Die wichtigsten Fragen zum Faktor VII-Mangel



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Transkript:

Die wichtigsten Fragen zum Faktor VII-Mangel

Wir danken Frau Dr. med. Sabine Heine, Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum des Saarlandes, für die fachliche Unterstützung.

Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient, liebe Eltern, bei Ihnen oder Ihrem Kind ist eine Erniedrigung des Faktors VII (Faktor 7, VII ist die römische Zahl für 7) festgestellt worden. Dieses Ergebnis hat bei Ihnen vielleicht Besorgnis und viele Fragen ausgelöst. Diese Broschüre soll Ihnen helfen, sich über die Faktor VII-Erniedrigung (bzw. den Faktor VII-Mangel) zu informieren und dazu beitragen, Ihre wichtigsten Fragen zu beantworten. Darüber hinaus steht Ihnen Ihr Arzt gerne für Fragen zur Verfügung. Name des Arztes Krankenhaus Telefonnummer Stempel 1

Inhalt Seite 1. Beschreibung Faktor VII-Mangel 1.1 Was ist überhaupt eine Faktor VII-Erniedrigung/ ein Faktor VII-Mangel? 4 1.2 Ist ein FVII-Mangel gefährlich? 4 1.3 Was ist ein Gerinnungsfaktor? 5 2. Schweregrade und Vererbung 2.1 Gibt es verschiedene Formen oder Schweregrade des FVII-Mangels? 6 2.2 Ist der FVII-Mangel ansteckend oder wie wird er übertragen? 6 3. Neigung zu Blutungen 3.1 Wann habe ich eine erhöhte Neigung für eine Blutung? 8 3.2 Besteht bei Frauen eine höhere Blutungsneigung? 8 3.3 Welche Blutungen treten denn häufig auf? 8 3.4 Was ist bei einer Schwangerschaft zu beachten? 9 4. Notfallsituation 4.1 Bekommt jeder Patient mit FVII-Erniedrigung einen Notfall-Ausweis? 10 4.2 Sollte ich den Notfall-Ausweis immer bei mir tragen? 10 5. Diagnose 5.1 Wie kann die Diagnose FVII-Mangel gestellt werden? 11 5.2 Mit welcher Blutuntersuchung kann der FVII-Mangel festgestellt werden? 11 5.3 Was ist der Quick-Wert? 12 5.4 Wie wird der Quick-Wert im Labor bestimmt? 12 2

Seite 5.5 Wieso ist der Quick-Wert bei FVII-Mangel erniedrigt? 13 5.6 Was ist die FVII-Restaktivität oder der FVII-Spiegel? 13 5.7 Hängt die Blutungsneigung von der Höhe des FVII-Spiegels ab? 13 5.8 Was bringt eine Untersuchung des FVII-Erbmaterials? 14 6. Behandlung 6.1 Gibt es eine Behandlung für meine FVII-Erniedrigung? 15 6.2 Was ist im Falle einer Blutung zu tun? 15 6.3 Mit welchen Substanzen kann der FVII-Mangel behandelt werden? 15 6.4 Gibt es Gefahren bei der Gabe von Gerinnungsstoffen? 16 7. Alltagsbewältigung 7.1 Kann ein Kind mit FVII-Erniedrigung an den Aktivitäten in Kindergarten und Schule teilnehmen? 17 7.2 Was ist beim Zahnwechsel oder beim Zähneziehen zu beachten? 18 7.3 Kann ich mein Medikament auf Reisen mitnehmen? 19 Referenzen 20 3

1. Beschreibung Faktor VII-Mangel 1.1 Was ist überhaupt eine Faktor VII-Erniedrigung/ein Faktor VII-Mangel? Der Faktor VII-Mangel ist eine seltene angeborene Störung der Blutgerinnung, bei der ein Gerinnungsfaktor im Blut vermindert ist. Der Faktor VII-(FVII-) Mangel ist die häufigste der so genannten seltenen angeborenen Gerinnungsstörungen. Die schwere Form der Erkrankung kommt etwa bei einer Person von 300.000-500.000 Menschen vor. 1-5 FVII-Mangel wurde erstmals 1951 von dem amerikanischen Arzt Benjamin Alexander aus Boston beschrieben (Abb. 1). 6 Abb. 1 Benjamin Alexander 1.2 Ist ein FVII-Mangel gefährlich? Viele Betroffene haben lebenslang wenige Probleme damit. Angeborener FVII-Mangel kommt mit unterschiedlichen Ausprägungen vor: keine Anzeichen bis hin zu einer starken Blutungsneigung. Die Untersuchung des Schweregrades sollte durch den Arzt erfolgen. Da es in manchen Situationen, zum Beispiel bei Unfällen oder operativen Eingriffen, zu verstärkten Blutungen kommen kann, ist es wichtig, dass Sie selbst gut über Ihre Krankheit informiert sind und Ihren Arzt umgehend über Ihre FVII-Erniedrigung informieren. Dies ist auch der Grund, weshalb Sie einen Notfall-Ausweis ausgehändigt bekommen, den Sie immer mit sich führen sollen. 4

1.3 Was ist ein Gerinnungsfaktor? Im Falle einer blutenden Verletzung beim Menschen fängt das Gerinnungssystem im Blut an zu arbeiten, um die Blutungsstelle zu verschließen und weiteren Blutverlust zu verhindern. Im menschlichen Blut befinden sich dazu verschiedene Stoffe (aus Eiweiß), die so genannten Gerinnungsfaktoren. Die Gerinnungsfaktoren können eine gerinnungsfördernde oder gerinnungshemmende Funktion ausüben. Wenn keine Verletzung vorliegt, herrscht im Blut ein Gleichgewicht zwischen Gerinnungsförderung und Gerinnungshemmung vor (Abb. 2). 7 Gerinnungsfördernde Wirkung Gerinnungshemmende Wirkung Abb. 2 Das Gleichgewicht zwischen Gerinnungsförderung und Gerinnungshemmung 5

2. Schweregrade und Vererbung 2.1 Gibt es verschiedene Formen oder Schweregrade des FVII-Mangels? Ja. Je nach der im Blut vorliegenden Menge an FVII und deren Funktionstüchtigkeit, der so genannten FVII-Rest aktivität, unterscheidet man einen leichten, mittelschweren oder schweren FVII-Mangel. Bei leichten und mittelschweren Fällen ist es durchaus möglich, dass die Betroffenen nie Probleme mit Blutungen haben. Auf jeden Fall sollten Sie immer Ihren Arzt über den FVII-Mangel informieren bzw. ihn daran erinnern. 2.2 Ist der FVII-Mangel ansteckend oder wie wird er übertragen? Der FVII-Mangel ist nicht ansteckend. Es handelt sich um eine angeborene Erkrankung, die von den Eltern auf die Kinder vererbt wird. FVII-Mangel trifft Männer und Frauen gleichermaßen. 8 Der Erbgang ist autosomal-rezessiv (Abb. 3). Autosomal bedeutet, dass nicht das Erbgen betroffen ist, von dem das Geschlecht des Kindes bestimmt wird. Rezessiv heißt, dass nicht jeder Mensch mit einem betroffenen Gen daran erkrankt. Damit ein Kind zur Welt kommt, das eine FVII- Erniedrigung hat, müssen beide Elternteile das betroffene Gen haben. Wie die Abbildung zeigt, liegt in diesen Fällen das Risiko für ein Kind, die FVII-Erniedrigung zu erben, bei 25 Prozent. Im Mittel hat also von vier Kindern ein Kind auch eine FVII-Erniedrigung, wenn beide Eltern das FVII-Erniedrigungs-Gen tragen. 9 6

Vater gesund Mutter gesund A B C D A C A D C B B D Kind krank Kind gesund Kind gesund Kind gesund Krankes Gen Gesundes Gen Abb. 3 Autosomal-rezessiver Erbgang 7

3. Neigung zu Blutungen 3.1 Wann habe ich eine erhöhte Neigung für eine Blutung? Die Neigung zu Blutungen ist abhängig von der Gerinnungsaktivität, das heißt wie wirksam die Blutgerinnung arbeitet. Ist die Gerinnungsaktivität erniedrigt, dann besteht eine Neigung zu blauen Flecken (Hämatomen) ohne erkennbare Ursache und ein erhöhtes Risiko, dass Blutungen mit hohem Blutverlust auftreten. Eine starke Blutungsneigung ist weiterhin gegeben bei Unfällen und Operationen sowie bei der Geburt für die Mutter und während der Menstruation. 1,10 3.2 Besteht bei Frauen eine höhere Blutungsneigung? Bei jungen Mädchen mit FVII-Mangel kann die erste Monatsblutung länger und schwerer verlaufen als normal. Dies gilt auch für die Periode generell. Es ist zu beachten, dass sich durch den regelmäßigen und starken Blutverlust langsam ein Eisenmangel mit der Folge einer Blutarmut (Eisenmangelanämie) entwickeln kann. Deswegen ist manchmal auf Eisenzufuhr bzw. Eisensubstitution zu achten. 1 3.3 Welche Blutungen treten denn häufig auf? Neben den genannten verstärkten Perioden und Blutungen bei Operationen treten vor allem Schleimhautblutungen (Nasenbluten, Zahnfleischbluten), Einblutungen in Muskeln und Gelenke, Blutungen im Magen-Darm-Trakt, Blut im Urin und Blutungen im zentralen Nervensystem bei Menschen mit starker FVII-Erniedrigung auf. 1,10 8

3.4 Was ist bei einer Schwangerschaft zu beachten? Oft verlaufen Schwangerschaften bei Frauen mit einer FVII- Erniedrigung problemlos. Allerdings kann es bei ausgeprägterem FVII-Mangel während des Geburtsvorganges zu verstärkten Blutungen kommen, die für Kind und Mutter gefährlich werden können. Je nach Schweregrad der Erkrankung kann die Gabe eines FVII-haltigen Präparates vor bzw. während der Geburt notwendig sein. Bei Blutungen während der Schwangerschaft ist es zudem möglich, durch vorbeugende Gabe des Gerinnungsfaktors die Blutungs neigung zu vermindern. Die Entscheidung, ob bei einer Schwangerschaft einer FVII- Mangel-Patientin ein FVII-haltiges Produkt eingesetzt wird, muss in jedem Fall von einem erfahrenen Arzt (Gerinnungsspezialisten) getroffen werden (Abb. 4). Der Nutzen der Behandlung bezüglich einer verminderten Blutungsneigung muss gegenüber einer möglicherweise erhöhten Neigung zu Thrombosen in der Schwangerschaft sorgfältig abgewogen werden. Abb. 4 Schwangere Patientin 9

4. Notfallsituation 4.1 Bekommt jeder Patient mit FVII- Erniedrigung einen Notfall-Ausweis? Ja. Auch wenn bei Ihnen ein leichter FVII-Mangel vorliegt, erhalten Sie einen Notfall-Ausweis. Oft ist die Blutungsneigung nicht eindeutig vorhersehbar. Es hängt von der Art und Schwere des geplanten Eingriffes, von der FVII-Restaktivität, aber auch von persönlichen Eigenheiten wie zum Beispiel der Art der vererbten FVII-Genveränderung und der Vorgeschichte des Patienten ab, ob mit verstärkten Blutungen zu rechnen ist oder nicht. Deshalb ist es wichtig, dass Sie Ihren Notfall- Ausweis bei sich tragen und Ihren behandelnden Arzt über Ihre FVII-Erniedrigung informieren. 4.2 Sollte ich den Notfall-Ausweis immer bei mir tragen? Ja. Im Notfall, zum Beispiel bei einem Unfall, ist für die behandelnden Ärzte die Information wichtig, dass bei Ihnen ein FVII- Mangel vorliegt (Abb. 5). Abb. 5 Europäischer Notfall-Ausweis 10

5. Diagnose 5.1 Wie kann die Diagnose FVII-Mangel gestellt werden? Oft ist die angeborene FVII-Erniedrigung ein Zufallsbefund. Das bedeutet, dass im Rahmen der allgemeinen Vorsorge oder vor einer Operation, ohne dass bei Ihnen eine Blutung bestand, in der Blutuntersuchung ein auffäl liger Blutwert gefunden wird (Abb. 6). Bei manchen Patienten fällt auch zuerst eine Blutungsneigung oder Neigung zu blauen Flecken auf und beim Arzt wird dann die FVII-Erniedrigung gefunden. 4 Abb. 6 Blutuntersuchung 5.2 Mit welcher Blutuntersuchung kann der FVII- Mangel festgestellt werden? Der FVII-Mangel fällt durch eine Erniedrigung des Quick- Wertes auf. Bestätigt wird die Diagnose des FVII-Mangels durch eine verringerte FVII-Aktivität, d.h. der Blutgerinnungsstoff FVII arbeitet weniger wirksam. Durch einen Gentest, mit dem das Erbmaterial zum FVII untersucht wird, kann die zugrunde liegende genetische Veränderung herausgefunden werden. 11-12 11

5. Diagnose 5.3 Was ist der Quick-Wert? Der Quick-Wert ist die Thromboplastinzeit nach Quick, ein Bluttest, mit dem bestimmt werden kann, wie gut die Gerinnungsfaktoren II, VII und X arbeiten. Er dient der Beurteilung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes und wird in Prozent ausgedrückt. Gesunde haben einen Quick-Wert von 70% bis 130%. Eine Erniedrigung des Quick-Wertes auf unter 70% kann für eine Blutungsneigung sprechen. Manche Menschen haben einen Quick-Wert über 130%, das kann für eine Neigung zu Thrombosen sprechen. 11-12 Herr Quick war ein Arzt, der in Amerika gelebt hat ( 1978). 5.4 Wie wird der Quick-Wert im Labor bestimmt? Zunächst wird Ihnen von Ihrem Arzt oder einer Pflegekraft Blut aus einer Vene abgenommen. Für Gerinnungsuntersuchungen wird ein spezielles Entnahmeröhrchen benötigt, das Zitrat als Zusatz enthält, um ein vorzeitiges Gerinnen des Blutes im Röhrchen zu vermeiden. Erst im Labor werden Abb. 7 Laborbestimmung der Blutgerinnung 12

dann mit diesem Zitratblut bestimmte Tests der Blutgerinnung durchgeführt. Dabei wird die Zeit gemessen, die es dauert, bis das Blut gerinnt (Abb. 7). Wenn diese Zeit verlängert ist, zeigt der Test eventuell eine Blutungsneigung an. 11-12 5.5 Wieso ist der Quick-Wert bei FVII-Mangel erniedrigt? Der Labortest Thromboplastinzeit nach Quick ermöglicht die Beurteilung der Funktionstüchtigkeit der Gerinnungsfaktoren II, VII und X. Da bei FVII-Mangel weniger FVII im Blut vorhanden ist oder dessen Arbeitskraft vermindert ist, wirkt sich das zwangsläufig auf den Quick-Wert aus. 11-12 5.6 Was ist die FVII-Restaktivität oder der FVII-Spiegel? Die im Blut vorliegende Menge an funktionstüchtigem FVII. 11-12 5.7 Hängt die Blutungsneigung von der Höhe des FVII-Spiegels ab? Oftmals nein. Es gibt Patienten mit einem Spiegel von weniger als 1%, die somit einen schweren FVII-Mangel haben, aber dennoch nie oder nur selten in ihrem Leben durch Blutungen auffallen. Umgekehrt gibt es Patienten mit höheren FVII-Spiegeln, die jedoch zum Beispiel bei operativen Eingriffen stärker als normal bluten. Aufgrund der Vielschichtigkeit dieser Gerinnungsstörung ist es wichtig, dass Sie Ihren Arzt informieren und Ihren Notfall-Ausweis stets mit sich führen. 11-12 13

5. Diagnose 5.8 Was bringt eine Untersuchung des FVII-Erbmaterials? Die Neigung zu Blutungen ist bei verschiedenen Patienten mit FVII-Erniedrigung sehr unterschiedlich. Die Untersuchung der Gene dient einerseits dazu, die für den FVII-Mangel ursächliche Genveränderung aufzufinden (Abb. 8). Andererseits kann die genetische Untersuchung vieler Betroffener und das begleitende Aufschreiben von Blutungen der Patienten zum besseren Verständnis der Erkrankung und schließlich eines Tages auch zur Vorhersagbarkeit der Blutungsneigung aufgrund bestimmter Genveränderungen beitragen. 11-13 Abb. 8 Genomanalyse 14

6. Behandlung 6.1 Gibt es eine Behandlung für meine FVII-Erniedrigung? Ja. Die Behandlung besteht im Ersatz des fehlenden Gerinnungsstoffes, einer so genannten Substitutionsbehandlung. 4 Die Gerinnungsstoffe müssen in eine Vene gespritzt werden, man kann sie nicht als Tabletten geben. Je nach Restspiegel kann eine Faktorgabe, evtl. auch vorbeugend bei zu erwartenden Blutungen (Operationen), erforderlich werden. Manche Patienten mit FVII-Erniedrigung benötigen lebenslang nie die Gabe des Gerinnungsfaktors VII. Sicherheitshalber ist es für die Ärzte wichtig, bei Operationen ein FVII-haltiges Produkt zur Hand zu haben, um es bei Bedarf, also im Fall einer Blutung, verabreichen zu können. Deshalb ist auch die Information des behandelnden Arztes über die FVII-Erniedrigung so wichtig. 6.2 Was ist im Falle einer Blutung zu tun? In jedem Fall ein Krankenhaus aufsuchen. 6.3 Mit welchen Substanzen kann der FVII- Mangel behandelt werden? Es gibt zwei Möglichkeiten, den fehlenden FVII zu ersetzen. Eine Möglichkeit ist rekombinanter FVIIa, der gentechnologisch hergestellt wird. Die zweite Möglichkeit ist der aus Blutspenden von Freiwilligen gewonnene plasma tische FVII. 4,14 15

6. Behandlung 6.4 Gibt es Gefahren bei der Gabe von Gerinnungsstoffen? Zwei wichtige Gefahren sind zu beachten: zum einen die Gefahr einer zu starken Gerinnung mit der Folge eines unerwünschten Blutgerinnsels, einer so genannten Thrombose, und zum anderen die Gefahr der Entstehung von Antikörpern gegen den zugeführten Gerinnungsfaktor, so genannten Inhibitoren oder Hemmkörper. Die Gefahr einer Thrombose als auch die Möglichkeit einer Hemmkörperentstehung ist bei FVII-Erniedrigung gering. 2,4,14-15 16

7. Alltagsbewältigung 7.1 Kann ein Kind mit FVII-Ernied rigung an den Aktivitäten in Kinder garten und Schule teilnehmen? Ja. Die FVII-Erniedrigung beeinträchtigt in der Regel nicht den Alltag. Die Erzieher bzw. Lehrer sollten allerdings informiert sein, dass bei Ihrem Kind eine FVII-Erniedrigung vorliegt, so dass sie im Notfall richtig reagieren können. Das Kind kann auch am Schulsport normal teilnehmen bzw. Sport treiben (Abb. 9). Abb. 9 Sportunterricht in der Schule 17

7. Alltagsbewältigung 7.2 Was ist beim Zahnwechsel oder beim Zähneziehen zu beachten? Ist eine starke Blutungsneigung bei Verletzungen bekannt, sollte die vorbeugende Gabe eines FVII-haltigen Präparates vor zahnmedizinischen Eingriffen erwogen werden. Kommt es bei Kindern mit FVII-Erniedrigung während des Zahnwechsels (Abb. 10) zu häufigen schweren Blutungsereignissen, sollte mit einem Gerinnnungsexperten die vorbeugende Behandlung mit dem Gerinnungsfaktor besprochen werden. Abb. 10 Zahnwechsel 18

7.3 Kann ich mein Medikament auf Reisen mitnehmen? Fragen Sie Ihren Arzt nach einer Zollbescheinigung, mit deren Hilfe Sie problemlos Ihr Medikament mit auf Reisen nehmen können (Abb. 11). Abb. 11 Zollbescheinigung 19

Referenzen 1. Triplett DA, Brand JT, Batard MA et al. Hereditary factor VII deficiency: heterogeneity defined by combined functional and immunochemical analysis. Blood 1985; 66 (6): 1284-1287. 2. Mariani G, Testa MG, Di Paolantonio T et al. Use of recombinant, activated factor VII in the treatment of congenital factor VII deficiencies. Vox Sang 1999; 77 (3): 131-136. 3. Ingerslev J, Knudsen L, Hvid I et al. Use of recombinant factor VIIa in surgery in factor VII-deficient patients. Haemophilia 1997; 3 (3): 215-218. 4. Perry DJ. Factor VII Deficiency. Br J Haematol 2002; 118 (3): 689-700. 5. Tagliabue L, Duca F, Peyvandi F. Apparently dominant transmission of a recessive disease: deficiency of factor VII in Iranian Jews. Ann Ital Med Int 2000; 15 (4): 263-266. 6. Alexander BG, R, Landwehr G, Cook CD et al. Congenital SPCA deficiency: a hitherto unrecognised defect with hemorrhage rectified by serum and serum factors. J Clin Invest 1951; 30: 596. 7. Colman RW, Clowes AW, George JN et al. Overview of haemostasis. In: Colman RW, Hirsh J, Marder VJ, Clowes AW, George JN (eds). Haemostasis and thrombosis: Basic principles and clinical practice. 4 th edition; Lippincott Williams & Wilkins Philadelphia 2001: 3-16. 8. Muleo G, Santoro R, Iannaccaro PG. The use of recombinant activated factor VII in congenital and acquired factor VII deficiencies. Blood Coagul Fibrinolysis 1998; 9 (4): 389-390. 20

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