7 Viele Radfahrer nutzen eine multimodale Wegekette zur Erreichung ihres Zieles, seien es die Radtouristen vor allem zur Überwindung von Höhenunterschieden oder Fahrradpendler zur Überwindung größerer Streckenabschnitte. Deshalb ist es besonders wichtig, dass die Verkehrssysteme aufeinander abgestimmt sind. In dieser Hinsicht bedürfen folgende Punkte einer gesonderten Betrachtung: 1. Barrierefreie Erreichbarkeit der Zugangsstellen 2. Mitnahmemöglichkeit in den Fahrzeugen 3. Wageneinsatz und Fahrplan 1. Barrierefreie Erreichbarkeit der Zugangsstellen Eine nutzerfreundliche und einfache Zugangsmöglichkeit zu den Haltestellen des Straßen- (StPNV) und Schienenpersonennahverkehrs ist eine wichtige Voraussetzung für deren Nutzung. Für Radfahrer, vor allem für untrainierte, sehr junge oder ältere Radler, stellen vor allem Treppen eine Hürde zur Erreichung des Haltepunktes dar. Die Bushaltestellen im Ilm-Kreis verfügen meist über einen stufenlosen Zugang zum Haltestellenbereich, da diese oftmals im Seitenraum des Verkehrsweges angeordnet sind. Radfahrer müssen also nur den Spalt zwischen Bussteigkante und Fahrzeug überwinden, um ins Fahrzeug zu gelangen. Zukünftiger Handlungsbedarf besteht somit an den Haltestellen in der Hinsicht, dass bei Umoder Neubau ebendieser die Bordhöhe des Bussteiges erhöht wird, um den Restspalt zum Fahrzeug möglichst gering zu gestalten. So ist ein bequemes und weniger kraftaufwändiges Einsteigen möglich. An den 19 untersuchten Bahnhöfen bietet sich hingegen ein anderes Bild wie auf Tabelle 12 abzulesen ist. Zudem bestehen an den Zufahrten zu den Bahnhöfen Arnstadt Süd und Plaue Barrieren durch hohe Bordsteine, die schwer für fahrende Radler zu überwinden ist. 78
Bahnhof Elgersburg, Geraberg, Gräfenroda, Ilmenau, Ilmenau-Pörlitzer Höhe, Ilmenau-Roda, Marlishausen, Niederwillingen, Singen Dörrberg Haarhausen, Stadtilm, Sülzenbrücken Gehlberg Arnstadt Hbf, Neudietendorf, Plaue Arnstadt Süd Zugangsmöglichkeit stufenlos stufenlos, aber steiler Forstweg Rampe stufenlos zu Gleis 1, zu Gleis 2 über Überführung stufenlos zu Gleis 1, zu Gleis 2 und 3 über Unterführung Aufzug zu den Gleisen Tabelle 12 Zugangsmöglichkeiten zu den untersuchten Bahnhöfen Quelle: Eigene Erhebung. Folgende Handlungsempfehlungen werden zur Verbesserung der Zugangsmöglichkeiten gegeben: Bahnhof Dörrberg: Befestigung der Zuwegung, evtl. Handlauf-Installation Bahnhof Gehlberg: aufgrund der Bahnhofskategorie (= 6) kein Einbau von Aufzug empfehlenswert Bahnhof Plaue: Absenkung des Bordsteins (siehe Abbildung 49) Bahnhof Neudietendorf: Einbau eines Personenaufzuges; Maßnahme wichtig, da Bahnhof Bedeutung als Umsteigebahnhof in Thüringen hat Bahnhof Arnstadt Süd: Absenkung des Bordsteins (siehe Abbildung 50) 79
Abbildung 49 Bahnhof Plaue: Bereich der nötigen Bordsteinabsenkung Quelle: Eigene Abbildung. Abbildung 50 Bahnhof Arnstadt Süd: Bereich der nötigen Bordsteinabsenkung Quelle: Eigene Abbildung. Eine barrierefreie Ausgestaltung aller Haltepunkte ist auch für alle anderen mobilitätseingeschränkten Verkehrsteilnehmer (z.b. Reisende mit Kinderwagen oder schweren Gepäck, lauf- oder sehbehinderte Reisende, ) ein Zugewinn zu ihrer persönlichen Mobilität. 2. Mitnahmemöglichkeit in den Fahrzeugen Auch in diesem Punkt ist eine differenzierte Betrachtung des SPNV und StPNV anzustellen. Im schienengebundenen Verkehr ist die Fahrradmitnahme in Thüringen seit 1999 kostenfrei auf Nahverkehrsverbindungen. Diese Maßnahme wird von Land Thüringen gefördert und politisch unterstützt. 85 Im Ilm-Kreis werden vor allem die von der Erfurter Bahn / Südthüringen-Bahn betriebenen Strecken 86 stark von Radfahrern nachgefragt. Das Verkehrsunternehmen hat auf die erhöhte Nachfrage bereits reagiert und zusätzliche Kapazitäten in Form von einem zusätzlichen Mehrzweckabteil in einigen Triebwagen geschaffen. Die Mitnahmekapazität erhöht sich somit von fünf auf zehn Fahrräder pro Triebwagen, die maximal mitgenommen werden können. Voraussetzung hierfür ist das mobilitätseingeschränkte Reisende (mit Rollstuhl, Gehhilfe oder Kinderwagen), 85 TMBLV, Radwege. 86 Strecken: Erfurt - Neudietendorf - Arnstadt Saalfeld, Erfurt - Plaue - Ilmenau Rennsteig, Erfurt - Arnstadt - Grimmenthal Meiningen, Quelle: Deutsche Bahn, Elektronisches Kursbuch. 80
denen diese Mehrzweckflächen priorisiert zur Verfügung stehen, nicht zur selben Zeit mit diesem Wagen fahren wollen. 87 Zur weiteren Förderung des Radverkehres sollte der Umbau der Triebwagen weiter fortgeführt werden, so dass zukünftig alle Wagen über zwei Mehrzweckabteile verfügen. Somit können je nach Wagenreihung und Strecke zehn bis max. 40 Fahrräder mitgenommen werden. Der Busverkehr wird im Ilm-Kreis hauptsächlich von den Unternehmen Regionalbus Arnstadt GmbH sowie IOV Omnibusverkehr GmbH Ilmenau betrieben. 88 Die Fahrradmitnahme ist kostenpflichtig und nicht auf allen Linien möglich, da nicht jedes Fahrzeug über ein Mehrzweckabteil verfügt. Bei Mitnahmemöglichkeit für Räder besteht eine Kapazität von zwei Rädern pro Fahrzeug, es sei denn die Bauart lässt mehr Kapazität zu. Auch bei diesen Verkehrsunternehmen haben Mobilitätseingeschränkte Beförderungs-Vorrang vor den Fahrrädern. 89 Der Mitnahmewunsch sollte von den Radlern bereits im Vorfeld bei den Unternehmen telefonisch angemeldet werden, um eine Mitnahmegarantie bei freien Kapazitäten zu erhalten. 90 Um eine kontinuierliche Verbesserung der Verknüpfung der beiden Verkehrsträger zu erzielen, sind folgende Maßnahmen zu ergreifen: Schaffung einer kostenlosen Mitnahmemöglichkeit für Fahrräder in den Linienbussen, eine Kooperation zwischen den Unternehmen und dem Ilm- Kreis ist anzustreben, dieser könnte die Mitnahme finanziell fördern Schaffung von zusätzlichen Kapazitäten in den Bussen (Ausbau von Sitzreihen) Anschaffung von Niederflur-Linienbussen, diese verfügen über barrierefreien Zugang sowie ein größeres Mehrzweckabteil 87 Erfurter Bahn: Fahrradmitnahme. 88 Bus & Bahn Thüringen: Interaktive Karte. 89 Bus & Bahn Thüringen: Beförderungsbedingungen. 90 ADFC: Fahrradmitnahme in Bussen und Straßenbahnen in Thüringen. 81
3. Wageneinsatz und Fahrplan Die vorhandenen Fahrzeuge und Triebwagen sollten so eingesetzt werden, dass diese nachfrageorientiert die Fahrräder aufnehmen können. So sollten zum nachfragestärkeren Wochenende Fahrzeuge mit größerer Aufnahmekapazität für Fahrräder eingesetzt werden. Auch sollte die Kapazität der jeweiligen Linienfahrzeuge auf den Fahrplänen vermerkt werden. Zudem sollten die Busunternehmen stärker auf die Mitnahmemöglichkeit von Fahrrädern hinweisen, sei es auf den Aushangfahrplänen oder in den Internet-Auftritten. 82