Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre. Guido Kickelbick Institut für Materialchemie Technische Universität Wien

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Transkript:

Guido Kickelbick Institut für Materialchemie Technische Universität Wien

1. Einleitung Viele chemische Reaktionen müssen vor Umgebungseinflüssen geschützt werden, da die Edukte, Zwischenprodukte oder Produkte empfindlich auf Luft und/oder Feuchtigkeit reagieren. Deshalb haben experimentell arbeitende Chemiker Methoden entwickelt, um Reaktionen von diesen Umwelteinflüssen getrennt durchführen zu können. Im Wesentlichen verwendet man dafür so genannte Inertgastechniken, die es ermöglichen unter einem unreaktiven Schutzgas die chemische Reaktion durchzuführen. Als Inertgase bieten sich an: Stickstoff (Dichte: 1,25 kg/m 3 bei 101 kpa und 0 C) oder Argon (Dichte: 1,78 kg/m 3 bei 101 kpa und 0 C) Stickstoff hat dabei den Vorteil, dass er kostengünstiger als Argon ist. Er besitzt allerdings den Nachteil, dass er im Gegensatz zu Argon eine ähnliche Dichte wie Luft (1,293 kg/m bei 101 kpa und 0 C) besitzt. Argon hingegen hat eine höhere Dichte, was dazu führt, dass es sich immer am Boden von Gefäßen ansammelt und damit mögliche Produkte luftdicht abschließt, selbst wenn ein Kolben geöffnet wird. Durch seine höhere Dichte kann es sogar von einem Behälter in einen anderen umgeschüttet werden. Im Praktikum wird aus Kostengründen jedoch Stickstoff als Inertgas eingesetzt. Um eine chemische Reaktionen im Laboratorium unter Inertgas durchzuführen gibt es im Wesentlichen zwei Techniken, die zur Anwendung kommen: Schlenk-Technik Glovebox (oder Handschuhkastenbox)-Technik Im Praktikum verwenden wir eine vereinfachte Schlenk-Technik, weil sie apparativ weniger aufwendig ist. Eine Handschuhkastenbox erfordert hohe Investitionen (>50.000 ) und für den Unterhalt dieser Systeme fallen ebenfalls nicht unbeträchtliche laufende Kosten an. In den Forschungslaboratorien wird die Glovebox-Technik hauptsächlich bei extrem luft- und feuchtigkeitsempfindlichen Reaktionen bzw. bei Prozessen, die nicht in einer gewöhnlichen Schlenk-Apparatur durchgeführt werden können, eingesetzt. 1

2. Gloveboxtechnik Im Rahmen dieser Einführung soll der Vollständigkeit halber der Aufbau und die Handhabung einer Glovebox kurz erläutert werden (siehe Abbildung 1). Abbildung 1: Aufbau einer Glovebox Eine Glovebox ist ein abgeschlossener Raum, der in der einfachsten Ausführung etwa 1 m 3 groß und mit einem Inertgas (Stickstoff oder Argon) geflutet ist. Meist besteht die Glovebox aus Edelstahl und ist von vorne durch eine transparente Plastikscheibe einsehbar. An der Vorderseite sind zwei Handschuhe auf O-Ringen angebracht. Durch Einführen der Arme in die Handschuhe bzw. in den Innenbereich können Gegenstände im Inneren der Glovebox manipuliert werden. Das Ein- und Ausbringen von Chemikalien und Geräten (z.b. Glasgeräten) erfolgt durch eine Schleuse an der Seite der Box. Da die Glovebox unter einer Inertgasatmosphäre steht, müssen sämtliche 2

Geräte oder Chemikalien, die in die Box überführt werden sollen, eine Schleuse passieren. Der Raum in dieser Schleuse wird mit Hilfe einer Drehschieberpumpe evakuiert und mit Inertgas geflutet. Durch mehrmaliges Wiederholen des Vorgangs wird die Einbringung von Feuchtigkeit bzw. Sauerstoff in den Innenraum der Glovebox auf ein Minimum reduziert. Der Gehalt an Wasser und Sauerstoff in der Box wird jederzeit durch Sensoren überprüft. Während des Einbringens von Gegenständen durch die Schleuse können dennoch geringe Mengen an Luft und Feuchtigkeit in die Box gelangen. Daher ist in einer Glovebox eine Gasreinigung integriert, die die gesamte Atmosphäre in der Box durch Umwälzen reinigt. Das Gasreinigungssystem enthält in der Regel zwei Reinigungsstufen. Ein so genannter BTS-Katalysator nutzt Kupfer(I)-Verbindungen, die mit O 2 unter Bildung von Kupfer(II)oxid reagieren und somit den Restsauerstoff aus der Atmosphäre beseitigen. Zusätzlich erfolgt die Entfernung von Wasser durch ein Molekularsieb mit einer Porengröße von ca. 400 pm, das kleine Moleküle mit hoher Affinität bindet. Der Gehalt an Sauerstoff und Wasser in einer gut gewarteten Glovebox beträgt jeweils unter 1 ppm. Das Umwälzsystem muss regelmäßig regeneriert werden. Die Regeneration des Katalysators erfolgt durch Spülen und Heizen mit H 2 (aus Formiergas: Mischung aus Stickstoff und Wasserstoff). Die Regeneration des Molekularsiebs geschieht durch Erhitzen. Das in beiden Reaktionen entstehende Wasser wird anschließend aus dem System entfernt. 3. Schlenk-Technik Im Praktikum arbeiten wir unter Verwendung einer vereinfachten Schlenk- Technik. Diese geht zurück auf den deutschen Chemiker Wilhelm Schlenk (1879-1943), der unter anderem das Schlenk-Gleichgewicht von Grignard- Verbindungen entdeckt hat. Die Technik basiert auf der Verwendung von Glaskolben, die neben dem herkömmlichen Schliff einen weiteren Anschluss mit Hahn und Olive besitzen. An diesem Anschluss kann über einen Schlauch der Kolben durch Anlegen 3

eines Vakuums entlüftet oder mit Inertgas befüllt werden. Der Kolben kann auch jederzeit geöffnet und mit Substanzen beschickt werden, solange gleichzeitig aus dem Schlauch durch Anlegen eines Inertgasüberdrucks ein Inertgasstrom über den Schlauch, durch den Kolben bzw. den Glaskern nach außen strömt (Gegenstromtechnik). Abbildung 2: Schlenkkolben. Links: herkömmlicher Rundkolben mit Hahn; rechts: Kolben der hauptsächlich beim Arbeiten unter Argonatmosphäre verwendet wird. Durch die längliche Form wird sichergestellt, dass die Substanz am Boden immer mit Argon bedeckt ist (aufgrund der höheren Dichte als Luft). In der Regel erfolgt die Entgasung (Evakuierung) und das Befüllen mit Inertgas über eine so genannte Vakuumlinie (Abbildung 3), die auch - wegen ihrer vergleichbaren Form - als Schlenk-Rechen bezeichnet wird. Diese Glasapparatur vereinfacht das Arbeiten mit der Schlenk-Technik erheblich. Der Schlenk-Rechen ist eine Glasapparatur, die aus zwei einzelnen Rohren besteht, von denen das eine mit der Inertgasversorgung, das andere mit der Vakuumpumpe verbunden ist. Beide Rohre sind über Doppelhähne miteinander verbrückt. Jeder der Doppelhähne besitzt eine Olive zum Anschluss eines 4

Schlauchs. Der Doppelhahn ermöglicht den Schlauch und damit die angeschlossene Apparatur, mit einer einfachen Drehung um 180 entweder mit Inertgas zu versorgen oder zu evakuieren ohne den Schlauch von der Olive nehmen zu müssen. Damit wird gewährleistet, dass kein Sauerstoff bzw. keine Feuchtigkeit in die Apparatur eindringt. Abbildung 3: Funktionsweise eines Schlenk-Rechens Da Schlenkkolben sehr teuer sind und aus Erfahrung sehr leicht zu Bruch gehen, verwenden wir im Praktikum vereinfachte Systeme. Sie bestehen aus einem herkömmlichen Rundkolben und einem so genannten Inertgasaufsatz (Abbildung 4). Dieser besteht einfach aus zwei Schliffen und einem Hahn mit Olive. Der Inertgasaufsatz wird einfach auf den Rundkolben aufgesetzt und ermöglicht dadurch die gleichen Operationen, die mit einem herkömmlichen Schlenkkolben möglich sind. 5

Abbildung 4: Behelfsmäßiges Schlenkgefäß unter Verwendung des Inertgasaufsatzes 4. Stickstoffversorgung Die Stickstoffversorgung im Praktikum erfolgt zentral über eine Batterie von Gasflaschen. Die Bedienung der Armaturen an den Gasflaschen obliegt nur den Saalassistenten. Bei Problemen mit der Stickstoffversorgung am Platz setzen Sie sich bitte mit den Assistenten in Verbindung. In jedem Abzug ist mindestens ein Stickstoffanschluss vorhanden, der von der Vorderseite des Abzuges bedient werden kann. Dieser muss mit der Vakuumlinie verbunden werden. Die Regulierung des Stickstoffstroms erfolgt über zwei Drehregler. Mit dem kleineren Regler können Sie die Stickstoffzufuhr an und abschalten. Diesen Regler bitte NIE bis zum vollen Anschlag drehen!!! Durch zu starke Krafteinwirkung kann das enthaltene Nadelventil beschädigt werden. Der größere Regler dient der Feinjustage des Stickstoffstroms. Zwischen der Vakuumlinie und dem Stickstoffanschluss sind eine Flussanzeige und ein Überdruckventil installiert um zu verhindern, dass zu viel Druck auf die Vakuumlinie und damit auf ihre Apparatur gelangt. Sollten alle Hähne an der Vakuumlinie geschlossen und die Stickstoffzufuhr geöffnet sein, entweicht 6

dauernd ungenutzt Stickstoff. Schließen Sie daher die Stickstoffzufuhr wenn Sie keinen Stickstoff mehr benötigen. 5. Pumpenstand Die Vakuumlinie wird im Praktikum durch einen fahrbaren Pumpenstand mit einer Drehschieberpumpe verbunden. Drehschieberpumpen haben im Vergleich zu den sonst im Praktikum verwendeten Membranpumpen den Vorteil einer langen Lebensdauer, geringerer Wartungskosten - bei pfleglicher Behandlung und eines besseren Vakuums (bis ca. 10-3 mbar). Der Rotor in einer Drehschieberpumpe badet in einem Ölsee, daher werden die Pumpen auch häufig als Ölpumpen bezeichnet. Das Öl könnte durch korrosive Stoffe oder Lösungsmittel beim Ansaugen verunreinigt werden, was zu einem schnelleren Verschleiß der Pumpe führt. Daher werden alle flüchtigen Stoffe im Gasstrom unter Verwendung von Kühlfallen ausgefroren. Als Kühlmittel für die Kühlfallen dient flüssiger Stickstoff. Die Pumpen im Praktikum stehen auf Rollwägen, dem so genannten Pumpenstand, und können daher zur entsprechenden Vakuumlinie gefahren werden. Bitte machen Sie sich mit der Gebrauchsanweisung für die jeweilige Pumpe vor dem Anschalten vertraut. Im Prinzip kann folgende Reihenfolge bei der Inbetriebnahme eines Pumpenstandes an einer Vakuumlinie eingehalten werden (Abbildung 5): 1. Alle Hähne an Vakuumlinie und Pumpenstand schließen 2. Pumpenstand durch Vakuumschlauch mit Vakuumlinie verbinden 3. Netzstecker der Pumpe anschließen, Pumpe auf Gasballast einstellen und anschalten. Die Pumpe sollte mindestens 5 Minuten auf Gasballast warmlaufen (Abbildung 6). 4. Schliffe an Kühlfallen fetten und diese mit Schliffklemme an Glasapparatur befestigen 5. Dewars halb mit flüssigem Stickstoff füllen, vorsichtig auf Kühlfallen schieben und anschließend mit Halteplatte sichern. Die Kühlfalle sollte dabei nicht bis 7

ganz an den Boden des Dewars anstoßen, sondern es sollten noch 1-2 cm Spiel sein. 6. Dewars bis ca. 2 cm unter Rand vorsichtig mit flüssigem Stickstoff füllen. Dichten Sie die Dewars nach oben hin mit Aluminiumfolie ab, damit nicht so viel Stickstoff verdampft. 7. Gasballast an Pumpe schließen 8. Hahn 1 vorsichtig öffnen. Beobachten Sie ob Luft ins System gesaugt wird. Dies hören Sie daran, dass die Pumpe konstant laut klingt (ähnlich wie beim Gasballast). Sollte dies der Fall sein nochmal Kühlfallen abnehmen und die Schliffe besser fetten. 9. Hahn 3 zur Vakuumlinie öffnen. Während des Betriebs des Pumpenstands muss laufend überprüft werden, ob noch genügend flüssiger Stickstoff in den Dewars vorhanden ist und bei Bedarf muss dieser nachgefüllt werden. Beim Abschalten der Pumpe gehen Sie in umgekehrter Reihenfolge vor. Vor dem Abnehmen der Kühlfallen schalten Sie allerdings zunächst die Pumpe aus. Dann belüften Sie die Apparatur über Hahn 2. Sicherheitswarnung: Bitte bedenken Sie, dass flüssiger Stickstoff eine Temperatur von -196 C besitzt. Damit besteht die Gefahr, dass bei längerer Berührung mit der Haut Erfrierungen hervorgerufen werden. Das Gas wirkt in hoher Konzentration ohne bemerkbare Vorzeichen erstickend. Da der Siedepunkt von flüssigem Stickstoff unter dem von flüssigem Sauerstoff (-183 C) liegt, kann es zu einer Verflüssigung von Sauerstoff aus er Luft speziell in den Kühlfallen kommen, wenn die Apparatur nicht gut abgedichtet (gefettet) wurde bzw. ein Hahn länger offen stand und Luft in die Apparatur eingezogen wurde. Die Sauerstoffabscheidung ist an der bläulichen Farbe der kondensierten Flüssigkeit in der Kühlfalle zu erkennen. Flüssiger Sauerstoff kann mit ebenfalls einkondensierten Lösungsmitteln ein hochexplosives Gemisch bilden. Sollte sich flüssiger Sauerstoff abgeschieden haben, sind sofort folgende Maßnahmen zu treffen: 8

1. Assistent informieren 2. Hähne 1 und 3 am Pumpenstand schließen 3. Pumpe ausschalten 4. Hahn 2 öffnen 5. Dewars entfernen und warten bis der gesamte Sauerstoff wieder verdampft ist. Es ist dabei unbedingt darauf zu achten, dass Hahn 2 geöffnet ist! 6. Nachdem der Sauerstoff vollständig verdampft ist, kann Hahn 2 wieder geschlossen und die Pumpe wie oben beschrieben wieder in Betrieb genommen werden. Alle Flüssigkeiten, die in den Kühlfallen abgeschieden wurden, müssen in den Behälter für halogenierten Lösungsmittelabfall entsorgt werden. Abbildung 5: Kühlfallen am Pumpenstand 9

Abbildung 6: Gasballast Drehregler an einer Drehschieberpumpe 6. Arbeiten unter Inertgasatmosphäre Um eine Apparatur unter Inertgasatmosphäre zu setzen gibt es zwei Möglichkeiten: a) entweder die Apparatur wird einige Zeit mit einem leichten Inertgasstrom gespült, oder b) die Atmosphäre im Innern der Apparatur wird durch wiederholtes Evakuieren und Fluten mit Inertgas, ausgetauscht. Für die meisten Fälle im Praktikum reicht das Spülen mit Inertgas völlig aus. Dies ist auch die einzige Methode, um Apparaturen mit einem mechanischen Rührer unter Inertgas zu setzen, da die Führung des Rührers nicht gasdicht ist und damit beim Evakuieren Luft in die Apparatur gesaugt würde. Wenn nicht anders in der Versuchsanleitung beschrieben, verwenden Sie also das Spülen der Apparatur als Methode der Wahl. 10

Arbeiten unter Schutzgas erfordert, dass die Glasgeräte zunächst im Trockenofen alle getrocknet werden. Dann wird die Apparatur leer, d.h. ohne Chemikalien, aufgebaut. Dabei ist zu beachten, dass die Schliffe beim Zusammenbau gut gefettet werden. Alle Schliffverbindungen werden mit Schliffklammern gesichert. Anschließend werden die Schläuche angeschlossen. Die Wasser- und Gasanschlüsse von Schläuchen müssen alle mit Ligaturdraht gesichert werden. Verwenden Sie für alle Schläuche, durch die Inertgas geleitet wird, nur absolut trockene Schläuche. Methode 1: Spülen der Apparatur mit Stickstoff Zum Spülen einer Apparatur mit Inertgas benötigt diese eine Inertgaszuführung sowie eine Öffnung, durch die das Gas entweichen kann (Abbildung 7). Ein- und Auslass können durch einfache Gasaufsätze (evtl. mit Hahn) hergestellt werden. Der Inertgaseinlass wird mittels eines Schlauches mit der Vakuumlinie verbunden. Der Auslass wird ebenfalls durch einen Schlauch mit einem mit Mineral- oder Siliconöl gefüllten Blasenzähler verbunden. Besser sind sogar zwei Blasenzähler, dabei sollte der Erste nach der Apparatur leer sein. Dadurch wird verhindert, dass bei einem Unterdruck Siliconöl in die Apparatur gelangt. Die Apparatur muss immer gespült werden bevor die Chemikalien hineingegeben werden. Der Blasenzähler am Inertgasauslass besitzt zwei Funktionen: zum einen ermöglicht er den Gasstrom durch die Apparatur zu beobachten, zum anderen dient er bei abgeschaltetem Gasstrom als Druckausgleich falls die Apparatur beispielsweise erhitzt wird. Bitte beachten Sie beim Spülen der Apparatur, dass ein geringer Stickstoffstrom völlig ausreicht um das Gefäß unter Inertgas zu setzen. Im Regelfall sollten im Blasenzähler nicht mehr als eine bis zwei Blasen pro Sekunde erscheinen. Spülen Sie die Apparatur in dieser Weise für ca. 5 Minuten bevor die Chemikalien eingefüllt werden. Diese Zeit reicht aus um die gesamte Atmosphäre in der Apparatur mit Inertgas zu füllen. 11

Das Einfüllen der Chemikalien nach dem Spülen erfolgt im Stickstoffgegenstrom. Dazu wird ein Schliff an der Apparatur geöffnet während weiter Stickstoff durch die Apparatur fließt. Durch die Öffnung können nun ohne Verlust der Inertgasatmosphäre in der Apparatur Chemikalien eingefüllt werden. Bitte beachten Sie dabei, dass das gegenströmende Gas beispielsweise Pulver, die über einen Pulvertrichter eingefüllt werden, relativ leicht verwirbeln kann. Abbildung 7: Spülen der Apparatur mit Stickstoff Während der Reaktion sollte kein Gasstrom durch die Apparatur fließen, außer es ist in der Reaktionsvorschrift anders angegeben. Der Grund dafür ist, dass ein Inertgasstrom beispielsweise beim Erhitzen einer Reaktionsmischung unter Rückfluss, das Lösungsmittel aus der Apparatur verschleppen kann. Wenn keine Schlenklinie vorhanden ist, können weniger empfindliche Reaktionen auch mittels eines Luftballons unter Inertgas gehalten werden. Dabei wird ein Luftballon mit Inertgas gefüllt und an der Apparatur angebracht (Abbildung 8). Der Luftballon dient dazu, die Apparatur unter Inertgas zu halten und als Druckausgleich bei Reaktionen die eine Volumenausdehnung mit sich bringen, beispielsweise beim Erhitzen der Apparatur. Mit der Luftballon-Technik kann man auch unter Inertgas destillieren (Abbildung 9). 12

Abbildung 8: Reaktionsapparatur, die mittels eines mit Inertgas gefüllten Luftballons unter einer Schutzgasatmosphäre gehalten wird. Abbildung 9: Destillation mittels Luftballon-Technik. 13

Methode 2: Schlenk-Technik Die Schlenk-Technik, also das abwechselnde Arbeiten mit Vakuum und Inertgas, eignet sich für Apparaturen, die gasdicht verschlossen werden können. Die Luft- und Wasserspuren in einem Glasgefäß werden durch abwechselndes Evakuieren und einströmen lassen des Inertgases entfernt; dabei kann die Anlage zusätzlich noch, z.b. mit einem Föhn, erhitzt werden. Anschließend lässt man das Inertgas einströmen. Nun können auch die Reagenzien im Inertgasgegenstrom eingefüllt werden, und das Experiment beginnt. Während des gesamten Versuchsablaufs muss darauf geachtet werden, dass keine Luft in die Apparatur gelangt, wenn ein Stopfen geöffnet wird. Um dabei das Eindringen von Luft zu verhindern, lässt man ständig einen leichten Inertgasstrom durch die geöffnete Apparatur strömen. 6. Spezielle präparative Techniken unter Inertgas Filtration mittels Umkehrfritte Eine Filtration unter Inertgas wird durch die Verwendung einer Umkehrfritte ermöglicht (Abbildung 10). Es handelt sich dabei um eine Fritte in einem Rohr, das auf beiden Enden einen Schliff zum Anschluss eines Kolbens besitzt. Zusätzlich ist auf jeder Seiten auch ein Inertgasanschluss über eine Olive mit Hahn möglich. Im Normalfall sind die beiden Schliffe am Ende Kerne, die man z.b. mit Rundkolben verbinden kann. Dadurch wird ermöglicht einen Rundkolben auf beiden Enden der Fritte aufzusetzen. Will man damit beispielsweise einen luft- und/oder feuchtigkeitsempfindlichen Niederschlag abfiltrieren setzt man die unter Inertgas gehaltene Umkehrfritte im Inertgasgegenstrom auf den Kolben auf. Auf der gegenüberliegenden Seite platziert man einen leeren Kolben. Die beiden Kolben werden mit Schliffklammern fest mit der Fritte verbunden. Durch vorsichtiges Drehen der Fritte kann dann die Flüssigkeit mit dem Niederschlag auf den Frittenboden 14

transferiert werden. Dabei ist zu beachten, dass die Gasanschlüsse der Umkehrfritte nicht mit Flüssigkeit bedeckt werden. Wurde so gearbeitet, kann nun durch Anlegen eines geringen Vakuums am unteren Gaseinlass die Reaktionsmischung filtriert werden. Zusätzlich kann auch ein geringer Inertgasüberdruck auf der anderen Seite angelegt werden. Somit kann die Filtration unter Inertgas erfolgen. Der Niederschlag lässt sich auch unter Inertgas waschen, indem der ursprüngliche Reaktionskolben bei geöffnetem Inertgas abgenommen wird und im Gegenstrom die Waschflüssigkeit auf den Niederschlag auf dem Frittenboden geträufelt wird. Durch Anbringen zweier leerer Kolben an beiden Enden der Fritte und Anlegen eines Vakuums kann schließlich der Niederschlag auf dem Frittenboden getrocknet werden. Die Überführung des getrockneten Niederschlags in einen Schlenkkolben erfolgt durch einfaches Umdrehen der Fritte. Abbildung 10: links: Umkehrfritte; rechts: Filtration unter Inertgasatmosphäre 15

Bedienung der Drehschieberpumpe im Bild Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre 16

Bedienung der Umkehrfritte im Bild 17