Erasmus in Oslo, Norwegen Erfahrungsbericht von Katharina Zapf 1
Vorbereitung Die Bewerbung bei der Gasthochschule lief über das Erasmusprogramm. Nachdem ich dort angenommen war, schickte mir die Universität Oslo Bewerbungsunterlagen zu und wenn man den angebotenen Platz akzeptierte war man sozusagen eingeschrieben. Man konnte sich über ein dem LSF ähnliches System anmelden und darüber auch Kurse auswählen. Aber selbst wenn man noch nicht genau wusste, wie man was wählen sollte oder konnte, gab es nach der Ankunft in Oslo noch Informationsveranstaltungen und Hilfe bei der Anmeldung. Wichtig zu beachten sind auch die Anmeldefristen für das Wohnheim um ein bezahlbares Zimmer zu bekommen. Alles andere kann eigentlich vor Ort geklärt werden, es hilft aber mit ehemaligen Erasmusteilnehmern zu sprechen um sich schon mal eine Vorstellung darüber zu machen, was eventuell noch wichtig ist. Oslo wird von unterschiedlichen Fluganbietern angeflogen, darunter auch Ryanair. Diese sind zwar günstig aber haben zwei Flughäfen außerhalb von Oslo und man muss bedenken, dass die Busfahrt nach Oslo relativ teuer ist. Die anderen Airlines fliegen Oslo Gardermoen, darunter auch SAS und Norwegian, bei letzterer kann man sehr günstig viel Extragepäck mitnehmen, was sich schon lohnt, gerade weil man für den norwegischen Winter genug warme Klamotten braucht. Formalitäten Obwohl Norwegen kein offizielles EU-Mitglied ist, hat es viele Abkommen mit der EU, weshalb viele Formalitäten bei der Einreise wegfallen. Es muss sich jedoch jeder ausländische Studierende bei der Polizei und der Einwanderungsbehörde anmelden. Die Universität Oslo hilft hierbei, leitet die Anträge weiter und es gibt normalerweise keine Probleme. Wer arbeiten möchte braucht eine Steuernummer, aber auch hierzu gibt es an der Universität Informationsveranstaltungen und Hilfe. Land und Leute Norwegen ist mit ca. fünf Millionen Einwohnern ein sehr kleines Land Oslo mit 500.000 Einwohnern eine vergleichsweise kleine europäische Hauptstadt. Dies verleiht dem Land und der Stadt jedoch einen ganz besonderen Charme. Das Land ist besonders bekannt für seine unglaubliche Natur und das kann ich nur bestätigen. Mit dem Oslofjord und der Oslomarka, den Wäldern um Oslo herum hat man immer die Möglichkeit schnell draußen in der Natur zu sein. Aber auch Reisen durch Norwegen lohnen sich immer, da das Land sehr vielfältig und wirklich wunderschön ist. Die Norweger sind an kalte Winter gewöhnt und deswegen auch zu dieser Jahreszeit immer draußen, anders als die meisten Deutschen. Besonders die Osloer legen viel Wert auf Fitness und Sport, im Sommer geht man joggen und im Winter Langlaufskifahren. 2
Norweger kamen mir sehr nett und hilfsbereit vor, waren aber meistens auch immer ein bisschen distanziert. Es ist nicht so einfach Norweger kennen zu lernen und Freundschaften mit Ihnen zu schließen. Man muss schon Eigeninitiative ergreifen und von sich aus auf die Menschen zu gehen, auch wenn das natürlich am Anfang in einem fremden Land gar nicht so einfach ist. Eine Hilfe hierbei kann sein, dass man die vielen verschiedenen Angebote wahrnimmt, die die Uni oder die Studentenvereinigung (studentsamfunn) anbietet. Dort kann man an Fotoworkshops teilnehmen, am Campusradio mitarbeiten oder Veranstaltungen organisieren etc. Auch kann man an verschiedenen Tanzkursen teilnehmen. SIO, die auch die Studentenwohnheime vermietet, gehören mehrere Fitnessstudios, ein Semesterticket kostet ca. 100 Euro und lohnt sich meiner Meinung nach sehr, da auch Schwimmbad und Saunanutzung sowie verschiedene Kurse mit im Preis eingeschlossen sind. Alltag und Freizeit Den größten Teil meiner Freizeit verbrachte ich mit anderen ausländischen Studenten, da wie oben schon erwähnt, es nicht so leicht war, Norweger kennen zu lernen. Im Sommer waren wir die meiste Zeit draußen am See. Der Sognsvann liegt etwa 5 Minuten vom Studentenwohnheim Kringsja entfernt und wir waren oft schwimmen und grillen. Abends traf man sich oft zum gemeinsamen Kochen und Essen, erstens, weil es geselliger und zweitens auch günstiger war. Danach war meist noch irgendwo eine Kitchenparty in irgendeiner Wohnküche. Am Wochenende ging man danach noch in der Stadt aus, dabei muss man bedenken, dass der Alkohol in Norwegen sehr teuer ist, deswegen gab es auch immer Prepartys. Ein Bier kostet in der Bar meistens acht Euro. Günstiger ist es in den Studentenpubs, die meistens im Keller der einzelnen Fakultäten sind. Am Wochenende konnte man die norwegische Natur genießen. Wir haben öfters eintägige Wandertouren unternommen, manchmal aber auch in Hütten übernachtet. Der norwegische Wanderverband (DNT) bietet günstige Mitgliedschaften für Studenten und dann kostenlose Übernachtungen in den Hütten um Oslo herum. Diese Hütten sind meistens ohne fließendes Wasser und Strom, also ein besonderes Erlebnis. Man kann aber auch einfach mit einem Boot auf eine der Inseln im Oslofjord fahren, die Fährfahrten sind in der Monatskarte enthalten. Diese gibt es leider nicht umsonst, sondern sie kostet ca. 40 Euro. Man kann am Wochenende natürlich auch weiter wegfahren, wie zum Beispiel nach Stavanger oder Bergen. Diese sind gut mit der Bahn zu erreichen, die im Gegensatz zur Deutschen auch preiswert aber dafür sehr komfortabel ist. Studium an der Universität Oslo Das Studienjahr in Norwegen ist in zwei Semester unterteilt, ein Frühlings- und ein Herbstsemester. Im Gegensatz zu Deutschland beginnt das erste Semester schon Mitte August und endet dafür im Dezember. Das neue Semester beginnt im Januar und endet im Juli. Bis auf die juristische und die 3
medizinische Fakultät liegen alle Fachbereiche der Universität Oslo auf einem gemeinsamen Campus. Mit den 27.000 Studenten ergibt sich daraus eine gute Atmosphäre. Anfang August gibt es eine Einführungswoche, sowohl für die neuen norwegischen Studenten, als auch für die ausländischen Studierenden. Ich fand diese Buddygroups sehr gut, weil man direkt andere Studierende aus seiner Fachrichtung kennengelernt hat und in den ersten Wochen viel zusammen unternommen wurde. Es lohnt sich auf jeden Fall früher anzureisen um an den Buddygroups teilzunehmen. Lehrveranstaltungen In Trier studiere ich Angewandte Geographie und habe sowohl Kurse aus der physischen, als auch aus der Humangeographie belegt. An der Universität Oslo sind Humangeographie und physische Geographie unterschiedlichen Fakultäten zugeordnet und die Studenten studieren entweder das eine oder das andere, als Erasmusstudent konnte ich jedoch Kurse aus beiden Fakultäten belegen. Die naturwissenschaftlichen Kurse sind in der Regel sehr klein, das heißt in den Vorlesungen sitzen oft nur zehn Studenten, die Betreuung ist also sehr gut. Aber selbst in den Sozialwissenschaften, unter die die Humangeographie fällt, und wo mehr Studenten in einer Vorlesung sitzen, waren die Säle nie überfüllt und die Dozenten standen grundsätzlich für Nachfragen zur Verfügung. Die Lehrveranstaltungen sind meistens als Vorlesungen plus zusätzliche Seminare organisiert. Wobei die Vorlesungen wöchentlich stattfinden und die Seminare, zu mindestens in den Sozialwissenschaften, unregelmäßig im Semester verteilt sind, damit man sich auf zu haltende Referate und ähnliches vorbereiten kann. Für eine Lehrveranstaltung gibt es meistens 10 Leistungspunkte, sie sind also oft arbeitsintensiver als die deutschen Lehrveranstaltungen. Dies zeigt sich besonders in der Pflichtlektüre zur Veranstaltung, die umfassender ist, als ich es aus Deutschland kenne und die selbstständig während des Semesters gelesen werden muss. Aber auch hier kann man beim Professor nachfragen, wenn Unklarheiten bestehen. Die Bibliotheken, die nach Fachrichtungen auf dem Campus verteilt sind, sind gut ausgestattet, modern und es gibt in fast jedem Gebäude Computerräume. Klausuren Klausuren finden am Ende des Semesters statt, also im Dezember und im Mai/Juni. Man sollte die Pflichtlektüre auch lesen, denn die Klausuren sind anders aufgebaut als in Deutschland. Sie dauern drei bis sechs Stunden und beinhalten sogenannte Essayfragen, auf die umfassend geantwortet werden soll. Eine andere Klausurform ist die des Take-Home-Examination, bei der man seine Klausur von zu Hause beantwortet und dafür ein bis zwei Wochen Zeit hat, ähnlich wie eine 4
Hausarbeit. Die Klausuren sind gut organisiert, jeder Student bekommt eine Nummer, so dass die Beantwortung anonym ist. Sprachkurs Ich habe während meines Aufenthaltes Sprachkurse belegt, die kostenlos an der Universität angeboten werden und kann dies auch nur empfehlen. Gerade die Summerschool vor Beginn des eigentlichen Studiums ist absolut lohnenswert, da man nicht nur die Sprache lernt, sondern auch viel über die Kultur und Lebensweise der Norweger erfährt und dazu noch ganz unterschiedliche Menschen kennenlernt. Das Norwegische ist dem Deutschem sehr ähnlich, weshalb es nicht besonders schwer zu lernen ist. Ehrlicherweise muss man jedoch sagen, dass man das Norwegische selbst im Alltagsleben eigentlich nicht braucht, denn alle Norweger sprechen sehr gutes Englisch und sind immer froh wenn sie es benutzen können. Auch viele Kurse an der Universität sind auf Englisch, aber nichts desto trotz lohnen sich die Sprachkurse, da die Sprache nun mal ein wichtiger Bestandteil der Kultur ist. Unterkunft Norwegen ist teuer und das merkt man auch an den Preisen für die Unterkünfte. Manche hatten Glück und haben eine für norwegische Verhältnisse preisgünstige Wohnung in der Stadt gefunden, aber die meisten haben sich direkt von den hohen Preisen auf dem Privatmarkt abschrecken lassen. Außerdem bietet die Studentenvereinigung, SIO, günstige Wohnheimsplätze an, die für ausländische Studenten garantiert werden. Über die Stadt verteilt gibt es verschieden Studentenwohnheime, bzw. -dörfer, wobei die beiden größten Sogn und Kringsja sind. Es gibt Einzelappartements, aber die sind teuer, deswegen teilen sich die meisten Bad und Küche mit bis zu sieben Leuten. Wenn man sich für einen Wohnheimsplatz bewirbt gibt man erst einmal an, in welches Studentenwohnheim man am liebsten möchte, wobei ungefähre Preise schon angegeben sind und erst bei der Ankunft entscheidet man mit wie vielen man zusammen wohnen möchte und je nachdem auch zahlt. Als Beispiel: Ich habe mir Küche und Bad mit sieben Personen geteilt und musste umgerechnet 340 Euro bezahlen, wobei das Zimmer jedoch möbliert war. Fazit Mein Aufenthalt in Norwegen hat mir sehr gefallen, besonders weil die Natur so schön ist. Auch das akademische Umfeld war sehr angenehm und die Universität gefiel mir. Man musste eigenständiger arbeiten als in Deutschland und sehr viel lesen, aber die Atmosphäre war sehr gut. Die Norweger sind nette Menschen aber ich hätte mir gewünscht, noch mehr kennen zu lernen. Deutschland und Norwegen sind nicht so unterschiedlich, weshalb man sich schnell eingewöhnen kann. Der einzige 5
wirklich negative Punkt sind die Preise, ansonsten ist Norwegen im Allgemeinen und Oslo im Besonderen wirklich zu empfehlen. 6