Kenntnisstand zu (Schad)Stoffen in Gewässern aus Sicht der Wissenschaft

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Transkript:

1 Kenntnisstand zu (Schad)Stoffen in Gewässern aus Sicht der Wissenschaft Symposium: Industrielle Schadstoffe in Gewässern 17. September 2009 Prof. Helmut Kroiss, Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft TU-Wien 2 Zusammenfassung Chemisch reines Wasser ist nicht der Grundstoff des Lebens Jeder Stoff, der produziert wird, wird über Luft und Wasser global verteilt. Stoffe, die man nicht in der Umwelt haben will darf man nicht produzieren. Es gibt keine Schadstoffe. Es gibt nur eine Konzentration oder/und eine Dosis eines Stoffes, die Schaden bei Mensch oder in der Umwelt bewirken kann. Die Verknüpfung von Abwasser-Trinkwasser- Gewässerschutz wird mit steigender Produktion von Chemikalien und Produkten und steigender Weltbevölkerung immer relevanter 1

3 Zusammenfassung Die Stoffprobleme verschieben sich zusehends von der Produktion zu den Produkten und ihrer Verwendung Ohne Risiko ist Leben unmöglich, es muss daher (politisch) entschieden werden, welches Risiko für Mensch und Umwelt wir akzeptieren. Die Wissenschaft liefert Grundlagen dazu und konkretisiert die Folgen für das Risikomanagement Welche Maßnahmen dafür optimal sind (Vermeidung, Quelle, end of pipe) ist auf Basis der Abwägung von Nutzen, Kosten und dem Risiko zu entscheiden (Ideologie ist hinderlich) 4 Zusammenfassung Vorsorge- und Immissionsprinzip ergänzen einander in der Rechtsordnung, die folgende Ziele und Aufgaben hat: Vermeidung von Wettbewerb auf Kosten von Umwelt und Gesundheit Durchsetzung und Überwachung des öffentlichen Interesses am Schutz von Mensch und Umwelt Entfaltungsspielräume zu sichern (Freiheit) Immissionsprinzip dient vorrangig dem Schutz Vorsorgeprinzip legt Rahmenbedingungen für Wettbewerb fest und erleichtert Durchsetzung 2

Wertsysteme und ihre Kriterien 5 Rechtsnormen (WRG, Verordnungen) Politik Wertewandel in der Gesellschaft Technik (Entwicklungs- ziele) Forschung (Themenwahl, Fragestellung) Beziehungen zwischen menschlichen Eingriffen und Reaktionen der Umwelt auf diesen Eingriff (Ursache Wirkung) 6 Zunahme des regionalen Wasserstresses bis 2050, dunkel (rot)= Wassermangel 3

7 Was sind Schadstoffe? Stoffe die Schaden für Menschen und/oder die Umwelt verursachen können? Das gilt streng genommen für alle Stoffe. Warum?: Keine chemische Reaktion und kein Abbau ist vollständig Wasser löst jeden Stoff, auch die sog. unlöslichen Wasser steht dauernd mit der Atmosphäre in Kontakt und jeder Stoff hat auch einen Dampfdruck Es gibt keine Schadstoffe! Hypothesen, Theorien 8 Dosis facit venenum Gift ist keine Stoffeigenschaft. Giftwirkung ist die Folge einer Dosis (Konzentration/Massenstrom * Zeit) Schadwirkung von Stoffen kann sehr unterschiedlich sein: Akut (kurzfristig) durch z.b. pathogene Keime oder hohe Dosierung von Krankheit bis Tod; relativ gut erforscht Dauerwirkung (lebenslang) bei (sehr) niedriger Dosierung Fachexpertise: Medizin (Hygiene), Toxikologie Pharmakologie, Umwelttoxikologie, Mikrobiologie, Chemie 4

Hypothesen, Theorien 9 Es gibt Konzentrationsschwellen, bei deren Unterschreitung keine akute Wirkung (auf den Menschen, die Umwelt) zu besorgen ist. Es gibt Schwellen der Dosis bei deren Unterschreitung auch über lebenslangen Genuss über z.b: das Trinkwasser keine negative Wirkung zu besorgen ist. Weil diese Hypothesen prinzipiell nicht gesichert verifiziert werden können (Synergie, laufende Veränderung etc.) muss ein durch politischen Konsens festgelegtes Risiko für den Menschen und die Umwelt zugelassen werden: ein duldbares Risiko Dieses zu beschreiben wird z.b. den Trinkwasserkommissionen übertragen und es wird dann über Verordnungen verbindlich. 10 Steuerung biologischer Systeme durch Mangel an einem essenziellen Nahrungsstoff µ 1 max µ(1/d) Wachstumsrate Wettbewerb bezüglich µ max µ 2 max Wettbewerb bezüglich k S Konzentration eines limitierenden Nährstoffes S 5

Wechselwirkung zwischen Nachhaltigkeit, Risiko und Kosten 11 Nachhaltigkeit akzeptables Risiko bei tragbaren Kosten Kosten Kosten für Energieeinsatz Kosten durch Schäden Dosis facit venenum 0 Risiko 12 Stoffverteilung in der Umwelt Wo sind dann alle Stoffe, die natürlichen und die anthropogenen? Über Luft und Wasser kann jeder Stoff überall hin gelangen und kann daran nie vollständig gehindert werden. Es gibt ~1,4. 10 21 Liter Wasser auf der Erde (inklusive Meere). Ein Mol eines Stoffes (Molekulargewicht in g, z.b. 34 g Schwefelwasserstoff ) enthält ~6. 10²³ Moleküle mit einem Mol eines Stoffes kann jeder Liter Wasser auf der Erde mit ~400 Molekülen versorgt werden! 6

Wo und wie können wir sie finden? 13 Sie müssen überall sein, ob wir sie finden hängt ab von: Dass wir sie suchen (aus reiner Neugier oder als mögliche Ursache von Veränderungen oder Schäden ) Dass wir sie messen können: 1 g/l ~10 21 Moleküle je Liter 1 mg/l ~10 18 1 µg/l ~10 15 1 ng/l ~10 12 1 pg/l ~10 9 (also eine Milliarde je Liter) 14 Wo finden wir die Stoffe? Wann wir sie wo suchen und finden ist zeit- und ortsabhängig: die Verteilung in der Umwelt braucht Zeit und Quellen sind konkret verteilt und zeitlich variabel. In den Emissionen (Industrie, Gewerbe, menschl. Ausscheidungen ( Punktquellen ) In den Produkten, die mit Wasser (Luft) in Berührung kommen ( diffuse Quellen) In der Umwelt: Wasser, Boden Luft, Pflanzen, Tieren In den Menschen (Blut, Knochen, Muttermilch etc.) 7

15 Konsequenzen Der Mensch kann weder sich vollständig vor der Umwelt schützen noch die Umwelt vor seinem Eingriff. Mit steigender Weltbevölkerung und steigender Produktion anthropogener Stoffe wird es umso wichtiger sich der Tatsache bewusst zu werden, dass der Mensch integraler Bestandteil seiner Umwelt (lokal, regional, global) ist. Die Adaptierung vieler natürlicher Ökosysteme über Mutation und Selektion ist langsamer als die Veränderungen durch den menschlichen Erfindergeist, zumindest während der letzten 200 Jahre. Darin liegt ein fundamentales Risiko, das wir nicht quantifizieren können. 16 Wirkungen von Stoffen Stark gentoxisch Schwach gentoxisch Nicht gentoxisch Neurotoxisch Immunotoxisch Endokrin wirksam Kann an Hand der Strukturanalyse und Zusammensetzung von Stoffen abgeschätzt werden 8

Grenzwerte 17 Grenzwerte sind in Gesetzen und Verordnungen politisch festgelegte Höchstkonzentrationen für natürliche Inhaltsstoffe, Wirkstoffrückstände und Umweltkontaminanten in Lebensmitteln, Bedarfsgegenständen und Umweltmedien. Sie haben sich zur Regulation des Umgangs mit Chemikalien und vieler anderer potenzieller Schadwirkungen in allen Bereichen der Umwelt des Menschen bewährt. Grundlagen: wissenschaftlich (Abschätzung des Risikos durch die Toxikologie, Hygiene, Ökologie und/oder technisch (Nutzung, Vermeidung, Kosten, Nutzen) Grenzwerte, Kriterien Gesundheit/Krankheit nicht-menschliche Organismen/Ökosphäre technische Einrichtungen (z.b. Korrosion) Kulturdenkmäler und kulturtypische Verhaltensweisen Nutzbarkeit technischer Einrichtungen und natürlicher Ressourcen Sensorische und ästhetische Qualitätskriterien 18 Wer entwickelt Grenzwerte: Toxikologen, Mediziner, Ökologen, Chemiker, Umwelttechniker, Ingenieure 9

Vorsorgewerte, Grenzwerte (Namen) (Dietrich 2009): Warn- oder Indikatorwerte, Besorgniswerte, Leitwerte oder Eingreifwerte, Gefahrenwerte und Prüf- /Maßnahmenwerte Orientierungswerte, Vorsorge-Maßnahmenwerte, Gesundheitsbasierte Höchstwerte Name + Beschreibung + wiss. Bestimmungsmethode (+Konsens der Fachleute inkl. bewusstem Mangel an Wissen) 19 20 Gesundheitlicher Orientierungswert Der GOW wird als Konzentration angegeben, und stellt einen Vorsorgewert bezüglich der menschlichen Gesundheit aus Sicht der Trinkwasserversorgung dar. Er wird unter der Mindestanforderung festgelegt, dass bei lebenslangem Genuss von 2 Litern Trinkwasser pro Tag keine Überschreitung eines nach gesellschaftlichem Konsens duldbaren Risikos für die Konsumenten auftritt. Werte: 0,01 bis 3 µg/l Im Rohwasser (Oberflächengewässer) für TW-Aufbereitung mit geringerer Einhaltewahrscheinlichkeit angestrebt. GOW x : vorläufiger GOW je nach Wissen und Wirkung 10

21 Prüfwert für akute Toxizität (TW) Aus wissenschaftlicher (toxikologischer) Sicht handelt es sich beim PWak um einen Prüfwert für akute Toxizität bei noch nicht vorliegender akuttoxikologischer Bewertung bis hin zum Fehlen akut-toxikologischer Daten. Vermutlich ~ 50µg/l, es gibt Hinweise, dass es keinen bekannten Stoff gibt, der in einem Gewässer vorkommt, der unter dieser Konzentration akute Wirkungen auf die menschliche Gesundheit hat 22 Prüfwert chronische Toxizität Der Prüfwert zum Schutz vor chronischer Toxizität beim Nachweis eines neuen Stoffes im Rohwasser oder im Trinkwasser ist der allgemeine trinkwasserhygienische vorsorgende Prüfwert PWct = 0,1 µg/l pro Stoff. Stoffkonzentrationen von weniger als 0,1 µg/l im Trinkwasser sind außer für stark gentoxische und neurotoxische - lebenslang gesundheitlich duldbar. Bei der auf die Trinkwassergewinnung ausgerichteten Bewertung im Rohwasser ist ggf. die Wirkung des jeweils vorhandenen Rohwassergewinnungs- und aufbereitungsverfahrens zu berücksichtigen. 11

23 Zukunftsprogramm Überwachung der Wasser- und Gewässergüte wird durch neue Parameter und Messgeräte ergänzt, Daten werden laufend ausgewertet und verknüpft. Neue Wirkungsparameter helfen die Datenflut und die Kosten der Überwachung zu dämpfen Bei der Trinkwasserversorgung und Abwasserreinigung setzen sich die Methoden der Lebensmitteltechnik zur Überwachung des Reinigungsergebnisses durch (HACCP) Konsequenzen 24 Da Ursache Wirkungsbeziehung prinzipiell nicht vollständig und eindeutig quantifiziert werden kann, muss man sich auf einheitliche Methoden einigen, das Restrisiko durch Stoffe unter einem akzeptablen Niveau zu halten. PEC, NEC, NOEC, Grenzwerte, REACH, UVP, Indikatoren, GOW, Toxikologie, Pharmazie, Medizin. Im Grund stehen überall Risikoüberlegungen im Hintergrund. Alles was eine Wirkung hat, hat auch eine Nebenwirkung Methodisches Rüstzeug: Der eindeutige Nachweis der Wirkung einer Dosis wird extrapoliert (akut, chronisch) Vermeidung oder Verminderung von Stoffströmen nach Wirkung und Kosten- Nutzen- Überlegungen Das Wissen um das Nichtwissen wird über Faktoren pauschal berücksichtigt (wissenschaftlich analysierte Erfahrung) 12

Maßnahmen zum Risikomanagement für Stoffströme und ihre Wirkung Vermeiden durch Verzicht (Nutzen-Risiko- Abwägung z.b. Pharmaka) Vermeiden durch Substitution (Risikoverminderung) Verminderung durch Rückhalt und Kreislaufführung (an der Quelle) Verminderung durch end of pipe Reinigungstechnik (WAR, zusätzliche Stufen, UV, Ozon, Aktivkohle) Verminderung durch Aufbereitungstechnik (TW, zusätzliche Stufen, UV, Aktivkohle) Vermeidung der Wirkung durch Verdünnung 25 26 Die derzeitige Interpretation von einwandfreiem Trinkwasser und sauberen Gewässern steht in Konflikt mit den Schadstoffen, die fast alle ubiquitär vorkommen. Folge: Angst und Unsicherheit in der Bevölkerung. Der Begriff Stoff muss neutralisiert werden: Schaden oder Nutzen eines Stoffes wird nur mehr seiner Konzentration/Dosis zugeordnet. ( Schadstoffe und Wertstoffe verschwinden!) Festlegung eines duldbaren Risikos das vom Wasser ausgeht auf politischer Ebene durch Konsens der Betroffenen Wissenschaft kann nur Entscheidungsgrundlagen liefern. 13

Archiv:\Publikationen\Publikationen Kroiss\2009\Präsentationen\VortragSingapore 02-06 2009 - European Water Legislation and Risk Management 27 27 EU Water Quality Management EU-DWD Drinking Water Directive Amendment industrial waste water IPPC urban waste water UWWD WFD EQS priority substances risks by life long consumption: micro-pollutants acute risks from pathogens: new pathogens giardia, cryptosporidium, legionella,entero viruses Flood risk FRD nitrate ND GAP REACH, HACCP BWD bathing water Articles 7, 16 WFD UV desinfection, chlorine?, activated carbon WHO Water Safety Plans WHO Drinking water guidelines Industrie Abwasser Archiv:\Publikationen\Publikationen Kroiss\2009\Vorträge\Kroiss Zessner Bochum 01 09 2009 EU-Gesetzgebung für Wasser, Gewässer und Trinkwasser EU Wassergütewirtschaft Kommunales Abwasser UWW IPPC WRRL EQS Nitrat-Richtlinie Nitr. BW Prioritäre Stoffe Hochwasser Badegewässer Richtlinie GAP Gute landwirtschaftliche Praxis REACH, HACCP Article 7, 16 WFD 28 Novelle der EU Trinkwasserrichtlinie Risiko bei lebenslangem Genuss: Micro-Schadstoffepollutants Akute Risiken von pathogenen Keimen: neue Keime giardia, cryptosporidium, legionella, entero virus, UV Desinfektion, Nitratrichtlinie. WHO Water Safety Plans Trinkwasser Richtlnie 14

29 Die gute und die schlechte Nachricht Die Forschung rund um die Schadstoffproblematik von der Stoffstrom bis zur Wirkungsanalyse, von der Entwicklung und Produktion neuer Stoffe und Analysenverfahren bis zur Beseitigung von Risiken wird weltweit intensiv betrieben. Es besteht kein akutes Risiko für Mensch und Biozönose in unseren Gewässern. An welchem Maßstab gemessen? Bezüglich chronischer Risken durch anthropogene Mikroverunreinigungen kann die Wissenschaft nie gesicherten Aussagen über alle Stoffe machen. Wir haben daher semantische, mediale und politische Probleme mit notwendigen und vermeidbaren Risiken umzugehen. (Paradigmenwechsel?, Neue Maßstäbe?) 15