6. Fall Geschäftsführung ohne Auftrag???
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- Lorenz Adenauer
- vor 8 Jahren
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1 6. Fall Geschäftsführung ohne Auftrag??? Nach diesem Vorfall beschließt F auch anderweitig tätig zu werden. Inspiriert von der RTL Sendung Peter Zwegat, beschließt er eine Schuldnerberatung zu gründen, um Menschen aus der finanziellen Krise zu retten. Einer seiner ersten Kunden ist dabei sein eigener Vater, der durch diverse fehlgegangene Investitionen kurz vor dem Ruin steht. F bietet seinem Vater an, die Schuldensanierung für diesen durchzuführen. Beide wollen alles richtig machen und schließen einen Vertrag, indem der K den F gegen den üblichen Arbeitslohn in Höhe von EUR 12,50 pro Stunde beauftragt, die Schuldensanierung durchzuführen. Der F soll seinen Lohn nur erhalten, wenn ihm die Schuldensanierung geglückt ist. Um den Auftrag des Vaters gut auszuführen, kauft er sich nach Rücksprache extra einen Taschenrechner zu einem Preis von EUR 20,00. Was F nicht weiß ist, dass dem K vor kurzem durch die andauernde finanzielle Belastung die Sicherungen durchgebrannt sind und er seitdem geschäftsunfähig ist. F führt die Schuldensanierung seines Vaters durch und verlangt anschließend die Vergütung von drei Arbeitsstunden sowie der EUR 20,00 für die Kosten des Taschenrechners Besteht ein Anspruch?
2 Lösung Fall 6 I. Anspruch des F gegen K aus Vertrag gem. 631 BGB F könnte gegen K einen Anspruch aus dem geschlossenen Werkvertrag gem. 631 BGB haben. Die beiden Parteien vereinbarten, dass der K eine Vergütung schulden sollte, wenn die Sanierung geglückt ist. Mithin handelt es sich um einen Werkvertrag. Fraglich ist jedoch, ob dieser auch wirksam ist. Voraussetzungen hierfür sind zwei aufeinander bezogene, übereinstimmende und wirksame Willenserklärungen. Gem. 104 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist die Willenserklärung des K hier jedoch nichtig, so dass kein wirksamer Vertrag geschlossen wurde. Ein Anspruch aus 631 BGB scheidet mithin aus. II. Anspruch des F gegen K gem. 677, 683 S. 1, 670 BGB 1. Geschäftsbesorgung F müsste ein Geschäft besorgt haben. Hierunter versteht man jedes tatsächliche oder rechtliche Handeln. F führte hier die Schuldensanierung des K durch. Im Rahmen einer Sanierung fallen tatsächliche und rechtliche Handlungen mit wirtschaftlichem Bezug an. Eine Geschäftsbesorgung liegt mithin vor. 2. fremdes Geschäft F müsste auch ein fremdes Geschäft geführt haben. Ein solches liegt vor, wenn die Geschäftsbesorgung in den Rechts- und Interessenskreis eines anderen fällt. F saniert hier die Finanzen des K, so dass die Tätigkeit des F in den Rechts- und Interessenskreis eines anderen fällt. Problematisch ist jedoch, dass der F sich aufgrund des vermeintlich mit K geschlossenen Vertrages dazu verpflichtet fühlte und dieser Vertrag nichtig war. In diesen Fällen ist streitig, ob ein fremdes Geschäft vorliegt und somit die Vorschriften der GoA anwendbar sind. a) erste Ansicht Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht fehlt es schon an einem fremden Geschäft, weil der Auftragnehmer zur Erfüllung einer vermeintlich eigenen Verpflichtung tätig geworden ist. Nach dieser Ansicht wäre ein Anspruch des F gegen K hier ausgeschlossen. c) Ansicht der Rechtsprechung Nach Ansicht der Rechtsprechung und einem Teil der Literatur sind die Regeln der GoA immer dann anwendbar, wenn der Anspruchsteller berechtigterweise im Geschäftsbereich eines anderen mit Fremdgeschäftsführungswillen tätig geworden ist, unabhängig davon, ob die Tätigkeit aufgrund eines unwirksamen Vertrages oder aus einem anderen Grund vorgenommen worden ist (auch fremdes Geschäft).
3 Maßgeblich ist nur, dass keine Verpflichtung bestand (ein bestehender Vertrag schließt GoA aus). c) Stellungnahme Für die erste Ansicht wird angeführt, dass nichtige Verträge ausschließlich nach den Regeln der Leistungskondition abzuwickeln sind, weil bei der Anwendung der Regeln der GoA die bereicherungsrechtlichen Ausschlussvorschriften, 814, 815, 817 S. 2 BGB, nicht angewandt werden könnten. Eine solche Bevorzugung des Anspruchstellers, der aufgrund eines nichtigen Vertrages Tätigkeiten erbracht habe, sei nicht gerechtfertigt. Für letztere Ansicht lässt sich jedoch anführen, dass es keinen Unterschied machen kann, ob ein Auftrag von Anfang an nicht vorliegt oder er aber lediglich unwirksam ist. Letzter Ansicht soll hier somit gefolgt werden. Anmerkung: Der BGH wendet die GoA auf nichtige Verträge nur dann an, wenn Gegenstand der Leistung eine Geschäftsbesorgung war (der Schuldensanierungsvertrag ist ein Werkvertrag, hat aber geschäftsbesorgenden Charakter ). Der nichtige Kaufvertrag wird auch seitens des BGH nach den 812 ff. BGB rückabgewickelt. Für die Anwendung der 677 BGB oder der 812 ff. BGB bei einem nichtigen Vertrag kommt es nach dem BGH also auf den Inhalt der Leistungspflicht an. Dies ist in dogmatischer Hinsicht äußerst bedenklich. 3. Fremdgeschäftsführungswille F müsste auch mit Fremdgeschäftsführungswille gehandelt haben. Dies könnte hier fraglich sein, da W zum einen die Schuldensanierung tätigen wollte, sich hierzu jedoch aufgrund der Vereinbarung mit K verpflichtet gefühlt haben könnte. Ob in einem solchen Fall die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag einschlägig sind, ist umstritten. a) erste Ansicht Nach einer Ansicht fehlt es vorliegend am Fremdgeschäftsführungswillen, da der derjenige, der sich aus einem vermeintlich geschlossenen schuldrechtlichen Vertrag verpflichtet fühlt, allein im Hinblick auf seine Verpflichtung tätig wird. Folgt man dieser Ansicht, so käme ein Anspruch aus den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht in Betracht. b) zweite Ansicht - BGH Nach gegenteiliger Auffassung handelt es sich um einen Fall des auch fremden Geschäfts. Der Geschäftsführer verfolgt hier zwei Ziele. Zum einen möchte er das übernommene fremde Geschäft erfüllen und zum anderen dadurch seiner Verpflichtung aus dem vermeintlichen Vertrag nachkommen. Hiernach läge ein Fremdgeschäftsführungswille vor. c) Stellungnahme Fraglich ist, welcher Ansicht hier zu folgen ist. Gegen die erste Ansicht spricht, dass aus
4 dem Gesetz nicht hervorgeht, dass der Geschäftsführer lediglich im fremden Interesse handeln muss. Vielmehr ist es denkbar, dass der Geschäftsführer auch im fremden Interesse handelt. Wie oben ausgeführt, kann es zudem keinen Unterschied machen, ob ein Auftrag von Anfang an nicht vorliegt oder er aber lediglich unwirksam ist. Insbesondere erscheint es auch nicht wertungswidersprüchlich, in Fällen, in denen ein nichtiger Vertrag vorliegt, neben den bereicherungsrechtlichen Vorschriften diejenigen der GoA anzuwenden. 4. ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung Ferner müsste der F ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung gehandelt haben. Dies ist, wie bereits festgestellt, der Fall S. 1 Berechtigung Die Geschäftsführung müsste dem Interesse und Willen des K entsprochen haben. Der K wurde vorliegend saniert, so dass die Geschäftsführung für ihn objektiv nützlich war und mithin in seinem Interesse lag. Die Geschäftsführung müsste auch dem Willen des K entsprochen haben. Fraglich ist, wie es sich auswirkt, dass der K hier geschäftsunfähig war. Soweit das Gesetz auf den Willen des Geschäftsherrn abstellt, sind der Wille und die Erklärungen des gesetzlichen Vertreters des geschäftsunfähigen maßgeblich. Fehlt ein solcher Vertreter, so kommt es auf den mutmaßlichen Willen, also regelmäßig auf das Interesse des Geschäftsherrn an. Mangels Angaben hinsichtlich gesetzlicher Vertreter ist vorliegend auf den mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn abzustellen. Die Geschäftsführung entspricht vorliegend dem objektiven Interesse des K, so dass die Übereinstimmung mit seinem mutmaßlichen Willen. Es bestehen zudem keine Anhaltspunkte für die Annahme eines gegen die Geschäftsführung gerichteten mutmaßlichen Willen des K. Die Geschäftsführung entsprach somit dem Interesse und Willen des K. 6. Rechtsfolge: Aufwendungsersatz gem. 670 BGB F kann die erforderlichen Aufwendungen, hier der Preis für den Taschenrechner, ersetzt verlangen. Fraglich ist jedoch, ob auch die Arbeitstätigkeit ersetzt wird. Grundsätzlich ist gehört zu den Aufwendungen i.s.d 670 BGB nicht die eigene Arbeitsleistung, die der Beauftragte zur Ausführung des Auftrags aufwendet. Dies folgt grundsätzlich aus der Unentgeltlichkeit des Auftrags als solchem. Anders verhält es sich nach h.m. jedoch bei der Geschäftsführung ohne Auftrag. Hier soll für Leistungen, die zum Beruf oder Gewerbe des Geschäftsführers gehören entsprechend der Regelung des 1835 Abs. 3 BGB eine Vergütung möglich sein. Als Begründung hierfür wird vorgetragen, dass es bei der Geschäftsführung ohne Auftrag regelmäßig keine Vereinbarung über die Unentgeltlichkeit zwischen den Parteien gibt. Gemäß 1835 Abs. 3 BGB analog kann F von K auch die vereinbarte Vergütung verlangen, da die erbrachten Dienste zu seinem Gewerbe bzw. zu seinem Beruf gehörten. III. Anspruch des F gegen K gem. 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB F könnte gegen K einen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung und der Kosten für den Taschenrechner gem. 812 Abs. 1 Satz 1 1.Variante BGB haben.
5 1. etwas erlangt Zunächst müsste der K etwas i.s.d 812 BGB erlangt haben. Hierunter versteht man jeden vermögensrechtlichen Vorteil. F hat K saniert. Mithin hat K einen vermögensrechtlichen Vorteil erlangt. 2. durch Leistung Ferner müsste der F geleistet haben. Hierunter versteht man jede bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens. Vorliegen hat der F aufgrund der vermeintlichen vertraglichen Verpflichtung das Vermögen des K bewusst und zweckgerichtet vermehrt. Mithin liegt eine Leistung i.s.d. 812 BGB vor. 3. ohne Rechtsgrund Die Leistung müsste auch ohne Rechtsgrund erfolgt sein. Dies ist hier nicht der Fall. Bei der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag handelt es sich um einen Rechtsgrund i.s.d 812 BGB. Anmerkung: Schließt man sich im Streitfall der Ansicht an, dass die Geschäftsführung ohne Auftrag nicht anwendbar wäre, so käme der Anspruch aus 812 (Leistungskondiktion) in Betracht. Da die Geistesleistung des F nicht in Natur herausgegeben werden könnte, hätte K gemäß 818 Abs. 2 BGB Wertersatz in Geld zu leisten.
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