm breit) in sonst kupferfarbener Rohrwand, Längsrille in Zonenmitte, Reste von Pusteln 4
Innerhalb dieses Streifens wurde das Blech flächig abgetragen, bis schließlich der Durchbruch erreicht wurde (Bild 8). Bild 8: Blech wurde flächig abgedünnt (Ausschnitt aus Bild 7) 3. Diskussion Dem Durchbruch ist die Bildung von blau-grünen Aufwachsungen vorausgegangen. Chemischer Hauptpartner des Kupfers in diesen Pusteln ist der Sauerstoff. Es handelt sich um die Patina, wie man sie von Kupferdächern her kennt und die dort die Unterlage vor weiterer Korrosion schützt. Sie stellt eine Mischung von Kupferhydroxid und Kupfer(II)- carbonat dar: 2Cu + H 2 O + CO 2 + O 2 = Cu (OH) 2 + CuCO 3 Im Gegensatz zur Bildung der (normalen) Dach-Patina ist im vorliegenden Fall der Angriff weiter gelaufen. Bei der vorgefundenen Zone, welche durchfressen wurde, fällt auf, dass nicht nur die Ränder linienhaft verlaufen; es findet sich auch eine ausgeprägte Mittenrille. Die Dunkelfärbung dieser Zone lässt sich nur mit einer Oxidation erklären. Dieser Bereich war folglich unedler als die restliche Wand und unterlag deshalb der Auflösung (chemisches Lokalelement). Aufgrund ihrer Linienhaftigkeit kann die Störung nur bei der Herstellung des Rohres entstanden sein. Bei der Erzeugung von Rohren aus Kupfer bedient man sich zunächst des Strangpressens. Die Masse wird erwärmt, bis sie teigig ist. Anschließend wird sie über einen Dorn durch eine Form (Matrize) gedrückt. Nach Erkaltung wird das Rohr auf Endmaß gezogen. In das Rohr wird ein Dorn eingeführt, dessen Durchmesser etwas größer ist als der der Matrizenöffnung. Der Dorn setzt sich vor der Matrize fest. Das Rohrmaterial fließt dann zwischen Matrize und Dorn durch. Im vorliegenden Fall hat der Dorn eine flache Furche auf der Rohrinnenwand hinterlassen. Die Oxidation der Furchenoberfläche setzt das Anliegen hoher Temperaturen voraus. Demnach ist der Fehler schon beim Strangpressen entstanden. 5
Unsauberkeiten beim Verlegen der Rohre (Einschleppen von Löt-Flussmittel) können ausgeschlossen werden. Auch die Verminderung der Wasserhärte hat sich eher nachrangig ausgewirkt. 4. Zusammenfassung Dem Rohrdurchbruch liegt die Bildung einer Furche mit Oxidation zugrunde. Dieser Bereich bot der Korrosion eine Schwachstelle. Die Oxidation verweist darauf, dass der Fehler schon bei Warmformgebung (Strangpressen) entstanden ist. Martin Möser, 17. Juni 2013 6