Voraussetzung für ein gesundes Hundeleben

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Transkript:

Voraussetzung für ein gesundes Hundeleben Varianz der DLA-Gene stärkt das Immunsystem Neben teils schwerwiegenden Erkrankungen des Skeletts und des Bewegungsapparates sind es heute vor allem Allergien und Autoimmunerkrankungen, neurologische Probleme und Krebserkrankungen, die in den meisten Rassen mehr oder weniger weit verbreitet sind, und die zu den häufigsten Diagnosen in der Tierarztpraxis gehören. Die Lebensqualität der betroffenen Patienten kann massiv beeinträchtigt sein, und ein beachtlicher Teil dieser Erkrankungen verlangt dem Besitzer eine umfangreiche und manchmal auch keineswegs einfache Betreuung und Versorgung des Hundes ab. All diese Probleme treten oft auch dann auf, wenn die Nachkommen in der Rassehundezucht erwiesenermaßen phänotypisch gesunde Elterntiere haben. Eine der Ursachen für den genetisch bedingten Anteil all dieser Probleme ist das in den meisten Hunderassen ausgesprochen hohe Inzuchtniveau. Populationsgenetiker warnen bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten vor den Folgen einer Zuchtstrategie, in der eng miteinander verwandte Elterntiere verpaart werden oder hochprämierte Rüden überproportional häufig zum Decken eingesetzt werden (Popular Sire Syndrome). Derartige Zuchtpraktiken lassen das Inzuchtniveau einer Rasse kontinuierlich ansteigen und führen neben dem Anstieg eventuell vorhandener Defektgene vor allem zu einem beachtlichen Verlust der genetischen Varianz: Die Homozygotie steigt somit an. Damit erhöht sich zum einen das Risiko, dass Loss of Function Mutationen (Gene mit Funktionsverlusten), die als einzelnes Allel keinerlei Auswirkung für das Individuum haben und somit ohne molekulargenetische Diagnostik unbemerkt bleiben, nun durch ihr verdoppeltes Vorkommen für massive gesundheitliche Beeinträchtigungen verantwortlich sein können. Inzucht: Widerstandsfähigkeit des Organismus sinkt Darüber hinaus aber geht die wachsende Inzuchtdepression innerhalb einer Population mit einer stetigen Fitnessminderung einher, die sich in vielerlei Aspekten zeigt: Die Fruchtbarkeit sinkt, die Lebenszeit verkürzt sich, Gesundheit und Widerstandsfähigkeit nehmen ab, und vor allem verliert der Organismus seine Anpassungsfähigkeit an wechselnde und belastende Umwelteinflüsse: Autoimmunerkrankungen, Allergien und Krebserkrankungen nehmen zu. Dabei handelt es sich jeweils um komplexe Krankheitsgeschehen, für deren Ausbruch neben der genetischen Veranlagung immer auch verschiedenste Umweltfaktoren eine bedeutende Rolle spielen, Umwelteinflüsse, auf die der Hund auf Grund seiner eingeschränkten genetischen Variabilität nicht mehr angemessen reagieren kann. Somit gehören all diese letztlich von der Funktion des Immunsystems abhängigen Erkrankungen auch zu den negativen Folgen eines hohen Inzuchtniveaus, und es verwundert kaum, dass Folgeerkrankungen wie beispielsweise die autoimmune Schilddrüsen-Unterfunktion, denen autoimmunologische Prozesse zu Grunde liegen, in Rassen mit einem überdurchschnittlich hohen Inzuchtniveau auch vermehrt

diagnostiziert werden. Die Populationsgenetikerin Prof. Irene Sommerfeld-Stur erläutert die Vorteile einer hohen genetischen Varianz mit einem treffenden Vergleich: Von einem hohen Inzuchtniveau muss man heute leider bei jeder Rasse ausgehen. Die Auswirkungen einer zunehmenden Homozygotie mit dem entsprechenden Verlust der genetischen Vielfalt lassen sich sehr anschaulich mit einem gut oder schlecht ausgestatteten Werkzeugkasten vergleichen. Mit vielen verschiedenen Werkzeugen lassen sich die unterschiedlichsten Problemstellungen meistern. Für jede Situation gibt es eine Lösungsmöglichkeit und das entsprechende Werkzeug. Stehen aber nur wenige Werkzeuge zur Verfügung, hat man nur eingeschränkte Möglichkeiten und sicher nicht für jedes Problem das passende Werkzeug parat. Genauso verhält es sich mit den Genen. Ein Individuum mit einer hohen genetischen Varianz verfügt über wesentlich mehr Möglichkeiten, den unterschiedlichen Herausforderungen, die die Umweltbedingungen an den Organismus stellen, zu begegnen, sie zu verarbeiten und zu meistern. Molekulargenetische Bestätigung jahrzehntealten Wissens Wie bei vielen anderen Erkrankungen ist es auch im Hinblick auf die Auswirkungen eines steigenden Inzuchtniveaus auf das Immunsystem heute insbesondere die molekulargenetische Diagnostik, die die seit Jahrzehnten bekannten Thesen der Populationsgenetik und die daraus resultierenden Warnungen bestätigt. So stellt die Salzburger Molekularbiologin Dr. Anja Geretschläger, die sich in ihren Studien und Forschungsarbeiten schwerpunktmäßig mit genetischen Strukturen, die das Immunsystem betreffen, auseinandersetzt, dem eingängigen Bild der Populationsgenetikerin eine molekulargenetische Erklärung zur Seite: Im Bereich des Immunsystems gibt es die sogenannten DLA-Gene, die einerseits für ein funktionierendes Immunsystem notwendig sind, andererseits aber mit Fehlleistungen wie Autoimmunerkrankungen im Zusammenhang stehen. Darüber hinaus könnten sie möglicherweise auch bei Impfreaktionen eine bestimmte Rolle spielen. Je vielfältiger sich diese DLA-Gene im Genom des einzelnen Hundes präsentieren, desto besser kann das Immunsystem auf Eindringlinge reagieren. Es gehört zu den zentralen Aufgaben des Immunsystems, schnell und effektiv Krankheitserreger, die in den Organismus eindringen, unschädlich zu machen. Das funktioniert schlecht, wenn die dafür zuständigen Gene eingeschränkt sind. DLA-Gene der MHC-Klasse II Die DLA-Gene (Dog Leucocyte Antigen) sind Teil einer Gruppe von Genen, die für das Funktionieren des Immunsystems verantwortlich sind. Damit das körpereigene Abwehrsystem effektiv arbeiten kann, ist es von herausragender Bedeutung, dass die dafür verantwortlichen Zellen genau zwischen körpereigenen und fremden Proteinen unterscheiden können, denn jede Zelle, die sich nicht als normal, gesund und körpereigen ausweisen kann, sollte ins Visier des Immunsystems geraten. Zu diesem Zweck trägt jede physiologische Körperzelle eine für das betreffende Individuum charakteristische Signatur bestimmter Proteine auf ihrer Oberfläche,

sozusagen einen molekularen Stempel, für den die Gene des sogenannten Haupt- Histokompatibilitäts-Komplexes, kurz MHC (Major Histocompitibility Complex) verantwortlich sind. Von den insgesamt drei MHC-Klassen umfasst jede Klasse bestimmte Gene, die unterschiedliche Aufgaben im Immunsystem übernehmen. Das Hauptaugenmerk der Salzburger Forschung liegt auf der MHC-Klasse II, zu denen die drei DLA-Gene DLA-DRB1, DLA-DQA1 und DLA-DQB1 gehören, die auch in diesen festen Dreierkonstellationen, den sogenannten Haplotypen, gemeinsam von den Eltern an die Nachkommen weitergegeben werden. Die Produkte dieser DLA- Gene greifen zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Abwehrreaktion des Immunsystems den Krankheitserreger an: Die DLA-Gene codieren die MHC II-Rezeptoren auf der Oberfläche antigenpräsentierender Zellen, deren Aufgabe darin besteht, den anderen Zellen des Immunsystems, beispielsweise den T-Lymphozyten, Bestandteile von eingedrungenen Bakterien oder Viren, körperfremden Substanzen oder fehlerhaft produzierte Zellen, zu präsentieren. Mit diesem physiologischen Prozess werden alle Ebenen des Immunsystems aktiviert, um die Eindringlinge oder auch defekte und damit potentielle Tumorzellen zu zerstören und für den Organismus unschädlich zu machen. Von diesen DLA-Genen gibt es zahlreiche verschiedene Varianten, erklärt Dr. Anja Geretschläger. Eine möglichst große Vielfalt an Genvarianten ist unverzichtbar für unsere Hunde, aber auch für ganze Populationen, denn nur so können sie schnell auf unterschiedlichste Infektionen oder sich verändernde Umweltbedingungen reagieren. Wir haben es bei den DLA-Genen mit drei sehr variablen, hoch polymorphen Strukturen zu tun, von denen zahlreiche verschiedene Varianten, sogenannte Allele, in den unterschiedlichsten Hunderassen identifiziert wurden. Insgesamt sind von den drei Genen bisher über 400 Allele bekannt. Nur mit einer hohen Variabilität in den Genen sind Individuen und letztlich Populationen in der Lage, auf möglichst viele Infektionen und wechselnde Umweltbedingungen reagieren zu können. Beim Hund sind heute mehr als 300 unterschiedliche Haplotypen bekannt, aber nur mehr sehr wenige dieser Kombinationen stehen unseren Rassehunden tatsächlich noch zur Verfügung. Im Schnitt wird von fünf verschiedenen Haplotypen pro Rasse ausgegangen, wobei jeweils einer mit einer besonders hohen Häufigkeit vorkommt, 50% bis 70% der Hunde einer Rasse tragen

diese Variante. Meist sind noch zwei Haplotypen mit einer Frequenz von 20% und einer oder zwei mit einer sehr geringen Häufigkeit von 1% bis 5% gegeben. Genetsche Varianz stärkt immunologische Abwehrkraft Mit dem Inzuchtniveau steigt kontinuierlich auch der Anteil der in Bezug auf die DLA- Gen-Kombinationen homozygoten Individuen, die in ihrem Genom zwei identische Haplotypen tragen. Verschiedene Studien aus der Vergangenheit, u.a. eine Untersuchung an Polarfüchsen, aber konnten bereits die Bedeutung der Heterozygotie in den DLA-Genen für eine verbesserte Resistenz gegenüber Infektionen belegen. 1918 führte eine Räude-Epidemie zu einer starken Dezimierung zweier auf benachbarten Inseln lebender Polarfuchs-Populationen. Eine Population konnte sich wieder sehr gut erholen, die andere kämpft noch heute mit hohen parasitären Infektionsraten. Bei der Typisierung der DLA-Gene wurde festgestellt, dass die gesunden Tiere eine hohe genetische Variabilität in den DLA-Genen besitzen, während die anderen alle die gleichen Genkombinationen aufweisen. Heterozygotie scheint auch hier für eine höhere Resistenz gegen Räude verantwortlich zu sein, erläutert Dr. Anja Geretschläger das Ergebnis dieser Studie. Darüber hinaus sind bestimmte Kombinationen der DLA-Gene mit verschiedenen Erkrankungen assoziiert, mit Allergien auch humanmedizinischen Forschungen zufolge stehen verschiedene Haplotypen mit Pollen- oder Lebensmittelallergien in Beziehung, Autoimmunerkrankungen und nachfolgenden Stoffwechselstörungen. In Bezug auf den Bewegungsapparat könnte eine Beteiligung der DLA-Gene an entzündlichen Prozessen, beispielsweise von Arthritis, denkbar sein. Überlebensvorteil der Heterozygotie Über die immunologischen Funktionen hinaus aber stellen die DLA-Gene auch einen wesentlichen Entscheidungsfaktor bei der natürlichen Partnerwahl dar. Beim Menschen, aber auch bei Tieren wie Mäuse, Fische oder Vögel haben Untersuchungen gezeigt, dass Weibchen Partner mit möglichst unterschiedlichen MHC-Typen, die ja die DLA-Gene inkludieren, für die Fortpflanzung bevorzugen. So kann gewährleistet werden, dass die Nachkommen eine optimale genetische Ausstattung bekommen, was das Überleben der Nachkommen sichern soll. In diesem Fall spricht man auch vom Heterozygotenvorteil. Dieser besagt generell, dass heterozygote Lebewesen mit unterschiedlichen Genvarianten einen größeren Fortpflanzungserfolg haben als homozygote mit identen Genvarianten. Dank dieses Phänomens soll die genetische Vielfalt erhalten bleiben, weil sie für einen Überlebensvorteil von Individuen sorgt. In der heutigen Hundezucht übernimmt der Mensch die Entscheidung der Partnerwahl und der Urinstinkt unserer Hunde wird vernachlässigt, beschreibt Dr. Anja Geretschläger diese Zusammenhänge und entsprechende künftige Studienpläne: Viele Züchter unterschiedlichster Rassen beobachten, dass die Hündinnen zum Teil nicht mehr deckwillig sind bzw. der Deckakt erfolglos war oder die Welpen resorbiert werden. In der Natur ist es aber so, dass neben den hormonellen Voraussetzungen auch ein möglichst großer

Unterschied in den DLA-Genen beider Partner einen entscheidenden Faktor für einen Paarungserfolg darstellt. Zahlreiche Studien belegen hier einen eindeutigen Zusammenhang. Da wir derzeit aus wissenschaftlichen Arbeiten keine Informationen haben, welchen Einfluss die DLA-Gene beim Hund auf die Fortpflanzung bzw. Paarungswilligkeit haben, möchten wir ein neues Studienprojekt zu dieser Thematik starten. Wir suchen Züchter, völlig unabhängig von der Rasse, die einen DLA-Test der Hunde durchführen lassen und im Falle einer Verpaarung getesteter Hunde einen Fragebogen beantworten, wie sich die Tiere während der Paarung verhielten, ob der Deckakt erfolgreich war etc. Es gibt immer wieder Verpaarungen, bei denen die Hunde förmlich aufeinander fliegen, aber auch solche, bei denen sich die Partner im wahrsten Sinne des Wortes nicht riechen können. Wir möchten herausfinden, ob es eine Verbindung zwischen dem Paarungsverhalten und den DLA-Typen der Zuchtpartner gibt. Dafür planen wir auch die Zusammenarbeit mit einer Verhaltensbiologin. Immunsystem als züchterische Agenda In Summe sprechen also vielfältige Gründe dafür, das Ziel einer höheren genetischen Varianz in den DLA-Genen in zukünftige Zuchtplanungen einzubeziehen. Die Reproduktionsfähigkeit ist der Garant jeder Population, und schlussendlich ist es das Immunsystem, das einen wesentlichen Beitrag zur Gesundheit des einzelnen Individuums leistet und das nur dann adäquat auf wechselnde Umweltbedingungen reagieren kann, wenn es über die nötige genetische Ausstattung verfügt. Eine züchterische Auseinandersetzung mit dieser Thematik stellt für die Rassehunde heute eine der bisher wenigen Möglichkeiten dar, ganz gezielt an der Verbesserung der Funktion der Immunsystems zu arbeiten und den Problemen, die immunologisch bedingte Erkrankungen verursachen, schrittweise entgegenzuwirken. Zahlreiche wissenschaftliche Studien haben auch beim Menschen gezeigt, dass Erkrankungen, die in Zusammenhang mit dem Immunsystem stehen, eng mit den Genen der MHC II-Klasse verbunden sind. Lässt man die Genkombinationen der Elterntiere bestimmen, kann eine Verpaarung so geplant werden, dass die Nachkommen zumindest unterschiedliche Kombinationen aufweisen, fasst Dr. Anja Geretschläger zusammen. In diesem Bereich keine Homozygotie zu erzeugen, also zu vermeiden, dass die Nachkommen die gleiche Genkombination von Vater und Mutter erben, wäre schon ein wichtiger Schutz für den Welpen und eine gute Voraussetzung, in ein gesundes Leben zu gehen... Weitere Informationen zu dieser Thematik finden Sie im Internet unter www.feragen.at. Zeichnung: Dr. Anja Geretschläger Text: Mag. art. Kerstin Piribauer