Examensrepetitorium an der Universität Tübingen. Lösungsskizze zu Fall 7: Das unerwünschte Girokonto



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Transkript:

Examensrepetitorium an der Universität Tübingen Aktuelle Fälle aus der Praxis des Verwaltungsgerichts Sigmaringen Sommersemester 2008 Lösungsskizze zu Fall 7: Das unerwünschte Girokonto Richter am Verwaltungsgerichtshof Michael Vogel A. Entscheidung des Verwaltungsgerichts hinsichtlich des Rechtswegs I. Prozessuale Vorüberlegungen Ist der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht nicht eröffnet, hat das Gericht den Rechtsstreit von Amts wegen durch Beschluss an das zuständige Gericht zu verweisen ( 173 VwGO, 17a Abs. 2 Satz 1 GVG). Ein Antrag ist nicht erforderlich; die Beteiligten sind allerdings vorher zu hören. Die Rechtswegverweisung bindet, aber nur bezüglich des Rechtswegs. Eine Klage kann wegen fehlenden Rechtsweges oder fehlender Zuständigkeit nicht als unzulässig abgewiesen, sondern muss an das zuständige Gericht verwiesen werden. Der Rechtsstreit wird (erst) nach Eintritt der Rechtskraft des Verweisungsbeschlusses mit Eingang der Akten bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht anhängig ( 17b Abs. 1 Satz 1 GVG). Die Wirkungen der Rechtshängigkeit bleiben bestehen ( 17b Abs. 1 Satz 2 GVG). Hält das Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für gegeben, ist dies aber zwischen den Beteiligten umstritten, kann es die Zulässigkeit des Rechtsweges durch Beschluss vorab feststellen ( 17a Abs. 3 Satz 1 GVG), was in der Praxis eher selten vorkommt. Das Gericht muss eine solche (positive) Vorabentscheidung treffen, wenn ein Beteiligter die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt ( 17a Abs. 3 GVG). Frage also hier: Hat das Verwaltungsgericht einen Verweisungsbeschluss zu treffen, da der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben ist, oder muss es eine positive Vorabentscheidung über den Verwaltungsrechtsweg treffen, nachdem die Kreissparkasse ausdrücklich die Zulässigkeit des Rechtswegs gerügt hat. II. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, 40 Abs. 1 VwGO Voraussetzung: Öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art, die nicht durch Gesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist. 1. Keine Streitigkeit verfassungsrechtlicher Art unproblematisch; es streiten keine Verfassungsorgane oder am Verfassungsleben beteiligte Organe um verfassungsrechtliche Normen.

2 2. Keine Zuweisung an ein anderes Gericht Es fehlt eine ausdrückliche gesetzliche Rechtswegzuweisung. 3. Öffentlich-rechtliche Streitigkeit Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 10.4.1986 - GmS-OGB 1.85 -, BVerwGE 74, 368, 370; BVerwG, Urteil vom 15.11.1990-7 C 9.89 -, BVerwGE 87, 115, 119). Der Charakter des zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses bemisst sich nach dem erkennbaren Ziel des Rechtsschutzbegehrens und des zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalts. Maßgeblich ist allein die tatsächliche Natur des Rechtsverhältnisses, nicht hingegen die rechtliche Einordnung des geltend gemachten Anspruchs durch den Kläger. Für das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit reicht es grundsätzlich aus, dass für das Rechtsschutzbegehren eine Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, die im Verwaltungsrechtsweg zu verfolgen ist (BVerwG, Beschluss vom 15.12.1992-5 B 144.91 -, Buchholz 300 17a GVG Nr. 5). Hier: Der Landesverband beruft sich für sein Begehren auf Eröffnung des Girokontos auf 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die politischen Parteien - ParteiG -. Nach dieser Vorschrift sollen alle Beteiligten gleich behandelt werden, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt oder andere öffentliche Leistungen gewährt. Diese Bestimmung begründet eine einseitige Verpflichtung von Trägern staatlicher Gewalt und ist damit dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Im Hinblick auf die Geltendmachung dieses öffentlich-rechtlichen Anspruchs ist der Rechtsstreit auf Eröffnung eines Girokontos zwischen einer politischen Partei und einer Sparkasse als öffentlich-rechtliche Streitigkeit einzuordnen. Somit ist für sie der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.5.2004-8 E 379/04 -, NVwZ-RR 2004, 795; OVG Hamburg, Beschluss vom 18.4.2002-1 So 35/02 -, juris; VG Berlin, Beschluss vom 14.7.2005-2 A 62.05 -, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.4.2007-22 K 6375/04 -; VG Sigmaringen, Beschluss vom 5.3.2008-5 K 2558/07 -, juris [noch nicht rechtskräftig]; anderer Ansicht: VG Düsseldorf, Beschluss vom 5.3.2004-1 K 1156/04 - wurde mit Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 11.5.2004-8 E 378/94 - aufgehoben). Anders als die Kreissparkasse meint, steht der Einordnung der Streitigkeit als öffentlich-rechtlich nicht entgegen, dass die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten nach der Entscheidung über das Ob der Kontoeröffnung vom Vertragsabschluss über die Führung bis hin zur etwaigen Kündigung des Girokontos privatrechtlicher Natur sind. Denn der privatrechtliche Charakter des Vertragsschlusses lässt keinen Rückschluss auf die Rechtsnatur der Vorschriften zu, die hierzu verpflichten. Der Anspruch aus 5 Abs. 1 Satz 1 ParteiG ist auch dann im Verwaltungsrechtsweg zu verfolgen, wenn das spätere Leistungsverhältnis privatrechtlich ausgestaltet ist.

3 Ob für das Begehren des Landesverbands darüber hinaus auch ein zivilrechtlicher, so genannter mittelbarer Kontrahierungszwang gemäß 826 BGB in Betracht kommt (vgl. dazu VG Hannover vom 29.5.2001-1 A 1782/01 u.a. -, NJW 2001, 3354), ist für die Einordnung der Streitigkeit als öffentlich-rechtlich ebenfalls unerheblich. Denn das Gericht des zulässigen Rechtswegs entscheidet den Rechtsstreit gemäß 17 Abs. 2 Satz 1 GVG in Verbindung mit 173 Satz 1 VwGO grundsätzlich unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten. Beachte 17 Abs. 2 GVG: Ist der Verwaltungsrechtsweg unter einem Aspekt eröffnet, so entscheidet das VG den Rechtsstreit umfassend unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Etwas anderes gilt nur in Bezug auf die höherrangigen Vorschriften der Art. 14 Abs. 3 Satz 4 und Art. 34 Satz 3 GG. Diese umfassende Entscheidungskompetenz gilt aber nur, wenn die verschiedenen Ansprüche auf ein und demselben Streitgegenstand beruhen. Werden mehrere selbständige prozessuale Ansprüche (Fälle der bloßen Klagehäufung) geltend gemacht, so ist die Zulässigkeit des Rechtsweges jeweils gesondert zu prüfen III. Ergebnis Das Verwaltungsgericht wird einen Beschluss nach 17a Abs. 3 GVG treffen, mit dem es feststellt, dass der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet ist. B. Erfolg der vom Landesverband erhobenen Klage I. Zulässigkeit 1. Verwaltungsrechtsweg, 40 VwGO (+), ist nach Rechtskraft des Beschlusses nach 17a Abs. 3 GVG gemäß 17a Abs. 1 GVG vorab verbindlich festgestellt worden. 2. Statthafte Klageart Allgemeine Leistungsklage, da mit der Eröffnung des Girokontos ein schlichte Handlung eines Trägers öffentlicher Gewalt begehrt wird. 3. Klagebefugnis ( 42 Abs. 2 VwGO entsprechend) a. Möglicher Anspruch aus 5 ParteiG Der Landesverband beruft sich auf das in 5 ParteiG konkretisierte Recht politischer Parteien auf Chancengleichheit b. Gesetzliche Prozessstandschaft des Landesverbands? Allerdings hat die Kreissparkasse dem Kreisverband K und nicht dem Landesverband die Eröffnung eines Girokontos verweigert, weshalb es hier um eine Rechtsverletzung des Kreisverbandes geht. Der Kreisverband ist als Unterorganisation einer Partei auch im Sinne des 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähig und hätte seine Rechte damit im eigenen Namen geltend machen können (Kopp, VwGO, 15. Aufl., 61 RdNr. 9).

4 Dies schließt aber eine Geltendmachung der Rechtsverletzung durch den Landesverband nicht aus. Der Landesverband kann den geltend gemachten Anspruch gemäß 42 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit 3 Satz 2 ParteiG in gesetzlicher Prozessstandschaft für ihren Kreisverband im eigenen Namen geltend machen (OVG Hamburg, Beschluss vom 16.9.2002-1 Bs 243/02 -, juris; VG Schleswig, Urteil vom 6.7.2006-6 A 46/04 -). Der Gesetzgeber wollte - wie sich aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift (vgl. dazu Jülich, DVBl. 1968, 846) ergibt - zur Beseitigung zivilprozessualer Probleme mit 3 ParteiG eine gesetzliche Prozessstandschaft schaffen, die sich nicht nur auf zivilrechtliche, sondern auch auf solche des öffentlichen Rechts erstreckt. 4. Kein Vorverfahren, keine Klagefrist Die Erhebung der allgemeinen Leistungsklage ist grundsätzlich ohne vorherige Durchführung eines Vorverfahrens und ohne Bindung an eine bestimmte Klagefrist zulässig. Insofern ist es unerheblich, dass die Klage erst mehrere Monate nach der endgültigen Ablehnung der Eröffnung des Girokontos durch die Kreissparkasse erhoben wurde. 5. Ergebnis Die Klage ist zulässig. II. Begründetheit Die allgemeine Leistungsklage ist begründet, wenn ein Anspruch auf Eröffnung des Girokontos besteht. 1. Anspruchsgrundlage: 5 Abs. 1 ParteiG 5 Abs. 1 ParteiG: Wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt oder andere Leistungen gewährt, sollen alle Parteien gleichbehandelt werden. a. Sparkasse als Träger öffentlicher Gewalt Träger öffentlicher Gewalt i.s.d. 5 Abs. 1 Satz 1 ParteiG: Sämtliche Träger öffentlicher Gewalt einschließlich Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts unabhängig von der Form der Tätigkeit (hoheitlich oder nichthoheitlich) und der Art der Rechtsbeziehungen (öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich) (Mangoldt/Klein/Starck- Streinz, GG, Band II, 5. Aufl., 2005, Art. 21 RdNr. 125). Hier: (+), Kreissparkasse ist nach 1 Sparkassengesetz für Baden-Württemberg (SparkG) eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Als solche ist sie im Bereich der Daseinsvorsorge Teil der vollziehenden Gewalt (BVerfG, Beschluss vom 14.4.1987-1 BvR 775/84 -, BVerfGE 75, 192). Der Auftrag der Kreissparkasse zur Daseinsvorsorge ergibt sich aus 6 Abs. 1 SparkG. Danach haben die Sparkassen unter anderem die Aufgabe, in ihrem Geschäftsgebiet die angemessene ausreichende Versorgung mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen sicherzustellen.

5 b. Gewährung öffentlicher Leistungen aa. Leistung Leistung i.s.d. 5 Abs. 1 Satz 1 ParteiG ist weit auszulegen: Eine Leistung ist gegeben, wenn sie dem Begünstigten eine besondere Rechtsstellung gewährt, die seinen Rechtskreis erweitert (BVerwG, Urteil vom 13.12. 1974 - VII C 42.72 -, BVerwGE 47, 280). Hier: (+), die Eröffnung eines Girokontos ist eine derartige Erweiterung des Rechtskreises, da dem Begünstigten ermöglicht wird, für die Abwicklung seines Geldtransfers die Dienste der Sparkasse in Anspruch zu nehmen. bb. öffentlich Ungeachtet der privatrechtlichen Ausgestaltung handelt es sich bei der Eröffnung des Girokontos um eine öffentliche Leistung. Nach 6 Abs. 1 SparkG obliegt der Kreissparkasse - wie ausgeführt - die angemessene und ausreichende Versorgung aller Bevölkerungskreise, der Wirtschaft und der öffentlichen Hand mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen. Zu diesem Zweck betreibt sie nach 6 Abs. 2 SparkG alle banküblichen Geschäfte. Dazu gehört auch die Führung von Girokonten für jedermann, auch für politische Parteien (OVG Berlin, Beschluss vom 11.5.2004-3 S 57/04 -, NJW 2004, 3585). c. Ungleichbehandlung In der Ablehnung der Eröffnung eines Girokontos für den Kreisverband liegt eine Ungleichbehandlung. Denn die Kreissparkasse führt für andere politische Parteien ebenfalls Girokonten. d. Kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung Die Ungleichbehandlung des Kreisverbandes kann nicht mit den politischen Zielen der Partei P begründet werden. Die Qualifizierung einer Partei als verfassungswidrig und damit als vom politischen Wettbewerb ausgeschlossen obliegt gemäß Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG allein dem BVerfG (sog. Parteienprivileg). Nach dieser Vorschrift entscheidet allein das BVerfG über die Verfassungswidrigkeit einer Partei. Solange eine entsprechende Feststellung nicht getroffen ist, soll eine Partei in ihren politischen Aktivitäten von jeder rechtlichen Behinderung frei sein, solange sie mit allgemein erlaubten Mitteln arbeitet. e. Ergebnis Infolgedessen kann der Kreisverband als Untergliederung einer politischen Partei Gleichbehandlung nach 5 Abs. 1 Satz 1 ParteiG beanspruchen. Dieses Recht ist grundsätzlich einschränkungslos garantiert. Obwohl der Wortlaut des 5 Abs. 1 Satz 1 ParteiG als Sollregelung ausgestaltet ist, normiert er vor dem Hintergrund der in Art. 21 GG verfassungsrechtlich verbürgten parteienrechtlichen

6 Gleichbehandlung eine strikte Verpflichtung der Träger öffentlicher Gewalt (Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Band 4, Art. 21 GG RdNr. 230). Ist die Verpflichtung aus 5 Abs. 1 Satz 1 ParteiG damit strikt zu verstehen, kommt es auch nicht darauf an, ob der Kreisverband die Möglichkeit hat oder finden wird, bei anderen Banken ein Girokonto zu eröffnen. Die Frage eines Anspruchs auf Gleichbehandlung bezieht sich allein auf den in Anspruch genommenen Träger öffentlicher Gewalt. Eine mögliche Erfüllung dieses Anspruchs durch private Dritte ändert daran nichts. 2. 5 Abs. 1 Satz 2 ParteiG Diesem Anspruch des Kreisverbandes steht 5 Abs. 1 Satz 2 ParteiG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift kann der Umfang der Gewährung der öffentlichen Leistung nach der Bedeutung der Parteien bis zu dem für die Erreichung ihres Zwecks erforderlichen Mindestmaß abgestuft werden. Aus dieser abgestuften Leistungsgewährung folgt nicht, dass überhaupt keine Leistung zu gewähren ist, also kein Girokonto einzurichten ist. Denn die Abstufung betrifft lediglich den Umfang, nicht jedoch das Ob der Leistungsgewährung. 3. Einwand des Rechtsmissbrauchs Rechtsmissbrauch liegt vor beim Gebrauch eines Rechts zu Zwecken, die unter keinem Gesichtspunkt schutzwürdig sind. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Vielmehr verfolgt der Kreisverband mit der Eröffnung des Girokontos rechtlich schutzwürdige Ziele. Ein Girokonto ist für seine Tätigkeit unerlässlich. Dies gilt nicht nur, um allgemein am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmen zu können. Eine politische Partei muss in der Lage sein, Mittel der staatlichen Parteienfinanzierung ( 18 ff. ParteiG) in Empfang nehmen zu können. Gleiches gilt für Spenden, die einen Betrag von 1.000 EUR überschreiten und insoweit nur unbar über eine Kontoverbindung geleistet werden dürfen ( 25 Abs. 1 Satz 2 ParteiG). Da der Kreisverband derzeit kein Girokonto besitzt, ist auch nichts dafür ersichtlich, dass - wie die Kreissparkasse meint - der Prozess aus Gründen der politischen Öffentlichkeitsarbeit geführt wird. III. Ergebnis Die Klage ist zulässig und begründet.