Gesellschaft Berliner Schloss e.v. Adlersäule

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Transkript:

Die Adlersäule Adlersäule Die Adlersäule bildete 1846 nach zweijähriger Bauzeit den Abschluß der Bauarbeiten an der mit Ballustern versehenen Terrasse vor der Lustgartenfront des Berliner Schlosses. Sie stand an der nordwestlichen Ecke dieser Anlage und nahm damit den Platz ein, an dem sich ehemals der alte Münzturm befand. Mit einer Höhe von 7,90m reichte sie bis zum historischen Eckfenster jenes Stockwerks des Schlosses, in dem Friedrich Wilhelm I. sein Tabakskollegium abhielt und in dem Napoleon I. im Jahre 1806 residierte. Das Säulenensemble war ein reines Werk des Klassizismus bestehend aus einem Sandsteinsockel - wie die Ballustrade, aus einer in Bronze gegossenen Basis, einer Granitsäule und einem aufwendig gestalteten, korintischen Kapitell ebenfalls aus Bronze. Krönenden Abschluß des Ganzen bildete ein 1,62m hoher Felsbrocken auf dem ein Adler saß, der eine Schlange in seinen Krallen hielt. Ob Adler, Schlange und Felsbrocken ebenfalls aus Bronze gegossen waren oder aus geriebenem Kupfer bestanden, konnte bisher nicht ermittelt werden. Der monolithische Säulenschaft aus Granit aus der Werkstatt Gottlieb Christian Cantian (1794-1866) wurde aus einem riesigen Wanderblock gearbeitet, den man im Hagelsberger Forst unweit Hartmannsdorf an der Spree fand. Aus einem ähnlichen Fund eines Granitblocks wurde bekanntlich die prachtvolle Granitschale hergestellt, die vor dem alten Museum im Lustgarten Aufstellung fand. Der Adler mit der Schlange auf dem Felsbrocken war ein Werk des renommierten französischen Tierbildhauers Christophe Fratin (1800-1864) der in Preussen zahlreiche Werke geschaffen hat - so unter anderem Tierplastiken in Bronze für die Potsdamer und Babelsberger Schlösser. Der Adler war vergoldet, die weit ausgebreiteten Flügel erweckten den Eindruck, als ob er sich gerade mit dem Fang der Schlange vom Felsbrocken abhob. Das sehr fein ausgearbeitete Kapitell und vermutlich auch die Basis wurden von dem bekannten Bildhauer Albert Wolff (1814-1892) aus der Werkstatt Ch. D. Rauchs hergestellt. Wolff orientierte sich dabei vermutlich an der korintischen Bekrönung der Säulen des Römischen Pantheons. Abb.02: Schloss Berlin Adlersäule auf der Westecke der Balustrade der Terrasse am Lustgarten (AV) 4

Terrasse auf der Lustgartenseite des Schlosses Abb.03: Terrassenanlage mit Adlersäule auf der Lustgartenseite des Schlosses (LDA) 3

Die neue Säule am königlichen Schlosse in Berlin Berlin hat wieder eine Probe und einen Beweis des Kunstsinnes und Verschönerungseifers seines Königs erhalten, und wenn es die freundliche und trefàiche Absicht des hohen Geschenkgebers für sich würdigte, müsste es sich nur dankbar darüber freuen; mit Bedauern jedoch emp nden wir heute statt des wohlthuenden Gefühles der Befriedigung, das uns noch kürzlich bei Anschauung anderer königlicher Neuschöpfungen angenehm berührte, eine gewisse peinliche Unbehaglichkeit, eine Missstimmung, erzeugt durch den Widerspruch, welchen die Schönheit und Tadellosigkeit der einzelnen Theile im Vergleich zu der Unverhältnismäßigkeit und Unzweckmäßigkeit des Ganzen unwillkürlich in dem Beschauer hervorruft. Es ist etwas Eigenthümliches und Wunderbares in dieser Volksstimme, in diesem Urtheile des Augenblicks, wofür man oft kaum Worte, geschweige Gründe anzugeben weiß, dieser unbegreiàichen Vorliebe oder Abneigung; allein jedes der Öffentlichkeit anheim gestellte unterliegt diesem Richterstuhle, ein lächelndes stummes Beifallsnicken - und die Bahn ist gebrochen; ein mitleidiges Achselzucken - und es ist verurtheilt. Dieses stumme Urtheilen jedoch, ob es zwar oft das bezeichnendste und richtigste sein mag, ist doch auch zugleich das bitterste und gefährlichste, und selbst lauter Tadel drückt nicht so schwer, als schweigendes Nichtbeachten. Man musste bei dieser Lage der Dinge wahrhaft froh sein, als der Berliner Witz, dem weder das Höchste zu fern, noch das Niedrigste zu tief ist, um es mit seinen Pfeilen zu erreichen, sich auch an diesem neuen Schmuck des königlichen Schlosses vergriff, nachdem das nichtachtende Schweigen, welches in den ersten Tagen herrschte, zu sagen schien: Er halte es diesmal ganz unter seiner Würde, auf die Sache irgendwie einzugehen. Der gute Wille des Königs hat es wahrlich nicht verdient, dass etwas, dass er sich und anderen zur Freude und zum Genusse bestimmte, nur Gegenstand des Spottes werde, und wir zweifeln darum auch keineswegs, dass er auch selbst mit seiner geläuterten Kunstanschauung und seinem richtigen Verständnisse für diese Gegenstände, nachdem er sich überzeugt haben wird, wie verschieden oft ein Gegenstand in der Idee und in der Ausführung ist, eine Abänderung veranlassen sollte, welche vielleicht vornehmlich darin bestehen dürfte, dass statt des Adlers Adlersäule irgendein anderes größeres Bildwerk die Spitze der Säule einnehme. Denn wie schon angedeutet, weder die Säule noch der Adler ist es, was missfällt, im Gegentheil, beide für sich und an einem andern Orte würden die Bewunderung mit Recht in Anspruch nehmen; sondern ihre Vereinigung und Aufstellung. Es sei uns deshalb auch erlaubt, an diesem einen Beispiele warnend zu zeigen und darum noch etwas näher darauf einzugehen, wie vorsichtig, man einerseits sein muß, schon fertige, in sich abgeschlossene Architecturwerke mit Dingen auszuschmücken, welche durchaus nicht in der ursprünglichen Idee lagen, anderseits, wie selten es gelingen wird, vereinzelte noch so vorzügliche Gegenstände, die ohne Rücksicht aufeinander entstanden sind, harmonisch zu einem Ganzen verbinden zu wollen. Vor ungefähr 15 Jahren wurden von dem bekannten und durch die vielfachen aus seiner Werkstätte hervorgegangenen Arbeiten hinlänglich bewährten Oberbaurath Cantian auf der Feldmark des Dorfes Rauen bei Fürstenwalde drei große Granitgeröllblöcke aufgefunden, welche von Kloeden in seiner geognostischen Beschreibung der Mark Brandenburg näher gewürdigt sind, und von denen der eine zu der großen Schale vor dem Museum benutzt wurde, der zweite beiläu g 26 Fuß lang, 12 Fuß hoch, 16 Fuß breit, dazu aus ihm 8 Säulenschäfte zu hauen, von denen die vier größeren 21 Fuß 1 Zoll hoch, 2 Fuß 8 1~2 Zoll breit, die kleineren 14 Fuß hoch, 1 1~2 Fuß breit sind. Die letzteren sind noch sämmtlich vorhanden, und es wäre zu wünschen, sie vereinigt bei irgendeinem vaterländischen Baue zu sehen; die ersteren sind jedoch bereits vereinzelt, in dem einer sich auf dem BellealliancePlatze als Träger der Victoria von Rauch be ndet, der andere aber, der in Rede be ndliche am Schlosse ist, der dritte für den Prinzen von Preußen nach Potsdam kommt, und der vierte vom Könige zum Grabmale des Präsidenten v. Vincke in Ruhrort geschenkt ward. Die Gleichmäßigkeit der Politur und die angenehme schwarz-röthliche Farbe dieser Säulen lassen gewiss kein Auge unbefriedigt, auch die Dimensionen an und für sich sind imponierend genug, nur drückt die gewaltige Masse des Schlosses zu sehr auf diesen vereinzelten Stamm, noch dazu an der scharfen Ecke zwischen Lustgarten und Schlossfreiheit, wo die große Breite des Platzes zu sehr ins Gewicht fällt, als dass er jetzt nicht zu schwach und zu klein erscheinen sollte, habe er auch ein Postament, gebildet durch eine Bronzebasis von 1 1/3 Fuß und das Geländer der Balustrade von etwa 6 1~2 Fuß, im Ganzen also 8 Fuß unter und ein Bronzecapital von circa 3 Fuß über sich, welche Bronzearbeiten durch unseren geschickten Wolf gefertigt sind, so dass die Höhe des ganzen vom SteinpÀaster ungefähr 32 Fuß wäre. Und welcher Zweck wird nun mit alledem verbunden? Eine Säule auf einem Geländer wie schön sie auch sei, kann nicht bloß einen Selbstzweck haben, ohne an den Routinenstyl zu erinnern. Es be ndet sich ein vergoldeter Bronzeadler darauf, 5 Fuß 9 Zoll hoch, 5 Fuß breit, der sich zum Fluge emporhebt, indem verendend eine Schlange in seinen Fängen sich krümmt. Wir haben das Werk, das die Meisterhand Fratins in Paris gebildet, in einem kleineren Originalmodell zu sehen die Gelegenheit gehabt und müssen gestehen, dass die Erwerbung desselben dem Geschmacke des Königs sowohl, wie dem des Prinzen von Preußen alle Ehre mache, durch dessen directe Vermittelung derselbe diesen Adler nebst noch zwei größeren Bildwerken, einem Löwen und einem Tiger, die sich sämmtlich durch große Naturwahrheit auszeichnen, von dem Herrn Ferdinand Gropius, dem Inhaber des bekannten Bazars der Gebrüder Gropius hierselbst, für mehrere tausend Thaler seiner Privatschatulle gekauft. Allein in dieser Höhe ist der Adler, wie aus den angegebenen Zahlen von selbst einleuchtet, zu winzig, dabei seine Auffassung, wenn auch eine richtige, doch eine eigenthümliche und ästhetisch vielleicht zu widerstrebende, als daß der Betrachter durch die falsche Stellung nicht auch nothwendig zu einem falschen Urtheile verführt werden müsste. Wie uns dünkt darf der Adler nur ziemlich gering den Horizont des betrachtenden Auges überragen, soll er zur vollen Würdigung gelangen; auf dem ihm jetzt angewiesenen Platze dürfte er nie zu seinem Rechte gelangen, höchstens durch Zeit und Gewohnheit nicht mehr auffällig erscheinen. Die Gesamtkosten belaufen sich übrigens auf ungefähr 5000 Thlr., denn die Granitsäule allein ist mit 2300 Thlr. bezahlt; das Gewicht überschreitet 200 Cntr. aus: Die neue Säule am Königlichen Schlosse in Berlin, Jahrbuch der Baukunst und Bauwissenschaft 8, 1847 4

Adlersäule Abb.04: Schloßterrasse mit Treppenanlage, Balustrade und Adlersäule (AV) 5

Vom Schloss ins Museum Eine Spolie vom Berliner Schloss im Hof des Pergamonmuseums Seit 1982 steht auf dem Ehrenhof des Pergamonmuseums, rechts vom Haupteingang ein prachtvolles korinthisches Bronzekapitell. Noch während der Arbeiten am neuen Eingangsbau wurde damals in den Depots nach geeigneten wetterfesten Objekten gesucht, um das Hofareal musemsgemäß zu gestalten. Ausgewählt wurden moderne Bronzeabgüsse nach antiken Bildwerken, die in der Nachkriegszeit als Bergungsgut in den Museumskeller gelangt waren. Dazu gehörte eben auch jenes Kapitell, an dessen Herkunft sich niemand mehr erinnern konnte. Erst vor einigen Monaten gelang es dem Hobby-Forscher Dietmar Andersson, der sich auf die Jagd nach Rudimenten des Berliner Stadtschlosses begeben hatte, den Schleier der Anonymität zu lüften. Das klassizistische Bronzekapitell konnte zweifelsfrei als Teil jener Adlersäule identi ziert werden, die ehemals vor der Nordwestecke des Hohenzollemschlosses stand (Berliner Morgenpost 19. 10. 1999). Mit der Aufrichtung dieser Adlersäule wurde 1846 nach zweijähriger Bauzeit die Terrasse vor der Lustgartenfront des Schlosses fertiggestellt. Sie bildete den markanten Abschluss der Balustrade und war stolze 7,90m hoch. Der monolithe Säulenschaft war in der Werkstatt von Gottlieb Christian Cantian (1794-1866) aus dem Granit der Rauenschen Berge hergestellt worden - also aus demselben eiszeitlichen Findlingsgestein wie die als technische Meisterleistung gefeierte Granitschale vor dem Alten Museum vis-a-vis. Basis und Kapitell waren aus Bronze gegossen. Die 1,62 m hohe Bekrönung des Monumentes bestand aus einem Felsblock von dem mit ausgebreiteten Flügeln ein mächtiger Adler mit einer Schlange in den Krallen abhob. Der vergoldete Adler war ein Werk des renommierten französischen Tierbildhauers Christophe Fratin (1800 1864), der auch Tierplastiken für die Potsdamer Schlösser - bronzene Tierkampfgruppen am Schloß Babelsberg sowie Löwe und Tiger aus Marmor im Sizilianischen Garten von Sanssouci - geschaffen hat. Derartige Säulenmonumente lassen sich auf antike Tra- ditionen zurückführen. Der hervorgehobene Standort unterstützte in antiker Zeit symbolisch die Machtvollkommenheit der dargestellten bekrönenden Fabelwesen, Götter oder Herrschergestalten. Andererseits war der Adler als König der Vögel und Beherrscher der Lüfte ein uraltes Götterattribut und Machtsymbol. Als Attribut des Jupiter Capitolinus und Feldzeichen der römischen Legionen wurde er zum Symbol der römischen Weltherrschaft, im deutschen Mittelalter unter den Staufern schließlich als nationales Herrschaftszeichen zum Reichswappen. Im Jahre 1701 wählte der selbsternannte preußische König Friedrich I. den Adler des deutschen Ritterordens zum Symbol seiner Monarchie und in Frankreich erkor ein Jahrhundert später Napoleon I. nach römischem Vorbild den Adler zum Zeichen seines Kaisertums. So erfuhr denn im bildungsbeàissenen und nationalgestimmten 19. Jahrhundert die antike Form des Säulenmonumentes in Verbindung mit dem symbolträchtigen Wappentier als Adlersäule eine besondere Renaissance. Allerdings nahm die inàationäre Verbreitung der Krieger-, Sieges-, Schlachten-, Heldenund Friedenssäulen diesem Denkmaltyp viel von seiner ursprünglichen Symbolkraft. Die gleichsam als Hoheitszeichen zu verstehende Adlersäule am Berliner Schloss gehörte zu den ersten Denkmalen dieser Art in Berlin und hob sich in ihrer klaren klassizistischen Gestaltung durchaus angenehm von mancher prächtigeren Nachfolgerin ab. Bis zur Schlosssprengung 1950 überstand sie die Zeiten fast unversehrt. Ein Foto, das wir dem Messbildarchiv des Brandenburgischen Amtes für DenkmalpÀege verdanken, dokumentiert dies auf eindrucksvolle Weise. Was mit den Resten der Säule danach geschah ist nicht bekannt. Erhalten blieb nach unserer bisherigen Kenntnis nur das schöne Bronzekapitell im Ehrenhof des Pergamonmuseums. Es ist ein Werk des bekannten Bildhauers Albert Wolff (1814-1892), der in Rauchs Werkstatt arbeitete, die sich auch um die Restaurierung der antiken Skulpturen im Berliner Museum Verdienste erworben hatte. Der Bildhauer orientierte sich bei seinem Werk wohl an den Säulen der Vorhalle des römischen Pantheons. Die korinthischen Kapitelle dieses Baues aus der Zeit des Kaisers Hadrian waren ihm sicher durch gedruckte Architekturzeichnungen bekannt. Im Vergleich zum antiken Original sind die Einzelformen allerdings härter und Adlersäule der Kapitellkelch wirkt etwas eleganter proportioniert,hier wirkte sich offenbar der beschönigende klassizistische Zeitstil aus. Auch die Kompositbasis der Adlersäule ähnelte übrigens antiken römischen Vorbildern. In ihrem ornamentalen Schmuck läßt sie sich mit sogenannten Schmuckbasen vergleichen, die bereits für klassizistische Innenräume in den preußischen Königsschlössern vorbildlich waren. Derartig reich ornamentierte Säulenbasen antiker Innenarchitekturen be nden sich auch in den Altbeständen der Berliner Antikensammlung und können so durchaus als Anregung gedient haben. So erfüllt das Kapitell an seinem jetzigen Standort hervorragend die Funktion, die Besucher des Pergamonmuseums auf die Funde und Exponate im Innern einzustimmen. Dr. Volker Kästner Antikensammlung aus: Dr. Volker Kästner /Antikensammlung der SMPK, Nachrichten für Freunde der Antike auf der Museumsinsel Berlin im November 1999. 6

Abb.07: Adlersäule bei Beginn des Schlossabrisses 1950 (LDAB) Abb.08: Adlersäule vor den Resten des Schlosses (LDAB) 7

Abb.09: Zeichnung eines Kapitells vom Pantheon (AV) Details Abb.10: Kapitell der Adlersäule im Hof des Pergamonmuseum (AV) 8

Wolff, (Carl Konrad) Albert Cantian, Christian Gottlieb 14.11.1814 Neustrelitz - 20.6.1892 Berlin Früh verwaist kam Albert Wolff, Sohn des Neustrelitzer Bildhauers und Baumeisters Christian Philipp Wolff, 1831 nach Berlin. Hier besuchte er die Akademie und fand durch Vermittlung des Großherzogs Georg von Mecklenburg-Strelitz Aufnahme in der Werkstatt Christian Daniel Rauchs, einem Jugendfreund seines Vaters. 15 Jahre arbeitete er in Rauchs Atelier, zunächst als Gehilfe bei der Ausführung der Rauchschen Polenfürstengruppe, der Walhalla-Viktorien und des Sarkophages für Königin Friederike von Hannover im Herrenhauser Mausoleum. Zu seinen ersten eigenständigen Werken gehörte ein für die Gießerei Lauchhammer modelliertes Kruzi x und die Figur eines Mädchens mit Lamm, genannt die Unschuld (s. Kat. Nr. 298), deren Gipsmodell 1836 in der Akademie-Ausstellung erschien. Im Auftrag des Grafen Eduard Raczynski schuf er die überlebensgroße Sitz gur der Constantia Potocka Raczynski für den Prießnitzbrunnen in Posen (wiederholt als Allegorie des Glaubens auf dem Grabmal des Grafen in Santomichel). 1844 bis 1845 hielt sich Wolff in Italien, vor allem in Rom und Carrara, auf, wo er seinen für Sanssouci bestimmten Kinderbrunnen ausführte (eine Replik in Neustrelitz). Heimgekehrt, gründete er ein eigenes Atelier. Zu seinen Hauptwerken gehören: Die Schloßbrückengruppe Pallas führt den Krieger in den Kampf (beendet 1853), der monumentale Löwenkämpfer auf der Treppenwange des Alten Museums (vgl. Kat. Nr. 301), 1861 als ein Pendant zur Kämpfenden Amazone von Kiß (vgl. Kat. Nr. 114) aufgestellt, und ein monumentales Zinkrelief an der ehemaligen Invalidensäule, das die Ereignisse der 1848er Revolution aus reaktionärer Sicht versinnbildlichte. Von den großen dynastischen Denkmälern, mit denen der zu Ruhm gekommene und vom Hofe protegierte Bildhauer hervortrat, ist vor allem das bronzene Reiterdenkmal des Königs Ernst August in Hannover (vgl. Kat. Nr. 302) zu nennen, von dem er bereits eine Büste geschaffen hatte (s. Kat. Nr. 300), und das mit zehn überlebensgroßen Sockel guren geschmückte Reiterdenkmal Friedrich Wilhelms III. im Tiergarten (bis auf Einzelteile nicht mehr erhalten). Monumentale Bronzestandbilder schuf Wolff vom Großherzog Georg von Mecklenburg-Strelitz (Neustrelitz) und von Friedrich Franz 1. von MecklenburgSchwerin (Ltidwigslust). Neben zahlreichen hö schen und bürgerlichen Büsten und Porträtreliefs entstanden Einzel guren in Marmor, darunter eine sitzende Eirene auf dem ehemaligen Belle-Alliance-Platz (1879), eine Gruppe des Dionysos mit Eros und Panther für die National-Galerie (zerstört) und in Bronze das große Relief der siegreich heimkehrenden Trup- (1794 Berlin - 1866) pen nach dem Deutsch-Französischen Krieg am Sokkel der Berliner Siegessäule. Die monumentale Gruppe eines Löwen, der seine Jungen gegen eine Riesenschlange verteidigt (s. Kat. Nr. 303), wurde erst nach seinem Tod vor dem Moabiter Kriminalgericht aufgestellt. Einen wichtigen Anteil am Œuvre Wolffs haben die häufig monumentalen, meist als Bauplastik verwendeten Modelle, die die Keramik rma Ernst March in Berlin in Terrakotta brannte. Fassaden guren an der Königsberger Universität, an der Budapester Akademie der Wissenschaften gehören dazu, zu nennen sind vor allem das Giebelfeld des Schweriner Museums mit seinen an Antiken orientierten Götter guren sowie die vier großen Evangelisten an der Neustrelitzer Schloßkirche. Sein technisches Können, sein kompositioneller Er ndungsreichtum, der sich sowohl an antiken wie an zeitgenössischen Vorbildern (Christian Daniel Rauch, Reinhold Begas, Antoine Louis Barye) orientierte, und sein pädagogisches Talent machten Wolff zu einem begehrten Lehrer an der Akademie, an der er von 1866 bis fast an sein Lebensende als Professor tätig war. Wolff bildet ein Bindeglied im Kunstschaffen der beiden Jahrhunderthälften, der es verstand, die ausgewogene Statuarik der Rauch-Schule über den Neubarock bis ins 20. Jahrhundert hinein zu vermitteln. Zu seinen Schülern gehörten unter anderem Erdmann Encke, Fritz Schaper, Otto Lessing, Ernst Herter, Ludwig Manzel, Johannes Böse. Steinmetz - in väterl. Werkstatt gelernt, dann Kunst und Gewerbeschule Berlin - 1810-13 Schüler der Bauakad. - 1812 als Zögling der Akademie und 1814 als Architekt im Akad.Kat. verzeichnet. 1816 Italien 1818 Kondukteur und 1822 Bauinspektor übernahm später (um 1826) die Steinmetzwerkstatt seines Bruders. Hauptwerk ist die berühmte Granitschale - 1832 vor dem Alten Museum im Lustgarten aufgestellt. Als Kgl. Baumeister (1835) für A. Wolff und Rauch gearbeitet. C. schuf die Marmortaufe für die Köpenicker Laurentiuskirche (1840 - a.o.). Friedenssäule für den Belle-Alliance-Platz entworfen (1843 eingew. mit einer Viktoria-Replik v. Rauch) - Sockel für A. Wolffs Posener Brunnen und Sarkophag für das Grabmal Constancja geschaffen. 1842 Bauinspektor und Stadtverordneter. Überliefert ist, daß C. für das Gymnasium zum Grauen Kloster und für zahlreiche Privatbauten in Berlin verantwortlich zeichnete. Lit.: Nagler 1835 - Müller-Singer 1895 - J. v. Simson, Albert Wolff, Berlin 1982 - Eckardt, Schadow, 1987 - Hauptstadt Berlin 11, 1987, - E. Badstübner/S. Badstübner-Gröger, Kirchen in Berlin, Berlin 1987 aus: Ethos und Pathos - Die Berliner Bildhauerschule 1786 1914 ; SMPK Berlin 1990; Beiträge, S.429 aus: Ethos und Pathos - Die Berliner Bildhauerschule 1786-1914 ; SMPK Berlin 1990; Ausstellungskatalog, S.349f 9

Verwendete und weiterführende Literatur: Ethos und Pathos Die Berliner Bildhauerschule 1786-1914 Ausstellungskatalog,SMPK Berlin, 1990 Literaturverzeichnis und Bildnachweis Schlüssel für Bildnachweis: AV - Archiv Verfasser LDAB - Landesdenkmalamt Brandenburg Ethos und Pathos Die Berliner Bildhauerschule 1786-1914 Beiträge,SMPK Berlin, 1990 LAB - Landesarchiv Berlin LDA Landesdenkmalamt Nachrichten für Freunde der Antike Abb. Deckblatt - (LDAB) Dr. Volker Kästner /Antikensammlung der SMPK Berlin 1999 Die neue Säule am Königlichen Schlosse in Berlin, aus: Jahrbuch der Baukunst und Bauwissenschaft 8, 1847, S. 102-104 10