Psst! - Könnt ihr bitte leise sein? Raumakustik in Schulen

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Transkript:

Psst! - Könnt ihr bitte leise sein? Raumakustik in Schulen

Herausgeber: Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein Adolf-Westphal-Str. 4 24143 Kiel in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft des Landes Schleswig-Holstein Brunswiker Str. 16-22 24105 Kiel Ansprechpartnerin: Gudrun Petzold Tel. 0431/988-5421 ISSN 0935-4379 September 2007 redaktionell überarbeitet Januar 2014 Die Landesregierung im Internet: www.landesregierung.schleswig-holstein.de Diese Broschüre wurde aus Recyclingpapier hergestellt. Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der schleswigholsteinischen Landesregierung herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Personen, die Wahlwerbung oder Wahlhilfe betreiben, im Wahlkampf zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner Gruppen verstanden werden könnte. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu verwenden. 2

Vorwort 4 Einleitung 5 Ursachen des Lärms 5 Lärm, der im Unterrichtsraum selbst entsteht 6 Lärm innerhalb des Gebäudes, zum Beispiel Geräusche aus Nachbarräumen 6 Umgebungslärm, zum Beispiel Verkehrslärm 6 Maßnahmen zur Verringerung des Störgeräuschpegels 7 Verringerung der Nachhallzeit 7 Weitere Maßnahmen zur Reduzierung von Störgeräuschen 8 Ausblick 9 Literatur 10 3

Vorwort Diese Broschüre enthält Hinweise und Hintergrundinformationen zur Thematik Raumakustik in Unterrichtsräumen. Dabei werden Probleme benannt, die durch eine schlechte Raumakustik entstehen beziehungsweise verstärkt werden können und es wird aufgezeigt, wie die Raumakustik mit vergleichsweise einfachen Mitteln verbessert werden kann. Anliegen dieser Broschüre ist es, das Problembewusstsein bei allen am Schulbau und Schulbetrieb Beteiligten für diese Thematik zu fördern. Sie wendet sich daher vor allem an Firmen, Einrichtungen und Ämter, die mit Planung, Genehmigung, Bauausführung (Sanierung, Neubau) sowie dem Betreiben von Schulen befasst sind. Für die Unterstützung bei der Erstellung und Veröffentlichung dieser Broschüre wird dem Ministerium für Bildung und Frauen Schleswig-Holstein, der Architektenkammer Schleswig-Holstein sowie dem Beratungsbüro für Akustik und Thermische Bauphysik Taubert und Ruhe GmbH, Halstenbek herzlich gedankt. 4

Einleitung Über die Lärmbelastung in Schulen wird sowohl von der Lehrer- als auch von der Schülerschaft häufig geklagt. So belegen zum Beispiel Untersuchungen, dass unter den beruflichen Stressfaktoren, die Lehrerinnen und Lehrer in Umfragen benennen, der Lärm in Unterrichtsräumen eine bedeutende Stellung einnimmt. Er kann zu entsprechenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie häufige Kopfschmerzen, Stimm- und Kehlkopfprobleme und vorzeitige Ermüdung führen. Von zunehmender Bedeutung ist die Beeinträchtigung der Lernfähigkeit der Schülerinnen und Schüler durch hohe Lärmbelastungen. Studien belegen, dass in Schulen der Lärmpegel oftmals weit über dem Grenzwert von 55 db(a) (Dezibel), der in der Richtlinie vom Verein Deutscher Ingenieure VDI 2058, Blatt 3 für Arbeitsplätze mit vorwiegend geistigen Tätigkeiten vorgeschrieben ist, liegt. Das Zuhören sowie die Kommunikation zwischen der Lehrkraft und den Schülerinnen und Schülern werden durch diesen erhöhten Lärmpegel erschwert, woraus vielfältige Folgen für die Schülerinnen und Schüler resultieren können: Der Spracherwerb, vor allem bei Grundschulkindern, wird erschwert. Für hörgeschädigte Kinder und Migrantenkinder wird das durch sprachliche Schwierigkeiten erschwerte Kommunizieren und Lernen noch schwieriger. Ähnliche Worte werden nicht oder kaum differenziert verstanden (z. B. Rose Hose). Das Kurzzeitgedächtnis der Schulkinder wird durch die Anstrengung, der Rede zu folgen, beeinträchtigt. Hierdurch können komplizierte Sachverhalte und Aufgaben nur erschwert verstanden und gelöst werden. Die Aufmerksamkeit der Schulkinder lässt schneller nach. Hierdurch wenden sich die Schüler eher anderen Tätigkeiten zu, die häufig den Lärmpegel noch erhöhen. Durch immer wiederkehrendes Ermahnen zur Ruhe und Wiederholen von Sachverhalten wird der Fluss des Unterrichtes gestört. 5

Ursachen des Lärms Der Lärm in einem Unterrichtsraum kann unterschiedliche Ursachen haben: Lärm, der im Unterrichtsraum selbst entsteht Der Schallpegel im Unterrichtsraum wird maßgeblich durch die Tätigkeiten der Schülerinnen und Schüler geprägt. Hierzu zählen neben der aktiven Beteiligung am Unterricht, beispielsweise durch Redebeiträge, auch Nebengeräusche wie nicht zum Unterricht gehörende Unterhaltungen, Papier rascheln, Stühle rücken, hüsteln und so weiter. Für das Verständnis des weiteren Sachverhaltes ist es notwendig, sich zunächst damit zu beschäftigen, wie sich der Schall im Raum ausbreitet. Der Schall einer Schallquelle setzt sich aus drei Anteilen zusammen: aus dem Direktschall, den nützlichen frühen Reflexionen und aus dem Nachhall. Die Hauptinformation eines Sprechers wird durch den Direktschall an das Ohr des Zuhörers übertragen. Zusätzlich wird die Sprachverständlichkeit durch die nützlichen frühen Reflexionen innerhalb der ersten 50 Millisekunden erhöht, da das Ohr diese mit dem Direktschall zusammenfasst. Reflexionen, die nach 50 Millisekunden das Ohr des Zuhörers erreichen, sind dagegen störend. Sie werden dem Nachhall zugeordnet. Der Nachhall entsteht somit durch Vielfachreflexionen an den Raumbegrenzungsflächen und Einrichtungsgegenständen und wirkt sich sehr entscheidend auf die Raumakustik aus. Lange Nachhallzeiten lassen den Raum hallig erscheinen. Hierdurch nimmt nicht nur die Sprachverständlichkeit ab (während die bereits gesprochenen Wörter noch nachklingen, wird bereits weiter gesprochen), sondern auch die Hintergrundgeräusche stehen besonders lange im Raum. Dies führt zum einen dazu, dass der Sprecher die Stimme anhebt, wodurch nicht nur der Direktschall und die nützlichen Reflexionen verstärkt werden, sondern auch der hierdurch bedingte Nachhall (Lombardeffekt). Außerdem nimmt zusätzlich häufig der Störgeräuschpegel zu, da die Schülerinnen und Schüler schlechter dem Unterricht folgen können und sich daher anderen Tätigkeiten zuwenden. Durch eine ungünstige Raumakustik wird also häufig der ohnehin vorhandene Pegel der Störgeräusche noch verstärkt, wodurch die Sprachverständlichkeit weiter sinkt. Die Sprache kann nur dann ausreichend verständlich sein, wenn sie sich von anderen im Raum vorhandenen Geräuschen abhebt. Dies ist dann gewährleistet, wenn die Summe der Störgeräusche (innerhalb des Raumes, aus Nachbarräumen, von technischen Anlagen und Außenlärm) mindestens 5 db leiser ist als die am Zuhörerplatz einwirkende Sprache. Ein entspanntes Zuhören ist bei einem Pegelunterschied von 15 db möglich. Bei normalem Stimmaufwand wird in 1 Meter Abstand vom Mund eines Sprechers ein Schallpegel von etwa 65 db (A) erreicht. Bis zu den hinteren Schülerplätzen nimmt er um etwa 10 db ab. Daraus folgt, dass der Störschallpegel höchstens 65 db(a) - 10 db - 15 db = 40 db(a) erreichen sollte. Wie bereits oben erwähnt, schreibt VDI 2058, Blatt 3 für Räume, in denen vorwiegend geistige Tätigkeiten ausgeübt werden, einen Störschallpegel von höchstens 55 db(a) vor. Schallpegel, die darüber hinausgehen, haben bereits Einbußen an Verständlichkeit zur Folge. Bei einem Hintergrundschallpegel von durchschnittlich 65 bis 75 db(a), wie er häufig in Schulen zu messen ist, kann nur noch mit stark erhobener Stimme ein gewisses Maß an Sprachverständlichkeit erreicht werden. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass vor allem die Vokale laut ausgesprochen werden, während die für die Sprachverständlichkeit viel wichtigeren Konsonanten auch bei einer lauten Aussprache nur verhältnismäßig leise mitklingen, was die Sprachverständlichkeit stark herabsetzt. Lärm innerhalb des Gebäudes, zum Beispiel Geräusche aus Nachbarräumen Zahlreiche Vorschriften bezüglich Schallschutzmaßnahmen wie Tritt- und Luftschalldämmung sind im Hochbau zu berücksichtigen. Näheres ist in der Norm des Deutschen Institutes für Normung DIN 4109 zu finden. Umgebungslärm, zum Beispiel Verkehrslärm Zum Schutz vor Umgebungslärm gibt es spezielle Vorschriften zum Geräuschimmissionsschutz, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen wird. Mögliche Maßnahmen zur Verringerung der Verkehrslärmeinwirkungen von viel befahrenen Straßen sind zum Beispiel der Einbau von Schallschutzfenstern. 6

Maßnahmen zur Verringerung des Störgeräuschpegels Verringerung der Nachhallzeit Zur Beurteilung der Akustik eines Raumes wird häufig die Nachhallzeit herangezogen. Die Nachhallzeit T ist definiert als die Zeitspanne in Sekunden, in der ein Signal nach Abschalten der Schallquelle um 60 db abklingt. Physikalisch beschreibt die Nachhallzeit, also jenen Zeitraum, in dem die in einem geschlossenen Raum vorhandene Schallenergie abgebaut wird. Sie wird sowohl durch die Gesamtabsorption im Raum als auch durch das Raumvolumen beeinflusst und kann bei bekannten Raumdaten meist hinreichend genau berechnet werden. Die Verbesserung der Nachhallzeit in einem Unterrichtsraum hängt von folgenden Faktoren ab: vorhandene Nachhallzeit, angestrebte Nachhallzeit, Raumvolumen, akustische Wirksamkeit der Verkleidung. Diese wird über einen frequenzabhängigen Schallabsorptionsgrad Alpha (α) gekennzeichnet, der in der Regel vom Hersteller durch einen Prüfbericht angegeben wird. Die Durchführung der Messung der Nachhallzeit wird detailliert in der internationalen Norm DIN EN ISO 3382 Messung der Nachhallzeit in Räumen mit Hinweisen auf andere akustische Parameter beschrieben. Eine Messung empfiehlt sich vor allem, wenn Beschwerden bezüglich der Raumakustik vorliegen. Für Unterrichtsräume werden Nachhallzeiten von 0,5 Sekunden oder weniger empfohlen, abhängig von Nutzungsart und Raumvolumen. Genaue Angaben hierzu können in der DIN 18041 Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen nachgelesen werden. Eine Verkürzung der Nachhallzeit führt generell zu einer Verbesserung der Kommunikation in einem Raum, da bei der Sprachübertragung der Diffusschall durch Vielfachreflexionen abnimmt und damit der prozentuale Anteil des Direktschalls zunimmt. Dieser Umstand ist insbesondere für Schülerinnen und Schüler die Deutsch als Fremdsprache lernen, während des Fremdsprachenunterrichts, die auf den hinteren Plätzen im Unterrichtsraum sitzen, die schwerhörig sind, die (vor allem bei Grundschulkindern) aufgrund einer Infektionskrankheit (zum Beispiel Paukenerguss) zeitweilig schlechter hören o- der/und die aufgrund von Aufmerksamkeits-, Sprachentwicklungs- oder Lernstörungen besonders sensibel auf Störgeräusche reagieren, von großer Bedeutung. Für diese Schülerinnen und Schüler wird nach heutigem Erkenntnisstand empfohlen, die Nachhallzeit in deren Unterrichtsräumen im Vergleich zu normalen Unterrichtsräumen um 20 Prozent zu reduzieren (siehe auch DIN 18041). Man muss davon ausgehen, dass in jeder Klasse Kinder unterrichtet werden, die aufgrund der oben genannten Gründe Schwierigkeiten bei der Kommunikation haben. Deshalb ist generell sowohl beim Neubau als auch bei der Sanierung eine möglichst kurze Nachhallzeit anzustreben. Eine bedeutende Verbesserung der Sprachverständlichkeit kann in vielen Fällen durch den Einbau schallabsorbierender Bei bekannten Raumdaten kann die Nachhallzeit oftmals auch hinreichend genau berechnet werden. Dies ist schon während der Gebäudeplanung möglich. 7

Verkleidungen an Decken und/oder an den Wänden der Unterrichtsräume erreicht werden. Im Handel werden vielfältige schallabsorbierende Verkleidungen in unterschiedlichen Ausführungen angeboten. In der Regel müssen sie mit einem bestimmten Abstand an die Decke bzw. Wand montiert raumakustischen Verhältnisse in einem Unterrichtsraum hergestellt werden. Weitere Hinweise bezüglich Maßnahmen zur Verbesserung der Raumakustik können der Publikation Lärmminderung in Schulen des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie (2007) sowie der Publikation Barrierefreies Planen und Bauen - Klassenraumgestaltung für die integrative Beschulung hörgeschädigter Kinder von Ruhe (2003) entnommen werden. Als praktisches Beispiel zu dieser Thematik soll ein Messbericht aus dem Herzogtum Lauenburg in Schleswig-Holstein dienen. Die darin beschriebenen Untersuchungen haben gezeigt, dass die ermittelten Werte der Nachhallzeit sehr unterschiedlich ausfallen können. werden, damit die Schallwellen sowohl hoher als auch tiefer Frequenzen ausreichend absorbiert werden. Materialien, die direkt auf einer harten Fläche aufgebracht werden (z.b. Teppiche), können nur hohe Frequenzen absorbieren. Im Zusammenhang mit schallabsorbierenden Verkleidungen ist auch zu berücksichtigen, ob in den Klassen Frontalunterricht oder Gruppenarbeit stattfindet. Bei Frontalunterricht sollte der Sprechschall der Lehrerin oder des Lehrers gezielt zu den Schulkindern gelenkt werden. Daher ist bei dieser Unterrichtsform im jeweiligen Raum gemäß DIN 18041 zu prüfen, wie die Schall absorbierende Verkleidung am effektivsten angebracht werden kann: an der gesamten Decke, im Randbereich der Decke oder U-förmig im Randbereich der Decke mit schallharter Fläche über dem Lehrerplatz. Eventuell zusätzlich an der rückwärtigen Wand und/oder an den seitlichen Wänden. Neuere Veröffentlichungen schlagen eine vollflächige hochgradig schallabsorbierende abgehängte Unterdecke und zusätzlich ein schallabsorbierendes Rückwandpaneel vor. Dies führt bei den typischen Klassenraumgrößen zu einer sehr günstigen akustischen Situation. Teppiche absorbieren nur den Schall hoher Frequenzen, sie dämpfen aber die Geräusche, welche auf harten Böden entstehen. Spezielle Vorhänge können zwar einen merklichen akustischen Effekt haben. Aufgrund der geringen Fläche können durch Vorhänge an den Fenstern allein jedoch keine guten Von 31 Unterrichtsräumen hielten 17 die Nachhallzeit-Richtwerte nach DIN 18041 ein. Bei den beanstandeten Unterrichtsräumen reichten vielfach kleine bauliche Maßnahmen aus, um die Raumakustik ausreichend zu verbessern, nur in einzelnen Fällen waren größere bauliche Eingriffe notwendig. Des Weiteren wird im Bericht darauf hingewiesen, dass bei Renovierungsarbeiten darauf zu achten ist, vorhandene Akustikplatten auf keinen Fall mit Farbe zu überstreichen, da hierdurch die Effektivität der Schallabsorption gravierend herabgesetzt wird. Weitere Maßnahmen zur Reduzierung von Störgeräuschen Neben der Verringerung der Nachhallzeit sollte versucht werden, den Pegel der Störgeräusche zu reduzieren. Dies lässt sich teilweise durch einfache Maßnahmen erreichen: Lärmminderung muss Chefsache sein. Aufklärung der Schüler über die Entstehung der lauten Schule mit dem Ziel, sie zu einem weniger geräuschvollen Verhalten zu motivieren. Weicher Fußboden, um Störgeräusche (klappernde Absätze, Sohlenquietschen oder -knirschen, umfallende Schulranzen oder herabfallende Gegenstände) zu verringern. Bei harten Bodenbelägen Filzgleiter unter Stühlen und Tischen. Schwere Vorhänge an Fenstern. Pinwände aus Kork oder Dämmplatten sind nur begrenzt geeignet, aber schallabsorbierende Wandpaneele sind generell als Pinwände benutzbar. 8

Ausblick Beim Neubau von Schulgebäuden, bei Sanierungen und Renovierungen sowie beim Vorliegen von Beschwerden sind Maßnahmen zur Herstellung einer angemessenen Raumakustik zu ergreifen. Dabei wird empfohlen, den Nachweis einer ausreichenden Raumakustik unter Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik (zum Beispiel gemäß DIN 18041) zu führen. Hierbei sollte man sich der Hilfe von Fachingenieuren bedienen. 9

Literatur DIN 4109: Schallschutz im Hochbau, Anforderungen und Nachweise (Nov. 1989) DIN 18041: Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen (Mai 2004) DIN EN ISO 3382-2: Akustik - Messung von Parametern der Raumakustik - Teil 2: Nachhallzeit in gewöhnlichen Räumen (Sept. 2008) DIN EN ISO 10052: Akustik - Messung der Luftund Trittschalldämmung und des Schalls von haustechnischen Anlagen in Gebäuden - Kurzverfahren (März 2005) VDI 2058, Blatt 3: Beurteilung von Lärm am Arbeitsplatz unter Berücksichtigung unterschiedlicher Fähigkeiten (Febr. 1999) VDI 3760: Berechnung und Messung der Schallausbreitung in Arbeitsräumen (Febr. 1996) Messbericht: Nachhallmessungen in Unterrichtsräumen. Kreis Herzogtum Lauenburg, Fachdienst Gesundheit. (2003-2004) Leitfaden Raumakustik in Unterrichtsräumen - ein aktuelles Thema der Schulhygiene - (Auswirkungen auf Sprachverständlichkeit und Stimmbelastung). Sozialministerium Mecklenburg-Vorpommern. (März 2001) Die akustisch gestaltete Schule. Auf der Suche nach dem guten Ton. Hrg: L. Huber, J. Kahlert, M. Klatte. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht. (2002) Barrierefreies Planen und Bauen - Klassenraumgestaltung für die integrative Beschulung hörgeschädigter Kinder. C. Ruhe in WKSB 51/2003 Lärm in Bildungsstätten - Ursachen und Minderung. H.-G. Schönwälder et al., Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. (2004) Akustische Ergonomie in der Schule. M. Oberdörster und G. Tiesler, Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. (2006) Lärmminderung in Schulen. Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie. Umwelt und Geologie. Lärmschutz in Hessen, Heft 4. (2007) 10