Unsicherheit in der Globalisierung



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Transkript:

Barbara Asbrand Unsicherheit in der Globalisierung Orientierungen von Jugendlichen in der Weltgesellschaft Zusammenfassung In dem Beitrag werden erste Ergebnisse eines rekonstruktiv-qualitativen Forschungsprojektes vorgestellt zu der Frage, wie Jugendliche mit Unsicherheit im Kontext der Weltgesellschaft umgehen. Die mit Hilfe der dokumentarischen Methode rekonstruierten Strategien der Jugendlichen im Umgang mit Unsicherheit werden systemtheoretisch weitergehend interpretiert. Es wird eine Organisationstypik entwickelt, die einen reflexiven Umgang mit Wissen und Nichtwissen als typisch für Gymnasialschüler und -schülerinnen beschreibt, im Vergleich mit außerschulisch engagierten Jugendlichen, die in ihrer Orientierung über gesichertes Wissen und eine Handlungsorientierung verfügen. Diese wird als Unsicherheitsabsorption durch die Organisationen beschrieben, in die die außerschulisch engagierten Jugendlichen eingebunden sind, während moralische Kommunikation und das Abwägen von Risiken im Fall der analysierten Gruppen von Schülern und Schülerinnen offensichtlich keine Strategien der Komplexitätsreduzierung sind, die mit Handlungssicherheit im Kontext der Weltgesellschaft einhergehen. Schlüsselwörter: Globales Lernen; Globalisierung; Jugendforschung; Qualitativ-empirische Forschung Summary Uncertainty and Globalization Orientation of Adolescents in the World-Society This contribution will present the first results of a reconstructive-qualitative research project on the question of how adolescents deal with uncertainty in the context of the World-Society. The reconstructed strategies of adolescents in dealing with uncertainty will be interpreted using system theory. A typology will be developed which describes different treatments of knowledge and nonknowledge. While pupils prefer reflection on different perspectives, young people, who are volunteering outside school, are orientated towards practice and certain knowledge. This orientation is described as a process of absorption of uncertainty through organizations, in which the young people outside school are involved. In contrast strategies like moral communication or the balancing of risks by the investigated pupils obviously do not serve to the reduction of complexity. Reduction of complexity and the emerge of certainty is necessary to be able to act in the context of a World- Society. Keywords: global education; globalization; research on adolescence; qualitative research

Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 8. Jahrg., Heft2/2005, S. 222-238 223 1 Forschungskontext 1.1 Fragestellung: Orientierungen von Jugendlichen in der Weltgesellschaft In diesem Beitrag werden erste ausgewählte Teilergebnisse aus einem größeren qualitativ-empirischen Forschungsprojekt vorgestellt, das sich mit den Orientierungen Jugendlicher im Hinblick auf Globalisierung beschäftigt. 1 Die Fragestellung der Studie lautet, wie Jugendliche globale Wirklichkeit konstruieren, wie sie sich Globalität vorstellen. Mit dieser Fragestellung steht das Projekt im Kontext des Diskurses um globales Lernen und eine Bildung für nachhaltige Entwicklung, auf den an dieser Stelle aus Platzgründen aber nicht näher eingangen werden kann (vgl. im Überblick: LANG-WOJTASIK/LOHRENSCHEIT 2003; ASBRAND/SCHEUNPFLUG 2005). Hintergrund der Fragestellung ist die Ausdifferenzierung der modernen Gesellschaft als Weltgesellschaft (vgl. LUHMANN 1975; 1997; SCHEUNPFLUG 1996; 2003). Weltgesellschaft ist das Sich-ereignen von Welt in der Kommunikation (LUHMANN 1997, S. 150). Eine Beschränkung des Horizontes auf ein territorial begrenztes Gesellschaftssystem ist für Jugendliche in Deutschland bzw. Mitteleuropa, die um die Existenz des gesamten Erdballs und die Möglichkeiten weltweiter Kommunikation wissen, nicht möglich. Insbesondere das Fernsehen beschreibt LUHMANN als ein Medium, das die Bedeutung des räumlich gebundenen Standorts relativiert. Die Welt wird auch in der Vorstellung Jugendlicher erreichbar und wahrnehmbar; jedes Ereignis an jedem beliebigen Platz der Erde, kann ohne Zeitverzögerung und in vermeintlich realen Bildern wahrgenommen werden (vgl. LUHMANN 1997, S. 152). (Ob dies inzwischen auch durch das Internet geleistet wird möglicherweise auch weitgehender als durch das Fernsehen ist eine berechtigte Frage, die weiterer theoretischer Überlegungen und empirischer Forschung bedarf. Aus den Gruppendiskussionen kann allerdings in jedem Fall geschlossen werden, dass unabhängig davon das Fernsehen für die interviewten Jugendlichen eine wesentliche Rolle als Informationsquelle über weltweite Zusammenhänge und Themen spielt.) Die soziale Komplexität nimmt mit der Entgrenzung von Kommunikation und Mobilität in einer globalisierten Welt zu. Da die für soziale Systeme konstitutive Einheit der Differenz von System und Umwelt für die Weltgesellschaft nicht beobachtbar ist (vgl. ebd., S. 153f.), sind die unterschiedlichen Weltentwürfe und Weltsemantiken, die die Funktionssysteme als Beobachtungen zweiter Ordnung hervorbringen, abhängig vom Standpunkt des Beobachters. Eine einheitliche Beschreibung der Welt gibt es nicht (vgl. ebd., S. 151ff.; vgl. auch BONSS 1998). Neben der Pluralität von Weltentwürfen und dem Verlust einer einheitlichen Weltsemantik im Gefolge der funktionalen Ausdifferenzierung sind zwei wesentliche Merkmale der Weltgesellschaft von Bedeutung: die Komplexität der Weltgesellschaft und die Kontingenz, die sich aus der Umstellung der Zeitsemantik auf Zukunft und aus den zukünftigen Herausforderungen der Weltgesellschaft in ökologischer, sozialer, wirtschaftlicher und technischer Hinsicht ergibt (vgl. LUHMANN 1997, S. 149). Gegenstand des Forschungsprojektes sind demnach die Beschreibung der Weltentwürfe der Jugendlichen und die Frage, wie Jugendliche mit Komplexität im Kontext der Weltgesellschaft umgehen.

224 B. Asbrand: Unsicherheit in der Globalisierung Orientierungen von Jugendlichen 1.2 Forschungsmethode Zur Rekonstruktion der Orientierungen von Jugendlichen werden das Gruppendiskussionsverfahren und die dokumentarische Methode verwendet (vgl. BOHNSACK 2003a; BOHN- SACK/NENTWIG-GESEMANN/NOHL 2001; LOOS/SCHÄFFER 2001; PRZYBORSKI 2004). Diese Methode wurde gewählt, da sie in Forschungsprojekten zu Orientierungen Jugendlicher entwickelt wurde (vgl. BOHNSACK 1989) und sich in Forschungskontexten der qualitativempirischen Jugendforschung vielfach bewährt hat (vgl. z.b. BOHNSACK u.a. 1995; SCHÄFFER 1996; NOHL 2001; SCHÄFFER 2003). Gruppendiskussionen werden mit Jugendlichen durchgeführt, die sich entweder in der außerschulischen Jugendarbeit mit Globalisierungsfragen im weitesten Sinne beschäftigen (z.b. in Jugendverbänden, Parteien oder Umweltgruppen), die dem Thema Globalisierung im Unterricht unterschiedlicher Fächer begegnet sind, oder die sich an Schulprojekten zum Thema beteiligen. 2 Auswahlkriterium für alle Gruppen, mit denen Gruppendiskussionen durchgeführt wurden, war zunächst, dass die Jugendlichen sich mit dem Thema Globalisierung beschäftigt haben sollten. Nur so konnte davon ausgegangen werden, dass die Fragestellung ein für die Jugendlichen relevantes Thema ist. Ein zweites Kriterium für die Auswahl ist die größtmögliche Unterschiedlichkeit der einzelnen Gruppen, um so möglichst vielfältige Vergleichshorizonte zu erhalten. Die Auswahl der Gruppen aus außerschulischen Kontexten, (Fach- )Unterricht und Schulprojekten (wobei unterschiedliche Schulformen berücksichtigt wurden), war insofern eine Suchstrategie, die von der Annahme geleitet war, dass die Jugendlichen in den verschiedenen Kontexten dem Thema auf unterschiedliche Weise begegnen. Die Durchführung der Gruppendiskussion zielt auf die Initiierung von selbstläufigen Diskursen, in denen die Jugendlichen die für sie relevanten Themen möglichst unabhängig von den Fragen der Diskussionsleiterin bearbeiten. Die offene Eingangsfrage lautete bei den Schülern und Schülerinnen: Könnt ihr euch erinnern, wann ihr zum ersten Mal etwas über Globalisierung gehört oder gelesen habt? Könnt ihr erzählen, an welches Ereignis ihr euch erinnert, wie das gewesen ist? Da die Schule der konjunktive Erfahrungsraum der Schüler/innen ist, berichteten alle Schülergruppen anschließend über Erfahrungen aus dem Unterricht. Bei den außerschulischen Gruppen lautete der Gesprächsimpuls lediglich: Könnt ihr mir erzählen, was ihr hier in der Gruppe so macht? Die Gruppendiskussionen werden mit Hilfe der dokumentarischen Methode interpretiert, die hier wiederum aus Platzgründen nicht umfassend dargestellt werden kann (vgl. dazu BOHNSACK 2003a). Einige wesentliche methodologische Aspekte sollen hier kurz angesprochen werden: Die Methodologie geht davon aus, dass kollektive Orientierungen auf konjunktiven Erfahrungen der Beteiligten basieren, welche in der Situation einer Gruppendiskussion aktualisiert werden (vgl. BOHNSACK 2003a, S. 63f.; 107). Zugrunde liegt ferner im Anschluss an die Wissenssoziologie MANNHEIMs die Unterscheidung zwischen immanentem Sinn, dem was von den Erforschten in der Gruppendiskussion gesagt wird, und dem dokumentarischen Sinn (vgl. MANNHEIM 1964). Letzterer ist Gegenstand der Interpretation. Es geht deshalb in der dokumentarischen Interpretation nicht darum, was die Probanden und Probandinnen über ein Thema sagen, sondern wie ein Thema im Diskurs behandelt wird. Auf dieser Grundlage können die handlungsleitenden kollektiven Orientierungen

Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 8. Jahrg., Heft2/2005, S. 222-238 225 der Erforschten rekonstruiert werden (vgl. BOHNSACK 2003a, S. 57ff.). Dabei handelt es sich um konjunktives, d.h. erfahrungsbezogenes Wissen der Erforschten im Unterschied zum kommunikativ-generalisierenden Wissen, das auf der Ebene der gesellschaftlichen Normen und Werte kommuniziert wird und nicht in der konjunktiven Handlungspraxis der Erforschten habitualisiert ist (vgl. BOHNSACK 2003a, S. 59ff.; MANNHEIM 1964). Ein wesentliches Prinzip der dokumentarischen Methode ist der Verzicht der Bewertung dessen, was gesagt wird, die Einklammerung des Geltungscharakters der immanenten Aussagen der Probanden und Probandinnen in den Gruppendiskussionen. Grundlegend ist die Annahme, dass die wissenschaftlichen Interpreten keinen privilegierteren Zugang zum Wissen der Erforschten haben als diese selbst. Der Unterschied besteht im Interesse der wissenschaftlichen Analyse an theoretischem Wissen im Gegensatz zu atheoretischem, handlungspraktischem Wissen des Commonsense (vgl. MANNHEIM 1980; BOHNSACK 2003a, S. 64ff.; 173ff.; 2003b). Insofern wird die dokumentarische Interpretation im Sinne LUHMANNs als Beobachtung zweiter Ordnung verstanden, und auch die rekonstruierten Orientierungen der Jugendlichen werden als Konstruktionen betrachtet (vgl. BOHNSACK 2003a; S. 64; 187ff.). D.h., wenn in diesem Aufsatz von Wissen und Handeln von Jugendlichen unter der Bedingung von Unsicherheit und Ungewissheit die Rede ist, wird nicht das Wissen bzw. das Handeln der Jugendlichen in der empirischen Handlungspraxis beobachtet, sondern die Kommunikation der Jugendlichen über ihr Wissen bzw. ihre Handlungsoptionen. Gegenstand der Analyse ist der modus operandi, die Frage, wie die Jugendlichen Wissen und Handlungsorientierung konstruieren. Im Verlauf der dokumentarischen Interpretation wird im Rahmen der sinngenetischen Interpretation der für eine Gruppe jeweils zentrale Orientierungsrahmen rekonstruiert. In einem zweiten Schritt, der soziogenetischen Interpretation, werden Typiken entwickelt, die die Genese von Orientierungen in bestimmten konjunktiven Erfahrungsräumen, wie zum Beispiel spezifischen Bildungsmilieus, verorten können (vgl. NENTWIG-GESEMANN 2001). Die Ergebnisse, die mit dieser, in der dokumentarischen Interpretation entwickelten Typologie formuliert werden, stellen gegenstandsbezogene theoretische Aussagen auf einer mittleren Abstraktionsebene dar (vgl. VOGD 2005). Im Fall des hier vorgestellten Forschungsprojektes erweisen sich systemtheoretische Überlegungen als fruchtbar, um die empirisch rekonstruierten Orientierungsmuster der Jugendlichen weitergehend abstrakt theoretisch zu beschreiben. Die Kompatibilität des systemtheoretischen Paradigmas mit der wissenssoziologischen Methodologie beschreibt VOGD ausgehend von der wesentlichen Übereinstimmung beider Ansätze in der epistemologischen Grundannahme, Wirklichkeit als sozial konstruiert zu begreifen. VOGD formuliert die These, dass die wissenssoziologisch fundierte dokumentarische Methode die geeignete rekonstruktive Methodologie darstellt zur empirischen Anreicherung der Systemtheorie (vgl. VOGD 2004; 2005). In diesem Sinne werden Systemtheorie und dokumentarische Methode in diesem rekonstruktiv-qualitativen Forschungsprojekt (vgl. ASBRAND 2005a) als metatheoretischer Rahmen verwendet. 1.3 Umgang mit Nichtwissen, Ungewissheit und Unsicherheit im Kontext von Globalisierung Fokus und Kontext des Beitrags In diesem Beitrag kann lediglich ein Ausschnitt aus diesem Forschungsprojekt vorgestellt werden, nämlich erste Ergebnisse zu der Frage, wie Jugendliche mit Unsicherheit im

226 B. Asbrand: Unsicherheit in der Globalisierung Orientierungen von Jugendlichen Kontext der Weltgesellschaft umgehen. Komplexität der Weltgesellschaft beinhaltet das Wissen um eigenes Nichtwissen (vgl. auch WEHLING 2001), Ungewissheit der Zukunft und die Schwierigkeit, die Risiken und Folgen des Handelns abschätzen zu können. Nichtwissen, Ungewissheit und Unsicherheit können demnach als wesentliche Merkmale der Weltgesellschaft beschrieben werden. In einer modernen, funktional ausdifferenzierten Gesellschaft bedarf es insofern Möglichkeiten des Umgangs mit Unsicherheit, die an die Stelle vormoderner Sicherheiten treten (vgl. zusammenfassend KADE/SEITTER 2003). Übermäßige Komplexität verlangt nach Strategien der Komplexitätsreduzierung. In diesem Beitrag werden einige Möglichkeiten des Umgangs mit Nichtwissen und Unsicherheit im Kontext von Globalisierung beschrieben, wie sie von den Jugendlichen in den Gruppendiskussionen konstruiert werden. In der bisherigen Interpretation der Gruppendiskussionen mit Jugendlichen hat sich herausgestellt, dass die Frage, wie man im Kontext der Globalisierung zu Wissen gelangt also auch die Frage nach dem Umgang mit Nichtwissen, sowie die Frage nach Handlungsoptionen angesichts unsicheren Wissens in den Diskursen der Jugendlichen große Relevanz haben. Auf diese Fragen nach dem Umgang mit Unsicherheit soll der Beitrag fokussiert sein. 3 Die im Folgenden vorgestellten erste Teilergebnisse aus dem oben skizzierten Forschungsprojekt ergeben sich aus dem kontrastierenden Fallvergleich von Gruppen von Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums mit Gruppen von außerschulisch engagierten Jugendlichen (vgl. ASBRAND 2005b). Unterschiedliche Formen im Umgang mit Nichtwissen und Unsicherheit bzw. die Genese der Orientierungen der Jugendlichen können im Rahmen einer Organisationstypik rekonstruiert werden. Die im Folgenden vorgestellten systemtheoretischen Interpretationen der empirischen Analysen stellen dabei bereits eine fortgeschrittene Abstraktionsebene dar. Die vorhergehenden Interpretationschritte der Rekonstruktion der Orientierungsrahmen der Jugendlichen, die formulierende und reflektierende Interpretation und der genannte Fallvergleich sowie die Entwicklung einer Typologie auf der Grundlage des empirischen Materials werden hier aus Platzgründen nicht im Einzelnen dargestellt, sondern nur zusammenfassend skizziert. 4 Zur besseren Nachvollziehbarkeit der zusammenfassenden Darstellung der Interpretationen in diesem Beitrag werden aber besonders fokussierte Passagen aus den Transkripten der Gruppendiskussionen dokumentiert. Dabei handelt es sich um Fokussierungsmetaphern (vgl. BOHNSACK 2003a, S. 33), d.h. solche Passagen aus den Gruppendiskussionen, in denen die rekonstruierten Orientierungen der Jugendlichen in metaphorischen, bildhaften, narrativen und/oder kommunikativ dichten Diskursen besonders prägnant zum Ausdruck kommen. Metaphorische und interaktive Dichte ist das Merkmal dieser Passagen und das Kriterium, weshalb sie neben der Eingangssequenz einer Gruppendiskussion vorrangig in die dokumentarische Interpretation einbezogen werden (vgl. BOHNSACK 2003a, S. 138). Im Abschnitt 2 werden zunächst unterschiedliche Umgangsformen mit Nichtwissen und Unsicherheit durch Gymnasialschüler und -schülerinnen dargestellt. Diese zeichnen sich durch Reflexivität und das Streben nach Wissen einerseits, durch Handlungsunsicherheit andererseits aus. Im Abschnitt 3 werden dem die Orientierungen der außerschulisch engagierten Jugendlichen gegenübergestellt. Deren Handlungsfähigkeit kann als Unsicherheitsabsorption durch Organisationen beschrieben werden. 5

Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 8. Jahrg., Heft2/2005, S. 222-238 227 2 Unsicherheit und Nichtwissen 2.1 Streben nach Wissen und Reflexion über Nichtwissen Für die Schüler und Schülerinnen steht die für Schule und Unterricht charakteristische Perspektive des Erwerbs von Wissen im Vordergrund. Das Streben nach Wissen markiert zum Beispiel für die überwiegend männlichen, durchschnittlich 19-jährigen Abiturienten eines Wirtschaftsgymnasiums der Gruppe Apfel 6 den zentralen Orientierungsrahmen und kann als Habitus der Schüler und Schülerinnen beschrieben werden, der auch bei anderen schulischen Gruppen rekonstruiert wurde. 7 Die Frage, wie man zu Wissen über die Welt gelangen kann, markiert den zentralen Orientierungsrahmen der Schüler der Gruppe Apfel. Die Jugendlichen sind bemüht, unterschiedliche Perspektiven des Themas kennen zu lernen, zu reflektieren und sich eine eigene Meinung zu bilden. Der Umgang mit Wissen und Nichtwissen dieser gymnasialen Schüler-Gruppe ist reflexiv: Die Jugendlichen diskutieren beispielweise die Glaubwürdigkeit der Informantin, einer Besucherin aus Lateinamerika, die in der Schule über ihre Lebenssituation berichtet hat. Ein Merkmal des Orientierungsrahmens der Schüler ist im Vergleich zu den außerschulischen Gruppen (s.u.), dass Objektivität hier in Frage gestellt wird und Gegenstand des Diskurses ist. In diesem Diskurs ist die Ansicht impliziert, dass Wissen über die Welt kontingent und abhängig von der Sichtweise des Beobachters ist. Dm Dann war s ja nich objek-objektiv was se gesagt ham. Fm ne objektiv nich. Nein. Vielleicht-hab-ich-mich-auch- aus Ver- das war natürlich ganz subjektiv.?m subjektiv. Dm Klar find ich s gut- Fm Klar, die war nich neutral. Die hat auf jeden Fall (.) irgendwelche (.) natürlich hatte sie hatte sie ihre ei- ihre eigene Einstellung. Isch klar; ich-hab-mich-vielleichtvorhin-falsch-ausgedrückt aber- (.) der Hass gegen Amerika is für sie gerechtfertigt. (2) Un, muscht akzeptieren.(3) Im zweiten Teil der Sequenz dokumentiert sich der Habitus des Strebens nach Wissen, die Suche der Jugendlichen nach gesicherter Informationen: Bm ºIch meinº (2) vielleicht müsste man mal das um sich- um sich wirklich- um sich wirklich ein ein Bild zu machen; (.) was-was (...) ich glaub da gehört eh (.) viel Zeit dazu und und (.) man müsste vielleicht dann auch mal hinreisen. (1) Ich mein wenn du-wenn du-wenn du-wenn dich erkundig- [Luftschnappen] (1) im Fernsehn (.) vielleicht-könnt-man-mal könnte-man-sich versuchen sich Filmmaterial irgendwie (.) wo m- wo man sich aus objektiven Quellen wo man dann denkt ja (2) das wär vielleicht-ne-möglichkeit-wo-man-sich-ne Meinung drüber bilden- (1) wo man sich Fm ja gut Objektivität isch doch wenn du s Bm ne Meinung- wo man sich ne Meinung drüber bilden könnte. (2) Fm selbsch erlebsch; s Empirische; aus Erfahrung. Verlässliches, sicheres Wissen ist für die Schüler nicht gegeben, sondern würde sich aus eigener empirischer Erfahrung ergeben. Hier dokumentiert sich die Suche der Schüler/innen nach gesicherter Information. Auffällig für die Schüler des Gymnasiums ist darüber hinaus, dass das Streben nach (noch nicht vorhandenem) Wissen und die Reflexion über unterschiedliche Perspektiven und Sichtweisen einhergeht mit der Wahrnehmung

228 B. Asbrand: Unsicherheit in der Globalisierung Orientierungen von Jugendlichen des eigenen Nichtwissens. Der Habitus des Strebens nach Wissen setzt die Beobachtung voraus, dass das eigene, vorhandene Wissen über die Welt begrenzt ist: Bm ja aber das is des worüber wir uns eigentlich nich unterhalten können weil wir s nich genau wissen ( ) Fm ja eben ich weiß ( ) Bm weil wir s nicht genau wissen Fm das ist ein sehr schwieriges Thema Das Streben nach Wissen und die Reflexion über Wissen und Nichtwissen, die sich bei den außerschulischen Gruppen so nicht findet, kann im Rahmen einer Organisationstypik als Merkmal der Schule beschrieben werden. Systemtheoretische Beschreibungen des Erziehungssystems benennen den binären Code Wissen/Nichtwissen als Form der Erziehung (vgl. BAECKER 2004a; 2004b; LUHMANN 2002, S. 97ff.; vgl. auch BAECKER 2002, S. 126ff.). BAECKER beschreibt die Intelligenz, verstanden als eine Fähigkeit im Umgang mit Wissen, als Medium des Erziehungssystems, welches dazu motiviert, an Erziehungsangeboten wie Unterricht teilzunehmen (vgl. 2004a; 2004b). Intelligenz wird von BAECKER hier nicht als Fähigkeit oder Eigenschaft von Individuen verstanden, sondern als symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium im Sinne der LUHMANNschen Theorie, deren Funktion es ist, unwahrscheinliche Kommunikation in Funktionssystemen wahrscheinlich werden zu lassen (vgl. LUHMANN 1997, S. 316ff.); Intelligenz als Medium der Erziehung wird verstanden als Auszeichnung eines bestimmten Typs von Kommunikation und zugleich als Motiv, sich auf diese Kommunikation einzulassen (BAECKER 2004b). Die Kompetenz im Umgang mit Wissen besteht darin, Nichtwissen zu erkennen, und erst in der Abgrenzung von Nichtwissen Wissen als Wissen zu identifizieren. In der pädagogischen Kommunikation werden immer beide Seiten des binären Codes thematisiert, dies setzt Reflexivität voraus. Allerdings präferiert das Erziehungssystem die Seite des Wissens und motiviert Lernende zum Lernen, indem ihnen ihr eigenes Nichtwissen vorgeführt und die Notwendigkeit aufgezeigt wird, dieses durch den Erwerb von Wissen zu reduzieren (ebd.). Nichtwissen wird für Lehrer wie für Schüler zum Anlass für Erziehung, die allerdings nicht beim Wissen endet, sondern erst bei der Fähigkeit, das erworbene Wissen wiederum im Hinblick auf das darin enthaltene Nichtwissen zu beobachten und die Frage zu stellen, ob und wo weitere Erziehungsangebote Sinn machen (BAECKER 2004c). Insofern beschreibt BAECKER als das Spezifische des Erziehungssystems, dass es die Unterscheidung von Wissen und Nichtwissen zum Thema macht und im Hin und Her zwischen Wissen und Nichtwissen Lernen und Lernangebote verortet (vgl. 2004a). Als organisationstypisch für die Gruppen von Schülern und Schülerinnen kann vor diesem Hintergrund das Reflektieren über ihr Nichtwissen und das gleichzeitige Bestreben, das Nichtwissen durch Wissenserwerb zu reduzieren, beschrieben werden. 8 Auffällig, aber folgerichtig ist, dass in den Diskursen der hier analysierten Schülergruppen im Unterschied zu den außerschulischen Gruppen jeweils ein zentrales Thema diskutiert wird, das eine bleibende Hintergrundunsicherheit im Bezug auf weltgesellschaftliche Zusammenhänge bezeichnet. So beschäftigt sich die Gruppe Apfel intensiv mit den Ereignissen des 11. September, wobei insbesondere die Frage nach möglichen Motiven der Täter als Unsicherheit thematisiert wird; die Gruppe Schwimmbad (s.u.) erfährt Ungewissheit angesichts drohender Arbeitslosigkeit als Folge von Arbeitsplatzverlagerung ins Ausland durch ein internationales Unternehmen am Wohnort und macht dies

Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 8. Jahrg., Heft2/2005, S. 222-238 229 zu einem zentralen Thema der Gruppendiskussion; im Fall der Gruppe Aprikose (s.u.) begleitet die Auseinandersetzung mit ökologischen Risiken die Diskussion. Schulisches Lernen jedenfalls im Kontext gesellschaftlicher Diskurse, die von Ungewissheit und Risiko geprägt sind, wie der Themenkomplex Globalisierung (vgl. LUHMANN 2002, S. 197) führt offensichtlich nicht unbedingt dazu, dass Schüler/innen durch Wissenserwerb Sicherheit gewinnen. Unsicherheit und Ungewissheit sind die Themen ihrer Diskurse. LUHMANN folgert: Es müsste folglich eine Pädagogik geben, die den zu erziehenden Nachwuchs auf eine unbekannt bleibende Zukunft einstellt. Dabei geht es nicht nur um das gewohnte Nichtwissen, um Informationsbedarf und um die Einsicht, dass man mit wenig Information auskommen muss, weil mehr Information die kognitiven Kapazitäten rasch überfordern, das heißt: nicht mehr in Wissen umgearbeitet werden könnte. Das auch, aber die wichtigere Einsicht ist, daß das Unbekanntsein der Zukunft eine Ressource ist, nämlich die Bedingung der Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen. Die Konsequenz wäre, daß das Lernen von Wissen weitgehend ersetzt werden müßte durch das Lernen des Entscheidens, das heißt: des Ausnutzens von Nichtwissen (2002, S. 198). Als Frage für die folgenden Überlegungen bedeutet dies: Welche Formen finden die Jugendlichen, um mit Ungewissheit als Folge nicht reduzierbaren Nichtwissens umzugehen? Lernen Schüler und Schülerinnen das Entscheiden? Welche Strategien wenden die Jugendlichen aus den analysierten Schülergruppen an, um vor dem Hintergrund von Unsicherheit Handlungsoptionen im Kontext der Weltgesellschaft zu entwickeln? 2.2 Moralische Kommunikation Ebenso wie andere Gruppen von Schülern und Schülerinnen diskutiert die Gruppe Schwimmbad Handlungsoptionen in moralischen Kategorien. Bei der Gruppe handelt es sich um Schüler eines Politik-Leistungskurses des 12. Jahrgangs der gymnasialen Oberstufe einer Gesamtschule. Thema der Diskussion ist in der folgenden Sequenz der sog. ethische Konsum, also die Möglichkeit, Kaufentscheidungen davon abhängig zu machen, ob die Produkte sozialverträglich hergestellt wurden. Dieses Thema war offensichtlich Gegenstand des Unterrichts. Am ja, und auch wenn man ehm auch die Produkte betrachtet, zum Beispiel, wenn ich jetzt äh Nike-Schuhe in der Hand hab oder so ()die werden (.) so unter normalen Bedingungen hergestellt, und wunderbar, und ähm für den Preis da kriegen die Leute, die die äh die da arbeiten auch was, also () halt. Durch das was man erfahren hat dass sie halt äh nicht so viel verdienen unter was für Bedingungen die arbeiten müssen und so weiter. Und das ist ja weiß nicht so (.)diese Markensachen, ähm, die haben da irgendwie () schmutziges bekommen so- Bw Ich denk halt auch so wir ham viel halt über Kinderarbeit und so gesprochen; so- also Teppiche werden von Kindern geknüpft, oder auch teilweise Schuhe von Kindern von Kindern hergestellt und so; und äh wenn man dann halt so was sieht dann dann überlegt man sich dann halt auch zehn Mal, ob man den Schuh jetzt doch käuft oder nicht, also?m käuft? Bw also- kauft @ Tschuldigung@ Cm Nee, tut ihr das jetzt wirklich, oder was? Bw ja, ich schon. Muss ganz ehrlich sagen. Cm ich überhaupt nicht. Ehrlich gesagt. Am Ich tu s auch nich, aber man weiß es halt. Cm ja, man weiß es ( aber man tut s nich ) Bm im Endeffekt kauft man s trotzdem. (2)?m ( )?

230 B. Asbrand: Unsicherheit in der Globalisierung Orientierungen von Jugendlichen?w (weil dir gar nichts anderes übrig bleibt).?w (ja natürlich ). Gw wenn es nur noch Schuhe gibt die von Kinder gemacht-?w Turnschuhe) Me @(1)@ Bw ich denk auch vor allem die meisten sind halt von Kindern gemacht(.)- Gw kannst ja nicht barfuss laufen-?w Ja, klar- Bw irgendwas muss du ja kaufen wenn du s vielleicht auch selbst nich unterstützen willst aber dir bleibt ja nichts anders übrig?w (weil der Markt halt das anbietet)?w ja, genau. Am ja. (2) Dw Das sind ja auch meistens die Sachen die von den meisten Leuten gekauft werden, Zum Beispiel Nike- Schuhe, jetzt. Das ist ja in deswegen will jeder gerne mal haben, also werden die halt auch gekauft. Am (so is es)//mhm//(2) Die Jugendlichen beschreiben zunächst einen moralischen Konflikt, die Frage, ob sie ihr eigenes Konsumverhalten an moralischen Ansprüchen orientieren, die offensichtlich im Unterricht kommuniziert wurden. Dabei wird deutlich, dass das schulisch erworbene Wissen zwar Gegenstand abstrakter Reflexion ist, aber nicht handlungspraktisch wird. Selbst die Schülerin Bw, die ihre Bereitschaft kommuniziert, sich ernsthafte Gedanken über das Thema zu machen, handelt schließlich nicht entsprechend. Das Wissen bleibt abstraktes, kommunikativ-generalisierendes Wissen; im konjunktiven Erfahrungsraum der Jugendlichen, in ihrer Alltagserfahrung des Konsumierens, gibt es keine habitualisierte, handlungspraktische Erfahrung ethischen Konsums. Die Jugendlichen thematisieren zunächst die Diskrepanz zwischen moralischen Ansprüchen und Verhalten als ein Dilemma. Dies lässt aber insbesondere die männlichen Jugendlichen relativ unberührt. Im weiteren Verlauf des Diskurses werden der moralischen Kommunikation empirische Aussagen gegenüber gestellt, mit denen der ethisch-moralische Diskurs beendet wird. Die Beobachtung, dass man in der Handlungspraxis ohnehin nicht anders handeln kann, als Turnschuhe zu kaufen, die möglicherweise mit Hilfe von Kinderarbeit produziert wurden, dient als Argument, um die moralische Argumentation zu suspendieren und die Entscheidung zu rechtfertigen bzw. zu entschuldigen und nicht entsprechend der moralischen Ansprüche zu handeln, die sich aus schulisch erworbenen Wissens ergeben. Moral wird im Alltagshandeln als nicht handlungsleitend beschrieben, vielmehr werden parallele Diskurse thematisiert, neben der Moral sind dies der Markt und die Mode. In der Art und Weise, wie die Jugendlichen mit moralischen Argumentationen umgehen, dokumentiert sich, dass Moral in der Orientierung der Jugendlichen keine Strategie zur Komplexitätsreduzierung darstellt. Moral ist in der Orientierung der Jugendlichen kommunikativ-generalisierendes Wissen ohne konjunktive, handlungspraktische Bedeutung jedenfalls wenn es sich um im Unterricht erworbenes Wissen handelt. Moral bietet den Schülern und Schülerinnen keine Sicherheit angesichts von Handlungsunsicherheit (wie sie in den oben dokumentierten anfänglichen Äußerungen von Am und Bw zumindest noch durchscheint), sondern im Gegenteil: moralische Ansprüche lassen sich relativ leicht zurückweisen, ihnen wird im Rahmen von Entschuldigungsstrategien begegnet. Die Beobachtung der Jugendlichen, dass sich die Menschen mehrheitlich nicht an ethischmoralischen Kriterien bei ihren Kaufentscheidungen orientieren, dient als zusätzliche Entschuldigung für eigenes Nicht-Handeln entsprechend der durch die Schule kommunizierten moralischen Ansprüche. Insbesondere die Konfrontation moralischer Diskurse mit empirischen Beobachtungen der Alltagspraxis durch die Jugendlichen kann systemtheore-

Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 8. Jahrg., Heft2/2005, S. 222-238 231 tisch weitergehend interpretiert werden: Die Jugendlichen beobachten hier die von LUHMANN beschriebene Dysfunktionalität der Moral in der modernen Gesellschaft (vgl. 1987, S. 317ff.; 1990). Eine gesamtgesellschaftliche Integration durch Moral ist mit der funktionalen Ausdifferenzierung nicht mehr möglich, die Codes der Funktionssysteme sind unabhängig von moralischen Codes (vgl. LUHMANN 1990, 23ff.). Kaufentscheidungen werden in der Darstellung der Jugendlichen durch den Markt und die Mode bestimmt, die Moral kann die verschiedenen gesellschaftlichen Diskurse nicht integrieren, sie bleiben nebeneinander bestehen, ohne miteinander vermittelt zu werden. Die handlungsleitenden Diskurse des wirtschaftlichen Funktionssystems über Mode oder Angebot und Nachfrage stehen hier im Widerspruch zum Wissen der Jugendlichen um schlechte Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern (Stichwort Kinderarbeit). Zur Reduzierung dieser weltgesellschaftlichen Komplexität ist moralische Kommunikation nicht funktional. 2.3 Risikoabwägung Im Kontext seiner Reflexionen über die Moral diskutiert LUHMANN eine weitere Form des Umgangs mit Unsicherheit, die sich auch bei den untersuchten Schülergruppen findet: Über die Folgen der eigenen Entscheidungen in der Zukunft kann es keine Sicherheit geben, vielmehr erscheinen die Folgen eigener Entscheidungen als riskant; wenn andere entscheiden, ist es die Angst vor möglicher Gefahr, der man als Folge des Entscheidens anderer ausgesetzt sein könnte (vgl. 1990, S. 29f.). Im Hinblick auf eine ungewisse Zukunft ist Entscheiden und Handeln immer riskant und Risikobereitschaft notwendig. In der Tat ist die Risikoabwägung eine weitere Strategie im Umgang mit Unsicherheit, die sich in den Diskussionen der untersuchten Schülergruppen des Gymnasiums bzw. der gymnasialen Oberstufe dokumentiert. Allerdings zeigen sich die Schüler und Schülerinnen nicht risikobereit, sondern das gedankenexperimentelle Durchspielen möglicher Folgen des Handelns in der Zukunft begründet die eigene Passivität, die sich im Fallvergleich mit den aktivitäts- und handlungsorientierten außerschulischen Gruppen (s.u.) als Charakteristikum der schulischen Gruppen darstellt. Die Jugendlichen reflektieren mögliche Folgen bzw. Risiken des Handelns, indem sie nicht-intendierte Nebenfolgen und auch das Scheitern der intendierten Zwecke diskutieren: Spendengelder könnten nicht bei den Empfängern ankommen, der Faire Handel könnte sich als korrupt erweisen. Am:... aber ich kann da trotzdem nicht hundert Prozent wissen wie des isch mit m Siegel wenn da draufsteht wo man da jetzt n Siegel drauf kriegt weil woher soll ich jetzt wissen (...) Man sagt zwar ja gut die ham jetzt n Siegel Transfair und des garantiert uns wenigstens dass da keine Kinderarbeit isch und dass die den entsprechenden guten Lohn kriegen damit sie ein angemessenes Leben führen können aber woher weiß ich dass de Transfair sich nicht auch um die Korruption entstanden isch also des kann genauso passieren. Des isch halt auch ein Problem wenn ichs nicht sicher weiß. (3) In der Diskussion der Gruppe Aprikose, Schüler und Schülerinnen eines 12. Jahrgangs, die im Englisch-Leistungskurs ein Projekt zum Nachhaltigkeitsdiskurs durchgeführt hatten, ist die Sinnhaftigkeit von Entwicklungshilfe (Geldspenden, Sachspenden, Kreditprogramme, Unterstützung von Selbsthilfeprojekten) ein zentrales Thema. Die Abwägung von Erfolgschancen einerseits und dem Risiko des Scheiterns andererseits wird im Diskurs nicht für eine der beiden Seiten entschieden. Der Diskurs bewegt sich ständig zwischen der Formulierung begrenzter, aber dennoch für möglich gehaltenen Handlungsoptionen und der gleichzeitigen Einschätzung, dass Hilfe für ärmere Länder sinnlos ist.

232 B. Asbrand: Unsicherheit in der Globalisierung Orientierungen von Jugendlichen Cw ja ich find des merkt man auch so an den an den Ländern, (.) die dann sagen ja wir versuchen da zu helfen wir versuchen des zu verbessern; (.) und im Prinzip wenn man jetz so drauf guckt verbessert (.) is zwar schon was also die ham klein angefangen das soll ja schon was heißen, (.) weil man ja Stück für Stück Sachen verbessern kann aber (.) in Wirklichkeit wenn ich jetz grade auf Afghanistan rüber des aktuellste (.) so wirklich verbessert hat sich da von der Situation her nichts. Mit der Unsicherheit bezüglich der Folgen des Handelns in der Zukunft ergibt sich eine weitere Quelle der Passivität der Schülergruppen. Die Komplexitätsreduzierung besteht darin, sich angesichts unkalkulierbarer Risiken und nicht einschätzbarer Erfolgsaussichten des Handelns auf die sichere Option des Nicht-Handelns zurückzuziehen. 3 Unsicherheitsabsorption durch Organisationen Im Fallvergleich mit den Gruppen von Schülern und Schülerinnen, die dem Thema im Unterricht begegnet waren, zeigt sich ein anderer Umgang mit Wissen und Nichtwissen bei Jugendlichen, die sich außerhalb der Schule engagieren. Beide außerschulisch engagierten Jugendgruppen, die im Folgenden vorgestellt werden, sind in größere Organisationen eingebunden: Bei der Gruppe Banane handelt es sich um 16- bis 19-jährige, überwiegend männliche Jugendliche, die unter dem Dach der Attac-Bewegung eine Jugendgruppe gegründet haben. Sie treffen sich regelmäßig, um sich mit dem Thema Globalisierung zu beschäftigen und um Aktionen durchzuführen. Erwachsene arbeiten in der Gruppe nicht mit. Die Gruppe Schokolade besteht aus ebenfalls überwiegend männlichen Jugendlichen im Alter von 18 bis 21 Jahren, die an einer von der Gewerkschaftsjugend organisierten Reise nach Lateinamerika teilnehmen. Die Reise dient u.a. dem Engagement für ein Projekt der Solidaritätsarbeit, d.h. die Jugendlichen haben im Rahmen eines Workcamps vor Ort für eine sozial-karitative Einrichtung gearbeitet. Die Jugendlichen der Gruppe Schokolade sind Gewerkschaftsmitglieder und sind zu Hause in unterschiedlichen Funktionen in der Gewerkschaft bzw. im Betrieb ehrenamtlich engagiert. In der Rekonstruktion der Orientierungen dieser beiden außerschulischen Jugendgruppen zeigt sich eine besondere Bedeutung der Zugehörigkeit zur Organisation (vgl. ausführlich ASBRAND 2005b). Der organisationsspezifische Unterschied zwischen den außerschulischen und schulischen Gruppen ist der Umstand, dass für die Jugendlichen der Schülergruppen des Samples die Schule keine orientierungsrelevante Funktion hat. Dies dokumentiert sich in der deutlichen Distanz zur Schule, die die Schüler und Schülerinnen in den Gruppendiskussionen äußern (vgl. ASBRAND 2005b). Dies kann dadurch erklärt werden, dass die Mitgliedschaft in der Schule für die Schüler/innen nicht freiwillig ist, also nicht als eigene Entscheidung wahrgenommen wird, und die Schule und der Unterricht in hohem Maße durch die Lehrer/innen strukturiert sind (vgl. LUHMANN 2002, S. 108). Im Fall der Gruppe Schokolade ist die Zugehörigkeit zum gewerkschaftlichen Milieu der zentrale Orientierungsrahmen. Die Entscheidung, an dem Workcamp teilzunehmen, wird von den Jugendlichen nicht als eine Entscheidung aufgrund inhaltlicher oder politischer Motive dargestellt, sondern ergibt sich aus der Zugehörigkeit zur Organisation. In den Äußerungen der Jugendlichen dokumentiert sich eine starke Selbstverortung im gewerkschaftlichen Milieu, das für die Jugendlichen ein konjunktiver Erfahrungsraum ist. Aus dieser Zugehörigkeit ergibt sich, dass die Jugendlichen den Weltentwurf der Organisation, die praktische Solidarität der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen weltweit, für sich übernehmen:

Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 8. Jahrg., Heft2/2005, S. 222-238 233 Hm Was is denn das große Ziel? Gm dass de halt- dass (.) alle an einem Strick ziehen und alle sich solidarisch zeigen und alle zusammen arbeiten. (...) Bm alle? (2) ich frag jetz blöd ja, alle? (1) Gm ja außer Arbeitgeber.?w nö ich find- Me @( )@ Gm nein Quatsch Arbeitgeber außer Bush den lass ma draußen.?w @(3)@ Bm also doch nich alle? Gm der einzige Bush den lass ma draußen und Stoiber noch un Haider und so n Zeuch. Im Fallvergleich mit den Gruppen von Schülern und Schülerinnen zeigt sich ein weiteres Spezifikum der Gruppe Schokolade, das sie mit der ebenfalls außerschulisch engagierten Gruppe Banane teilt: Das eigene Weltbild ist nicht Gegenstand der Reflexion, seine Richtigkeit wird nicht in Frage gestellt, sondern das Wissen ist in der Orientierung der Jugendlichen objektiv gegeben. Dieser Orientierungsrahmen wird im Vergleich mit den um Wissenserwerb bestrebten Schülern deutlich. Im Unterschied zu den Schülern und Schülerinnen verfügen die beiden außerschulischen Gruppen in ihrer Orientierung bereits über gesichertes Wissen. Im Fall der Gruppe Banane wurde als zentraler Orientierungsrahmen der Habitus der Wissenden rekonstruiert. Der primäre Orientierungsrahmen der Gruppe, sich selbst als wissend zu beschreiben, basiert auf der Abgrenzung von den Außenstehenden, die als unwissend bezeichnet werden: Lm ehm wenn eh ich glaub wenn ehm alle Leute wirklich wüßten ja, wie da so- was was wirklich die WTO macht, oder was der IWF ja, was der für Kriterien hat bei Strukturanpassungsprogrammen oder, wie das- wie dann einzelne Staaten das durchsetzen gegen andere (.) ehm Länder ja, wie sie ihre Macht ausspielen; und wenn man dann erstmal zu dem Punkt kommt wo man anfängt so was zu hinterfragensich damit auseinanderzusetzen glaub-ich-kommt (.) früh oder später so ein eh Ungerechtigkeitsgefühl wo man dann auch eh was machen will, oder? (...) Mw... allein erstmal das Wissen zu haben; (.) was überhaupt los is ja,?m ja; (.) ja ich glaub auch einfach so- wie läuft das ab? so (.) in in der Welt; wie funktioniert das (.) ja? Die Gruppe beansprucht exklusives Wissen darüber, wie die Welt funktioniert. Ebenso wie im Fall der Gruppe Schokolade gilt die eigene Weltsicht als objektives Wissen, mit dem Erklärungsmuster der Ungerechtigkeit der Globalisierung können die Jugendlichen die Welt erklären. Die Exklusivität des Wissens geht einher mit einem elitären Weltbild, das sich zum Beispiel in der Abgrenzung von gewöhnlichen Freizeitbeschäftigungen von Jugendlichen dokumentiert: Mw ich mein da hat der Lehrer halt auch als gefragt so ja- warum macht ihr das? ja? wie kommt ihr da drauf em euch da jetzt so so intensiv zu beschäftigen? in eurer Freizeit ja? ich mein andere die machen dann Sport oder was weiß ich und wir, wir denken uns @ok; wir machen Politik@ ja,?m wir verändern die Welt Die Bedeutung der Organisation liegt im Unterschied zur Gruppe Schokolade allerdings nicht in der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Milieu. Die Jugendlichen der Gruppe Banane heben den lockeren, unverbindlicheren Charakter und die Heterogenität des Attac-Netzwerks hervor, die eigene Individualität tritt hier nicht wie bei den Jugendlichen der Gruppe Schokolade zugunsten der Zugehörigkeit zur Gruppe bzw. zum Milieu in den Hintergrund. Die Funktion der Organisation ist vielmehr der Zugang zu exklusivem Wissen: Sich-Informieren, Diskutieren, Theoretisieren und den Erwerb von Wissen über die

234 B. Asbrand: Unsicherheit in der Globalisierung Orientierungen von Jugendlichen Welt beschreiben die Jugendlichen als die wesentliche Aktivität der Gruppe intellektuelle Tätigkeiten, die das Bedürfnis nach individueller intellektueller Entwicklung befriedigen und die eigene Exklusivität im Hinblick auf das Selbstbild als Wissende befördern. An dieser Stelle, hinsichtlich der Aktivitäten der Gruppe, besteht ein wichtiger bildungsmilieutypischer Unterschied zwischen den Jugendlichen mit akademischem Bildungshintergrund der Gruppe Banane und den berufstätigen, nicht akademisch gebildeten Jugendlichen der Gruppe Schokolade. Deren Orientierung ist durch einen praktischen Weltbezug kennzeichnet im Gegensatz zur intellektuellen Tätigkeit der Gruppe Banane (vgl. ASBRAND 2005b). Auch wenn der Erwerb von Wissen für die Gruppe Banane eine große Relevanz hat, wird das Wissen auch in dieser Gruppe nicht zum Gegenstand des Diskurses oder der Reflexion. Die Jugendlichen der Gruppe Banane sind sich der Richtigkeit des Wissens sicher. Neben dem Für-wahr-Halten der eigenen Weltsicht ist eine weitere Gemeinsamkeit der außerschulischen Gruppen im Unterschied zu den Schülergruppen, dass sie sich in ihrer Selbstdarstellung als handlungsfähig beschreiben. Ihr eigenes Handeln stellen sie als zweckrationales Handeln dar: Die gewerkschaftlich aktiven Jugendlichen beschreiben ihr Engagement in der Solidaritätsarbeit während des Workcamps mit dem Ziel, Menschen konkret zu helfen; die Jugendlichen der Gruppe Banane sagen über sich, dass sie Politik machen. Sie nehmen an Demonstrationen teil, organisieren Infostände und Diskussionsveranstaltungen. 9 In beiden Fällen orientieren sich diese zweckrational verstandenen Handlungsoptionen an den Semantiken und Programmen der Organisationen, in die die Jugendlichen eingebunden sind. Die hier skizzierte, im Fallvergleich mit den schulischen Gruppen als organisationstypisch interpretierte Orientierung der außerschulisch engagierten Jugendlichen kann systemtheoretisch als Unsicherheitsabsorption durch Organisationen beschrieben werden (vgl. LUHMANN 1997, S. 826ff.; 2000, S. 183ff.). Diese Komplexitätsreduzierung erfolgt nach LUHMANN durch Kommunikation von Entscheidungen durch die Organisation: In den Sequenzen der eigenen Entscheidungen definiert die Organisation die Welt, mit der sie es zu tun hat. Sie ersetzt laufend Unsicherheiten durch selbsterzeugte Sicherheiten, an denen sie nach Möglichkeit festhält, auch wenn Bedenken auftauchen (1997, S. 833). Die Entscheidung zur Mitgliedschaft ist die Prämisse, die Entscheidungsprämissen der Organisation zu akzeptieren (ebd., S. 830). Die Mitgliedschaft bzw. die Zugehörigkeit zur Organisation wurde als Orientierungsrahmen der beiden außerschulischen Gruppen rekonstruiert: Sie ermöglicht Zugehörigkeit zum Milieu bzw. Zugang zu exklusivem Wissen. Die Entscheidungsprämissen der Organisation werden durch interne Strukturen wie Hierarchien und Zuständigkeiten oder durch Programme abgesichert; die innerhalb der Organisation prozessierte Information wird dann nicht mehr in Frage gestellt (vgl. LUHMANN 1997, S. 837). Im Fall der analysierten Jugendgruppen vermitteln die Programme und Semantiken der Organisationen (z.b. internationale Solidarität oder die Ungerechtigkeit der Globalisierung) Sicherheit als Grundlage für zweckrational verstandene Handlungsoptionen im Sinne der Programme. Hintergrundunsicherheit wird absorbiert, indem mögliches Nichtwissen bzw. andere Weltsichten als dasjenige gesicherte Wissen, das durch die Organisation kommuniziert wird, in den Diskursen der Jugendlichen ausgeblendet werden: Personen, die eine andere Perspektive einnehmen (z.b. die Arbeitgeber) oder die Menschen, die in der Sichtweise der Jugendlichen unwissend sind, werden exkludiert. Exklusion ist nach LUHMANN ein weiteres wesentliches Merkmal von Organisationen im Unterschied zu Funktionssystemen (vgl. 1997, S. 844).

Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 8. Jahrg., Heft2/2005, S. 222-238 235 4 Ausblick Die Ausführungen zeigen, wie im Rahmen rekonstruktiver, qualitativ-empirischer Forschung theoretische Aussagen über den Gegenstand gewonnen werden können: Für die Gymnasialschülerinnen und -schüler des Samples ist Wissen über die globalisierte Welt erstrebenswert, sie nähern sich dem Thema reflexiv, bedenken die Kontingenz des Wissens und seine Perspektivität. Gleichzeitig ist es offensichtlich schwierig, in der Schule handlungsleitendes Wissen bzw. Handlungssicherheit unter der Bedingung von Unsicherheit anzueignen. Im Unterschied dazu kann die Einbindung in eine Organisation, die für die Jugendlichen freiwillig und attraktiv ist, weil sie zum Beispiel Zugehörigkeit ermöglicht, im außerschulischen Bereich Sicherheit vermitteln, die die Jugendlichen im Kontext der Weltgesellschaft handlungsfähig macht. Diese Erkenntnisse können für die weitere Theoriebildung Globalen Lernens fruchtbar gemacht werden (vgl. ASBRAND 2002; ASBRAND/SCHEUNPFLUG 2005). Einschränkend muss auf die Selektivität der hier vorgestellten Analysen und Überlegungen zur Organisationstypik hingewiesen werden: Die hier gemachten Aussagen über Schüler und Schülerinnen auf der Basis des Fallvergleichs mit außerschulisch engagierten Jugendlichen betreffen Gymnasialschüler und -schülerinnen. Weitere empirische Vergleichshorizonte, d.h. Fallvergleiche mit anderen Gruppen von Schülern und Schülerinnen im Rahmen der Entwicklung einer Bildungsmilieutypik müssen ergeben, ob Haupt- und Real- bzw. Berufsschüler/innen anders mit Komplexität und Unsicherheit umgehen (vgl. ASBRAND 2005a). Abschließend sei auf eine mögliche Geschlechtstypik verwiesen: Im Vergleich von Schülern mit Schülerinnen zeichnet sich ab, dass die beschriebene Orientierung an Sicherheit und die sich daraus ergebende passive Haltung möglicherweise vor allem eine Orientierung der männlichen Jugendlichen ist. Wichtig ist für die jungen Männer der Erfolg des Handelns, die Erreichung der Zwecke. Da Zielerreichung, Nutzen und Erfolg des Handelns unter der Bedingung von Ungewissheit der Zukunft und Unsicherheit nicht vorhersehbar, sondern riskant und schwer einzuschätzen sind, entscheiden sich die männlichen Jugendlichen eher, nicht zu handeln. Grundsätzlich teilen die weiblichen Jugendlichen die Einschätzung bezüglich der Sinnlosigkeit der Aktivität auf der Ebene zweckrationalen, instrumentellen Handelns. Aber die jungen Frauen lassen sich durch die fraglichen Erfolgsaussichten offensichtlich weniger verunsichern. Die Aktivität ist auch jenseits der Zwecke und auch ohne die Aussicht auf sicheren Erfolg sinnvoll. Die Schülerinnen halten entgegen der instrumentellen Orientierung der Schüler begrenzte Handlungsoptionen für möglich. Anscheinend können die jungen Frauen Handeln auch nichtzweckorientiert denken, Handeln ist folglich unter der Bedingung von ungewisser Zukunft eher möglich. Die Frage, wie diese geschlechtstypischen Unterschiede in der Handlungsorientierung zu erklären sind, bedarf ebenfalls weiterer Analysen (vgl. Asbrand 2005a). Anmerkungen 1 Das Projekt mit dem Arbeitstitel Orientierungen in der Weltgesellschaft. Eine qualitativ-empirische Untersuchung zur Wirklichkeitskonstruktion von Jugendlichen in globaler Perspektive in Schule und außerschulischer Jugendarbeit wird seit 1.11.2001 mit einem Post-doc-Stipendium der Universität Erlangen-Nürnberg aus dem Hochschul- und Wissenschaftsprogramm Chancengleichheit für Frauen in Forschung und Lehre gefördert, die Laufzeit endet am 31.10.2005.

236 B. Asbrand: Unsicherheit in der Globalisierung Orientierungen von Jugendlichen 2 Die Kontakte zu den Jugendlichen wurden im Fall der Schüler/innen durch die Lehrkräfte vermittelt, im Fall der außerschulischen Gruppen häufig über die Organisationen und Verbände, innerhalb derer die Jugendlichen sich engagieren. Ferner wurden entsprechende Veranstaltungen besucht und dort direkte Kontakte zu Jugendlichen hergestellt. Die Gruppendiskussionen fanden in der Umgebung der Jugendlichen statt, in den Räumen, in denen sie sich üblicherweise treffen bzw. in den Schulen. Die Termine und Zeiten wurden von den Jugendlichen vorgeschlagen bzw. im Fall der Schüler/innen fanden die Gruppendiskussionen häufig parallel zum Unterricht statt. Alle Jugendlichen hatten sich freiwillig bereit erklärt, an der Gruppendiskussion teilzunehmen. Außer der Forscherin waren keine Erwachsenen (Lehrkräfte, Pädagogen oder Pädagoginnen) an den Diskussionen beteiligt. 3 Weitere Ergebnisse der dokumentarischen Interpretation der Gruppendiskussionen, wie z.b. die Weltkonstruktionen oder Weltbilder der Jugendlichen oder die Frage nach dem Umgang mit dem Fremden, können hier aus Platzgründen nicht in Gänze dargestellt werden, sondern sind weiteren Publikationen vorbehalten. 4 Die Interpretation der Gruppendiskussionen wird im Rahmen von Diskursbeschreibungen in einer umfangreichen späteren Publikation ausführlicher dargestellt und dort im Detail nachzuvollziehen sein (vgl. ASBRAND 2005a). 5 Hier ist der Begriff Organisation im Sinne der LUHMANNschen Theorie gebraucht. Organisation basiert demnach auf Mitgliedschaft und hat die Funktion der Komplexitätsreduzierung durch das Prozessieren von Entscheidungen (vgl. LUHMANN 1997, S. 826ff.; 2000). In der Beschreibung einer Organisationstypik wird dagegen ein weiterer Organisationsbegriff verwendet. Diejenigen Organisationen, die im o.g. Sinne zur Komplexitätsreduzierung beitragen, werden im Rahmen der Organisationstypik als ein bestimmter Typus von Organisation beschrieben, der sich dadurch auszeichnet, dass die Jugendlichen freiwillig Mitglied sind und die Mitgliedschaft für sie attraktiv ist. Ein anderer Typus von Organsiation wäre die Schule, die sich von dem zuerst genannten darin unterscheidet, dass hier Schüler/innen keine freiwilligen Mitglieder sind. 6 Die Namen der Gruppen (Schokolade, Banane, Schwimmbad usw.) sind absichtlich ohne inhaltlichen Zusammenhang zum Thema des Forschungsprojekts oder zu Aussagen der Gruppen gewählt, damit nicht bereits durch den willkürlich ausgewählten Gruppennamen Assoziationen hinsichtlich der Inhalte geweckt werden. 7 Im Folgenden werden zunächst nur Gruppendiskussionen mit Schülern und Schülerinnen von Gymnasien in die Analyse einbezogen, im Rahmen der Studie werden darüber hinaus Gruppendiskussionen mit Schülern und Schülerinnen aus Haupt-, Real- bzw. Berufsschulen interpretiert (vgl. ASBRAND 2005a). Die in diesem Aufsatz vorgestellten Analysen von Gymnasialschülern müssen deshalb immer auch als bildungsmilieutypisch für ein akademisches Bildungsmilieu angesehen werden. 8 Inwiefern die Reflexivität des Diskurses über Wissen und Nichtwissen zusätzlich bildungsmilieutypisch für Gymnasialschüler und -schülerinnen ist, muss an dieser Stelle offen bleiben und wird in weiteren Fallvergleichen mit Schülern der Berufsschule zu klären sein. 9 Von der Kommunikation über zweckrationales Handeln in der Selbstbeschreibung der Jugendlichen ist das in der dokumentarischen Interpretation rekonstruierte, habituell verankerte zweckfreie Handeln der Jugendlichen zu unterscheiden, das als jugendspezifischer Aktionismus beschrieben werden kann (vgl. ASBRAND 2005b; vgl. zum Konzept des Aktionismus BOHNSACK u.a. 1995; BOHN- SACK/NOHL 2001; GAFFER/LIELL 2001; BOHNSACK 2004). Literatur ASBRAND, B. (2002): Globales Lernen und das Scheitern der großen Theorie Warum wir heute neue Konzepte brauchen. In: Zeitschrift für Internationale Bildungsforschung und Entwicklungspädagogik, 25. Jg., H. 3, S. 13-19. ASBRAND, B. (2005a): Orientierungen in der Weltgesellschaft. Eine qualitativ-empirische Untersuchung zur Wirklichkeitskonstruktion von Jugendlichen in globaler Perspektive in Schule und außerschulischer Jugendarbeit. Universität Erlangen-Nürnberg, Habil. (in Vorbereitung). ASBRAND, B. (2005b): Wissen und Handeln in der Weltgesellschaft. Gruppendiskussionen mit Jugendlichen zum Thema Globalisierung. In: BOHNSACK, R./PRZYBORSKI, A./SCHÄFFER, B. (Hrsg.): Das Gruppendiskussionsverfahren in der sozialwissenschaftlichen Praxis. Wiesbaden (im Druck).

Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 8. Jahrg., Heft2/2005, S. 222-238 237 ASBRAND, B./SCHEUNPFLUG, A. (2005): Globales Lernen. In: SANDER, W. (Hrsg.): Handbuch politische Bildung. 3. überarb. Aufl. Schwalbach/Ts., S. 469-484. BAECKER, D. (2002): Wozu Systeme? Berlin. BAECKER, D. (2004a): Erziehung im Medium der Intelligenz. Manuskript. http://homepage.mac.com/ Baecker/erziehung.pdf (24.1.2005). BAECKER, D. (2004b): Intelligenz ist für alle da. Kleine Soziologie der Erziehung (3). In: Die Tageszeitung (2.3.2004), S. 18. BAECKER, D. (2004c): Nichtwissen erleben. Kleine Soziologie der Erziehung (4). In: Die Tageszeitung (9.3.2004), S. 18. BOHNSACK, R. (1989): Generation, Milieu und Geschlecht. Ergebnisse aus Gruppendiskussionen mit Jugendlichen. Opladen. BOHNSACK, R. (2003a): Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in qualitative Methoden. 5. Aufl. Opladen. BOHNSACK, R. (2003b): Dokumentarische Methode und sozialwissenschaftliche Hermeneutik. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 6. Jg., H. 4, S. 550-570. BOHNSACK, R. (2004): Rituale des Aktionismus bei Jugendlichen. Kommunikative und konjunktive, habitualisierte und experimentelle Rituale. In: WULF, C./ZIRFAS, J. (Hrsg.): Innovation und Ritual. Jugend, Geschlecht und Schule (Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 7. Jg., Beih. 2). Opladen, S. 79-90. BOHNSACK u.a. (1995) = BOHNSACK, R./LOOS, P./SCHÄFFER, B./STAEDTLER, K./WILD, B. (1995): Die Suche nach Gemeinsamkeit und die Gewalt der Gruppe. Hooligans, Musikgruppen und andere Jugendcliquen im Vergleich. Opladen. BOHNSACK, R./NENTWIG-GESEMANN, I./NOHL, A.-M. (Hrsg.) (2001): Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. Grundlagen qualitativer Forschung. Opladen. BOHNSACK, R./NOHL, A.-M. (2001): Jugendkulturen und Aktionismus. Eine rekonstruktive empirische Analyse am Beispiel des Breakdance. In: MERKENS, H./ZINNECKER, J. (Hrsg.): Jahrbuch Jugendforschung 1/2001. Opladen, S. 17-37. BONSS, W. (1998): Uneindeutigkeit, Unsicherheit, Pluralisierung. Zum epistemologischen Problembestand jenseits der Moderne. In: Merkur, 52. Jg., H. 9/10, S. 968-975. GAFFER, Y./LIELL, C. (2001): Handlungstheoretische und methodologische Aspekte der dokumentarischen Interpretation jugendkultureller Praktiken. In: BOHNSACK, R./NENTWIG-GESEMANN, I./NOHL, A.-M. (Hrsg.): Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. Grundlagen qualitativer Forschung. Opladen, S. 179-203. KADE, J./SEITTER, W. (2003): Jenseits des Goldstandards. Über Erziehung und Bildung unter den Bedingungen von Nicht-Wissen, Ungewissheit, Risiko und Vertrauen. In: HELSPER, W./HÖRSTER, R./KADE, J. (Hrsg.): Ungewissheit. Pädagogische Felder im Modernisierungsprozess. Weilerswist, S. 50-72. LANG-WOJTASIK, G./LOHRENSCHEIT, C. (Hrsg.) (2003): Entwicklungspädagogik Globales Lernen Internationale Bildungsforschung. Frankfurt a.m. LOOS, P./SCHÄFFER, B. (2001): Das Gruppendiskussionsverfahren. Opladen. LUHMANN, N. (1975): Die Weltgesellschaft. In: LUHMANN, N.: Soziologische Aufklärung. Bd. 2. Opladen, S. 51-71. LUHMANN, N. (1987): Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie. Frankfurt a.m. LUHMANN, N. (1990): Paradigm lost: Über die ethische Reflexion der Moral. Frankfurt a.m. LUHMANN, N. (1997): Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt a.m. LUHMANN, N. (2000): Organisation und Entscheidung. Opladen. LUHMANN, N. (2002): Das Erziehungssystem der Gesellschaft. Frankfurt a.m. MANNHEIM, K. (1964): Beiträge zur Theorie der Weltanschauungsinterpretation. In: MANNHEIM, K.: Wissenssoziologie. Berlin, S. 91-154. MANNHEIM, K. (1980): Strukturen des Denkens. Frankfurt a.m. (Original: unveröff. Manuskript von 1922-25). NENTWIG-GESEMANN, I. (2001): Die Typenbildung der dokumentarischen Methode. In: BOHNSACK, R./NENTWIG-GESEMANN, I./NOHL, A.-M. (Hrsg.): Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. Grundlagen qualitativer Forschung. Opladen, S. 275-300. NOHL, A.-M. (2001): Migration und Differenzerfahrung. Junge Einheimische und Migranten im rekonstruktiven Milieuvergleich. Opladen.

238 B. Asbrand: Unsicherheit in der Globalisierung Orientierungen von Jugendlichen PRZYBORSKI, A. (2004): Gesprächsanalyse und dokumentarische Methode. Qualitative Auswertung von Gesprächen, Gruppendiskussionen und anderen Diskursen. Wiesbaden. SCHÄFFER, B. (1996): Die Band. Stil und ästhetische Praxis im Jugendalter. Opladen. SCHÄFFER, B. (2003): Generationen Medien Bildung. Medienpraxiskulturen im Generationenvergleich. Opladen. SCHEUNPFLUG, A. (1996): Die Entwicklung zur globalen Weltgesellschaft als Herausforderung für das menschliche Lernen. In: Zeitschrift für internationale Bildungsforschung und Entwicklungspädagogik, 19. Jg., H. 1, S. 9-14. SCHEUNPFLUG, A. (2003): Stichwort: Globalisierung und Erziehungswissenschaft. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 6. Jg., H. 2, S. 159-172. VOGD, W. (2004): Ärztliche Entscheidungsprozesse des Krankenhauses im Spannungsfeld von Systemund Zweckrationalität: Eine qualitativ rekonstruktive Studie. Berlin. VOGD, W. (2005): Komplexe Erziehungswissenschaft jenseits von empirieloser Theorie und theorieloser Empirie Versuch einer Brücke zwischen Systemtheorie und rekonstruktiver Sozialforschung. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 8. Jg., H. 2 (in Vorbereitung). WEHLING, P. (2001): Jenseits des Wissens? Wissenschaftliches Nichtwissen aus soziologischer Perspektive. In: Zeitschrift für Soziologie, 30. Jg., H. 6, S. 465-484. Anschrift der Verfasserin: Dr. Barbara Asbrand, Universität Erlangen-Nürnberg, Erziehungswissenschaftliche Fakultät, Pädagogik I, Regensburger Str. 160, 90478 Nürnberg, e-mail: Barbara.Asbrand@ewf.uni-erlangen.de