KAPAZITÄTSMESSUNG AN STANDARD- UND SONDERMODULEN 12. TÜV Workshop Photovoltaik-Modultechnik Heinrich Berg, Min Hsian Saw Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE TestLab PV-Modules Köln, 13. November 2015
AGENDA Arbeitsgebiete TestLab PV-Modules Einleitung und Motivation Allgemeine elektrotechnische Grundlagen Vergleich der Messverfahren und Messgeräte Einflussfaktoren auf die Höhe der Kapazität am PV-Modul Kapazität als Indikator für Feuchte-Diffusion Kapazitive Ableitströme aufgrund AC-Ripple auf Generatorspannung Praxisbeispiel mit Berechnung auf Modul und Systemebene Zusammenfassung und Ausblick 2
Arbeitsgebiete TestLab PV-Modules Modulprüfung, Analyse und Zertifizierung Fehleranalyse Identifikation von Fehlerursachen und relevante Belastungsfaktoren Prävention von Defekten Akkreditiertes Prüflabor nach IEC 17025 für die Prüfnormen IEC 61215 - IEC 61646 - IEC 61730-1/2 3
Einleitung und Motivation Solarmodul als Kondensator? Anfrage aus Industrie bez. präziser Kapazitätsbestimmung Bringen unterschiedliche Messverfahren vergleichbare Messergebnisse? Welche Auswirkung haben Temperatur und Luftfeuchte auf die parasitäre Kapazität? Gibt es eine Spannungsabhängigkeit? Können anhand des Parameters Kapazität Erkenntnisse über die Feuchtediffusion in Einkapselungsmaterialien gewonnen werden? 4
Allgemeine elektrotechnische Grundlagen Elektrische Kapazität Berechnung der Kapazität des Kondensators C Für Gleichstrom gilt: Der Kondensator sperrt nach dem Ladevorgang den Gleichstrom Grundaufbau eines Kondensators Für Wechselstrom gilt: Der Kondensator wird ständig umgeladen was einen Blindstrom zur Folge hat. 5
Allgemeine elektrotechnische Grundlagen Kapazitives Verhalten beim PV-Modul Zustand 1: Trocken Zustand 2: Nass 6
Vergleich der Messverfahren: Messverfahren Ladekurve Hand LCR- Meter Tisch LCR- Meter T-RMS Testsignal DC AC AC AC Signalhöhe 500 V 1 Vrms 1 Vrms 230 Vrms Testfrequenz 0 Hz 1 khz 10 khz 50 Hz 7
Vergleich der Messverfahren Messungen an realem Kondensator und PV-Modul 1,2 Differenz max. 2,4 % 1,0 1,015 1,04 1,0337 "Ladekurve" Hand-LCR-Meter gemessene Kapazität in nf 0,8 0,6 0,4 0,48684 0,3386 0,27079 0,29632 Tisch-LCR-Meter "RMS" Differenz max. 81 % 0,4931 0,3419 0,27227 0,2958 0,2 0,0 Methode 1 Methode 2 Methode 3 Methode 4 Methode 1 Methode 2 Methode 3 Methode 4 Methode 1 Methode 2 Methode 3 Methode 4 Kondensator Standardmodul Typ-A Standardmodul Typ-B Messverfahren 8
Vergleich der Messverfahren Messungen an PVT-Kollektor (metallische Rückseite) Messwerte Differenz max. 6,3 % 35 PVT-Modul 30 29,46 28,02 27,7 29,24 gemessene Kapazität in nf 25 20 15 10 5 0 "Ladekurve" Hand-LCR-Meter Tisch-LCR-Meter "RMS" Messverfahren PVT Kollektor - Meyer Burger AG 9
Einflussfaktoren auf die parasitäre Kapazität DC-Spannungsabhängigkeit 500 Beispiel Standardmodul 450 gemessene Kapazität in pf 400 350 300 250 200 Messwerte Mittelwert Versuchsparameter: Messmethode: DC-Ladekurve Zustand des Moduls: trocken 150 100 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 DC-Spannung in V 10
Einflussfaktoren auf die parasitäre Kapazität AC-Spannungsabhängigkeit (40 250V eff ) 320 Beispiel Standardmodule gemessene parasitäre Kapazität in pf 300 280 260 240 220 200 180 160 140 120 100 80 0 50 100 150 200 250 300 AC-Spannung in Veff Standardmodul Typ-A Standardmodul Typ-B Standardmodul Typ-C Versuchsparameter: Messmethode: T-RMS Zustand des Moduls: trocken 11
Einflussfaktoren auf die parasitäre Kapazität Einflussfaktor - Temperatur Versuchsparameter: gemessene Kapazität in pf 610 600 590 580 570 560 550 540 530 TPT PETSiOx Primer-PET PP-PET RH = 20 % Temperaturbereich: von 45 C bis 95 C Messung nach 60 min Temperierung 520 510 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 Temperatur in C 12
Einflussfaktoren auf die parasitäre Kapazität Einflussfaktor Feuchte/Betauung 100 90 80 450 440 Versuchsparameter: T = 45 C und 85 C relative Luftfeuchtigkeit RH in % 70 60 50 40 30 20 stabiler Zustand Feuchtigkeitsprofil zeitlicher Kapazitätsverlauf 430 420 410 400 gemessene Kapazität in pf RH: von 25 % bis 95 % Intervall: 10 % 10 390 0 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 300 320 340 Zeit in min 380 t 13
Einflussfaktoren auf die parasitäre Kapazität Einflussfaktor Feuchte/Betauung 220 relative Kapazitätsänderung in % 200 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 T = 45 C T = 85 C -20 20 30 40 50 60 70 80 90 100 relative Luftfeuchtigkeit in % 14
Einflussfaktoren auf die parasitäre Kapazität Einflussfaktor Feuchtediffusion Exponierung der Module gegenüber Damp-Heat-Bedingungen (T = 85 C und RH = 85 % 250 relative Kapazitätsänderung in % 200 150 100 50 TPT PETSiOx Primer-PET PP-PET 0 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 Zeit in h 15
Einflussfaktoren auf die parasitäre Kapazität Einflussfaktor einseitige/beidseitige Benässung 110 105,31 106,14 100 90 90,26 91,1 parasitäre Kapazität in nf 80 70 60 50 40 30 Standardmodul Typ-A Standardmodul Typ-B PVT 29,46 30,51 30,71 31,34 30,71 49,31 50,98 20 10 0 0,48684 0,48475 0,53489 0,4931 M5 M6 M7 M8 PVT M5 M6 M7 M8 PVT M5 M6 M7 M8 PVT trocken Benässung auf Glas beidseitige Benässung 16
Praxisbeispiel Inverterabschaltung aufgrund zu hoher Ableitströme 1,5 MW PV-Anlage auf Zypern / Betreiber Fa. FILKAB Solar Konfiguration des PV Generators 6116 PV Module mit 245 W Nennleistung 2046 Module von Typ 1 / 4070 Module von Typ 2 70 Inverter (Trafolos / dreiphasig) Inverterbeschaltung: 4 Strings mit jeweils 22 PV-Module Inverter-Abschaltung in Morgenstunden (Periode Oktober April) aufgrund zu hoher Ableitströme (bzw. zu geringem Isolationswiderstand?) 17
Praxisbeispiel Inverterabschaltung aufgrund zu hoher Ableitströme Spannungsverläufe an Solargeneratoranschlüssen Ableitströme > 50 ma sollen vermieden werden! AC- Ripplespannung 30-40V eff Frequenz: 150 Hz Potenzialverlauf des dreiphasigen transformatorlosen Wechselrichters mit geteiltem Spannungszwischenkreis und Hochsetzsteller 18
Praxisbeispiel Inverterabschaltung aufgrund zu hoher Ableitströme Kalkulation des Ableitstrom auf String/Inverter-Ebene Berücksichtigung des R ISO für DC- und AC-Anteil bez. auf Modulposition im String Berechnung des kapazitiven Blindstroms und Addition der Ableitströme (Parallelschaltung) Addition der String-Ableitströme zum Gesamt-Ableitstrom des Inverters 19
Praxisbeispiel Inverterabschaltung aufgrund zu hoher Ableitströme R ISO bei unterschiedlichen klimatischen Labor-Bedingungen Isolationswiderstand in MOhm 850 800 750 700 650 600 550 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Standardmodul Typ-A Standardmodul Typ-B M5 M6 M7 M8 M5 M6 M7 M8 M5 M6 M7 M8 trocken Benässung auf Glas beidseitige Benässung 20
Praxisbeispiel Inverterabschaltung aufgrund zu hoher Ableitströme C-Messung bei unterschiedlichen klim. Labor-Bedingungen 120 105,31 106,14 gemessene Kapazität in nf 100 80 60 40 Standardmodul Typ-A Standardmodul Typ-B 30,51 30,71 31,34 30,71 90,26 91,1 20 0 0,48684 0,48475 0,53489 0,4931 M5 M6 M7 M8 M5 M6 M7 M8 M5 M6 M7 M8 trocken Benässung auf Glas beidseitige Benässung 21
Praxisbeispiel Inverterabschaltung aufgrund zu hoher Ableitströme Theoretische Berechnung des Ableitstroms auf Inverter-Ebene 140 120 Standardmodul Typ-A Standardmodul Typ-B 124,1 125,1 Leckstrom per Inverter in ma 100 80 60 40 20 36,07 36,28 37,12 36,33 106,2 107,1 0 0,6051 0,6016 0,6598 0,6042 M5 M6 M7 M8 M5 M6 M7 M8 M5 M6 M7 M8 trocken Benässung auf Glas beidseitige Benässung 22
Fazit & Ausblick Solarmodule weisen neben dem Isolationswiderstand einen zu berücksichtigenden kapazitiven Anteil auf. Eine Absolutwert-Messung ist im trockenen Zustand aufgrund des nicht typischen Kondensator Aufbaus schwierig. Um vergleichbare Messergebnisse zu erhalten, muss das Messverfahren, anzuwendende Parameter und die Umgebungsbedingungen spezifiziert werden. Die parasitäre Kapazität ist gering Temperaturabhängigkeit. Die Veränderung der elektrischen Kapazität ist besonders signifikant bei einer RH-Zunahme von 85 % auf 95 %. PVT Module weisen bauartbedingt eine wesentlich höhere parasitäre Kapazität auf. Trotzdem erreicht die Kapazität im komplett nassen Zustand nur ca. 50% der Kapazität eines Standard-Moduls (bezogen auf aktuelles Beispiel) 23
Fazit & Ausblick Ein deutlicher Unterschied in der Reaktion der Module auf die Feuchte- Wärme- Langzeit Exposition ist erkennbar. Ein qualitatives Erfassen der Feuchtigkeitsdiffusion ist möglich. materialabhängige Unterschiede könnten sichtbar gemacht werden. Ein In-Situ Monitoring während Feuchte-Wärme Alterung wird im TLPV evaluiert. Wie im aktuellen Praxis-Beispiel ersichtlich, muss die parasitäre Kapazität bei der Anlagenplanung berücksichtigt werden. Andernfalls werden u.u. Gegenmaßnahmen (ext. Kompensationskondensator / spez. Regelungsverfahren / ext. Fehlerstromschutzschalter) erforderlich. 24
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE Heinrich Berg www.ise.fraunhofer.de heinrich.berg@ise.fraunhofer.de 25