RAT R EUROPÄISCHEN UNION Brüssel, den 8. März 2011 (10.03) (OR. en) 7397/11 SOC 210 ECOFIN 113 EDUC 45 VERMERK des für die Nr. Vordokument: Betr.: Generalsekretariats des Rates Delegationen 6913/1/11 REV 1 SOC 159 ECOFIN 86 EDUC 36 + COR 1 (lv) Der Gemeinsame Beschäftigungsbericht im Kontext des Jahreswachstumsberichts 2011: politische Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen Schlussfolgerungen des Rates Die Delegationen erhalten anbei die vom Rat (Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz) auf seiner Tagung vom 7. März 2011 angenommene endgültige Fassung der Schlussfolgerungen des Rates. 7397/11 HBA/ib 1
Der Gemeinsame Beschäftigungsbericht im Kontext des Jahreswachstumsberichts 2011: politische Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen Schlussfolgerungen des Rates Der Rat der Europäischen Union UNTER HINWEIS DARAUF, dass der Europäische Rat nach Artikel 148 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union jährlich anhand eines gemeinsamen Jahresberichts des Rates und der Kommission die Beschäftigungslage in der Union prüft und Schlussfolgerungen hierzu annimmt, UNTER ERNEUTEM HINWEIS DARAUF, dass er uneingeschränkt bereit ist, Fachwissen des Rates über beschäftigungs- und sozialpolitische Maßnahmen in den Dienst des Europäischen Rates zu stellen und einen aktiven Beitrag zur erfolgreichen Umsetzung der Strategie für Beschäftigung und Wachstum "Europa 2020" sowie des europäischen Semesters einschließlich dessen Hauptmerkmals einer besseren wirtschaftspolitischen Steuerung zu leisten, UNTER BEKRÄFTIGUNG seiner Auffassung, dass die Strategie für Beschäftigung und Wachstum "Europa 2020" nur dann zum Erfolg führen wird, wenn sich ihre Ziele gegenseitig verstärken, und dass Interdependenzen zwischen Beschäftigungs-, Sozial-, Bildungs- und Wirtschaftspolitik bestehen, UNTER HINWEIS AUF die beschäftigungspolitischen Leitlinien, die der Rat gemäß Artikel 148 Absatz 2 AEUV festgelegt hat 1, insbesondere auf die Leitlinie 10 "Bekämpfung von gesellschaftlicher Ausgrenzung und Armut", UNTER BETONUNG SSEN, dass beschäftigungs- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen ein wesentlicher Bestandteil der Reformen sind, die im Rahmen der Strategie für Beschäftigung und Wachstum "Europa 2020" sowohl im Aktionsbereich makroökonomische Überwachung als auch im Aktionsbereich Überwachung der wachstumsfördernden Reformen (thematische Koordinierung) durchzuführen sind, 1 ABl. L 308 vom 24.11.2010, S. 46. 7397/11 HBA/ib 2
UNTER BETONUNG SSEN, dass die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf den europäischen Arbeitsmärkten weiterhin zu spüren sind und dass die Arbeitslosigkeit zu den Hauptsorgen der EU-Bürger zählt, und ferner UNTER BETONUNG SSEN, dass mindestens jeder sechste Einwohner der EU von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht ist, UNTER HINWEIS AUF die länderspezifische Prüfung der nationalen Reformprogrammentwürfe und die diesbezügliche Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses, in der die prioritären Bereiche für politische Reformen sowie die Fortschritte bei der Verwirklichung der Kernziele und der nationalen Beschäftigungsquotenziele genannt werden, UNTER HINWEIS DARAUF, dass die in den nationalen Reformprogrammentwürfen genannten vorläufigen nationalen Beschäftigungsziele im Allgemeinen zwar realistisch und angesichts der nationalen Ausgangsposition ehrgeizig sind, das geschätzte Gesamtergebnis aber dennoch 2,2 bis 2,6 Prozentpunkte unter der von der EU bis 2020 angestrebten Beschäftigungsquote von 75 % liegen würde, ferner UNTER HINWEIS DARAUF, dass die meisten Mitgliedstaaten zwar nationale Ziele für die Verringerung des Armutsrisikos und der sozialen Ausgrenzung festgelegt haben, diese Ziele aber dennoch unter dem von der EU angestrebten Ziel liegen, bis 2020 mindestens 20 Millionen Menschen vor dem Risiko der Armut oder der Ausgrenzung zu bewahren, UNTER BEKRÄFTIGUNG seiner Auffassung, dass die Mitgliedstaaten ungeachtet der großen Unterschiede hinsichtlich der Lage auf ihren Arbeitsmärkten und ihrer haushaltspolitischen Spielräume weiterhin vor gemeinsamen Herausforderungen stehen und gemeinsame Ziele teilen, UNTER BETONUNG SSEN, dass in angemessener, effizienter und hinreichender Weise zugängliche Angebote der allgemeinen Bildung sowie des lebenslangen Lernens bereitgestellt werden müssen, da dies eine unabdingbare Voraussetzung dafür ist, um die Produktivität und Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitskräfte zu steigern und die Beschäftigung so zu erhöhen und zu sichern, dass der soziale Zusammenhalt verstärkt wird, UNTER BERÜCKSICHTIGUNG der Ergebnisse des Treffens des Beschäftigungsausschusses mit den Sozialpartnern, die bei der Durchführung von Arbeitsmarktreformen eine wichtige Rolle spielen 7397/11 HBA/ib 3
1. BEGRÜSST, dass im Jahreswachstumsbericht Arbeitsmarktreformen, die auf klare und integrierte Weise, d.h. unter Berücksichtigung der Interdependenzen zwischen allen makroökonomischen Maßnahmen einschließlich der beschäftigungspolitischen Maßnahmen durchgeführt werden, größte Bedeutung beigemessen wird, und NIMMT ZUR KENNTNIS, dass dabei zehn Maßnahmen für 2011 und 2012 besonderer Vorrang eingeräumt wird; 2. HEBT HERVOR, dass die dringend erforderliche Haushaltskonsolidierung Hand in Hand mit einer Wiederherstellung des Wirtschaftswachstums und einer Steigerung der Beschäftigung gehen sollte, und BETONT, dass verstärkt wirksame beschäftigungsfördernde Maßnahmen ergriffen werden müssen, um das Angebot an weiblichen und männlichen Arbeitskräften zu erhöhen, die Ausgrenzung und das Risiko der Langzeitarbeitslosigkeit zu verringern und die mittel- und langfristigen Wachstumsaussichten zu verbessern. Gleichzeitig sollten Anstrengungen zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte und zur Reform der Sozialschutzsysteme unternommen werden, um die Tragfähigkeit und Angemessenheit dieser Systeme sicherzustellen; 3. HEBT HERVOR, dass die Rolle der sozialen Sicherungsnetze ungeachtet der Haushaltszwänge erhalten und erforderlichenfalls verstärkt werden sollte, damit die am stärksten benachteiligten Menschen unterstützt werden. In dieser Hinsicht sind Strategien der aktiven Inklusion der richtige Weg zur Verhinderung dauerhafter Ausgrenzung und zu einem effizienteren und wirksameren Einsatz der Sozialausgaben; 4. HEBT HERVOR, dass Arbeitsmarktreformen allein nicht ausreichen, um die Nachfrage nach Arbeitskräften anzuregen. Beschäftigungsfreundlichere Rahmenbedingungen für Unternehmen und ein stärkeres Wirtschaftswachstum, das von innovativen Wirtschaftstätigkeiten mit einem hohen Mehrwert und von Chancen, die sich aus der Ökologisierung der Wirtschaft ergeben, getragen wird, sind Voraussetzung dafür, dass mehr und bessere Arbeitsplätze entstehen, der soziale Zusammenhalt verstärkt und das Potenzial des Humankapitals der Union voll ausgeschöpft wird; 5. ERSUCHT die Mitgliedstaaten, in ihren nationalen Reformprogrammen, die von ihnen bis Mitte April 2011 vorzulegen sind, entsprechend ihren besonderen nationalen Ausgangspositionen und Ausgangsbedingungen sowie unter Berücksichtigung der jeweiligen Rolle der nationalen Sozialpartner geeignete Maßnahmen zur Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien festzulegen und so dafür zu sorgen, dass 7397/11 HBA/ib 4
- die Steuer- und Sozialleistungssysteme wachstums- und beschäftigungsfreundlich sind, d.h. dass die Steuern gegebenenfalls vom Faktor Arbeit auf Tätigkeiten mit negativen externen Effekten (z.b. umweltschädliche Tätigkeiten) verlagert werden, die Beschäftigung von Zweitverdienern (hauptsächlich Frauen) sowie Neueinstellungen gefördert werden, verstärkt wirksamere Lohn- und Gehaltsergänzungsleistungen eingesetzt werden, beispielsweise durch Steuergutschriften, und die Schwarzarbeit bekämpft wird; - flexible Arbeitszeitregelungen und Kinderbetreuungsmöglichkeiten dazu beitragen, die Beteiligung am Arbeitsmarkt zu erleichtern und die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden zu erhöhen; - durch eine umfassende Flexicurity-Politik, einschließlich flexibler und verlässlicher vertraglicher Vereinbarungen, der Segmentierung des Arbeitsmarkts entgegengewirkt wird, die jungen Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt erschwert, und echte Karrierechancen erhalten werden; - das tatsächliche Renteneintrittsalter und Erwerbsaustrittsalter heraufgesetzt werden, indem die Vorruhestandsregelungen beschnitten und die Rentenansprüche an die Entwicklung der Lebenserwartung angepasst werden, die Höhe der Rentenansprüche noch stärker von der Höhe der gezahlten Beiträge abhängig gemacht wird und mit Maßnahmen zur Förderung des aktiven Alterns sichergestellt wird, dass ältere Arbeitnehmer geschult werden, gesund bleiben und geeignete Arbeitsbedingungen vorfinden; - sich die Arbeitskosten entsprechend der Arbeitsproduktivität und den niedrigen Inflationsraten entwickeln, wobei die Tarifautonomie der Sozialpartner zu wahren ist; - mit gezielten Aktivierungsmaßnahmen benachteiligte Gruppen gefördert werden, um insbesondere Langzeitarbeitslosigkeit und soziale Ausgrenzung zu vermeiden; - die Systeme der Arbeitslosenunterstützung so gestaltet sind, dass sich Arbeit lohnt, und auf dem Konzept der beiderseitigen Verantwortung der Arbeitslosen und der Arbeitsverwaltungen und anderer sozialer Dienste beruhen. Dabei spielen aktive Arbeitsmarktmaßnahmen wie Fortbildung und Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche eine entscheidende Rolle; 7397/11 HBA/ib 5
- Arbeitslosenunterstützungssysteme und andere beschäftigungsbezogene Unterstützungssysteme weiterhin einen ausreichenden Schutz in jeder Konjunkturphase sicherstellen. Sie müssen jedoch gegebenenfalls auch so flexibel sein, dass die Leistungen leicht an die Konjunkturschwankungen angepasst werden können. Vorübergehende Ausweitungen der Leistungen und der Dauer der Arbeitslosenversicherung, die im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise eingeführt wurden, sollten überprüft werden, sobald sich die wirtschaftliche Erholung verfestigt und sich mehr Beschäftigungsmöglichkeiten bieten; - in wohldurchdachte und kostenwirksame bildungs- und ausbildungspolitische Maßnahmen investiert wird und den Lernenden die richtigen Anreize zur Weiterqualifizierung geboten werden. Dies lässt sich insbesondere durch eine Ausrichtung auf Lernergebnisse, die sich am Bedarf des Arbeitsmarkts orientieren, durch Bemühungen zur Vermeidung von frühzeitigen Schulabgängen, durch Maßnahmen zur Erhöhung des Anteils tertiärer Bildungsabschlüsse, durch effiziente Systeme für die Anerkennung von Berufsqualifikationen und von nicht formaler Bildung und durch einen wirksameren Einsatz der Finanzmittel bei Angeboten für lebenslanges Lernen erreichen; 6. IST SICH DARIN EINIG, dass jeder Mitgliedstaat seine Handlungsschwerpunkte unter Berücksichtigung seines haushaltspolitischen Spielraums und seiner jeweiligen Position im Konjunkturzyklus festlegen sollte. Vor allem sollten die stark verschuldeten Mitgliedstaaten mit hohen Leistungsbilanzdefiziten konkrete Korrekturmaßnahmen vorlegen. Allerdings sollten alle Mitgliedstaaten stärker darauf achten, dass ihre arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Maßnahmen effizient, angemessen und zielgerichtet sind; 7. FORRT alle Mitgliedstaaten AUF, unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Ausgangsposition und der nationalen Gegebenheiten ehrgeizige nationale Ziele in Bezug auf die Beschäftigung und die Förderung der sozialen Inklusion insbesondere durch Verringerung der Armut festzulegen mit Blick auf die beiden Kernziele der EU, bis 2020 eine Beschäftigungsquote von 75 % anzustreben und mindestens 20 Millionen Menschen vor dem Risiko der Armut und der Ausgrenzung zu bewahren, und IST R AUFFASSUNG, dass spätestens 2014 eine Halbzeitüberprüfung der nationalen Ziele durchgeführt werden sollte, so dass Korrekturen vorgenommen werden können; 7397/11 HBA/ib 6
8. WEIST DARAUF HIN, dass die politischen Antworten auf makroökonomische Ungleichgewichte komplex sind und die betroffenen Sozialpartner dabei eine wichtige Rolle zu spielen haben. Zudem können sie in den Beratungen über die Ziele der nationalen Reformprogramme einen entscheidenden Beitrag zur Verstärkung der sozialen Grundlagen der Wettbewerbsfähigkeit und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum leisten; 9. ERSUCHT die Mitgliedstaaten und die Kommission, in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten zu prüfen, wie die Lohnfindung auf nationaler Ebene zur Verhütung und Beseitigung makroökonomischer Ungleichgewichte und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit beitragen kann. 7397/11 HBA/ib 7