Praxisseminar Strahlenschutz Teil 3.1: Biologische Wirkung ionisierender Strahlung

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Transkript:

Praxisseminar Strahlenschutz Teil 3.1: Biologische Wirkung ionisierender Strahlung Nikolaus Arnold 14.03.2013 01.05.2013 Praxisseminar Strahlenschutz Teil 2: Ionisierende Strahlung 1 1

Inhalt Wiederholung Ionisierende Strahlung Strahlenarten Wechselwirkung von Strahlung mit Materie Biologische Wirkung von Strahlung Dosiskonzept Strahlenschäden 2

Wiederholung Aufbau des Atoms Strahlung Nuklidkarten Zerfallsreihen Quelle: http://webdocs.gsi.de/~wolle/telekolleg/kern/images/atom_modell_2.gif Quelle: wikipedia 3

Wiederholung Einheiten Strahlenquellen Natürlich, Hintergrund, Künstlich Wechselwirkung mit Materie Quelle: wikipedia 4

Wiederholung Kernzerfälle α-zerfall große Masse, hohe Energie Hohe biologische Wirksamkeit Geringe Reichweite Element ändert sich Quelle: http://de.wikibooks.org/wiki/physikalische _Grundlagen_der_Nuklearmedizin 5

Wiederholung Kernzerfälle β-zerfall n p + + e - oder p n + e + Gut abschirmbar Element ändert sich Quelle: http://de.wikibooks.org/wiki/physikalische _Grundlagen_der_Nuklearmedizin 6

Wiederholung Kernzerfälle γ-zerfall Elektromagnetische Strahlung (kein Teilchen) Nebenprodukt bei Zerfall schwer abschirmbar Quelle: wikipedia (Röntgenstrahlung) 7

Wiederholung Kernzerfälle Andere Zerfallsarten Elektroneneinfang: verwandt mit β +, ohne Teilchenemission Innere Konversion: verwandt mit γ, Anregung von Kern auf Hüllenelektron Spaltung: Kern zerfällt in 2 andere Kerne Spontane Nukleonenemission 8

Wiederholung Aktivität & Abschirmung Aktivität Anzahl der Kernumwandlungen pro Zeiteinheit Einheit: Becquerel (Bq) Abschirmung 9

(Biologische) Wirkung von Strahlung Strahlung tritt in WW mit Materie und verursacht Schäden Wirkung beruht auf Ionisation und Aufbrechen von Bindungen chemische Veränderung des Materials Materialschäden (Änderung der Materialeigenschaften) Schäden am Organismus (Zellschäden) Aus der Kenntnis der Wechselwirkungen weitere Ableitung über Schädlichkeit der Strahlung 10

Wiederholung Wechselwirkung Alphastrahlung, Protonen Atome werden ionisiert α-teilchen gebremst - stoppt bei Eindringtiefe Betastrahlung (Elektronen, Positronen) Wesentlich kleiner geringere WW Größere Streuwinkel Zusätzlich Bremsstrahlung (Röntgen) 11

Wiederholung Wechselwirkung Gammastrahlung Keine Teilchenstrahlung Versch. Wechselwirkungen Halbwertsschicht Neutronenstrahlung Wechselwirkung mit Atomkernen Direkter Stoß an Kern - Rückstoßteilchen Höherer Energiezustand im Kern (Aktivierung) Quelle: wikipedia 12

Teilchenstrahlung vs em. Strahlung Elektromagnetische Strahlung Röntgen und Gamma ab 3keV löst Bindungen von e an Atomkerne Teilchenstrahlung Elektronen, Protonen, α-teilchen, Ionen, Neutronen 13

Direkt ionisierend vs. indirekt ionisierend Direkt ionisierend Ionisierende Strahlung bricht chemische Verbindungen auf und es entstehen chemische Radikale Geladene Teilchen Indirekt ionisierend WW, die geladene Teilchen erzeugen Elektromagnetische Strahlung, Neutronen 14

LET - Linear Energy Transfer Energie die ein ionisierendes Teilchen pro Längeneinheit im Gewebe abgibt (kev/μm) Biologische Wirksamkeit wesentlich vom LET abhängig Hoher LET kurze Reichweiten α,schnelle Neutronen, Protonen Niedriger LET em Strahlung,Elektronen 15

Biologische Wirkung von Strahlung Auswirkung der Strahlung für Zellen Direkte Schädigung der Zellen bzw. DNA Indirekte Effekte Wasserradiolyse Bildung von Radikalen Radiolyse von Aminosäuren 16

Biologische Wirkung von Strahlung Auswirkung auf die Zelle Reparatur Zellmutation Zelltod Abhängig von LET Betroffenem Gewebe Intensität und Dauer (Dosis) (Reparaturprozesse) (Zeitlicher Dosisverteilung) Dosiskonzept 17

Dosiskonzept Aus einer Größe sollen verschiedene Arten der Strahlenbelastung beschrieben werden und aus dieser Wirkung bzw. Risiko abzuleiten sein Dazu werden die Einflussgrößen mit Faktoren gewichtet Energiedosis D Im Gewebe abgegebene Energiemenge pro Masse Gray [Gy]: 1 Gy = 1 Joule / kg 18

Dosiskonzept Strahlenwichtungsfaktor w R Berücksichtigt Ionisationsdichte Äquivalentdosis H H = D * w R Einheit Sievert [Sv] 1 Sv = 1 Joule / kg 1 Sv = 1 000 msv = 1 000 000 µsv = 1 000 000 000 nsv 19

Dosiskonzept Gewebewichtungsfaktorfaktor w T Äquivalentdosis gewichtet nach betroffenen Organen Effektivdosis E Maß zum Vergleich von Risiken durch unterschiedliche Bestrahlung E = Σ w T H T Einheit: Sv 20

Dosiskonzept Dosisleistung pro Zeit aufgenommene Dosis Einheit: Sv/h Selbe Dosis über längeren Zeitraum geringerer Schaden Dosis - Wirkung eines Strahlungsfeldes auf einen Körper kennzeichnet Dosisleistung gibt an, wie schnell diese Wirkung zustande kommen kann 21

Dosiskonzept Aus effektiver Dosis lässt sich im wesentlichen die Wirkung auf den menschlichen Körper ableiten Einschränkungen Biolog. HWZ Alter Beispiel Haut Statistik Sterbewahrscheinlichkeit an akutem Knochenmarkssyndrom bei kurzfristiger Ganzkörperbestrahlung 22

Strahlenschäden Somatische Schäden Schäden am exponierten Individuum Deterministische, akute oder kausale Schädigung Stochastische oder Spätschäden Dosis von 1mSv führt etwa zu 3000 Basenschäden (DNA) pro Zelle Teratogene Schäden Schädigung des Embryos Genetische Schäden Schäden in der Folgegeneration 25% höhere Mutationsrate bei 4Gy em. Bestrahlung einer Keimzelle 23

Deterministische Strahlenschäden Wurden als erste Wirkung von Strahlung auf den Körper entdeckt Dosisabhängig Direkter Zusammenhang Dosis - Wirkung Treten nur beim Bestrahlten selbst auf Teratogen Wirkung vergleichbar mit Gift Hohe lokale Bestrahlungen verursachen Verbrennungen Schwellendosen Strahlenunfall bei der Schweissnahtprüfung, 50 Sv, nach 14 bzw. 23 Tagen 24

Wirkung hoher Strahlendosen 100mSv - Änderung des Blutbildes 1 Sv - Strahlenkrankheit 3-4 Sv - LD 50 (50% Todesfälle ohne ärztliche Behandlung) 7 Sv - LD 100 25

26

Stochastische Strahlenschäden Erkannt aufgrund der Untersuchungen nach Hiroshima und Nagasaki Erkenntnisse führten zu Änderung der erlaubten Dosis am Arbeitsplatz Können nicht direkt, sondern nur durch statistische Häufungen nachgewiesen werden Wahrscheinlichkeit des Auftretens ist dosisabhängig Linear No Threshold LNT Störung d. Reproduktionsfähigkeit, Reparaturfähigkeit Vergleichbar mit Rauchen i.a. gilt: Auswirkung von kleineren Dosen zeigt sich später (Krebsrisko, und genetische Schäden) 27

Strahlenspätschäden 10% bei 1 Sv (UNSCEAR) Nach Strahlenexposition 1Sv von 1000 Pers sterben 100 davon an einem strahleninduzierten Tumor Quelle: wikipedia 28

Zusammenfassung Wiederholung Ionisierende Strahlung Biologische Wirkung von Strahlung Dosiskonzept Strahlenschäden Deterministisch Stochastisch 29