XIII. Gesundheitsstatistik Wirtschafts- und Sozialstatistik Datenproduktion und Datenanalyse in der amtlichen Statistik
Definitionen von Gesundheit Gesundheit als Abwesenheit von Krankheit Gesundheit als Zustand optimaler Leistungsfähigkeit Gesundheit ist der Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit und Gebrechen. Sich des bestmöglichen Gesundheitszustandes zu erfreuen ist eines der Grundrechte jedes Menschen, ohne Unterschied der Rasse, der Religion, der politischen Überzeugung, der wirtschaftlichen oder sozialen Stellung. (WHO 1946)
Datenquellen Nach Böhm (2005, S. 829) können fünf Datenquellen unterschieden werden: Daten der amtlichen Statistik der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder amtliche originärstatistische Daten amtliche prozessinduzierte Daten wissenschaftsgetragene originärstatistische Daten Daten kommerzieller, privatwirtschaftlicher Anbieter
Daten der amtlichen Statistik (Auszug) Krankenhausstatistik Fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik (DRG) Todesursachenstatistik EU-SILC Schwangerschaftsabbruchstatistik Fragen zur Gesundheit im Mikrozensus Pflegestatistik
Krankenhausstatistik Vollerhebung der Krankenhäuser (KH) sowie Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen (Reha) erlaubt Aussagen: über die Struktur der stationären Versorgung über Besonderheiten von Krankheitsarten (z.b. regionale Häufung) über Kostenentwicklungen im Krankenhausbereich sowohl anhand von Quer- als auch Längsschnittanalysen dient zur: Planung gesundheitspolitischer Entscheidungen wissenschaftlichen Analyse (epidemiologisch, gesundheitsökonomisch)
Krankenhausstatistik Teil I: Grunddaten allgemeine Angaben zu den Einrichtungen technische u. personelle Ausstattung sowie erbrachte Leistungen Teil II: Diagnosen Hauptdiagnosen entlassener oder verstorbener vollstationärer Patienten in Krankenhäusern und Vorsorge- bzw. Rehabilitationseinrichtungen soziodemografische Merkmale der behandelten Patienten Teil III: Kostennachweis Sach-, Personal- und Ausbildungskosten der Einrichtungen
DRG-Statistik Jährlich durchgeführte Vollerhebung nach 21 KHEntgG (Haupt-/Neben-)Diagnosen, Prozeduren und DRGs der stationären Behandlung soziodemografische Angaben zu den behandelten Patienten Strukturmerkmale der Krankenhäuser erlaubt fallpauschalenbezogene Analysen multikausale Betrachtungen des Krankenhausaufenthaltes Untersuchung von Komorbiditäten
EU-SILC = Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen etwa 14.000 HH sowie die darin lebenden Personen ab 16 Jahren verschiedene Erhebungsschwerpunkte (wie Kinderbetreuung, Erwerbstätigkeit, Einschätzung der eigenen finanziellen Lage usw.) Generelle Fragen zur Gesundheit: Allgemeiner Gesundheitszustand Chronische Erkrankungen oder Beschwerden Einschränkung alltäglicher Verrichtungen Zugang zum Gesundheitswesen
Todesursachenstatistik Jährlich durchgeführte Vollerhebung aller Verstorbenen in Deutschland Todesursache (Grundleiden, äußere Ursache) soziodemografische Merkmale der Verstorbenen Angaben zu Säuglingssterbefällen (z.b. Geburtsgewicht, -größe) erlaubt demografische und epidemiologische Untersuchungen besondere Aussagen zu Säuglingssterblichkeit
Gesundheitsberichterstattung (GBE) Beschreibt und analysiert in systematischer Weise sämtliche Ebenen der gesundheitlichen Lage der Bevölkerung, um: Entscheidungsgrundlagen für gesundheitspolitische Handlungen zu ermöglichen sowie deren Auswirkungen zu eruieren
Ebenen der GBE GBE des Bundes (Destatis und Robert Koch-Institut) GBE der Länder (Ministerien, Statistische Landesämter) Regionale bzw. kommunale GBE (Gesundheitsämter)
GBE des Bundes Informiert über gesundheitliche Lage und gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung in Deutschland stützt sich dabei auf daten- und indikatorengestützte Beschreibungen und Analysen Themenfelder: Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens Gesundheitliche Lage und Gesundheitsversorgung Gesundheitsverhalten und Gesundheitsgefährdungen Gesundheitsprobleme und Krankheiten Ausgaben, Kosten und Finanzierung des Gesundheitswesens
Informationssystem der GBE des Bundes (www.gbe-bund.de) führt Statistiken und Informationen systematisch zusammen bietet verdichtete, möglichst aktuelle gesundheitsrelevante Informationen in Form von Ad-hoc-Tabellen, Grafiken, Texten, Definitionen kooperiert mit Berichterstattung der Länder und internationalen Organisationen enthält ca. 45 interne Datenquellen (Statistische Ämter) und ca. 70 externe Quellen (Surveys, Register- und Routinedaten usw.)
Exkurs: Erschließung weiterer gesundheitsrelevanter Datenquellen Projekt: Aufbereitung von Daten der gesetzlichen Krankenversicherung nach 268 SGB V
Hintergrund der Datenentstehung seit 1994 gesetzlich festgelegter Risikostrukturausgleich (RSA) 2001 - Gesetz zur Reform des Risikostrukturausgleichs wissenschaftliche Untersuchung zur Auswahl geeigneter Klassifikationsmodelle für morbiditätsorientierten RSA durch Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) nach Abschluss der Untersuchung weitere Aufbereitung und Bereitstellung der Daten für Wissenschaft durch FDZ
Datengrundlage 3%-Stichprobe aller GKV-Versicherten mit folgenden Kriterien: Krankenversicherungsschutz an mindestens einem Tag in 2002 kein Auftragsfall Geburtstag am 11. eines beliebigen Monats eines beliebigen Jahres
Datenmaterial Bestandsdaten (2 302 391) Ambulante Behandlung (12 895 463) Leitdatei (n = 2 300 980) Stationäre Behandlung (536 188) Arbeitsunfähigkeit u. Krankengeld (1 211 800) Arzneimitteldaten (23 221 155)
Methodisches Vorgehen der Datenaufbereitung Zusammenführung der einzelnen Datenlieferungen Entfernen nicht besetzter bzw. nicht verwendeter Variablen Umwandlung des Pseudonyms in systemfreie Nummer
Formale Aufbereitung Angleichen der Werte Vereinheitlichung Groß-/ Kleinschreibung Entfernen von Zusatzzeichen
Inhaltliche Aufbereitung Entfernen von Fällen bzw. Versicherten Ersetzen fehlender Werte über andere Merkmale Zusammenfassung von Merkmalsausprägungen Abgleich mit Schlüsselverzeichnissen
Weitere Plausibilisierung Abgleich der Werte untereinander innerhalb einer Satzart über mehrere Satzarten
Datenzugang I kontrollierte Datenfernverarbeitung (KDFV) ermöglicht Analysen am Gesamtdatenmaterial kein direkter Zugriff auf die Daten Syntaxerstellung über Datenstrukturfiles
Datenzugang II Gastwissenschaftsarbeitsplatz (GWAP) direkter Zugriff in geschützten Räumen der amtlichen Statistik Analysen einer 10%-Substichprobe Variablenauswahl, Bottom-Coding der Variable Geburtsjahr
Datenzugang III Scientific-Use-File (SUF) OFF-Site Nutzung am eigenen Arbeitsplatz (DVD/CD) nur Merkmale der ambulanten Behandlungsfälle Ziehung einer 70%-Sub-Stichprobe (1,1 Mio. Versicherte) Bottom-Coding bei Geburtsjahr Löschen bzw. Zusammenfassen gering besetzter Merkmale Klassenbildung bei Kostenvariablen Gruppierung der Diagnosen
Datenzugang CAMPUS-File CAMPUS-File kostenlos als Download verfügbar basiert auf SUF, enthält zusätzliche Anonymisierungsmaßnahmen Ziehung einer 0,7%-Sub-Stichprobe (11 000 Versicherte) Klassenbildung bei Geburtsjahr und Zahl der Versichertentage Überlagerung mit Zufallsfehler bei Kostenvariablen Löschen der weiteren Diagnosen (nur 1 Diagnose bleibt enthalten)
Ausgewählte Quellen: Böhm, Karin (2005): Gesundheitsdaten in Deutschland. Sonderdruck aus Wirtschaft und Statistik 8/2005. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt. Lugert, Patricia (2009): Aufbereitung von Daten der gesetzlichen Krankenversicherung für das Jahr 2002 ein Projektbericht. In: Wirtschaft und Statistik. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Bd. 12/2008. S. 1041-1045. Wiesbaden. www.gbe-bund.de www.forschungsdatenzentrum.de/datenangebot